Archivischer Notfallverbund Pforzheim-Enzkreis gegründet

Aus der Serie „Geschichtsort Archiv“

Das Kreisarchiv des Enzkreises und die Stadtarchive von Pforzheim, Maulbronn und Mühlacker sowie das Institut für Sportgeschichte Baden-Württemberg in Maulbronn wollen sich ab sofort im Katastrophenfall gegenseitig unterstützen.

„Gehen Sie in Gedanken einmal durch ihr privates Archiv“, meint Kreisarchivar Marc Kinast: „Wissen Sie noch, dass die Tagebücher unter dem Bett und die alten Liebesbriefe im Schuhkarton auf dem Kleiderschrank liegen?“ Was davon würde man wohl zuerst retten, wenn es brennt, und was mit dem von Löschwasser durchtränkten Fotoalbum der verstorbenen Großmutter tun?

Solche Fragen beschäftigen auch die Archive in der Region: Sie erheben für sich den Anspruch, die zentralen Orte der Überlieferung unserer Geschichte für die Ewigkeit zu sein. Die dort verwahrten Archivalien sind in der Regel einmalig und bei Verlust nicht zu ersetzen – genau wie die alten Liebesbriefe. Neben den gewöhnlichen Maßnahmen zum Erhalt des Archivguts, zum Beispiel dem Verpacken in alterungsbeständige Schutzmaterialien oder dem Entfernen metallhaltiger Bestandteile, gehört daher auch die Vorbereitung auf den – hoffentlich nie eintretenden – Katastrophenfall dazu. „Denken Sie an den spektakulären Einsturz des Kölner Stadtarchivs 2009 oder den Brand der Anna Amalia-Bibliothek in Weimar 2004“, meint der Historiker.

Aber nicht nur solche großen, auch die kleinen Katastrophen können irreparable Schäden anrichten – beispielsweise, wenn durch einen Rohrbruch im Rathaus ein Regal voller Archivalien unter Wasser steht oder wegen schlechten Raumklimas Bestände von Schimmel befallen sind: Dann muss auf jeden Fall rasch gehandelt und wassergeschädigtes Archivgut schnell getrocknet werden, damit sich kein Schimmel bildet. Größere Mengen werden eingefroren und später bei Fachbetrieben gefriergetrocknet.

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Abb.: Schutzanzug gegen giftige Sporen: Kreisarchivar Marc Kinast bei der Dekontamination schimmelgeschädigten Archivguts (Foto: Enzkreis)

Um sich vorzubereiten und die vorhandenen Kräfte zu bündeln, haben die Archive der Region nun einen Notfallverbund gegründet. „Natürlich werden wir der Feuerwehr nicht bei ihrem Einsatz im Weg stehen“, betont Marc Kinast: „Unser Ziel ist es, anschließend dafür zu sorgen, dass beschädigtes Kulturgut zügig und erfolgreich geborgen und versorgt werden kann.“ Kinast leitet derzeit den „Archivischen Notfallverbund Pforzheim-Enzkreis“. Die beteiligten Institutionen würdigen damit seinen Einsatz bei den anderthalbjährigen Vorbereitungen zur Gründung. Auf dem Programm der nächsten Jahre stehen die Ausarbeitung detaillierter Notfallpläne für alle Einrichtungen, Notfallübungen und die Beschaffung spezieller Einsatzmaterialien.

Neben dem Schutz der eigenen Magazinräume will der Verbund auch Hilfeleistung für die vielen nicht hauptamtlich betreuten Gemeindearchive im Kreisgebiet bieten. Gerade dort sei die Einhaltung guter klimatischer Raumbedingungen das A und O, wie Kinast erklärt. Denn wenn aufgrund zu hoher Feuchtigkeit Schimmelbefall zu beklagen sei, müsse dieser aufwändig entfernt werden. Oft sei auch die Papiersubstanz betroffen, was dann sehr teure Restaurierungsmaßnahmen erfordere.

Kontakt:
Kreisarchiv des Enzkreises
Marc Kinast
Kommunale Archivpflege
Zähringerallee 3
75177 Pforzheim
Telefon 07231 308-9425
Telefax 07231 308-9837
Kreisarchiv@enzkreis.de
marc.kinast@enzkreis.de

Quelle: Enzkreis, Pressemitteilung, 60/2016

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