Ölbronns schwärzester Tag: Das Blutbad von 1622

Im Jahr 1622 hat das württembergische Dorf Ölbronn (heute im Enzkreis gelegen) den wohl schwärzesten Tag seiner Geschichte erlebt: Bei einem Blutbad während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) mussten viele Männer, Frauen und Kinder ihr Leben lassen, Ölbronn wurde nahezu vollständig zerstört.

Obwohl die Quellen nicht immer ganz eindeutig waren, haben sich der Kreisarchivar des Enzkreises, Konstantin Huber, und ein Team aus dem Landratsamt des historischen Themas angenommen, das Huber bei einem Vortrag am 20.7.2022 im Rathaus Ölbronn präsentierte.

Am 13.7.1622, vor genau vierhundert Jahren, wurde das Dorf mit seinerzeit rund 500 Einwohnern von russischen und/oder kroatischen Soldaten dem Erdboden gleichgemacht. Als Auslöser für die Zerstörung des
Fleckens durch brandschatzende, plündernde und mordende Soldaten wird häufig die vorherige Ermordung eines Offiziers der kaiserlichen Armee angeführt, gleichsam als Vergeltungsmaßnahme. Zweifelsfrei belegen lässt sich dies indes nicht mehr.

Die Grundlagen des Vortrags bildeten sowohl die Ortschronik Haßpachers als auch Hubers ausführliche Recherchen im Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Die Kirchenbücher in Ölbronn und den Nachbargemeinden, die für die historische Forschung sehr wertvoll gewesen wären, haben den Dreißigjährigen Krieg nicht überstanden.

Unmittelbar vor der Veranstaltung enthüllten Ölbronns stellvertretender Bürgermeister Helmut Schneider und Konstantin Huber eine Gedenktafel am Haupteingang des Rathausgebäudes. Eine Ausstellung im Landratsamt des Enzkreises mit Begleitbuch, gesponsert von der Sparkasse Pforzheim, sowie ein elektronisches Geschichtsportal sollen folgen.

Kontakt:
Enzkreis – Stabsstelle Kreisarchiv
Östliche Karl-Friedrich-Straße 58
75175 Pforzheim
Telefon: 07231 308-9423
Kreisarchiv@enzkreis.de

Quelle: Mühlacker Tagblatt, 21.7.2022; Pforzheimer Zeitung, 22.7.2022; PK, 16.7.2022; Pforzheimer Zeitung, 15.7.2022

Neue Leiterin des Kreisarchivs im Odenwald

Archivarinnen und Archivare denken meist in großen Zeiträumen. Auch die neue Odenwald-Kreisarchivarin Stephanie Goethals. Doch es ist nicht der Blick zurück auf Archivalien früherer Jahrzehnte und Jahrhunderte, der sie zuallererst beschäftigt, sondern der Blick nach vorn: „Sagen wir, im Jahr 2050 will ein Klimaforscher den Zusammenhang von Niederschlagsmenge und Baumbestand im Odenwald im Jahr 2020 untersuchen. Was er dazu braucht, sind digital vorliegende Daten – die sind aber bei uns noch nicht archiviert.“


Abb.: Von Aschaffenburg in den Odenwald: die neue Kreisarchivarin Stephanie Goethals im Lesesaal des Kreisarchivs (Foto: Odenwaldkreis).

Die Betonung in diesem Satz liegt auf „noch“, denn genau das wird eine wichtige Aufgabe von Goethals sein, die ihren Dienst am 1.7.2022 begonnen hat: das Kreisarchiv Odenwaldkreis in Erbach digital aufzustellen. Das hat sie bereits in ihren vorigen Stellen als Leiterin des Stadtarchivs Pfungstadt (1995 bis 2012) und als Archivarin im Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg (2012 bis 2022) gereizt, so dass sie entsprechende Kenntnisse mitbringt.

Dass es in der Kreisverwaltung bereits ein digitales System der Aktenverwaltung gibt, auf dem sie aufbauen kann, hat Goethals motiviert, sich auf die Stelle der Kreisarchivarin zu bewerben. Nun gilt es, aus den allerersten Schritten, die bereits gemacht wurden, Stück für Stück ein digitales Archivsystem aufzubauen sowie Schnittstellen zu identifizieren, damit die als vom Team des Kreisarchivs als relevant erachteten Dateien digital archiviert werden können. Dazu wird Goethals mit vielen Kolleginnen und Kollegen in der Behörde Gespräche führen.

