Die Urkatasteraufnahme in Westfalen

Die Überlieferung aus den Katasterämtern gilt als schwierig zu benutzen, weil sie schwer zu durchschauen ist. Es gibt ganz unterschiedliche Karten und eine Reihe von Aktentypen mit Namen, die nicht selbsterklärend sind (Handrisse, Flurkarten, Mutterrollen, Berechnungshefte …). Die Staatsarchive, in denen diese Überlieferung vom Beginn der Vermessung 1822 bis zur Kommunalisierung des Katasters 1948 liegt, bieten mit ihren Findbüchern in der Regel auch nur ungenügende Hilfen beim Einstieg in die komplexe Materie: Die Findbücher setzen bereits eine genaue Kenntnis der Überlieferung voraus. 

Dr. Gerald Kreucher, Archivar im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Staatsarchiv Münster, hat mit der gerade erschienenen 45 Seiten umfassenden Broschüre "Die Urkatasteraufnahme in Westfalen" jetzt eine Einstiegshilfe für historisch Interessierte ohne Vorkenntnisse verfasst. Kurz und eingängig erläutert er die Geschichte der Urkatasteraufnahme in Westfalen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und deren Zweck, die Erstellung eines Grundstücksverzeichnisses als Grundlage für die Besteuerung. Er fasst die gesetzlichen Grundlagen zusammen und stellt vor allem die einzelnen Kartentypen und Aktenarten verständlich in ihrem Aussagewert für Orts- und Familienforscher dar. Die zahlreichen Abbildungen verdeutlichen den Text, der durch ein Literaturverzeichnis abgerundet wird. 

Info:
Die Broschüre: Gerald Kreucher, Die Urkatasteraufnahme in Westfalen (Veröffentlichungen des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen 20) Düsseldorf 2008, ist zum Preis von 5 Euro beim Landesarchiv NRW Staatsarchiv Münster, Bohlweg 2, 48147 Münster, Tel. 4885-0, Email: stams@lav.nrw.de zu beziehen.

Kontakt:
Landesarchiv NRW Staatsarchiv Münster
Bohlweg 2
48147 Münster
Tel.: 0251-4885-0
Fax: 0251-4885-100
stams@lav.nrw.de 
www.archive.nrw.de

Die Festungspläne im Stadtarchiv Mainz

Die Geschichte von Mainz wurde ganz wesentlich durch das Militär geprägt. Bereits die Errichtung eines Legionslagers um 13/12 v. Chr. auf dem Kästrich bildete die Grundlage für die spätere Stadtbildung. Von 1620 bis 1918 war Mainz Festungsstadt und Garnisonsstandort. Vier verschiedene Befestigungslinien wurden in diesen 300 Jahren um Mainz angelegt: Angefangen von der bastionären Stadtbefestigung, über die barocken Forts, die Militärbauten der Bundesfestung bis hin zu den modernen Bunkern des beginnenden 20. Jahrhunderts. 

Neben den mehr oder weniger gut im Stadtbild erhaltenen militärhistorischen Baudenkmäler erinnern auch die Festungspläne, die in der Bild- und Plansammlung des Stadtarchivs Mainz überliefert sind, an die Vergangenheit der Stadt. Sie stammen aus den Plankammern der kurfürstlichen und französischen Festung, der Bundesfestung (1815-1866), der preußischen Festung (1866-1873) und der Reichsfestung Mainz (bis 1919). 

Während die älteren Pläne in den eigentlichen Planbestand einsortiert wurden, befinden sich die Festungspläne des 19. Jahrhunderts noch entsprechend ihrer alten Ordnung in durchnummerierten Mappen. Dabei handelt es sich um etwa 2.500 Pläne, die durch ein Verzeichnis, das sich an das von der Fortifikationsbehörde erstellte Verzeichnis anlehnt, grob erschlossen sind.

Der Planbestand ist eine wertvolle Quelle für die historische Forschung. Insbesondere bei städtischen Sanierungsprojekten, bei Fragen von Denkmalschutz und Denkmalpflege oder etwa bei Umnutzungskonzepten militärhistorischer Bausubstanz werden diese Dokumente oft von Historikern, Fachleuten der städtischen Bauverwaltung und Architekten genutzt.

Die häufige Nutzung hat allerdings ihre Spuren hinterlassen. Etwa die Hälfte der Pläne ist schwer beschädigt; diese Pläne Interessierten vorzulegen, ist aus konservatorischer Sicht eigentlich nicht mehr zu verantworten. Die Pläne sind teilweise eingerissen und geknickt. Manche dieser Dokumente gleichen eher einem in mehrere Teile zerfallenen Puzzle denn einer wertvollen historischen Quelle. 

Das Interesse an der Erhaltung militärhistorischer Bausubstanz, das sich beispielsweise in der 2004 erfolgten Gründung der Initiative Zitadelle Mainz e.V. manifestiert, motiviert dazu, nicht nur die steinernen Zeugen der Mainzer Geschichte, sondern auch die papierenen Denkmäler der Nachwelt zu erhalten.

