Aspekte digitaler Archivierung

Sowohl in Unternehmen als auch im öffentlichen Sektor stellen in zunehmendem Maße digitale Inhalte neben traditionellen analogen Inhalten die Informations- und damit auch Kapitalgrundlage dar. Eine Kernherausforderung dieser Entwicklung ist die langfristige Aufbewahrung und Bereitstellung. Die oft beschworene „Kurzlebigkeit“ digitaler Information bezieht sich dabei nicht in erster Linie auf die Geltung bzw. Qualität der Information selbst, sondern vielmehr auf die Form und die Verfügbarkeit der digitalen Quellen. Um die Qualität der Information und damit die Information selbst zu sichern, müssen zwangsläufig Mittel und Wege einer elektronischen Archivierung im Sinne von Aufbewahrung und Bereitstellung gefunden werden. Die Notwendigkeit dieses Vorhabens wird durch drei Rahmenbedingungen bestimmt:

  • Gesetzgeberische Pflicht: Mit steigender Tendenz werden von Seiten des Gesetzgebers die Rahmenbedingungen des Verhältnisses zwischen Staat und öffentlichen bzw. ökonomischen Sektor an den technologischen Wandel angepaßt. Die (steuer-)rechtliche Geschäftsabwicklung aber auch die rechtlich bindende Kommunikation wird dabei auf die neuen technologischen Möglichkeiten wie beispielsweise eCommerce, eBusiness oder ePublishing ausgeweitet. Mit der Erweiterung des Handlungsspielraumes von Unternehmen tritt aber zugleich auch die Verpflichtung der langfristige Aufbewahrung solcher Dokumente in den Vordergrund, z.B. durch die „Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen“ (GDPdU). Es ist jedoch davon auszugehen, daß bezüglich der Anforderungen, was rechtlich verpflichtend zu archivieren ist, Änderungen von Seiten des Gesetzgebers zukünftig zu erwarten sind. Hinzu kommt die Tatsache, daß auf nationaler und internationaler Ebene (EU) gleichgerichtete Bestrebungen initiiert wurden. Die zu erwartende Übernahme von EU Richtlinien im Rahmen einer Anpassung der nationalen Gesetzgebung wird mit hoher Wahrscheinlichkeit weitere Korrekturen zur Folge haben.
  • Ökonomische Pflicht: Neben den gesetzgeberischen Auflagen besteht aber auch ein ökonomisches Interesse an der langfristigen Aufbewahrung und Bereitstellung digitaler Informationen. Das Erstellen digitaler Inhalte und deren Verwaltung ist in der Regel mit einem erheblichen Kostenaufwand verbunden. Damit diese wichtige Kapitalgrundlage eines Unternehmens bzw. einer Institution auch den erhofften Nutzen gewährleistet, besteht ein ökonomisches Interesse an der optimalen Ausnutzung der digitalen Information z.B. durch Wiederverwertbarkeit. Um dies zu ermöglichen, ist es notwendig, digitale Information mit den geeigneten Mitteln über einen längeren Zeiträume hinaus verfügbar vorzuhalten. Langfristige Aufbewahrung und Verfügbarkeit müssen dabei Hand in Hand gehen. Eine Trennung von Archivierung und Verwendung z.B. durch (Rück-)Transformation auf analoge Medien ist in der Regel mit einem Informations-, Qualitäts- und Nutzungsverlust verbunden.
  • Gesellschaftliche Pflicht: Über die o. g. Punkte hinaus ist die elektronische Archivierung auch eine gesellschaftliche Verpflichtung. In diesem Sinne wurde bereits der rechtlich bindende Sammelauftrag bewahrender Institutionen (Bibliotheken und Archive) auf elektronische Publikationen erweitert.

Die Herausforderungen an die digitale Speicherung fallen im wesentlichen in zwei Bereiche:

  1. Datenmedien, da viele Speichermedien nur eine begrenzte Lebensdauer besitzen. So haben z.B. magnetische Speichermedien, wie Disketten, Festplatten, analoge und digitale Videobänder haben eine maximale Lebenserwartung von 30 Jahren. Optische Speichermedien, wie CD und DVDs haben zwar eine höhere Lebenserwartung, doch auch hier können technisch bedingte Datenausfälle auftreten. Feuchtigkeit und Wärme beschleunigen den Zerfall und oft genügt ein einziger Lesefehler und der ganze Inhalt wird unbrauchbar.
  2. Die schnelle technologische Weiterentwicklung. Es werden hohe Ansprüche an die Geräte, mit denen digitale Informationen gelesen werden sollen gestellt, d.h. Software und Geräte veralten mit rasender Geschwindigkeit.

Anforderungen an ein digitales Archiv

Einen Ausweg aus dem Dilemma scheint die permanente Migration zu bieten. Sämtliche Daten müssen in regelmäßigen Abständen jeweils auf die neueste Hard- und Software-Generation umkopiert werden. Der Nachteil ist dabei, dass der dafür benötigte Zeitaufwand enorm und die dabei entstehenden Kosten unkalkulierbar sind. Schätzungen gehen davon aus, dass Unternehmen für die Migration 2,5-mal mehr ausgeben müssen als sie für die Erzeugung aufgewandt haben. Das entscheidende Problem ist aber, dass allzu oft, wenn Daten von einem Medium zum nächsten übertragen werden, nicht alle Bits diese Migration mitmachen. Manchmal geht eine Fußnote verloren, ein anderes Mal ein ganzer Datenabschnitt. Die Tatsache, dass Teile der Daten durch Migration verloren gehen, kann z.B. bei Rechtsstreitigkeiten fatal sein.

