Wettbewerbprojekte »Archiv und Jugend« 2009 im Rheinland

In der zweiten Auflage des Wettbewerbs "Archiv und Jugend", ausgeschrieben vom Land Nordrhein-Westfalen in Kooperation mit den Landschaftsverbänden Rheinland und Westfalen-Lippe, haben insgesamt 16 Projekte eine Förderung erhalten, darunter folgende sieben aus dem Rheinland.

Das in Köln ansässige Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland e.V. (DOMiD) wird im Rahmen des Projektes \“Migrationsgeschichte in der Archivpädagogik\“ Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Köln-Holweide – einer Schule mit einem hohen Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund – an die Archivarbeit heranführen. Von der jeweils eigenen Lebenswirklichkeit ausgehend, sollen Jugendliche Archive in zweierlei Hinsicht kennen lernen: als für Recherchen nutzbaren Wissens- und Informationsspeicher, aber auch als Ort, an dem selbst ermittelte und gesammelte Unterlagen und Objekte geordnet und zur weiteren Benutzung hinterlegt werden können. Am Ende des Projektes soll eine Ausstellung in der Schule die Ergebnisse präsentieren.

Die Projektidee des Stadt- und Kreisarchivs Düren besteht darin, den \“Dürener Archiv-Explorer\“ zu entwickeln, der auf spielerische Art eine \“virtuelle Entdeckungsreise durch das Archiv und die Geschichte einer rheinischen Stadt\“ und somit den digitalen Einstieg in die Arbeit in einem Archiv und mit den Quellen zur Stadtgeschichte ermöglicht. Die konkrete Ausgestaltung wird jedoch in hohem Maße der Kreativität der beteiligten Jugendlichen – Schüler des Stiftischen Gymnasiums – überlassen sein. Auf der technischen Seite sollen spätere Erweiterungen und Ergänzungen problemlos umsetzbar sein.

Das Heinrich-Heine-Institut in Düsseldorf bietet als Literaturarchiv \“A-Funboxes" an, die sich in einer \“Lovebox", einer \“Schoolbox" und einer \“Sex&Drugs&Rock\’n-Roll-Box\“ präsentieren. Die A-Funboxes sind drei Häuschen in der Größe und der Form eines Dixieklos, die mobil an verschiedene Stellen der Stadt verbracht werden können, besonders solchen, die von Jugendlichen stark frequentiert werden. In den einzelnen Boxen werden – auf der Basis von Beständen des Heinrich-Heine-Instituts – Fragen thematisiert, die Jugendliche in diesen Boxen gestaltend aktiv werden lassen, und zwar schriftlich, akustisch und bildlich. Die unmittelbare Dokumentation der Beiträge der Jugendlichen sollen zeitnah im Internet präsentiert werden und zum Abschluss in einer Ausstellung münden.

\“Der Friedhof an der Kirchstraße – 200 Jahre Hildener Stadtgeschichte\“ heißt das Projekt des Stadtarchivs Hilden. Von den verschiedensten Grabstätten und Gedenksteinen des Hildener Hauptfriedhofs ausgehend sollen deren Spuren in die politische sowie die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Stadt verfolgt und unter professioneller Anleitung fotografisch erfasst werden. Schwerpunkt des Projekts wird die angeleitete Arbeit der Jugendlichen im Stadtarchiv, wo sie anhand geeigneter Archivalien und der archivischen Sammlungen die verschiedenen Aspekte des Friedhofs sowie der dort gedachten Personen und Ereignisse erforschen können. Am Ende des Projektes soll eine bebilderte Publikation sowie eine Ausstellung der entstandenen Fotografien stehen.

Das Stadtarchiv Korschenbroich möchte im Projekt \“Lebensgeschichten von Flüchtlingen und Vertriebenen\“ Schülerinnen und Schüler der 9. Jahrgangsstufe der Realschule nicht nur bei der Recherche nach Flüchtlingsschicksalen in den historischen Beständen des Hauses anleiten, sondern auch \“Drehort" sein für Interviews mit Zeitzeugen und dadurch \“neue" Quellen schaffen. Die Ergebnisse sollen zum einen im Portal www.lebensgeschichten.net platziert, zum anderen in einer Ausstellung zum Thema \“Heimat" präsentiert werden.