In Zusammenarbeit mit der Cruse GmbH in Rheinbach und der Fotolabor „M“ GmbH in Stuttgart hat das Stadtarchiv Mainz daher ein Pilotprojekt entwickelt, das die Sicherung eines Teils der Festungspläne zum Ziel hat. Gleichzeitig wird erstmals ein neuartiges Verfahren zur Langzeitarchivierung komplexer digitaler Bildinhalte auf Mikrofilm erprobt (Weiteres zum Projekt und seinen Partnern).

Kontakt:
Stadtarchiv Mainz
Rheinallee 3 B
55116 Mainz
Telefon: 06131/12 21 78
Telefax: 06131/12-35 69
stadtarchiv@stadt.mainz.de
www.stadtarchiv.mainz.de

Quelle: Mainz Online, Stadtarchiv Mainz, Projektskizze

Forschungsallianz Kulturerbe gegründet

Zur Gründung der \“Forschungsallianz Kulturerbe\“ haben die Präsidenten der Fraunhofer-Gesellschaft, der Leibniz-Gemeinschaft und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) heute im Alten Museum (Museumsinsel Berlin) ein \“Memorandum of Understanding\“ unterzeichnet.

Ziel ist es, die Rahmenbedingungen für den Kulturgüterschutz deutlich zu verbessern, den Aufbau des wissenschaftlichen Nachwuchses zu stärken und die nationalen und internationalen Netzwerke auszubauen. Anknüpfend an die führende Rolle der Konservierungswissenschaften in Deutschland vor dem Zweiten Weltkrieg, gilt es nun, für die Stärkung und Weiterentwicklung dieses Forschungszweigs ein zukunftsweisendes Fundament zu legen. Den nationalen status quo zu erfassen, ist ein erster Schritt, um gezielt den Bedarf feststellen zu können. Voraussetzung für die Stärkung der Disziplin ist allerdings auch, in der Öffentlichkeit und in der Politik ein Bewusstsein für die Bedeutung dieser Fachrichtung zu schaffen. 

Mit der Gründung dieser Allianz wird Neuland betreten. Zum ersten Mal kooperieren eine der weltweit größten Sammlungen von Kulturgütern und ihrer wissenschaftlichen Betreuung (Stiftung Preußischer Kulturbesitz), eine der führenden anwenderorientierten technologischen Forschungsinstitutionen in Deutschland (Fraunhofer-Gesellschaft) und eine einzigartige querschnittsorientierte Wissenschaftsorganisation (Leibniz-Gemeinschaft).

Auf der Basis der neuen Zusammenarbeit sollen innovative Restaurierungs- und Konservierungstechniken entwickelt und das kulturelle Erbe besser geschützt werden. Alte Schriftstücke, Bilder berühmter Künstler, mittelalterliche Holzskulpturen, Denkmäler – die Bedeutung von Kulturgütern reicht weit über ihren finanziellen Wert hinaus. Sie zu erhalten ist eine große Herausforderung. Da die Fragestellungen dabei häufig überaus komplex sind, verlangen sie nach Lösungsansätzen, an denen neben Technikern und Restauratoren auch Wissenschaftler unterschiedlichster Disziplinen (Kulturwissenschaft, Konservierungswissenschaft, Natur- und Geisteswissenschaften) beteiligt sind. Die unterzeichnenden Institutionen werden ihre Kompetenzen auf diesem Gebiet bündeln und den Wissensaustausch zwischen Forschung und Restaurierungspraxis verbessern. Die Mitglieder der Forschungsallianz werden sich zukünftig regelmäßig zum Erfahrungsaustausch und Fortschreiben der Forschungsagenda treffen. Gemeinsam wollen sie dafür Sorge tragen, dass das Kulturgut eine nachhaltige Zukunft hat.

Themen sind unter anderem:
– Entwicklung zerstörungsfreier Test- und Prüfverfahren
– Dekontaminierung von mit Pestiziden belastetem Kunst- und Kulturgut 
– Alterungsverhalten und Beständigkeit der Materialien des Kunst- und Kulturguts des 20. Jahrhunderts
– Weiterentwicklung der Plasmatechnologie für Reinigung und Konservierung von Kunst- und Archivgut
– Weiterentwicklung mikroskopischer, oberflächentopographischer und multispektraler Authentifizierungsverfahren (Illegaler Kunsthandel, Kunstfälschung) 
– Auswirkung des Klimawandels auf Kulturgüter
– Entwicklung von Konzepten zu Klimatechnik und Energieeffizienz in Museen und Archiven
– Entwicklung moderner Verfahren für Dokumentation und Erhaltung von Baudenkmalen und archäologischen Stätten.

Die Geburtsstunde der wissenschaftlichen Konservierung war vor 120 Jahren in Berlin: 1888 wurde an den Königlich-Preußischen Museen das erste Chemische Museumslabor der Welt eingerichtet mit Friedrich Rathgen als Direktor. Von Beginn an war das Rathgen-Forschungslabor dualistisch ausgerichtet – auf die Erhaltung sowohl des beweglichen musealen und archivalen als auch des unbeweglichen, denkmalpflegerischen Kulturerbes in Deutschland und weltweit.

