Licht und Schatten in der Geschichte der Universität Jena

Wo viel Licht ist, da gibt es auch Schatten. Diesen Schattenseiten in der 450-jährigen Geschichte der Jenaer Universität wollen Historiker in einer Tagung am 28. und 29. November 2008 nachgehen. Unter dem Titel "Politische Verfolgung von Universitätsmitarbeitern und Studenten" laden sie Fachkollegen, Zeitzeugen und die interessierte Öffentlichkeit in die Rosensäle (Fürstengraben 27) ein. Die "Tagung zur Vergangenheitsklärung", so steht es im Untertitel, behandelt den Zeitraum von 1945 bis 1989. Im Zentrum werden zwei Zeitzeugenrunden stehen, die sich zwei unterschiedlichen Zeiträumen der DDR-Geschichte widmen werden. Die Historiker interessieren sich für den Stand der Forschung zur Opposition in der DDR und die persönlichen Erfahrungen von Zeitzeugen. "Wir werden zwei ganz neue Arbeiten vorstellen", sagt Dr. Tobias Kaiser, der die Tagung gemeinsam mit Dr. Heinz Mestrup initiiert hat. Katharina Lenski erforschte die Tätigkeit der Staatssicherheit an der Universität, Susanne Wildner verfasste eine Arbeit über Disziplinarverfahren in den 1950er Jahren. Den ersten Tag beschließt eine Lesung von Martin Morgner, der sein Manuskript "In die Mühlen geraten – Porträts von politisch verfolgten Studenten der Friedrich-Schiller-Universität Jena zwischen 1967 und 1984" vorstellen wird. 

Am zweiten Tag kommen die Zeitzeugen zu Wort. "Es sind Gäste darunter, die zum ersten Mal öffentlich über ihre Erfahrungen berichten werden", sagt Tobias Kaiser. Zunächst steht die Zeit von 1945 bis zum Ende der 1950er Jahre im Mittelpunkt. Zu Wort kommen u. a. Ruth Weiß aus Rostock, die 1952 aus politischen Gründen exmatrikuliert wurde, Peter Herrmann aus Eisenberg, der zu 14 Jahren Zuchthaus verurteilt worden war und Dr. Wolfgang Möhring aus Hamburg, der bereits 1949 als Mitglied der liberal-demokratischen Opposition verhaftet worden war. Am zweiten Tag steht die Zeit zwischen Mauerbau 1961 und friedlicher Revolution im Fokus. Eingeladen wurden Zeitzeugen wie Guntram Clemens, der im Zuge des "Prager Frühlings" 1968 vom Studium suspendiert wurde, Lutz Rathenow, nach Protesten gegen die Biermann-Ausbürgerung 1977 exmatrikuliert und Roland Jahn, der 1983 gegen seinen Willen in die BRD ausgebürgert wurde. Der stellvertretende Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen Siegfried Reiprich soll ebenso über seine damaligen Erfahrungen sprechen wie Till Noack, der 1983 unter dem Vorwurf exmatrikuliert wurde, Kontakte zur polnischen "Solidarnosc" zu unterhalten. 

Veranstaltet wird die zweitägige Tagung von der Senatskommission zur Aufarbeitung der Jenaer Universitätsgeschichte im 20. Jahrhundert. Weitere Partner sind die Bundesstiftung Aufarbeitung, die Thüringer Landesbeauftragte für die Unterlagen der Staatssicherheit und die Landeszentrale für politische Bildung. Auf lokaler Ebene wird die Tagung durch das Thüringer Archiv für Zeitgeschichte "Matthias Domaschk" und die Geschichtswerkstatt Jena unterstützt. 

Kontakt
Historisches Institut der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Dr. Tobias Kaiser
Fürstengraben 13
07743 Jena
Tel.: 03641 / 944439
Tobias.Kaiser@uni-jena.de 

Quelle: uni-protokolle, 25.11.2008

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.