Das Kooperationsprojekt des Stadtarchivs Ratingen und des Stadtarchivs Velbert ist zeitlich und bezüglich der Quellengattung eng fokussiert: \“Zeitenblicke. Alltag und Politik in der Weimarer Republik im Spiegel der Lokalpresse\“. Die häufig polemische Berichterstattung der Presseorgane verschiedener politischer Lager in einer sehr bewegten Zeit deutscher Geschichte soll in Bezug auf historisch objektivierbare Erkenntnisse analysiert und nachvollzogen werden. Abschließend soll eine \“Gegenwartszeitung der Vergangenheit\“ (in Papierform und auch als E-Paper) erstellt werden.

Eine ganz besondere jugendliche Zielgruppe spricht das Archiv des Rhein-Sieg-Kreises in Siegburg an mit seinem Projekt \“Geschichte löschen?? – Ein Notfallplan für das Kreisarchiv\“, das sich mit Mitgliedern der Jugendfeuerwehren und deren Betreuern die Erstellung eines Notfallplanes für das veranstaltende Archiv vornimmt, der gleichzeitig als Grundlage für einen Notfallverbund der Kommunalarchive im Rhein-Sieg-Kreis dienen soll. Dazu werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit den Beständen, den besonderen Lagerungsbedingungen und den speziellen Erhaltungs- und Restaurierungsmaßnahmen vertraut gemacht. Der so erstellte Notfallplan wird als Ergebnis nicht nur auf einer Pressekonferenz – evtl. auch als Foto-Dokumentation – präsentiert, sondern auch als reale Notfallübung im Kreisarchiv durchgeführt.

Quelle: LVR, Archivberatungs- und Fortbildungszentrum, Projekte & Initiativen.

»Das ewig denkwürdige Jahr« – Das Kriegsende 1945 im Kreis Paderborn

Die zahlreichen Veranstaltungen, Bücher oder Filme zum Thema Zweiter Krieg und Kriegsende 1945 zeigen eines ganz deutlich: Die Wunden des Zweiten Weltkriegs sind keineswegs vollständig verheilt. Im Namen Deutschlands haben Hitler und sein verbrecherisches Regime unsägliches Leid über Europa gebracht: Tod und Vernichtung, Flucht und Vertreibung von Millionen von Menschen. Dieses Leid hat die Deutschen am Ende des Krieges eingeholt.

Besetzung – Befreiung – Kapitulation – Katastrophe. Die vollständige Niederlage der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft hatte (und hat) für die Menschen in Deutschland ganz verschiedene Bedeutungen. Der Moment der Niederlage wird vielfach als „Stunde Null“ bezeichnet, der man die Begriffspaare Orientierungslosigkeit und Aufbau, Auflösung und Neubeginn zuordnen kann. Kaum jemand wird sich im Frühjahr 1945 ernsthaft das „Wirtschaftswunder“ der 1950er Jahre vorgestellt haben können. Erinnerung und Aufarbeitung begannen erst viel später, insofern hat die „Stunde Null“ auch etwas mit verpassten Chancen zu tun.

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Kreisarchivar Wilhelm Grabe hat die Wortbeiträge einer Vortragsveranstaltung jetzt in einer Broschüre zusammengestellt: Rainer Pöppinghege analysiert die zeitgenössische Wahrnehmung des Kriegsendes im Kreis Paderborn. Friedhelm Golücke stellt die nahezu vollständige Vernichtung der Stadt Paderborn Ende März 1945 in einen größeren historischen Zusammenhang. Waldemar Becker beschreibt die militärische Lage in Westdeutschland in den letzten Kriegstagen. Und – last but not least – stellt Friedrich Gerhard Hohmann die dramatischen Kämpfe zwischen Amerikanern und Deutschen im Raum Borchen Ende März 1945 dar. Eine umfassende Literaturübersicht zum Thema beschließt die Veröffentlichung, die außerdem mit einigen zeitgenössischen Fotografien bebildert ist.

Nachdem die erste Auflage binnen weniger Tage vergriffen war, ist der Nachdruck der Broschüre „Das ewig denkwürdige Jahr“ – Heft 1 der neuen Schriftenreihe des Kreisarchivs Paderborn – wieder kostenlos bei der Kreisverwaltung Paderborn, Aldegreverstr. 10-14, 33102 Paderborn, oder direkt beim Kreisarchiv Paderborn, Lindenstr. 12, 33142 Büren (Tel. 02951-970 226), erhältlich.