Die Bedeutung der neuen Allianz liegt für die beteiligten Institutionen insbesondere darin:

Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz: \“Unsere Sammlungen sind Teil des kulturellen Gedächtnisses. Sie machen kulturelles Schaffen aus allen Teilen der Welt, von den Anfängen der Menschheitsgeschichte bis zur Gegenwart, erfahrbar. Die Stiftung agiert als Scharnier zwischen Kunst und Kultur einerseits und Forschung und Bildung andererseits. Allein in den Sammlungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz finden sich unterschiedlichste Materialien und Techniken, die zahlreiche Lösungsansätze zum Erhalt der Kulturgüter nötig machen. Mit der Gründung der Allianz soll die deutsche Forschung in diesem Bereich wieder eine führende Rolle im weltweiten Vergleich erlangen.\“ 

Ernst Theodor Rietschel, Präsident der Leibniz-Gemeinschaft: \“Dass die Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft künftig im Forschungsministerium ressortieren ist eine bedeutsame Anerkennung der Forschungsleistungen der Museen. Dadurch ist sichergestellt, dass \“Heritage Science\“ künftig bundesseitig noch stärker in den Blick genommen wird. Die Leibniz-Gemeinschaft sieht daher in der Forschungsallianz auch ein Sprachrohr, das den Stellenwert der Konservierungsforschung in Politik und Öffentlichkeit verdeutlicht.\“

Ulrich Buller, Forschungsvorstand der Fraunhofer-Gesellschaft: \“Ein wichtiges Anliegen der Allianz ist der Nachwuchs und die Aus- und Weiterbildung, die die Fraunhofer-Gesellschaft mit den Allianzpartnern in den beiden vor kurzem gegründeten Kompetenzzentren in Kloster Weyarn und Kloster Bronnbach vorantreiben will.\“

Die Partner der Forschungsallianz:

Die Fraunhofer-Gesellschaft ist die führende Organisation für angewandte Forschung in Europa. 15 Fraunhofer-Institute und die beiden neu gegründeten Fraunhofer-Kompetenzzentren in Weyarn und Bronnbach beteiligen sich direkt an der Allianz. Sie bringen ihr Know-how vor allem im Bereich der Innovation und des Technologietransfers ein. Viele Institute sind bereits aktiv in Projekte aus dem Kulturgutsektor eingebunden und haben dafür spezifische Lösungsansätze entwickelt. Die Fraunhofer-Gesellschaft bietet ein breites Spektrum von Verfahren, Materialien und Know-how, um die Vielfalt der Fragestellungen zu behandeln: von der Laserreinigung kostbarer Objektdetails über die Dekontaminierung von Schadstoff belasteten Hölzern bis zur Erfassung und Optimierung der Klimabedingungen in Museumsräumen.

Die Leibniz-Gemeinschaft ist ein Zusammenschluss von 82 Forschungseinrichtungen, die wissenschaftliche Fragestellungen von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung bearbeiten. Sie wird mit ihren acht Forschungsmuseen in der Allianz vertreten sein. Die Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft besitzen zahlreiche Kulturgüter von nationalem und internationalem Rang. Das Spektrum reicht von Plastiken und Gemälden über technische Großobjekte bis hin zu biologischem Material. Zum Erhalt der Objekte nutzen und entwickeln sie modernste Restaurierungs- und Konservierungsmethoden – teils in Eigenregie, teils mit externen Partnern.

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz zählt zu den größten Kultureinrichtungen weltweit: Die Staatlichen Museen zu Berlin, die Staatsbibliothek zu Berlin, das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, das Ibero-Amerikanische Institut und das Staatliche Institut für Musikforschung gehören ihr an. Die organisatorische Verbundenheit dieser fünf Einrichtungen hebt die übliche Trennung von Sparten und Materialien auf und begünstigt Fächer übergreifende Projekte und Denkansätze. Mit dem Rathgen-Forschungslabor der Staatlichen Museen verfügt die Stiftung Preußischer Kulturbesitz zudem über das älteste konservierungswissenschaftliche Institut der Welt. Es ist als naturwissenschaftliches Institut, das sich mit der Materialanalyse und der Erhaltung kulturgeschichtlicher Objekte befasst, der konservierungswissenschaftliche Ansprechpartner der Staatlichen Museen. Seine Expertise in allen die Konservierung und Erhaltung von mobilem und immobilem Kunst- und Kulturgut betreffenden Fragen stellt es auch internationalen Fachgremien zur Verfügung.