Somit besteht der einzige Ausweg in einer Archivierungsstrategie, die langfristig Daten und Informationen sichert. Dazu müssen folgende Anforderungen erfüllt sein:

  1. Langlebigkeit – es muss dafür gesorgt werden, dass digitale Dokumente auch noch nach einem längeren Zeitraum (von mehr als 10 Jahren) ausgelesen werden können, ohne dass der ursprüngliche Informationsinhalt, inkl. Formatierungen, verloren geht.
  2. Inter-Operabilität – die eingesetzte Digital Archivierungstechnologie muss mit existierender und zukünftiger Technologie zusammenarbeiten und somit den Zugang zu den gesicherten Dokumenten ermöglichen
  3. Total Cost of Ownership – angestrebt wird, die Speicherkosten eines Dokuments während des gesamtes Lebenszyklus' so gering wie möglich zu halten. Dies beinhaltet Kapitalausgaben, Kosten für Speichermedien, Wartungs- und Betriebsausgaben sowie Kosten für eine evtl. Migration.
  4. Schutz vor „Veralterung“ der Technologie-Informationen, die in digitalen Dokumenten enthalten sind, müssen auch mit zukünftiger Hard- und Software abrufbar sein.

Was ist überhaupt ein digitales Archiv?

Ein digitales Archiv ist ein möglichst beliebig skalierbarer Datenpool, der alle digitalen Medientypen (Audio, Video, Image, Text, Dokumente,…..) vor dem Hintergrund der

  • Verfügbarkeit,
  • Sicherung der Qualität und
  • der Zugriffs- und Suchstrategien verwaltet.

Analoges versus digitales Archiv

1. Beschreibung der Media Assets ist in einem analogen Archiv nicht ausreichend, d.h. ein eingeschränktes Suchergebnis ist die Folge

Analoge Archive sind gekennzeichnet durch eine Flut von Archivmaterial, das nicht nur gelagert, sondern auch wiedergefunden werden soll. Dazu bedarf es nicht nur einer umfangreichen Beschreibung der Inhalte sondern uch einer ausgefeilten „Einlagerungsstrategie“. Während letzteres organisatorisch lösbar ist, wird die Suche nach dem Archivmaterial zu bestimmten Themen/Interessensgebieten zu einer langwierigen und z.T. kostenintensiven Aufgabe. Das Ergebnis ist oft genug nur ein Ausschnitt des tatsächlich verfügbaren Archivmaterials.

2. Geringe Verfügbarkeit, höherer Personalaufwand

Außer der aufwendigen Suche spielt der Aspekt der Verfügbarkeit eine gewichtige Rolle, denn die Identifikation des Lagerplatzes ist nicht gleichbedeutend mit der physischen Verfügbarkeit des gesuchten Materials. Häufig genug ist gerade Archivmaterial zu aktuellen Themenbeiträgen ausgeliehen und somit physisch nicht 'greifbar'. Darüber hinaus ist für die Suche und Verwaltung des Archivs es ein relativ hoher Personalaufwand notwendig, da diese Aufgaben meist nur durch geschultes Archivpersonal erledigt werden können (nicht jeder hat direkten Zugriff auf das Archivmaterial). Hoher Zeitaufwand für Kommunikation und Transport (wenn gewünschtes Archivmaterial bereits ausgeliehen ist) sind die typischen alltäglichen Hürden, die es bei analogen Archiven zu überwinden gilt. Liegt das gesuchte Material endlich vor, stellt der Nutzer nicht selten fest, dass es nicht das gewünschte Format ist, das für die Produktion benötigt wird – zeitaufwendige Transformationsprozesse folgen.

Bei einem digitalen Archiv gibt es diese Nachteile und Probleme nicht. Allerdings setzt der Kostenaufwand für die Digitalisierung bereits vorhandenen Archivmaterials dem Modernisierungsbestreben enge Grenzen, denn zum eigentlichen Digitalisierungsprozess kommt die Erfassung der Metadaten und deren Pflege hinzu. Der damit verbundene Zeitaufwand ist nicht zu unterschätzen, so daß z.B. in der TV-Welt Digitalisierungsvorhaben eher im Zehnjahreszeitraum geplant werden.

Komponenten eines digitalen Archivs

Der Nutzen eines digitalen Archivs lässt sich in folgende Punkten zusammenfassen:

  1. langfristige Sicherung der Unternehmenswerte in einer best möglichen, dauerhaften Qualität mit einem minimierten Verlustrisiko (Verschleiß, Diebstahl, sonstige Verluste).
  2. Möglichkeit zur medienneutralen Datenhaltung mit geringerem Personalaufwand.
  3. Mediengerechte Be- und Verarbeitung mit Vorschau am Arbeitsplatz, vereinfachter Distribution und Wiederverwertung. Dabei können Daten in beliebig viele verschiedene Datenformate umgewandelt, die Inhalte untereinander verknüpft sowie in verschiedenen Versionen abgespeichert werden (Versionierung).
  4. Beliebig flexibler Zugang durch Einrichtung größerer Benutzerkreise und sofortiger Verfügbarkeit der Archiv-Inhalte.
  5. Entwicklung neuer Geschäfte durch die vereinfachte Distribution bzw. Verkauf der Inhalte und die Erstellung „neuer Produkte“.
  6. Erfüllung gesetzlich vorgegebener Auflagen, wie Konzernrichtlinien, gesetzliche Bestimmungen, Transparenz über Kontrollfunktionen.

Quelle: Contentmanager.de, 12/2002, Autoren: Caroline Prenn und Martin Wrede

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