Die zweite Säule des digitalen Archivs besteht aus der entsprechenden Aufbereitung bereits vorhandener Archivalien, damit auch sie digital gesichert werden können. „Beides immer mit dem Ziel, diese Daten auch öffentlich zugänglich zu machen“, hebt Goethals hervor. „Dazu ist ein Archiv schließlich da.“

Verwaltungsleiter Oliver Kumpf ist es wichtig, dass das Archiv in diesem Sinne modernisiert wird. „Wir konnten mit Stephanie Goethals eine versierte Kreisarchivarin gewinnen, die nicht nur die klassische Archivarbeit sehr gut kennt, sondern auch um die Rolle elektronischer Dokumentenmanagement- und Datenbankstrukturen weiß. Unser Haus will und muss sich in allen Bereichen für die Zukunft gut digital aufstellen, dazu gehört auch das Archiv.“

Was nicht ausschließt, dass sich Goethals zum Beispiel weiter um den „Klassiker“ des Archivs, das Jahrbuch „gelurt“, kümmern wird. Die ersten Manuskripte von Heimatforschern liegen schon auf ihrem Tisch. Ihre Vorgängerin Anja Hering, die 30 Jahre lang Kreisarchivarin war und im Februar 2022 in den Ruhestand verabschiedet wurde, hatte das Buch von Anbeginn redigiert und herausgegeben. Nicht nur für die Redaktion des neuen „gelurt“ kann Stephanie Goethals auf den Rat von Anja Hering zurückgreifen.

Auch Landrat Frank Matiaske freut sich über die Neubesetzung der Stelle: „Die Arbeit unseres Archivs ist unerlässlich. Mit den Kompetenzen von Frau Goethals wird es seinen festen Platz in unserer Verwaltung, aber auch für die historisch interessierte Öffentlichkeit behalten und für die Zukunft sichern. Das ist auch mir persönlich ein wichtiges Anliegen.“

Die neue Kreisarchivarin ist in Südhessen aufgewachsen. Nach dem Abitur studierte sie in Kassel, Brüssel und Heidelberg Agrarökonomie, Romanistik, Geschichte und Historische Hilfswissenschaften. Während ihrer Ausbildung im gehobenen Dienst bei der Stadt Pfungstadt (1992 bis 1995) wurde sie zur praktischen Ausbildung an das Hessische Staatsarchiv Darmstadt beziehungsweise die Archivschule Marburg abgeordnet. 1995 übernahm sie nach der Laufbahnprüfung für den gehobenen Archivdienst die Leitung des Stadtarchivs Pfungstadt und ging dann 2012 zum Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg.

„Nun bin ich im Odenwaldkreis“, sagt die Siebenundfünfzigjährige mit Spannung und Vorfreude auf das, was sie an ihrer neuen Arbeitsstelle erwartet. Dass sie nach ihrem Studium keine akademische Laufbahn anstrebte, sondern eine im Archivwesen, begründet sie mit ihrem „großen Interesse an den Grundlagen, den Primärquellen“. Es sei wichtiger denn je, diese Quellen zu sichern und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. „Ich bin überzeugt: Sie geben immer wieder neue Perspektiven, um in Gegenwart und Zukunft neue Wege zu gehen.“

Kontakt:
Kreisarchiv Odenwaldkreis
Kreisarchivarin Stephanie Goethals
Michelstädter Str. 12
64711 Erbach
Telefon: 06062 70-467
AbteilungArchiv@odenwaldkreis.de

Quelle: Odenwaldkreis, News, 12.7.2022

Interimistische Amtsleitung fürs Staatsarchiv Coburg

Nachdem zwei Stellenausschreibungen zur Besetzung der Leitungsstelle im Staatsarchiv Coburg, womöglich aufgrund der geringeren Dotierung im Vergleich zu anderen Leitungspositionen im Freistaat Bayern, erfolglos verliefen, ist nunmehr Archivrat Dr. Johannes Staudenmaier M.A. zum 1.7.2022 interimistisch bis 2024 zum Leiter des Staatsarchivs Coburg bestellt worden.


Abb.: Dr. Johannes Staudenmaier M.A. (Foto Birgit Hufnagel, Staatsarchiv Coburg). 

Staudenmaier folgt damit auf Dr. Alexander Wolz M.A., der das Staatsarchiv Coburg seit dem Ende 2017 geleitet hatte und zum 1.9.2021 als Amtsvorstand an das Staatsarchiv Würzburg versetzt wurde. Der gebürtige Münchner Johannes Staudenmaier studierte an den Universitäten Bamberg, Madrid und Wien Neuere Geschichte, Politikwissenschaften, Alte Geschichte. Er promovierte zur frühneuzeitlichen Verwaltungs- und Gesetzgebungsgeschichte des Hochstifts Bamberg. Von 2010 bis 2012 absolvierte Johannes Staudenmaier als Referendar die Bayerische Archivschule in München und war im Anschluss in den Staatsarchiven Nürnberg und Bamberg tätig.

Das Staatsarchiv Coburg verwahrt 419.665 Archivalien im Umfang von 4,3 km. Es ist zuständig für das Archivgut der in der kreisfreien Stadt Coburg sowie im Landkreis Coburg gelegenen staatlichen Behörden und Gerichte, auch wenn deren Zuständigkeit über das Gebiet des Landkreises hinausreicht. Die historische Überlieferung erstreckt sich auf das ehemalige Herzogtum Sachsen-Coburg und dessen Vorläufer bzw. auf den nach der Auflösung der Personalunion Sachsen-Coburg und Gotha 1919 entstandenen Freistaat Coburg bis zu seiner Eingliederung in den Freistaat Bayern 1920.