Ansprechpartner:
Für die Fraunhofer-Gesellschaft: 
Dr. Johanna Leissner
Scientific Representative for Fraunhofer 
IBP, IAP, ICT, IGB, IST, ISC & MOEZ
Rue du Commerce 31
B-1000 Bruxelles
Telefon 0032 2 506 42 43
Fax. + 32 2 506 42 49
johanna.leissner@zv.fraunhofer.de
http://www.fraunhofer.de

Für die Leibniz-Gemeinschaft: 
Dr. Stefan Brüggerhoff
Stellv. Direktor Forschung
Forschungsleiter Denkmalschutz / Materialkunde
Telefon: +49 (234) 968 4032
Fax: +49 (234) 968 4040
Stefan.Brueggerhoff@bergbaumuseum.de
Deutsches Bergbau-Museum
Herner Straße 45
44787 Bochum
http://www.bergbaumuseum.de

Für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz: 
Dr. Stefan Simon
Direktor
Rathgen-Forschungslabor
Staatliche Museen zu Berlin Stiftung Preußischer Kulturbesitz
Telefon +49 (30) 3267490
Fax: +49 (30) 3267412
s.simon@smb.spk-berlin.de
http://www.smb.museum/rf 

Quelle: Leibniz-Gemeinschaft, Pressemeldung, 28.10.2008

Interessanter Familiennachlass im Lemgoer Stadtarchiv

Durch den kürzlichen Besuch von Bundespräsident Horst Köhler ist das Lemgoer Stadtarchiv auch in der Bürgerschaft stärker ins Bewusstsein gerückt worden. Eine Einrichtung der Stadt mit vielen interessanten Dokumenten, teilweise auch Familiennachlässen. Jüngst wurde nun der Nachlass des „Familienarchiv Wilhelm Süvern“ – Rektor und Heimatforscher in Lemgo, 1892-1980 durch ein EDV-Findbuch erschlossen.

Wilhelm Süvern, geboren am 22.10.1892 in Langenholzhausen, war bis zur seiner Pensionierung 1958 Volksschullehrer und Rektor an der Lemgoer Bürgerschule. Süvern hat sich auf verschiedene Weise für die Heimatgeschichte engagiert: Er setzte sich mit ihrer pädagogischen Vermittlung auseinander, war von 1954 bis 1964 Kreisheimatpfleger des Landkreises Lemgo und von 1960 bis 1966 Vorsitzender des Lippischen Heimatbundes. Im Jahr 1963 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. Neben zahlreichen Veröffentlichungen zur Heimatgeschichte, deren Schwerpunkt auf seinem Geburtsort Langenholzhausen lag, ermittelte er umfassende Informationen zu seiner Familiengeschichte.

Von Beginn seiner seit ca. 1920 einsetzenden familiengeschichtlichen Forschung an führte Wilhelm Süvern im Bemühen, familiäre Verbindungen zu knüpfen, aufrechtzuerhalten und die Verwandten an der genealogischen Forschung zu beteiligen, rege Korrespondenzen mit allen lebenden Familienangehörigen und initiierte Familientreffen. 

\"Besuch

Abb.: Besuch aus Amerika: Verlon Berkemeyer und Estelle Lettmann in der Heimat ihrer Vorfahren 1954 vor der Schule in Langenholzhausen

Nicht nur die Lebenslinien der in Lippe und ganz Deutschland ansässigen Süverns, sondern auch die Entwicklung der Anfang des 19. Jahrhunderts nach Amerika ausgewanderten Familien Helmingsmeier, Hansmeier, Berkemeyer und Meier verfolgte Wilhelm Süvern. Er sicherte Briefe aus dem 19. Jahrhundert, die die Bedingungen und Strapazen der Auswanderung offenbaren. Aus verschiedenen Orten der USA schilderten Nachfahren der Auswanderer Wilhelm Süvern bereitwillig ihren Alltag und das ihrer Familien. Und wie der Satz von Emil Berkemeyer „when you write tell me lots of Germany there is nothing that would not interrest me.“ („wenn Du schreibst, erzähl mir viel von Deutschland, es gibt nichts, das mich nicht interessieren würde“) beweist, dass die Wissbegier an dem Land der Väter und Urgroßväter groß war. Aus den Briefen ist zu lesen, dass eine Verbundenheit mit Deutschland, obwohl die Verwandten in Amerika geboren waren, empfunden wurde. Weil zahlreiche Briefe – wie der mit Emil Berkemeyer – nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ausgetauscht wurden, steht dahinter auch die Auseinandersetzungen mit Deutschland unter Hitler und den Verbrechen in Deutschland. In den Schreiben lässt sich die Hilflosigkeit und Ambivalenz gegenüber ihrem Herkunftsland herauslesen, zumal, wenn sie von anderen Amerikanern auf Deutschland und die verübten Verbrechen angesprochen wurden. Der Sohn von Emil Berkemeyer besuchte 1954 als amerikanischer Soldat Lippe. Besuche von amerikanischen Verwandten erhielt Wilhelm Süvern häufiger und blieb mit ihnen über Jahrzehnte hinweg in Austausch. Als Ergebnis seiner 60jährigen Sammel- und Forschungstätigkeit konnte er 1980 kurz vor seinem Tod seine Publikation \“To Sodeburen-Süvern 1368-1980\“ als ein genealogisches Portrait einer lippischen Familie der Öffentlichkeit bekannt machen. 