W. Grabe / Kreisarchiv Paderborn

Ausstellung in Selm zeigt bibliophile Kostbarkeiten

Schätze der ganz besonderen Art zeigt derzeit der Kreis Unna mit der Ausstellung \“Buchjuwelen\“ in Kooperation mit der Universitäts- und Landesbibliothek der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Noch bis zum 15. Februar 2009 ist auf Schloss Cappenberg in Selm die Ausstellung \“Buchjuwelen. Bibliophile Kostbarkeiten aus westfälischen Bibliotheken\“ zu sehen, in der unter anderem Bände aus der historischen Buchsammlung Westerholt-Gysenberg des Bottroper Stadtarchivs ausgestellt werden.

In der Präsentation sind etwa 100 bibliophile Prunkstücke aus der Zeitspanne vom 16. bis zum 18. Jahrhundert zu sehen. Dazu gehören philosophische Schriften, seltene Bibelausgaben und wissenschaftliche Arbeiten aus 15 westfälischen Bibliotheken. Es werden auch Bände vorgestellt, die sich durch ihr Alter, ihren Erhaltungszustand und ihre Bedeutung für Wissenschaft und Forschung sowie für die Region besonders hervorheben.

\“Die älteren, wertvollen und schützenswerten Werke aus Adels-, Kloster- und Schulbibliotheken in Arnsberg, Bottrop, Brilon, Metelen, Münster, Recklinghausen, Senden, Werne und zahlreichen anderen Orten zeichnen ein Bild von der kulturellen Vielfalt der Region“, so die Ausstellungsmacher. Das Bottroper Archiv hat für die außergewöhnliche Ausstellung u. a. ein Werk mit Kommentaren zur römischen Geschichte des Wiener Humanisten Wolfgang Lazius aus dem Jahr 1551 sowie Prachtbände über die „Orientreise \“Seiner Majestät des Kaisers von Russland Nikolaus II als Grossfürst-Tronfolger\“ 1880 – 1891, verfasst von dem russischen Fürsten Esper E. Uchtomskij, ausgeliehen.

Die historische Buchsammlung im Bottroper Stadtarchiv umfasst eine in NRW einmalige Sammlung von ca. 6.500 wertvollen Bänden aus dem 16. bis 19. Jahrhundert. Es handelt sich in der Hauptsache um juristische Bücher. Aber auch Alltagsliteratur, Reisebeschreibungen und Romane sind dabei. Die zum Teil in Pergament und Leder gebundenen Bände stehen der Öffentlichkeit als Präsenzbestand zur Verfügung und werden immer wieder für wissenschaftliche Forschungszwecke genutzt.

Begleitend zur Ausstellung auf Schloss Cappenberg ist ein Katalog über die \“Buchjuwelen in westfälischen Bibliotheken\“ erschienen, in dem Stadtarchivarin Heike Biskup die \“einst verramschte, heute hoch geschätzte\“ Sammlung und die Adelsfamilie Westerholt-Gysenberg beschreibt.

Kontakt:
Stadtarchiv Bottrop
Blumenstr. 12-14
46236 Bottrop
Tel. 02041/ 70 37 54
stadtarchiv@bottrop.de

Quelle: Stadt Bottrop, Pressedienst, 21.1.2009

Jugendfeuerwehrleute entwickeln Notfallplan für Kreisarchiv

Zu einen ungewöhnlichen Projekt sind die Jugendfeuerwehren im Rhein-Sieg-Kreis eingeladen: einen Notfallplan für das Kreisarchiv zu entwickeln. Dieses vom Kreisarchiv in Siegburg entwickelte Projekt „Geschichte löschen?? – Ein Notfallplan für das Kreisarchiv“ wurde jetzt von der Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen im Rahmen des Landeswettbewerbs „Blick zurück nach vorn“ – Archiv und Jugend ausgewählt. Das schöne dabei: mit der Auswahl ist eine Förderung von 8.000 Euro verbunden. Ziel des Wettbewerbs ist es, Jugendliche durch innovative Ideen an die Kulturinstitution „Archiv“, an deren Auftrag und Funktion, heranzuführen.

Das vom Archiv des Rhein-Sieg-Kreises eingereichte und nunmehr geförderte Projekt „Geschichte löschen?? – Ein Notfallplan für’s Kreisarchiv“ beschreitet nun einen anderen Weg der Annäherung an die archivischen Aufgaben und versucht das Knowhow der jungen Feuerwehrleute zu nutzen und zu erweitern. „Kulturgutschutz“ lautet das große Thema, das am kleinen Beispiel Kreisarchiv erprobt werden soll. Für das Archiv bietet es die Möglichkeit in ein Thema einzusteigen, das bisher im kommunalen Archivwesen vernachlässigt wurde, aber spätestens mit der Hochwasserkatastrophe von Dresden 2002 und den Brand der Herzogin Anna-Amalia Bibliothek in Weimar 2004 zwei prominente Beispiele für seine Dringlichkeit gefunden hat. 