Kontakt:
Staatsarchiv Coburg
Herrngasse 11
96450 Coburg
Tel. 09561/427 07 0
Fax 09561/427 07 20
poststelle@staco.bayern.de
https://www.gda.bayern.de/coburg/

Quelle: Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns, Pressemitteilung, 4.7./8.7.2022; Neuer Leiter mit halber Stelle und auf Zeit, in: Fränkischer Tag, 6.7.2022

Familienforschung im Kreisarchiv Warendorf jetzt digital

Wer im Kreisarchiv Warendorf Familienforschung betreiben wollte, musste bislang dicke Bücher wälzen. Doch jetzt sind auch die letzten der historischen Personenstandsregister, die das Archiv verwahrt, vollständig digitalisiert, d.h. gescannt und gespeichert.


Personenstandsregister (Foto: Kreis Warendorf) sind die behördlich geführten Geburts-, Heirats- sowie Sterberegister und die am häufigsten genutzte Quellengruppe des Kreisarchivs Warendorf. Diese entstehen eigentlich in den Standesämtern, werden aber nach bestimmten Fristen an das Kreisarchiv abgegeben, das zugleich das Stadt- und Gemeindearchiv von 12 der 13 Kommunen des Kreises ist.

„Für unsere Nutzerinnen und Nutzer sowie zur Beantwortung schriftlicher Anfragen holen wir bisher täglich mehrere der Register aus dem Archivmagazin“, erklärt Kreisarchivar Dr. Knut Langewand. Die Scans der Personenstandsurkunden lassen sich jetzt leicht per E-Mail an Interessierte verschicken. Dadurch wird wiederum Zeit (beim Archiv) und Geld (beim Bürger) eingespart. Und mit der Onlinestellung derjenigen Register, die nicht mehr vom Datenschutz betroffen sind, können Interessierte ganz bequem von zuhause aus auf die Archivalien zugreifen.


Abb.: Knapp 2.000 der gebundenen Personenstandsregister verwahrt und pflegt das Kreisarchiv Warendorf. Jedes Jahr kommen ca. 20 weitere Bände dazu. Im Bild: Auszug aus einem Band (Foto: Kreis Warendorf)

Knapp 2.000 der Register verwahrt das Warendorfer Kreisarchiv. „Insgesamt liegen wir bei 450.000 Seiten. Eine solche Menge scannt man nicht ohne weiteres ein“, betont Amtsleiter Michael Ottmann. Gut sechs Jahre dauerte der Prozess. Während anfangs noch kreiseigene Kräfte die Arbeit ausführten, übernahm später eine auf diese Dienstleistung spezialisierte Firma die Digitalisierung. „Ich freue mich, dass wir dieses Projekt im Zuge einer guten Zusammenarbeit von öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft stemmen konnten“, so Ottmann.

Die Fertigstellung bedeutet zwar einen Meilenstein für das Kreisarchiv, doch Amtsleiter und Archivar blicken schon nach vorn: „Ende dieses Jahres kommen die nächsten Archivalien an die Reihe: die Akten des Kreisausschusses Warendorf aus dem 19. Jahrhundert – ein toller Fundus für Forschung und Heimatkunde“, schwärmt Dr. Langewand.

Zum Hintergrund: Seit 1874 gibt es die staatlichen Personenstandsregister, d.h. die behördlich geführten Geburts-, Heirats- und Sterberegister. In der Zeit davor waren es die Pfarrer, die Taufen, Trauungen und Sterbefälle in die Kirchenregister eintrugen. Mit der Gründung des Deutschen Reichs und dem aufkommenden „Kulturkampf“ zwischen katholischer Kirchen und preußischem Staat wurde die Zivilehe eingeführt. Eine rechtsgültige Ehe kann seitdem nur vor einem Standesbeamten geschlossen werden – was den Einfluss der katholischen Kirchen einschränkte. Dafür wurden damals eigens die Standesämter gegründet. Dort werden die Personenstandsfälle beurkundet und die Register geführt.

Mit der Reform des Personenstandsrechts wurde 2009 beschlossen, dass die älteren Register von den Standesämtern an die Archive abgegeben werden. Für diese gelten dann andere Vorschriften: sie können von jedermann ohne Begründung eingesehen werden, während die (jüngeren) Register in den Standesämtern nur von berechtigten Personen (Nachkommen, Behördenvertreter, Erbenermittler) eingesehen werden können.

Die Personenstandsregister enthalten nicht nur Informationen zu den Geborenen, Getrauten und Gestorbenen, sondern auch zu deren Eltern, Kindern und Trauzeugen. Neben der Familienforschung sind sie auch für orts- oder sozialgeschichtliche Fragestellungen von Interesse.