Nach seinem Tod ging das Familienarchiv an seine Tochter Sieglinde Stark, geb. Süvern, über, die es 1995 dem Stadtarchiv Lemgo übergab. „Nur dort“, so Sieglinde Stark in einem Brief an die Familie, „besteht meines Erachtens die Gewähr, dass es für spätere Generationen erhalten bleibt.“

Stadtarchivarin Dr. Anikó Szabó macht deutlich: “Zu verdanken ist die Ordnung des Bestandes und die Fertigstellung des Findbuches Sabine Lehr, Archivstudentin aus Potsdam.“ Wie schon im vergangenen Jahr das Familienarchiv Wippermann sorgte sie nun in ihrem zweiten Lemgoer Praktikum u. a. für die Neuverzeichnung und die Erstellung des Findbuches „NL 18 – Familienarchiv Wilhelm Süvern“. Diese Neuverzeichnungen mit Hilfe einer EDV-Datenbank werden im Stadtarchiv Lemgo seit Anfang 2007 vorangetrieben und sollen weiter fortgeführt werden, um die Benutzung der Unterlagen zu erleichtern.

Kontakt:
Stadtarchiv Lemgo
Süsterhaus 
Rampendal 20a
32657 Lemgo
Tel. 0 52 61 / 21 32 75
stadtarchiv(at)lemgo.de

Quelle: Pressemitteilung der Alten Hansestadt Lemgo, 24.10.2008

Deutsche Residentenliste der Gedenkstätte Yad Vashem übergeben

Staatsminister Bernd Neumann, der sich zu kulturpolitischen Gesprächen in Israel und den Palästinensischen Autonomiegebieten befand, überreichte im Rahmen einer Gedenkstunde am 23.10.2008 der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem eine Liste der jüdischen Einwohnerinnen und Einwohner Deutschlands der Zeit von 1933 bis 1945

In seiner Rede betonte Staatsminister Bernd Neumann: \“Mit dieser Residentenliste möchte die Bundesregierung einen Beitrag dazu leisten, die Schicksale der ermordeten und verfolgten jüdischen Mitbürger dem namenlosen Grauen zu entreißen. Es ist unsere Hoffnung, so den Menschen einen Teil ihrer Würde zurückgeben zu können. Doch nicht nur diese Residentenliste leistet einen Beitrag dazu, die Opfer des Holocaust aus ihrer Anonymität zu befreien. Der Großzügigkeit der Gedenkstätte Yad Vashem verdanken wir einen der bewegendsten und eindringlichsten Gedenkorte in Berlin, nämlich den ‚Raum der Namen‘ unter dem Stelenfeld des Denkmals für die ermordeten Juden Europas. Insgesamt 3,2 Millionen Namen von Opfern des Holocaust hat Yad Vashem hierfür zur Verfügung gestellt. 8.000 ermordeten Opfern kann mittlerweile im ‚Raum der Namen‘ gedacht werden.\“

Die Bundesregierung und die Stiftung \“Erinnerung, Verantwortung und Zukunft\“ finanzierten die Erstellung der Residentenliste. Das Bundesarchiv stellte die Datensammlung mit persönlichen Angaben von rund 600.000 jüdischen Mitbürgern, die in der Zeit von 1933 bis 1945 in Deutschland lebten und wegen ihrer jüdischen Abstammung vom nationalsozialistischen Gewaltregime verfolgt wurden, zusammen.

Quelle: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Pressemitteilung, Nr. 372, 23.10.2008

Christen jüdischer Herkunft in Westfalen unter nationalsozialistischer Herrschaft

Für die Nationalsozialisten waren sie Juden, für die jüdischen Kultusgemeinden Abtrünnige, und die evangelischen Kirchen ließen sie unter staatlichem Druck schließlich fallen: die so genannten Judenchristen. Auf Initiative des landeskirchlichen Ausschusses "Christen und Juden" beauftragte die Evangelische Kirche von Westfalen (EKvW) den Bielefelder Historiker Professor Dr. Hans-Walter Schmuhl mit dem Forschungsprojekt „Christen jüdischer Herkunft in Westfalen unter nationalsozialistischer Herrschaft”. Das Ziel: ihre Geschichte erforschen und die Erinnerung an sie bewahren. Am 23.10.2008 wurde das auf drei Jahre angelegte Projekt, das die Landeskirche mit insgesamt 100.000 Euro fördert, im Landeskirchenamt in Bielefeld vorgestellt. 

Das Schicksal der Christen jüdischer Herkunft in der Zeit des „Dritten Reiches” bedarf in mehrfacher Hinsicht gesonderter Betrachtung: Vom Judentum hatten sie sich selbst getrennt, wurden aber vom nationalsozialistischen Staatsapparat nach den Nürnberger Rassegesetzen allein nach ihrer jüdischen Herkunft klassifiziert und teilten meist das Schicksal der jüdischen Bevölkerung. Obwohl getaufte Mitglieder der christlichen Kirchen, fanden sie auch dort oft keinen Rückhalt. In manchen Landeskirchen kam es sogar zu öffentlicher Ausgrenzung aus dem kirchlichen Leben. Als Gruppe innerhalb der Kirche konnten sie selbst nicht auftreten, weil sie damit die staatlichen Behörden auf sich aufmerksam gemacht hätten. So versuchten viele, ihre Identität zu verbergen – in der Hoffnung, sich der unterschiedslosen Diskriminierung und Verfolgung aller Menschen jüdischer Herkunft zu entziehen. Ihre Kirchenzugehörigkeit bewahrte sie aber oft nicht vor Ausgrenzungen, Verfolgungen, Deportationen und Ermordung in den Vernichtungslagern. 

