Faschings-Ski-Springen in Traunstein

Der Fasching naht mit großen Schritten – am 16. Februar ist bereits Faschingsdienstag – und auch die Schneelage ist durchaus zufriedenstellend. Aber: Bedingt durch das unsägliche Coronavirus ist heuer nicht erst am Aschermittwoch alles vorbei, nein, wir haben zwar „närrische Tage“, aber das, was man gemeinhin darunter versteht, fällt quasi völlig aus. Gleiches gilt bei geschlossenen Seilbahnen und Liften auch für das alpine Skivergnügen. Nur Tourengeher und Langläufer kommen (wenigstens teilweise) auf ihre Kosten – und natürlich auch der Fernsehsportler, denn der Weltcupzirkus darf seine Veranstaltungen, vom Langlauf über die Abfahrt bis zum Skispringen, weiterhin durchführen, wenn auch vor leeren Rängen und unter strengen Auflagen.

Skisport und Fasching – wie passt das, abgesehen von dem sich teilweise überschneidenden Zeitraum, zusammen? Dieser Frage soll hier historisch nachgegangen und dabei gleichzeitig an das Thema des Monats Januar 2021 vom Stadtarchiv Traunstein angeknüpft werden: Skispringen (Ein Traunsteiner Fotograf dokumentiert die Eröffnung der Skisprungschanze am Kälberstein in Berchtesgaden).

Blicken wir also mit einem am 16.2.1931 im Traunsteiner Wochenblatt veröffentlichten Bericht 90 Jahre zurück, als die Schanzenadler ihre erste Hochphase hatten und ihren waghalsigen Sport in Traunstein auf der Bürgerwaldschanze vor zahlreichen Zuschauern präsentierten – ernsthaft, aber auch unter den besonderen Bedingungen, die der Fasching nun einmal einfordert.

„Es war eine gute Idee des Traunsteiner Skiklubs, zwei Motiven Rechnung zu tragen, die den Fasching 1931 kennzeichnen: Die ernste Lage einerseits und das Bedürfnis der Menschen, mit Humor über diese ernste Lage hinwegzukommen, andererseits. [Dieses Motto würde auch aktuell sehr gut passen; Anm. d. Verf.] Beiden Motiven wurde der Skiklub Traunstein gerecht, indem er bei seinem maskierten Faschings-Springen Sportsgeist mit Faschingsfröhlichkeit verband. Es wurden trotz der maskierten ‚Brettlhupferei‘ ganz nette Sportsleistungen gezeigt. Auf die einzelnen Kostüme und Sprungleistungen einzugehen erübrigt sich durch den angenehmen Umstand, dass alle das Beste leisteten. Bei [= ungefähr] 1200 Zuschauer, zu denen leider auch Nichtzahlende gezählt werden müssen, hatten sich trotz des kalten Wetters eingefunden.

Das Faschingsspringen eröffnete die Primadonna Haßlbergianera mit einem schön gestandenen Sprung. Und nun folgten unter dem Halloh [sic] der Zuschauermassen Masken auf Masken: ‚Die Blauseidene‘* (Hehl Hans), ‚der Berliner Klause‘ in der kurzen Wichs mit Ballons auf den Skiern (Empl Toni), ‚der Reiseonkel‘ (Hans Pirkl), ‚die Bäuerin von Axdorf‘ (Tiefenthaler Daniel) und die ‚Bäuerin von der Au‘ (Empl Alois), ‚die Sennerin von der Strohn‘ (Fellner Hans), ‚Pat und Patachon‘ (Hölzensauer und Haßlberger), ‚die letzte in Traunstein übriggebliebene Sommerfrischlerin‘ (Mitterer Gg.), ‚das Bauernehepaar‘, wobei Sie mit einem Korb (Empl Toni) und Er mit einem Schirm (Hölzensauer) über die Schanze gingen, aber auch alle übrigen Masken […] erregten allgemeinen Beifall.


Abb.: Doppelsprung von Alois Empl und Hans Hölzensauer beim Faschingsspringen am Sonntag, den 15. Februar 1931 (Foto: Nachlass Meiche unter der Signatur MOS 212 im Stadtarchiv Traunstein)

Die Rolle des Verkehrsschutzmannes (Josef Müller) war sehr gut. Mit dem Riesenarm konnte das Springen einwandfrei gelenkt werden. Im Ganzen traten 25 Springer in drei Gängen an. Dank der vorzüglichen, stets bewährten Organisation der Leitung klappt alles tadellos. Abends vereinigte man sich zu einer gemüthlichen Unterhaltung im Hotel Wispauer, wo auch die Preisverleihung vorgenommen wurde. Alle Masken erhielten Preise in eß- und trinkbarer Form. Zum Schluße sei auch die Teilnahme der Siegsdorfer und Bergener Springer erwähnt. Dem Skiklub Traunstein ist aber noch – was im Hinblick der Entwicklung des Wintersportes in Traunstein und des weiteren Ausbaues der Sprungschanze sehr zu begrüßen ist – eine ganz nette Summe übriggeblieben. Ski Heil!“

Der am 16. Februar 1931 im Traunsteiner Wochenblatt veröffentlichte Bericht beschreibt exakt die gezeigte (und wiederum im Nachlass Meiche unter der Signatur MOS 212 entdeckte) Fotografie: Den Doppelsprung von Alois Empl (1913-1942) und Hans Hölzensauer (geboren 1901 in München, später nach Inzell verzogen) beim Faschingsspringen am Sonntag, den 15. Februar 1931, einer, so die damalige Vorankündigung, „Attraktion für Traunstein“, wie man sie sich heute in dieser Form (leider) nicht mehr vorstellen kann.

* „Blauseidene“: Gemeint war damit Christine Sinzinger (1854-1923), die als ledige Privatiere ab 1885 in Traunstein lebte und einen Hang zu blauer Kleidung (Blusen und Schürzen) hatte, was ihr diesen Spitznamen einbrachte. Sie galt als Traunsteiner Original und war scheinbar auch acht Jahre nach ihrem Ableben ein Begriff.

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Quelle: Stadtarchiv Traunstein, Archivale des Monats Februar 2021

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