Kontakt:
Kreisarchiv Warendorf
Waldenburger Straße 2
48231 Warendorf
Tel.: 02581/531041
kreisarchiv@kreis-warendorf.de

Quelle: Kreis Warendorf, Pressebericht, 15.7.2022

Stadtarchiv Worms eröffnet Digitalen Fotolesesaal

Die reichen Fotobestände im Stadtarchiv Worms sind vielen Interessierten bekannt, und auch die Recherchemöglichkeiten in den Online-Archivdatenbanken sind nichts Neues. Jetzt aber bietet die Fotoabteilung des Wormser Stadtarchivs einen neuen Service: Ab sofort besteht im Digitalen Fotolesesaal online die Möglichkeit der motivischen Recherche in den 174 für Benutzungszwecke angelegten Fotoalben mit mehr als 400.000 Fotos. Diese waren den Nutzern bislang nur vor Ort in analoger Form zugänglich.


Abb.: Zahlreiche Fotobestände wurden digitalisiert und stehen somit ab sofort auch online zur Verfügung. Das Bild zeigt Fotoalben des Stadtarchivs Worms, durch die man nun auch digital blättern kann (Foto: Stadt Worms).

Neben der Digitalisierung der Bände erfolgte eine Indizierung der thematisch angelegten Alben mit mehr als 2.000 Einträgen. Dies ermöglicht eine gezielte Suche nach Zeiträumen und Themenfeldern innerhalb der Fotobestände. Ebenso besteht die Funktion, sich die Alben herunterzuladen und bequem offline zu nutzen. Dies ermöglicht allen Interessierten, von zu Hause aus in den Fotobeständen des Stadtarchivs, zusätzlich zu den bestehenden weiteren Online-Archivdatenbanken, zu recherchieren.

Die Möglichkeit zur Online-Bestellung digitaler Reproduktionen einzelner Aufnahmen wird in absehbarer Zeit das Angebot ergänzen. Damit wird die Möglichkeit der Nutzung der Fotobestände des Stadtarchivs Worms, unabhängig von Öffnungszeiten und Vor-Ort-Besuch, geboten.

Das neue Angebot versteht sich als Einstieg in einen mittelfristig geplanten Ausbau eines digitalen Lesesaales auch für andere Archivunterlagen.

Link: Digitaler Fotolesesaal Stadtarchiv Worms

Kontakt:
Stadtarchiv Worms
Raschi-Haus
Hintere Judengasse 6
D-67547 Worms
Telefon: (0 62 41) 8 53 – 47 00 (bis – 47 07)
Telefax: (0 62 41) 8 53 – 47 99
Stadtarchiv@worms.de

Quelle: Stadt Worms, Aktuelle Meldung, 12.7.2022

Digitalisierung und andere Mammutaufgaben im Stadtarchiv Linz

Archivische Homestory der BezirksRundSchau.

Auf einen Besuch ins Gedächtnis der Stadt Linz in den Kellern des Neuen Rathauses von Linz begab sich das Online-Portal der Bezirksrundschau „MeinBezirk.at“. Bei den mehr als 10.000 lfd. Metern an Archivbeständen des Stadtarchivs Linz handelt es sich zum allergrößten Teil um Verwaltungsakten des 20. Jahrhunderts. Das liegt zum einen daran, dass das Archiv auch die Funktion eines „Zwischenarchivs“ für die Linzer Stadtverwaltung innehat, zum anderen an dem erheblichen Archivalienverlust durch die sog. „Archivkatastrophe“ von 1823: Aus Platzgründen hat man damals den Großteil der älteren Akten und Handschriften entsorgt.

Heute dreht sich im Archiv der Stadt Linz vieles um die Digitalisierung. Dadurch sollen die wertvollen Bestände nicht nur erhalten, sondern auch besser zugänglich gemacht werden. Derzeit gibt es 200.000 bis 300.000 Digitalisate im Archiv der Stadt Linz, allerdings nur zum Recherchieren.

Die 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie zwei Lehrlinge des Stadtarchivs Linz sind nicht nur mit Digitalisierungs- und Verzeichnungsaufgaben beschäftigt, sondern immer wieder auch mit größeren Projekten, wie Publikationen, Bildbände oder andere Forschungsarbeiten:

  • Ausstellungen und Publikationen zur Linzer Stadtgeschichte
  • Betreuung und Durchführung wissenschaftlicher Forschungen auf dem Gebiet der allgemeinen und vergleichenden Geschichte sowie der Linzer Stadtgeschichte
  • Bewertung, Verwahrung, Erhaltung, Erschließung und wissenschaftliche Bearbeitung der Unterlagen des Magistrates Linz
  • Erstellung der Richtlinien für die Archivierung von Unterlagen (inkl. digitaler Daten) im Bereich des Magistrates Linz und Verantwortung für die Durchführung der Archivierung
  • Verwahrung der rechtsverbindlichen Urkunden der Stadt Linz
  • Aufbewahren und Zugänglichmachen von Sammlungen allgemeinhistorischer und stadtgeschichtlicher Art sowie von Dokumentationsmaterial aus dem Bereich Linz
  • Sicherheits- und Ergänzungsverfilmung sowie Digitalisierung des Archivguts
  • Beantwortung von internen und externen Anfragen zu den Archivbeständen
  • Betreuung und Unterstützung von Familien- und HeimatforscherInnen

Besonders beliebt sind die Online-Angebote, wie etwa die Denkmaldatenbank oder das Straßenverzeichnis, wo man erfahren kann, warum und wonach die Linzer Straßen benannt sind.