Ihr Schicksal ist für Professor Dr. Hans-Walther Schmuhl immer noch „ein blinder Fleck der Forschung.” Das soll sich nun ändern: „Wir möchten diesen Menschen endlich Namen und Gesicht geben.” Und Landeskirchenrätin Karin Moskon-Raschick ergänzte: „Als Kirche stehen wir deshalb dieser Gruppe gegenüber in einer besonderen Verantwortung, um ihr Gedenken zu bewahren.” 

Erste Studienergebnisse gehen von etwa 2.000 evangelischen Christen aus, die Ende der 1930er Jahre in Westfalen lebten und jüdische Vorfahren hatten. Der bekannteste ist der Bochumer Pfarrer und Mitbegründer der Bekennenden Kirche Hans Ehrenberg (1883-1958). Kooperationspartner des Forschungsprojektes sind das Institut für Diakonie und Sozialgeschichte an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal-Bethel (Leitung: Prof. Dr. Matthias Benad), die Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie der Universität Bielefeld und das Landeskirchliche Archiv. Zum Projektteam gehören neben Professor Hans-Walter Schmuhl auch Dr. Ulrike Winkler (Berlin) und Ingrid Azzolini M.A. (Bielefeld). 

Bereits im Wintersemester 2007/2008 hat Professor Hans-Walter Schmuhl mit Studenten der Universität Bielefeld eine Übung zum Thema des Forschungsprojektes durchgeführt: Die Ergebnisse sind in einer Broschüre zusammengefasst, die über die Pressestelle des Landeskirchenamtes (Altstädter Kirchplatz 5, 33604 Bielefeld, Telefon 0521/594-313, E-Mail: presse@lka.ekvw.de) erhältlich ist bzw. – ab dem 28. Oktober – über die landeskirchliche Homepage auch als pdf-Datei heruntergeladen werden kann. 

Quelle: EKvW, Pressemeldung, 23.10.2008

Oberdonau 1938 bis 1945

Nach den tiefgreifenden Veränderungen, welche die österreichische Diskussion und Wahrnehmung der Zeit des Nationalsozialismus in den achtziger und neunziger Jahren erfuhr, gab der oberösterreichische Landtag 2001 den Anstoß zu einer neuen Gesamtdarstellung der Jahre 1938-1945 in Oberdonau. Nun wird das Projekt mit einem Doppelband abgeschlossen: ein Überblicksband und eine kommentierte Bibliografie. \“Das, was 1978, also vor dreißig Jahren, seinen Ausgang genommen hat, wird damit fortgeführt und abgeschlossen. Prof. Harry Slapnicka, seit 1971 als Leiter der neu geschaffenen Abteilung \“Zeitgeschichte und Dokumentation\“ der erste \’Zeitgeschichtler\‘ am Oberösterreichischen Landesarchiv, hat den Weg geebnet. Das Oberösterreichische Landesarchiv hat ihn fortgesetzt und ausgebaut\“, erklärt Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer

Der Abschlussband des Projektes, der von Dr. Josef Goldberger und Dr. Cornelia Sulzbacher verfasst wurde, ist Prof. Harry Slapnicka, der am 29. Oktober seinen 90. Geburtstag feiert, gewidmet. Der Band enthält eine leicht lesbare, knappe und dennoch umfassende Darstellung der NS-Zeit in Oberösterreich, die gleichermaßen Schüler/innen wie allgemein interessierten Laien einen inhaltlich verlässlichen Überblick zum Thema ermöglicht, den aktuellen Stand des Wissens über Oberdonau zusammenfasst und eine verlässliche Basis für die kritische und differenzierte Auseinandersetzung mit dieser Zeit ist.

In überschaubaren Kapiteln werden die Strukturen des NS-Regimes in Oberdonau nachgezeichnet: staatliche Verwaltung, Partei, Soziales, Wirtschaft, Justiz, Kunst und Kultur, Presse, Wehrmacht, Orte der Verfolgung und des Terrors in Oberdonau. Auch wird Funktion, Rolle und Schicksal konkreter Bevölkerungsgruppen und Einzelmenschen innerhalb dieser Strukturen behandelt: Frauen, Jugendliche, NS-Funktionäre, Widerständige, Opfer. Denn trotz großer Hoffnungen, die viele Oberösterreicher/innen auf die attraktiven Verheißungen des Regimes setzten, und trotz partieller Verbesserung der Lebensbedingungen nach dem Anschluss, zeigte sich schon in den ersten Stunden der NS-Herrschaft, dass viele Menschen aus politisch, rassischen oder sozialen Gründen aus der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft mit ihren Begünstigungen ausgeschlossen wurden und dem Terror der neuen Machthaber ausgesetzt waren. 