Gesucht werden Mitglieder der Jugendfeuerwehr ab 14 Jahre und junge Feuerwehrleute bis 20 Jahre, die Interesse haben, sich an dieser ungewöhnlichen Zusammenarbeit zu beteiligen. Die jungen Teilnehmer sollen zunächst sowohl die Räumlichkeiten und die im Kreisarchiv lagernden Materialien kennen lernen, als auch eine klassische inhaltliche Recherche durchführen. In den folgenden Phasen des Projektes rückt dann die stoffliche Seite in den Vordergrund. Welche verschiedenen Materialien lagern im Archiv und welchen Gefahren sind sie ausgesetzt? Was wird getan um die Bestände vor den ständigen Umwelteinflüssen zu schützen? Und ganz dem Motto des Projektes folgend: Ist das Löschen eines Archivbrandes vielleicht schädlicher als der Brand selber? Zur Veranschaulichung dieses Themenkomplexes ist unter anderem eine Exkursion zu den Restaurierungswerkstätten des Landschaftsverbandes Rheinland in Brauweiler vorgesehen. 

Im Weiteren werden Notfallszenarien entwickelt, bestehende Notfallpläne für Archive und andere Kultureinrichtungen regional und überregional recherchiert und auf die Situation in Siegburg angepasst. Münden soll das Projekt, so die Hoffnung der Initiatoren, im Entwurf eines Notfallplans für das Archiv des Rhein-Sieg-Kreises, der als Grundlage für einen Notfallverbund auf Kreisebene dient. Damit die Praxis nicht zu kurz kommt, sollen die jungen Feuerwehrleute mit den Archivmitarbeitern das richtige Verhalten im Katastrophenfall einüben und eventuell eine Bergungsübung planen und durchführen. 

Da das Projekt natürlich neben Schule und Ausbildung und den sonstigen Verpflichtungen bei den Feuerwehren stattfindet, wird es sich über mehrere Monate erstrecken. Die konkreten Termine werden mit der Teilnehmergruppe abgestimmt. Jugendfeuerwehrleute sind ab sofort aufgerufen, sich zur Teilnahme zu bewerben; die Bewerbungsfrist endet am 18. März 2009. 

Weitere Informationen und Anmeldungen gibt es bei der Projektleiterin im
Archiv des Rhein-Sieg-Kreises
– Der Landrat –
Monika Marner
Kaiser-Wilhelm-Platz 1
53721 Siegburg
Telefon 02241 / 13-2883 
monika.marner@rhein-sieg-kreis.de

Quelle: Rhein-Sieg-Kreis, Presseinformation, 20.1.2009

Historisches Pergament aus dem Jahre 1371 zurück in Lemgo

Am 19. Januar 2009 fand im Süsterhaus, dem Sitz des Lemgoer Stadtarchivs, ein Besuch des Oberbürgermeisters der Stadt Bielefeld, Eberhard David, statt. Grund des Empfangs durch Lemgos Bürgermeister Dr. Reiner Austermann war die Übergabe einer mehr als 600 Jahre alten Urkunde an das Lemgoer Stadtarchiv.

Im Rahmen von Forschungsarbeiten des Bielefelder Professors Dr. Seelbach im Bielefelder Stadtarchiv fiel dort eine Urkunde aus dem Jahre 1371 auf. Recherchen des Archivleiters Dr. Jochen Rath ergaben, dass es sich um eine Urkunde über ein Rechtsgeschäft der Grafen zu Sternberg und der Hansestadt Lemgo handelte. Zwischen ihm und seiner Lemgoer Kollegin Dr. Anikó Szabó bestand schnell Einigkeit, dass diese Urkunde besser in die historischen Lemgoer Bestände passt. Dieser Vorschlag fand auch die Zustimmung des Bielefelder Stadtoberhauptes, der am Montag die Urkunde persönlich seinem Lemgoer Kollegen Dr. Austermann im Lemgoer Stadtarchiv überreichte. Im Rahmen des Treffens erläuterte Dr. Rath wie die Urkunde dem Bielefelder Archiv vor über 100 Jahren zugegangen ist und legte dar, dass es sich um ein Dokument über einen Kredit der Hansestadt Lemgo an die Grafen zu Sternberg handelt.