Über den gesamten, reich bebilderten Beitrag aus der BezirksRundSchau-Serie hinaus findet man alte Aufnahmen aus dem Archiv der Stadt Linz online, zudem weitere Informationen zum Stadtarchiv Linz hier.

Kontakt:
Archiv der Stadt Linz
Hauptstr. 1-5
4041 Linz
Telefon:+43 732 7070 2973
Fax:+43 732 7070 2962
archiv.lesesaal@mag.linz.at
archiv@mag.linz.at
https://stadtgeschichte.linz.at/

Quelle: Christian Diabl: Zu Besuch im Gedächtnis der Stadt Linz, in: MeinBezirk.at, 13.7.2022; Stadt Linz: Aufgaben des Archivs der Stadt Linz

Stadtarchiv Bielefeld digitalisiert Bildarchiv Hermann Albrecht Insinger

Ein Digitalisierungs- und Crowdsourcing-Projekt.

Dank der Förderung im Rahmen von „WissensWandel. Digitalprogramm für Bibliotheken und Archive innerhalb von NEUSTART KULTUR des Deutschen Bibliotheksverbands e.V. (dbv)“ kann das Stadtarchiv Bielefeld seit Kurzem eine einzigartige Fotosammlung aus den eigenen Beständen digitalisieren und der Öffentlichkeit zugänglich machen: das Bildarchiv Hermann Albrecht Insinger.


Abb.: Aus dem Bildarchiv Hermann Albrecht Insinger (Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek Bielefeld)

Das Bildarchiv umfasst ca. 7.000 Negative, darunter mehr als 2.000 Stereofotografien, mit Motiven aus Paris und über 200 weiteren Orten in Frankreich, Italien, der Schweiz, den Niederlanden und Deutschland aus der Zeit von 1889 bis 1905.

Urheber der Fotos ist der Niederländer Hermann Albrecht Insinger (1827-1911), ein Kaufmann und Politiker aus Amsterdam, der von 1889 bis zu seinem Tod als Privatier in Paris lebte und von dort aus zahlreiche Reisen durch Süd- und Mitteleuropa unternahm, die er mit der Kamera dokumentierte.

Die Aufnahmen Insingers zeigen ein beeindruckendes Panorama des Lebens der sog. Belle Époque, ihrer Menschen, Arbeitswelten und Moden. Sie geben umfangreiche und persönliche Einblicke eines Zeitzeugen in so bedeutende historische Ereignisse wie etwa die Weltausstellung von 1900 und überliefern zugleich das – heute zum Teil verlorene – Erscheinungsbild diverser Städte zur Zeit der vorletzten Jahrhundertwende, darunter neben Paris u.a. Amsterdam, Lugano, Rom, Neapel, Zürich – und Bielefeld.

Bei der Erschließung der Motive setzt das Stadtarchiv Bielefeld erstmals auf die Methode des sog. Crowdsourcing, d.h. die Öffentlichkeit wird bewusst in den Erschließungsprozess mit einbezogen: Mit einem Spezialscanner werden die Negative zunächst einzeln von einem Experten in Bonn eingescannt. Bei der Sortierung helfen handschriftliche Kataloge und Notizen Insingers. Für weitere Hinweise setzt das Bielefelder Stadtarchiv erstmalig auf die Internet-Community, Crowdsourcing und die Foto-Plattform „Flickr“, wo die Aufnahmen veröffentlicht werden.

Dadurch erhofft sich das Stadtarchiv Rückmeldungen von Nutzerinnen und Nutzern, Institutionen und Vereinen aus den jeweiligen Städten. Erste Kontakte nach Amsterdam oder Neapel haben sich dabei zum Beispiel schon ergeben. Allenorten zeigt man sich begeistert über die „Qualität der Arbeit“, sagt die in dem Projekt tätige Kunsthistorikerin Vanessa Charlotte Heitland in einem Beitrag für die WDR-Lokalzeit OWL (abrufbar bis 18.7.2022).