Noch heute ist die gesellschaftliche Erinnerung an die Jahre 1938 bis 1945 stark von gegensätzlichen Erfahrungen der Zeitzeug/innen geprägt. Parallel dazu hat in den letzten Jahrzehnten die wissenschaftliche Aufarbeitung dieses Zeitraumes eine Fülle von Publikationen hervorgebracht. Um auch dem Laien eine bestmögliche Orientierung in einer Unzahl von größeren und kleineren Veröffentlichungen zu ermöglichen, wird ein bibliografischer zweiter Band mit Kommentaren und Registern den Textband ergänzen.

Info:
Beide Bücher sind ab sofort im Buchhandel oder beim OÖ. Landesarchiv erhältlich. 
Textband \“Oberdonau\“ 256 Seiten, ISBN 978-3-900313-91-3, 19 Euro 
Bibliografie 196 Seiten, ISBN 978-3-900313-90-6, 19 Euro
Beide Bände im Schuber, ISBN 978-3-900313-92-0, 29 Euro

Kontakt:
Oberösterreichisches Landesarchiv 
Leiter: Dr. Gerhart Marckhgott 
Anzengruberstraße 19
A-4020 Linz
Telefon: (+43 732) 77 20 – 146 01 
Fax: (+43 732) 77 20 – 146 19 
landesarchiv@ooe.gv.at

Quelle: Land Oberösterreich, Landeskorrespondenz Nr. 248, 24.10.2008; Rundschau online, 23.10.2008

600 Jahre Stadtarchiv Braunschweig

Das Stadtarchiv Braunschweig begeht das 600-jährige Jubiläum seiner schriftlichen Ersterwähnung im so genannten „Ordinarius“, einer Geschäftsordnung des mittelalterlichen Rates aus dem Jahr 1408. Aus diesem Anlass hält Leiter Dr. Henning Steinführer am Montag, 27. Oktober 2008 ab 18 Uhr im Blauen Saal der Stadtbibliothek (Schlossplatz 2) einen Vortrag unter dem Titel „600 Jahre Stadtarchiv Braunschweig“. 

Im Anschluss besteht die Möglichkeit, eine zum Jubiläum gestaltete Kabinettausstellung in den Räumen des Stadtarchivs, Schlossplatz 1, 4. Obergeschoss, zu besichtigen. Die kleine Präsentation unter dem Motto „Von Urkunden, Akten und Archivaren“ zeigt einen Überblick über die Vielfalt des Bestandes. Sie ist bis zum 30. April 2009 zu sehen: montags und freitags von 10 bis 13 Uhr; dienstags, mittwochs und donnerstags von 10 bis 18 Uhr. 

Kontakt:
Stadtarchiv Braunschweig
Schlossplatz 1
38100 Braunschweig
Telefon: (0531) 470-4711 
Fax: (0531) 470-4725 
stadtarchiv@braunschweig.de

Quelle: Stadt Braunschweig, Pressemitteilung, 23.10.2008

Stadtarchiv Stuttgart stellt Quellenheft zur Reichspogromnacht 1938 vor

Der Leiter des Stadtarchivs Stuttgart, Dr. Roland Müller, hat am 21. Oktober 2008 im Stuttgarter Rathaus ein neues Quellen- und Arbeitsheft über die \“Reichskristallnacht\“ im November 1938 in Stuttgart vorgestellt. Der Titel lautet: \“Reichskristallnacht\“ – der Pogrom im November 1938 in Stuttgart. Ein Quellen- und Arbeitsbuch für den Geschichtsunterricht. Bearbeitet von Michael Hoffmann, Jürgen Lotterer und Roland Müller in Verbindung mit Karin Winkler. Sonderveröffentlichung des Archivs der Stadt Stuttgart.

Vor 70 Jahren, in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, wurden in Stuttgart und Bad Cannstatt die Synagogen von nationalsozialistischen Gewalttätern angezündet – ebenso wie an vielen anderen Orten im Deutschen Reich. Dies geschah mit Billigung und aktiver Unterstützung der staatlichen und kommunalen Behörden. Auf die Zerstörung und Plünderung zahlreicher jüdischer Geschäfte folgte die Verschleppung mehrerer hundert jüdischer Stuttgarter Bürger in das Konzentrationslager Dachau.

Dieser Pogrom ist ein Schlüsselereignis der Deutschen Geschichte und als Stoff in den Lehrplänen der weiterführenden Schulen verankert. Doch je weiter die Zeit voranschreitet, desto dringlicher stellt sich die Frage nach der geeigneten Form der Vermittlung an junge Menschen, die von der \“Erlebnisgeneration\“ durch eine immer größere zeitliche Kluft getrennt sind.

Besser als ritualisiertes Gedenken oder gar einschüchterndes Pathos sind sicherlich authentische Zeugnisse geeignet, die Erinnerung an die Verfolgung und Ermordung jüdischer Bürgerinnen und Bürger lebendig zu halten und die richtigen Lehren hieraus zu ziehen. Insbesondere Erlebnisberichte entfalten ihre erschütternde Wirkung von ganz allein. Daher hat das Stadtarchiv Stuttgart, zu dessen zentralen Aufgaben auch die historische Bildungsarbeit zählt, in Zusammenarbeit mit Lehrkräften des Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums Stuttgart eine Quellensammlung zu den Ereignissen um den 9. November 1938 in Stuttgart zusammengestellt, kommentiert und für den Einsatz in der Schule aufbereitet.