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Abb. ( von links): Oberbürgermeister Eberhard David, Dr. Anikó Szabó, Dr. Jochen Rath und Bürgermeister Dr. Reiner Austermann mit der historischen Urkunde aus dem Jahre 1371 (Foto: Stadt Lemgo)

Dr. Szabo ging auf den Inhalt der Urkunde ein. Sie dokumentiere, wie die Stadt zur Sicherung ihres politischen und wirtschaftlichen Einflusses im Mittelalter vielfältige Beziehungen zu ihren Nachbarn unterhielt. Ihr wirtschaftliches Potential war beachtlich, so dass sie ihren Einfluss als Kreditgeber weiter festigen konnte. Die nun wieder aufgefundene Sternberger Urkunde von 1371 sei dafür ein Nachweis. Lemgo hatte den Grafen von Sternberg in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts einen Kredit von 300 Mark Pfennigen geliehen. Für die damalige Zeit eine nicht unbeträchtliche Summe: Dies entsprach seinerzeit ungefähr dem Gegenwert von etwa 1.200 Schweinen. Im Gegenzug sicherten die Grafen der Stadt in der Urkunde vom 17. März 1371 bis zur Rückzahlung des Kredits verschiedene Rechte zu. Zunächst sollte kein Lemgoer Bürger im Territorium der Grafen gerichtlich oder außergerichtlich belangt werden. Alle Streitfälle, in die Lemgoer Bürger verwickelt waren, sollten vielmehr vor dem Ratsgericht in Lemgo verhandelt werden. Außerdem waren alle Lemgoer Bürger in der Herrschaft der Grafen vom Wegegeld und anderen Abgaben befreit und hatten das Recht, ihr Vieh dort beim Durchtrieb mit Wasser und Weide zu versorgen. Sollte doch einmal ein Bürger durch die Grafen oder deren Amtleute zu Schaden kommen, wurde ihm Schadenersatz zugesichert.

Dr. Szabo: „Die Urkunde von 1371 ist ein bedeutendes Dokument zur Geschichte der Alten Hansestadt Lemgo während ihrer Blütezeit innerhalb des hansischen Verbundes im späten Mittelalter. Lemgo war damals die größte und bedeutendste Stadt der Grafschaft Lippe, die sich mit anderen Herrschaftsträgern politisch und ökonomisch klug vernetzte. Die rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen der Bürger, insbesondere der Lemgoer Kaufleute, sollten durch Verträge und Abkommen mit den benachbarten Herrschaften unterstützt und abgesichert werden“. Sie bedankte sich bei Herrn Dr. Rath für seine außerordentliche Kooperationsbereitschaft, der die Herkunft der Urkunde aus Lemgo respektiere und durch die Übergabe auch würdigte.

Oberbürgermeister David machte deutlich, dass dieses für die Geschichte Lemgos bedeutende Dokument auch als Zeichen für eine gute Nachbarschaft zwischen Lemgo und Bielefeld, besser im Lemgoer Stadtarchiv aufbewahrt werde. Bürgermeister Dr. Reiner Austermann dankte seinem Kollegen für die Überlassung dieser historischen Urkunde und überreichte ihm als kleines Zeichen des Dankes eine Flasche Lemgoer Hansetrunk. Mit einem Schmunzeln auf den Lippen meinte Dr. Austermann anschließend: „Der Rechtsnachfolger der Grafen zu Sternberg ist der Landesverband Lippe. Ihr gehört auch die Burg Sternberg. Eine Bestätigung der Rückzahlung des Kredites liegt uns bisher nicht vor. Ich werde demnächst das Gespräch mit dem Landesverbandsvorsteher führen, ggfls. bekommen wir ja noch den Gegenwert von 1.200 Schweinen aus dem Jahre 1371 mit Zinsen und Zinseszins vom Landesverband Lippe erstattet. Dies würde dem städtischen Haushalt gut tun. 

Kontakt:
Stadtarchiv Lemgo
Süsterhaus 
Rampendal 20a
32657 Lemgo
Tel. 0 52 61 / 21 32 75
stadtarchiv(at)lemgo.de
www.stadtarchiv-lemgo.de

Quelle: Pressemitteilung der Alten Hansestadt Lemgo vom 20.1.2009

Starkes Interesse an Bücherei und Stadtarchiv Lindau

Auf große Resonanz stieß ein Tag der offenen Tür in der Stadtbücherei und im Stadtarchiv Lindau (Bodensee). Die sich nach großen Anstrengungen nun in den gemeinsamen und großzügigen Räumen der alten Post befindenden Einrichtungen (siehe Bericht vom 2.6.2008) können ein umfangreiches Bildungsangebot bieten.