Wer das Bildarchiv kennenlernen und dem Stadtarchiv Bielefeld bei der Erschließung der Fotos helfen möchte, der kann die Flickr-Seite des Bildarchivs (https://www.flickr.com/photos/195334926@N04) besuchen, die regelmäßig mit neuen Fotos „gefüttert“ wird. Das Stadtarchiv Bielefeld fragt die Öffentlichkeit: Können Sie nähere Angaben zu den Motiven machen? Erkennen Sie bestimmte Orte, Ereignisse, Bauwerke oder sogar Personen? Haben Sie Hinweise zur angewendeten Fototechnik? – Wer über einen Flickr-Account verfügt (Registrierung kostenlos), kann direkt auf der Seite Kommentare oder Geotags hinterlassen. Ansonsten kann man ganz einfach eine Mail eigene Hinweisen, Anmerkungen und Fragen an folgende Adresse senden:
bildarchiv-insinger@bielefeld.de

Kontakt:
Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek Bielefeld
Postanschrift: 33597 Bielefeld
Lieferanschrift: Kavalleriestr. 17, 33602 Bielefeld
Besuchereingang : Neumarkt 1 (siehe Gebäudeplan)
Tel 0521 / 51 2471
Fax 0521 / 51 9150 2469
stadtarchiv@bielefeld.de
https://www.stadtarchiv-bielefeld.de/

Quelle: Stadtarchiv Bielefeld, Aktuelles; WDR Lokalzeit OWL, 11.7.2022

Uni Trier eröffnet Archiv mit mehr als 3.800 Bilderbüchern

Eine große Sammlung Bilderbücher ist von der Stadtbücherei Trier an die Universität Trier umgezogen, um hier für Forschung und Lehre eingesetzt zu werden. – „Das ist ja ein Traum!“ So beschreiben Prof. Dr. Eva Kristina Franz und Dr. Kirsten Kumschlies das Bilderbucharchiv, als sie es erstmals in seiner vollendeten Form sehen. Über 3.800 Bilderbücher mit teilweise historischem Wert stehen hier aneinandergereiht. Eine Leseecke am Ende des Raums lädt zum Durchstöbern der Bilderbücher ein, und kurz zuvor von Studierenden gebastelte Plakate geben dem Archiv seinen letzten Schliff.


Abb.: Mehr als 3.800 Bilderbücher wurden Dr. Kirsten Kumschlies und Prof. Dr. Eva Kristina Franz (von links) von der Stadtbücherei Trier für Lehre und Forschung zur Verfügung gestellt (Foto: Universität Trier). 

Durch die Zusammenarbeit mit der Stadtbücherei Trier in anderen Projekten seien sie auf diese über Jahrzehnte gepflegte Sammlung von Bilderbüchern gestoßen, erklärt Kirsten Kumschlies. Zur großen Freude von ihr und Eva Kristina Franz hat sich die Stadtbücherei Trier dazu bereit erklärt, die gesamte Sammlung den Arbeitsbereichen Grundschulforschung und Grundschuldidaktik Deutsch der Universität zur Verfügung zu stellen. „Wir sind sehr glücklich darüber, dass wir so spontan an einen solchen Schatz gekommen sind“, betont Eva Kristina Franz und hebt insbesondere die Kooperation mit der Stadtbücherei Trier und ihrer Leiterin Andrea May lobend hervor. Auch Andrea May freut sich über die Zusammenarbeit: „Die Stadtbücherei Trier ist neben der Schule in Trier der zentrale öffentliche Ort der Leseförderung. Die Kooperation ermöglicht es, den Studierenden hier vor Ort einen theoretischen und praktischen Erfahrungsbereich als Semesterarbeit anzubieten und die Stadtbücherei Trier auch für die Arbeit in der Grundschule nutzen zu lernen.“

Seltene Exemplare
„In diesem Archiv befinden sich teilweise antiquarische Bücher, die es nicht mehr zu kaufen gibt und an die man kaum noch herankommt“, unterstreicht Kirsten Kumschlies den Wert der Sammlung. So reicht der Bestand des Archivs von Klassikern aus den 1970er-Jahren, wie etwa der „Jan und Julia“-Serie von Margret Rettich und Rolf Rettich oder den „Willi Wiberg“-Büchern der kürzlich verstorbenen Gunilla Bergström bis zu neueren populären Titeln, wie zum Beispiel „Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat“ von Wolf Erlbruch und umfasst auch vergessene, nicht mehr aufgelegte Titel, wie John Burninghams „Was ist dir lieber?“.

Zuvor konnte das Archiv bereits von Grundschullehrerinnen oder Erziehern zur Leseförderung genutzt werden, wurde aber immer seltener besucht. Die beiden Wissenschaftlerinnen der Universität Trier haben bereits vielfältige Ideen, wie dem Archiv nun ein neuer Stellenwert zugeordnet werden kann. So will Eva Kristina Franz beispielsweise untersuchen, wie in westdeutschen Kinderbüchern Natur, Macht und Herrschaft oder auch Familie sowie Eltern-Kind-Beziehung dargestellt wurden. Auch in die Lehre soll das Archiv integriert werden. Einige Exemplare hatte Kirsten Kumschlies bereits in Seminaren dabei, um den Studierenden theoretische Aspekte direkt am realen Beispiel erklären zu können. Doch die beiden geben zu, noch in der Planungsphase zu stecken: „Die Bücher müssen noch sortiert und katalogisiert werden. Feste Pläne gibt es noch keine, aber an Ideen mangelt es uns nicht.“