Die 50 Seiten starke Publikation enthält einen einleitenden Aufsatz, der auf der Grundlage der aktuellen historischen Forschung Ablauf und Hintergründe des Novemberpogroms in Stuttgart darstellt und auch den Zusammenhang zu den reichsweiten Ereignissen herstellt. Eine eigene didaktische Einleitung ist der Behandlung des Themas im Schulunterricht gewidmet. Beide Texte gehen auch detailliert auf den anschließenden Quellenteil ein.

Dieser enthält zahlreiche Dokumente zur Vorgeschichte des Pogroms seit 1933, zur Inszenierung und propagandistischen Begleitung der Gewalttaten, zum eigentlichen Verlauf und zu den Folgen sowie einschlägiges Bildmaterial. Die im Stadtarchiv aufbewahrten Zeitzeugenberichte jüdischer Bürgerinnen und Bürger Stuttgarts, die der Verfolgung entkommen konnten, stellen hierbei die wichtigste Quellengruppe dar. Sie werden unter anderem durch amtliche Dokumente und zeitgenössische Pressetexte ergänzt. Die einzelnen Kapitel sind mit unterrichtspraktischen Fragen und Arbeitsanleitungen versehen.

Das Heft ist primär als Arbeitsmaterial für Lehrer an den weiterführenden Schulen Stuttgarts gedacht, ebenso für Menschen, die im Rahmen der Erwachsenenbildung oder an sonstigen außerschulischen Institutionen mit der Vermittlung des Themas beschäftigt sind. Diesen kann es unentgeltlich durch das Stadtarchiv zur Verfügung gestellt werden. 

Kontakt:
Stadtarchiv Stuttgart
Silberburgstraße 191
70178 Stuttgart
Telefon: (0711) 216-6327
Fax: (0711) 216-4456
poststelle.stadtarchiv@stuttgart.de 
www.stuttgart.de/stadtarchiv

Quelle: Stadt Stuttgart, Pressemitteilung, 21.10.2008; Stuttgarter Wochenblatt, 21.10.2008

100 Jahre selbständiges Küsteramt in Spenge in einer Familie

Unter großer Anteilnahme der Spenger Bevölkerung wurde in der Kirchengemeinde Spenge (Kirchenkreis Herford) das 100-jährige Jubiläum des selbständigen Küsteramtes am 19. Oktober 2008 gefeiert. Die Trennung des Schulamtes von den kirchlichen Ämtern ist für das Ende des 19. Jahrhunderts und den Beginn des 20. Jahrhunderts ein eher normale Angelegenheit. Der preußische Staat wollte den Einfluss auf das Bildungssystem ausbauen und hob deswegen zum Beispiel auch die geistliche Schulaufsicht über die Volksschule auf. Die Trennung der Ämter erforderte auch eine Aufteilung der Vermögenswerte, die bisher die Stellen finanzierte. 

Gleichzeitig mussten die Kirchengemeinden ihre Dienste neu ordnen. Während der Organistendienst häufig durch die Lehrer, dann aber in privatrechtlichen Verträgen geregelt, weiterhin wahrgenommen wurden, waren die Küsterdienste auch für das Image der Lehrer meist unattraktiv. Denn die Küsterdienste hatten für den äußeren Rahmen des Gottesdienstes zu sorgen, also für die Sauberkeit in der Kirche genauso wie für die Bereitstellung von Abendmahlsgeräten, für das Anschreiben der Liedernummern genauso wie das Anzünden der Kerzen.

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Abb.: Der 1. Küster Fritz Held vor dem Pfarrkotten, ca. 1904

Der besondere Grund für das Feiern dieses Jubiläums in Spenge ergab sich daraus, dass dieses Amt seitdem in den Händen eine Familie liegt, und das seit vier Generationen. Während dieser 100 Jahre übten zwanzig verschiedene Pfarrerinnen und Pfarrer und zwanzig verschiedene Organistinnen und Organisten ihr Amt aus. Diese Kontinuität im Amt ist daher eher selten und deswegen eine Feier wert.

Aus Anlass dieser Feier wurde von Diplom-Archivar Wolfgang Günther (Landeskirchliches Archiv Bielefeld) eine kleine Ausstellung erarbeitet, die zum einen die Entwicklung des Küsterberufes skizzierte, aber auch viele Dokumente zur Geschichte der Spenger Küsterfamilie präsentierte. Da der Küsterdienst vorwiegend im Nebenamt ausgeübt wurde, wurde die Küsterfamilie auch in anderen Bereichen des Dorfes aktiv und bekannt. Entsprechend groß war das Bedürfnis der \“alten\“ Spenger, sich die Geschichte der ortsbekannten Familie zu vergegenwärtigen. Die Ausstellung ist im Gemeindehaus der Kirchengemeinde Spenge noch in den nächsten vier Wochen zu sehen.

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