Beim Tag der offenen Tür erfuhr das Stadtarchiv besonders regen Zulauf. Stadtarchivar Heiner Stauder gewährte Einblicke in kostbare Dokumente, in die Aufgaben des Archivs und in die Möglichkeiten für den Benutzer. 

Zum Zeichen, wie lebendig Vergangenheit und damit ein Archiv sein kann, übergab der Ehrenvorsitzende des Kreisverbands der Heimkehrer, Benedikt Wunderer, den gesamten Nachlass des Verbandes, der 2007 aufgelöst wurde. Mit dabei sind auch Unterlagen und Fotos, die die Anfänge der Städtepartnerschaft zwischen Lindau und der französischen Stadt Chelles dokumentieren.

Kontakt:
Stadtarchiv Lindau (Bodensee)
Maximilianstr. 52
88131 Lindau (B)
Telefon: +49(0)83 82 – 27 75 96 0
Fax: +49(0)83 82 – 27 75 98 49
Stadtarchiv@lindau.de

Quelle: Schwäbische Zeitung online, 19.1.2009

Premiere des Frauenwahlrechts am 19. Januar 1919

Die Wahlen zur Verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung am 19. Januar 1919 stellten nicht nur die Wahlen zum Auftakt der ersten deutschen Demokratie dar, sondern waren darüber hinaus Premiere für das neu geschaffene Frauenwahlrecht. Frauen wie auch Männer hatten lange dafür gekämpft, Frauen gleiche politische Rechte wie Männern einzuräumen. 

Als in der Paulskirche 1848 über das allgemeine Wahlrecht (nur für Männer) diskutiert wurde, meldeten sich erstmals einzelne Frauen zu Wort, die eine Beteiligung forderten. Während des letzten Drittels des 19. Jahrhunderts entwickelte sich daraus eine Frauenbewegung, die sich in den Rahmen der bestehenden politischen Bewegungen einfügte und so in eine sozialistische und bürgerliche Frauenbewegung aufteilte. Während die so genannten bürgerlichen Frauenvereine sich erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts klar zur Wahlrechtsforderung bekannten, stand diese Forderung für Frauen auf Seiten der sozialistischen Frauenbewegung bereits seit langem auf der politischen Agenda. . 

1891 wurde sie in das Erfurter Programm der Sozialdemokratie aufgenommen. August Bebel, Vorsitzender der SPD (1892-1913), war einer der bekanntesten Vertreter der Frauenemanzipation und des Frauenwahlrechts. Sein Buch „Die Frau und der Sozialismus“ erschien 1879 im Zürcher Exil, ist bisher über 220.000 Mal verkauft worden und noch heute erhältlich.

Der Text avancierte schnell zur programmatischen Grundlage des politischen Kampfes um die volle Gleichberechtigung der Frau in politischen, rechtlichen und sozialen Fragen. Da Frauen bis zum Inkrafttreten des Reichsvereinsgesetzes 1908 fast überall in Deutschland stark in ihrem politischen Engagement eingeschränkt wurden, mussten sie äußerst einfallsreich in ihren Werbestrategien und öffentlichen Auftritten sein, die von Agitationsschriften über Vereins- und Lobbytätigkeit und regelrechter Reklame (Aufdrucke auf Gegenständen, Merchandising-Artikel etc.) bis hin zum gewaltsamen Straßenprotest reichten. So zerschlugen englische Suffragetten Ende des 19. Jahrhunderts Fensterscheiben in einer bekannten Einkaufsstraße in London, um damit ihren Protest gegen die Reduzierung ihrer Person als ‚shoppende Hausfrau’ Ausdruck zu geben.

In Deutschland engagierten sich zudem viele Frauen in den Parteien im Rahmen der Wahlkämpfe. Eine dieser Wahlkämpferinnen, die auch 1919 als Kandidatin für ein Mandat in der Nationalversammlung antrat, war Marie Juchacz, SPD-Mitglied und Gründerin der Arbeiterwohlfahrt. Sie wurde als eine von 37 Frauen in die Versammlung gewählt. Am 19. Februar 1919 hielt sie dort als erste Frau eine Rede. Als einzige Frau gehörte sie dem „Ausschuss zur Vorberatung des Entwurfs einer Verfassung des Deutschen Reichs“ der Nationalversammlung an.