Beitrag zur Lesesozialisierung
Aber warum ist es so wichtig, zu Bilderbüchern zu forschen? „Das Bilderbuch ist die Textsorte, die schon lange vor dem Schuleintritt zur Lesesozialisierung am meisten beiträgt. Jemand der Grundschulkindern Lesen und Schreiben beibringen möchte, der muss sich fundiert mit dem Bilderbuch auseinandersetzen“, beantwortet Kirsten Kumschlies die Frage. Auch aus historischer Perspektive sei die Forschung im Archiv äußerst interessant, ergänzt Eva Kristina Franz. So lassen sich in historischen Bilderbüchern die Idealvorstellung dieser Zeit wie der Rolle der Frau oder des Mannes in der Erziehung analysieren. „Natürlich werden nicht völlig willkürlich Szenen aus dem Familienalltag in ein Bilderbuch gezeichnet. Man kann daraus ablesen, welche Werte man den Kindern damals transportiert hat“, erklärt sie.

Das Bilderbucharchiv befindet sich in Raum A 357 im Gebäude A der Universität Trier und gliedert sich an das Grundschulzentrum und die Grundschulwerkstatt Kinderliteratur an. Für Studierende und Mitarbeitende der Universität Trier sowie externe Interessierte werden in naher Zukunft Öffnungszeiten des Archivs eingerichtet.

Link: Professur für Grundschulforschung und Pädagogik der Primarstufe

Kontakt:
Prof. Dr. Eva Kristina Franz
Professur für Grundschulforschung und Pädagogik der Primarstufe
Universität Trier
Abt. Bildungswissenschaften IV
Fachbereich I
Universitätsring 15
D-Gebäude
54296 Trier
Tel. +49 651 201-1811
eva.franz@uni-trier.de

Dr. Kirsten Kumschlies
Germanistik – Grundschuldidaktik Deutsch
kumschlies@uni-trier.de
Tel. +49-651-201-2294

Andrea May
Leiterin Stadtbücherei Trier
andrea.May@trier.de
Tel. + 49 651 718-2422

Quelle: Universität Trier, Forschung, 08.07.2022

Bitterfeld-Wolfen bietet Patenschaften für Archivalien

Ob nun Schriftwechsel und Schriftstücke der Apotheke am Markt von 1686 bis 1925 oder Bauanträge und Genehmigungen der Aktienbrauerei von 1876 bis 1890 – das Stadtarchiv Bitterfeld-Wolfen (Sachsen-Anhalt) verwahrt viele lokal bedeutende Archivalien. Diese sind in den vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten in Bitterfeld und Wolfen sowie in den Orten Greppin, Thalheim, Holzweißig und Bobbau entstanden. Die ältesten historischen Akten, die sich im Archivbestand befinden, stammen aus dem Jahr 1391.

„Manche dieser Archivschätze sind in der Vergangenheit an Orten aufbewahrt worden, die nicht immer dafür geeignet waren, und haben Schaden genommen“, sagt Archivarin Dana Kubitschek und meint: „Daher weisen einige von ihnen Wurm- und Mäusefraß, Insektenschäden oder Wasserflecken auf. Aber auch das hohe Alter zeigt sich deutlich.“ Versucht man sich beispielsweise vorzustellen, wie oft die Akten in den letzten 600 Jahren in die Hand genommen oder umgelagert wurden, ist es nicht verwunderlich, dass bei einigen von ihnen der Einband beschädigt ist sowie einzelne Blätter porös und eingerissen sind. „Schwere Schäden an unserem Archivgut zeigen sich auch durch den stets gefürchteten Tintenfraß. Dabei brechen die Buchstaben durch die freigesetzte Schwefelsäure heraus, wodurch das Schriftbild unlesbar werden kann. Daher benötigen unsere Akten dringend Hilfe.“

Daher sucht das Stadtarchiv Bitterfeld-Wolfen nun Restaurierungspaten, um das Gedächtnis der Stadt zu schützen und für zukünftige Generationen zu bewahren. „Denn nur eine professionelle Restaurierung kann den Verfall aufhalten und dem Archivgut eine Zukunft schenken“, sagt die Archivarin und erklärt, wie man sich einbringen kann: „Wir suchen Sponsoren, die eine Patenschaft für einzelne Akten beziehungsweise Archivalien übernehmen oder durch Teilspenden zum Erhalt des Archivguts beitragen möchten.“ Bereits kleine Geldbeträge helfen und sind willkommen. Mit diesen könnten beispielsweise kleinere Schäden am Archivgut behoben werden. „Die Paten werden mit einer Urkunde geehrt, die als Kopie auch in der jeweils restaurierten Archivale eingelegt wird. So bleibt der Name des Restaurierungspaten dauerhaft mit der Archivale verbunden und auch nachfolgende Generationen erfahren von dessen Großzügigkeit. Mit dem Einverständnis der Restaurierungspaten erwähnen wir das Engagement auch gern namentlich auf unserer Homepage.“ Ab einer Spende von 50 Euro erhalten die Paten eine steuerlich absetzbare Spendenquittung.

