Die Mangelwirtschaft gegen Kriegsende – Aschaffenburger Schlaglicht August 1918

Seit dem hundertsten Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs werden im Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg monatlich wechselnde „Schlaglichter“ in Form einer kleinen Präsentation gezeigt. Ausgewählte Dokumente, Fotografien und Objekte, zumeist aus den Beständen des Archivs (und ab und an auch in Kooperation mit regionalen Sammlern und Heimatforschern) werden über einen Zeitraum von jeweils vier Wochen gezeigt. Die jeweiligen Präsentationstexte sowie ausgewählte Bilder werden seit dem August 2014 über die Homepage des Archivs dokumentiert (Rückblick).

Das aktuelle Schlaglicht thematisiert die Mangelwirtschaft 1918:

Ende Juli veröffentlichte die Aschaffenburger Zeitung eine Proklamation König Ludwigs, mit der er sich für die Treue und Opferfreudigkeit beim bayerischen „Heer und Volk“ bedankte. Am 1. August 1918 dankte auch Kaiser Wilhelm II. dem „deutschen Volk und Heer“ und rief – angesichts der feindlichen Übermacht im Westen – zum „unerschütterlichen Siegeswillen“ auf.

Diese Aufrufe konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Lage nicht nur an den Fronten immer prekärer wurde: Die Mangelwirtschaft schränkte das Alltagsleben der Zivilbevölkerung weiter ein. Im August 1918 wurden die drei Jahre zuvor eingeführten „fleischlosen Tage“ zu „fleischlose Wochen“, Schuhe waren kaum noch zu bekommen, in vielen Bereichen war man auf die Erzeugung und Verwendung von Ersatzstoffen angewiesen. Statt Fleisch wurden über das bestehende Bezugsscheinsystem größere Wochenrationen an Mehl oder Kartoffeln ausgegeben.

Einen interessanten Einblick gewährt das städtische Schriftgut, das im Archiv verwahrt wird: Die Forderung der Reichsbekleidungsstelle nach einer Abgabe von 500 Anzügen „für die Bekleidung der Heimarmee“ – darunter fielen nicht nur die Arbeiter der Rüstungsarmee, sondern auch für die in der Landwirtschaft, bei der Eisenbahn oder im Bergbau Beschäftigten – konnte in Aschaffenburg nicht erfüllt werden. Zum einen war der Aufwand, den der mit der Sammlung betraute Schuhmacher Rosner dafür betreiben musste, unverhältnismäßig groß, und zum andern fiel es, wie dies in einer Sitzung des Stadtmagistrats vorgetragen wurde, der Bevölkerung schwer die eventuell noch vorhandene Herrenoberbekleidung zu spenden, „weil die meisten Familien mit Kindern ihre alten Kleidungsstücke wieder für ihre Kinder verwenden.“

Kontakt:
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