Info:
Frisch erschienen ist die kurze Darstellung zur Geschichte des Frauenwahlrechts: Gisela Notz, „Her mit dem Frauenwahlrecht!“, Bonn 2009

Kontakt:
Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung
Godesberger Allee 149
53175 Bonn
Telefon: (0228) 883-8007
Fax: (0228) 883-9209
archiv.auskunft@fes.de
www.fes.de/archiv

Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung, AdsD, Aktuelles, 19.1.2009

Nürnberger Fotoarchivar tritt in den Ruhestand

Mit dem Ende der Ausstellung "Das alte Nürnberg vor der Zerstörung" hat sich auch Helmut Beer, der langjährige Leiter des städtischen Bild-, Film- und Tonarchivs, in den Ruhestand verabschiedet. Dem 62-jährigen Historiker, der laut Nürnberger Nachrichten kein "kein mausgrauer Aktenschieber" sei, sind viele populäre Ausstellungen zu verdanken. Er hat es geschafft, ein breiteres Publikum für die Schätze des Stadtarchivs Nürnberg zu interessieren. 

In seinem Berufsleben war Helmut Beer Gewerkschaftssekretär der ÖTV, Redakteur im ÖTV-Hauptvorstand in Stuttgart, Leiter des Infozentrums für arbeitslose Jugendliche und persönlicher Mitarbeiter des Nürnberger Kulturreferenten Hermann Glaser. 1990 wechselte er zum Stadtarchiv Nürnberg: Insgesamt 16 größere Ausstellungen entstanden in dieser Zeit – von historischen Nürnberger Postkartengrüßen, über die Industrialisierung, Entwicklung der Stadt im 19. Jahrhundert bis zu den Nürnberg-Fotografen Ferdinand Schmidt, Lala Aufsberg, Kurt Triest – und schließlich Edgar Titzenthaler und dessen Fotographien des alten Nürnbergs.

Kontakt:
Stadtarchiv Nürnberg
Stadtarchiv
Marientorgraben 8
90402 Nürnberg
Telefon: 0911/231-2770 und 2771
Telefax: 0911/231-4091
www.stadtarchiv.nuernberg.de

Quelle: Hartmut Voigt, Nürnberger Nachrichten, 17.1.2009

Merkel besuchte das Archiv der Stasi-Unterlagen-Behörde

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Stasi-Unterlagen-Behörde in Berlin-Lichtenberg besucht. „Das ist ein guter Tag für uns“, sagte die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler. „Der 15. Januar liegt uns besonders am Herzen, weil an diesem Tag die Zentrale des MfS von Bürgerinnen und Bürgern besetzt wurde. Nach den vorausgegangenen Besetzungen von Stasi-Dienststellen in anderen Städten wurde jetzt für alle Welt sichtbar, dass der Unterdrückungsapparat der SED-Diktatur seine Macht endgültig verloren hatte. Die Bundeskanzlerin hat mit ihrem Besuch den entschlossenen Einsatz der damals beteiligten Menschen gewürdigt.“

Zudem sei der Besuch der Bundeskanzlerin für die Stasi-Unterlagen-Behörde auch von großer politischer Bedeutung, sagte Birthler. „Er unterstreicht den Beitrag der Behörde zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.“ So waren sich Angela Merkel und Marianne Birthler einig, dass es eine große Errungenschaft sei, dass die Archive gerettet und für alle geöffnet wurden. Damit erhielten die Opfer die Möglichkeit, ihr Schicksal aufzuklären und außerdem könne auf Fakten gestützt einer Geschichtsverklärung entgegen getreten werden.

Im Mittelpunkt des eineinhalbstündigen Besuches stand der Rundgang durch das Archiv der Behörde. Dabei sprach die Bundeskanzlerin mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hauses, darunter auch Akteure und Zeitzeugen des 15. Januar 1990. Stationen des Rundgangs waren ein Magazinsaal, die zentrale Kartei und ein Videostudio, in dem audiovisuelle Datenträger des MfS – Fotos, Videos und Tonbänder – präsentiert wurden.

Dem Rundgang schloss sich ein Gespräch über die aktuellen Arbeitsschwerpunkte in der Behörde an. Themen waren unter anderem das Gedenkstättenkonzept und das Jubiläumsjahr 2009, für das die Behörde mehr als 200 Veranstaltungen plant – teils in Kooperation mit Stiftungen und Initiativen zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Außerdem berichtete Marianne Birthler über die internationale Vernetzung der Stasi-Unterlagen-Behörde im jüngst gegründeten europäischen Netzwerk, wie auch über die laufende Arbeit.