Das Stadtarchiv hat einen Katalog mit sieben Restaurierungsobjekten samt Bild und Text fertiggestellt. Nach Eingang der Spende wird die Archivale fachgerecht restauriert. Danach erfolgt die ordnungsgemäße Rückführung in den Bestand des Stadtarchivs Bitterfeld-Wolfen. Bei Teilspenden wird das Geld angespart, bis eine Komplettrestaurierung einer Archivale ermöglicht werden kann. Der Katalog ist einzusehen unter: www.bitterfeld-wolfen.de/Restaurierungspaten

Auch ein Spendenkonto bei der Kreissparkasse Anhalt-Bitterfeld ist eingerichtet worden:
IBAN: DE 71 8005 3722 0034 0040 73
BIC: NOLADE21BTF
Verwendungszweck: Restaurierungspaten

Ansprechpartnerinnen für das Restaurierungspaten-Projekt im Stadtarchiv Bitterfeld sind: Dana Kubitschek (Tel.: 03494 666 0 243) und Carolin Matthey (Tel.: 03494 666 0 241).

Kontakt:
Stadt Bitterfeld-Wolfen
OT Stadt Wolfen
Rathausplatz 1
06766 Bitterfeld-Wolfen

Stadt Bitterfeld-Wolfen
OT Stadt Bitterfeld
Markt 7
06749 Bitterfeld-Wolfen

Telefon: 03494 6660 240
Telefax: 03494 66609 240
stadtarchiv@bitterfeld-wolfen.de

Quelle: Stadt Bitterfeld-Wolfen, News, Juli 2022; Mitteldeutsche Zeitung, 7.7.2022

Wappen der Amberger Tuchscherer wiederentdeckt

Bei Inventarisierungsarbeiten im Stadtarchiv Amberg ist kürzlich eine ungewöhnliche Federzeichnung ans Licht gekommen. Wie sich bei den Nachforschungen herausstellte, handelt es sich um ein Wappen der Tuchscherer, das ihnen angeblich sogar Kaiser Barbarossa verliehen haben soll. „Fest steht, dass ein Wappen dazugehörte, als man Mitte des 18. Jahrhunderts in Bayern eine kaiserliche Zunftordnung erwirkte. Dessen Gestaltung wurde dann auch in Amberg ventiliert“, erklärte der Leiter des Amberger Stadtarchivs Dr. Andreas Erb Oberbürgermeister Michael Cerny, als er ihm den Fund präsentierte.


Abb.: Ambergs Stadtarchivar PD Dr. Andreas Erb (rechts) präsentiert Oberbürgermeister Michael Cerny das bei Inventarisierungsarbeiten gefundene Wappen der Tuchscherer (Foto: Thomas Graml, Stadt Amberg)

„Ein wenig bedrohlich wirkt es schon“, meinte auch OB Michael Cerny, als er das Wappen genauer in Augenschein nahm. Der Greif, der den Wappenschild dominiert, trägt nicht nur das Jagd- und Baugerät als Doppelhaken, sondern in seiner rechten Klaue auch eine gezündete Granate. „Nicht nur der Heraldiker fragt sich, wie es zu einer derart explosiven Selbstdarstellung einer Handwerkszunft kommen konnte“, gab ihm auch der Stadtarchivar recht.

Andererseits habe das Gewerbe durchaus Konfliktstoff geboten, berichtete Dr. Erb. Die Aufgabe der Tuchscherer habe nämlich darin bestanden, mit großen Bügelscheren überstehende Wollfaserreste abzuschneiden und dem Stoff so zu einer glatten Oberfläche zu verhelfen. Diese textilveredelnde Tätigkeit erforderte Kooperation mit anderen Zünften des Textilgewerbes, mündete aber häufig auch in Abgrenzungskonflikten. Wer hier bestehen wollte, musste darum im doppelten Sinne des Wortes gewappnet sein.


Abb.: Wappen der Tuchscherer (Foto: Thomas Graml, Stadt Amberg)

Bei der in den Amberger Akten gefundenen Darstellung des Wappens handelt es sich um eine Federzeichnung, bei der sich der Künstler offenkundig einen älteren Lexikonartikel zum Vorbild nahm. Diesem bleib er in der Farbgebung treu, den Greifen aber gestaltete er mit bemerkenswerter Phantasie aus und verlieh ihm die waffenstarrenden Attribute. Man musste schon genauer hinsehen, um über dem Helm und dort auf dem Doppeladler auch die Tuchschere zu entdecken.

Ob die wesentlich größer gezeichnete Granate ein probates Mittel des Konfliktaustrags war, dürfte freilich auch innerhalb der Tuchschererzunft bezweifelt worden sein. Wie Dr. Erb dem Oberbürgermeister weiter schilderte, bezeugen zahlreiche im Stadtarchiv Amberg überlieferte Gerichtsprozesse im Bereich des Textilgewerbes, dass man sich in deren Reihen dann doch eher auf legale Mittel besann.

Kontakt:
Stadtarchiv Amberg
Paulanerplatz 17
92224 Amberg
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Quelle: Stadt Amberg, News, 1.7.2022