Wappen der Amberger Tuchscherer wiederentdeckt

Bei Inventarisierungsarbeiten im Stadtarchiv Amberg ist kürzlich eine ungewöhnliche Federzeichnung ans Licht gekommen. Wie sich bei den Nachforschungen herausstellte, handelt es sich um ein Wappen der Tuchscherer, das ihnen angeblich sogar Kaiser Barbarossa verliehen haben soll. „Fest steht, dass ein Wappen dazugehörte, als man Mitte des 18. Jahrhunderts in Bayern eine kaiserliche Zunftordnung erwirkte. Dessen Gestaltung wurde dann auch in Amberg ventiliert“, erklärte der Leiter des Amberger Stadtarchivs Dr. Andreas Erb Oberbürgermeister Michael Cerny, als er ihm den Fund präsentierte.


Abb.: Ambergs Stadtarchivar PD Dr. Andreas Erb (rechts) präsentiert Oberbürgermeister Michael Cerny das bei Inventarisierungsarbeiten gefundene Wappen der Tuchscherer (Foto: Thomas Graml, Stadt Amberg)

„Ein wenig bedrohlich wirkt es schon“, meinte auch OB Michael Cerny, als er das Wappen genauer in Augenschein nahm. Der Greif, der den Wappenschild dominiert, trägt nicht nur das Jagd- und Baugerät als Doppelhaken, sondern in seiner rechten Klaue auch eine gezündete Granate. „Nicht nur der Heraldiker fragt sich, wie es zu einer derart explosiven Selbstdarstellung einer Handwerkszunft kommen konnte“, gab ihm auch der Stadtarchivar recht.

Andererseits habe das Gewerbe durchaus Konfliktstoff geboten, berichtete Dr. Erb. Die Aufgabe der Tuchscherer habe nämlich darin bestanden, mit großen Bügelscheren überstehende Wollfaserreste abzuschneiden und dem Stoff so zu einer glatten Oberfläche zu verhelfen. Diese textilveredelnde Tätigkeit erforderte Kooperation mit anderen Zünften des Textilgewerbes, mündete aber häufig auch in Abgrenzungskonflikten. Wer hier bestehen wollte, musste darum im doppelten Sinne des Wortes gewappnet sein.


Abb.: Wappen der Tuchscherer (Foto: Thomas Graml, Stadt Amberg)

Bei der in den Amberger Akten gefundenen Darstellung des Wappens handelt es sich um eine Federzeichnung, bei der sich der Künstler offenkundig einen älteren Lexikonartikel zum Vorbild nahm. Diesem bleib er in der Farbgebung treu, den Greifen aber gestaltete er mit bemerkenswerter Phantasie aus und verlieh ihm die waffenstarrenden Attribute. Man musste schon genauer hinsehen, um über dem Helm und dort auf dem Doppeladler auch die Tuchschere zu entdecken.

Ob die wesentlich größer gezeichnete Granate ein probates Mittel des Konfliktaustrags war, dürfte freilich auch innerhalb der Tuchschererzunft bezweifelt worden sein. Wie Dr. Erb dem Oberbürgermeister weiter schilderte, bezeugen zahlreiche im Stadtarchiv Amberg überlieferte Gerichtsprozesse im Bereich des Textilgewerbes, dass man sich in deren Reihen dann doch eher auf legale Mittel besann.

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Quelle: Stadt Amberg, News, 1.7.2022

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