Marianne Birthler informierte die Kanzlerin über das anhaltend hohe Niveau der Antragszahlen. Im Jahr 2008 wurden 87.366 Anträge im Rahmen der persönlichen Akteneinsicht gestellt. „Die Antragszahlen bewegen sich seit einigen Jahren auf einem Niveau um 90.000“, so Birthler. Insgesamt sind seit 1992 über 2,5 Millionen Anträge auf Akteneinsicht eingegangen.

Zum Stand der Erschließung der Aktenbestände berichtete die Bundesbeauftragte über sehr gute Fortschritte. Insgesamt seien mittlerweile 89,5 Prozent der Unterlagen personenbezogen und 45 Prozent themenbezogen zugänglich. Insgesamt lagern in der Behörde 158 Kilometer Schriftgut, davon 111 Kilometer Papier und umgerechnet auf Papier 47 Kilometer verfilmtes Schriftgut sowie rund 15.500 Säcke, Kartons oder Schachteln mit zerrissenen Unterlagen. Hinzu kommen 1,4 Millionen spezielle Informationsträger wie Filme, Fotos oder Tonbänder.

Kontakt:
BStU
Zentralstelle Berlin
Karl-Liebknecht-Straße 31/33
10178 Berlin
Telefon: (030) 23 24 – 50
Fax: (030) 23 24 – 77 99
post@bstu.bund.de

Quelle: BStU, Pressemitteilung, 15.1.2009

Völklingen zur Zeit der Cholerapandemien des 19. Jahrhunderts

Angeregt durch das Projekt "Völklingen lebt gesund" der dortigen Volkshochschule hat sich das Völklinger Stadtarchiv dazu entschlossen, ebenfalls einen Beitrag zum Rahmenthema Gesundheit beizusteuern und seine Bestände nach passendem Material durchstöbert. Herausgekommen ist dabei die nun vorliegende neue Ausgabe des Archivmagazins Völklinger Schätze, bei der es sich eigentlich um das Heft 3/2008 handelt. Aufgrund terminlicher Engpässe kurz vor Weihnachten kann es aber erst jetzt im neuen Jahr vorgestellt werden. 

Das Stadtarchiv Völklingen führt den Leser mit seiner neuen Ausgabe dabei in das Völklingen des 19. Jahrhunderts – in eine Zeit, in der noch viele Seuchen Angst und Schrecken verbreiteten. Eine der gefürchtetsten Krankheiten war die Cholera, die sich damals in immer wiederkehrenden Infektionswellen über den gesamten Globus ausbreitete, und zwar zu einer Zeit, als die medizinischen Diagnose- und Heilungsmöglichkeiten im Vergleich zu heute noch sehr beschränkt waren. Um so größer waren die Herausforderungen für die damalige Verwaltung. 

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Abb.: "Seit einiger Zeit kommen hier häufiger als gewöhnlich Sterbefälle vor …". Die Bürgermeisterei Völklingen während der Cholerapandemien des 19. Jahrhundert (Völkinger Schätze Heft 5/2008)

Im Mittelpunkt der Ereignisse stand dabei der Völklinger Amtsbürgermeister Jakob Kühlwein, der sich während der Choleraepidemie von 1866/67 als fähiger Krisenmanager herausstellte. Am Tag nachdem er die Anlegung eines neuen Friedhofs zur Verkürzung der Transportwege der Leichen veranlasst hat, informiert er am 3. November 1866 den Königlichen Landrat in Saarbrücken über die Bildung einer "Sanitäts-Commission" in verschiedenen Ortschaften und über den Beginn weiterer Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie. Dieses Schreiben ist der neuen Ausgabe der "Völklinger Schätze" als Faksimile beigefügt.

Die Tatsache, dass vor gut vier Wochen in Simbabwe der Cholera-Notstand ausgerufen wurde, zeigt, dass diese Krankheit längst noch nicht Geschichte ist und verleiht dieser Ausgabe der Völklinger Schätze im Nachhinein eine erschreckende Aktualität.

Info:
Die Völklinger Schätze können wie immer gegen einen kleinen Unkostenbeitrag von 3,50 € im Stadtarchiv Völklingen, bei Bücher Balzert, beim Heimatkundlichen Verein Warndt e. V. in Ludweiler, bei der Tourist-Information im Alten Bahnhof, im Büro der VHS im Alten Rathaus, der Stadtbücherei sowie im Bürgerbüro im Neuen Rathaus erworben werden.

Kontakt:
Stadtarchiv Völklingen
Stadtarchivar Achim Becker M.A.
Alter Bahnhof
66333 Völklingen
Tel. 06898/13-2432
Fax: 06898/13-2588
achim.becker@voelklingen.de