Kirchenbücher von Neuhausen können Faktenlücken zum Teil schließen

Mühsame Hintergrundarbeit für Projekt über Dreißigjährigen Krieg.

Der Dreißigjährige Krieg von 1618 bis 1648, der weite Teile Europas erschütterte, hatte traumatisierende Auswirkungen auf die betroffenen Gebiete und die dort lebenden Menschen. Ein Team im Kreisarchiv des Enzkreises unter Leitung von Konstantin Huber arbeitet schon einige Zeit daran, die Auswirkungen auf die gesamte Region zu erschließen. Als Bestandteile des Projekts sind ein Buch, eine Ausstellung, ein Internetauftritt und eine wissenschaftliche Tagung geplant. Erste Ergebnisse zur Zerstörung Ölbronns 1622, in der Frühphase des Krieges, stellte Huber bereits bei einem sehr gut besuchten Vortrag im Rathaus in Ölbronn vor.

„Während die allgemeinen historischen Hintergründe bereits gut erforscht sind, muss man zur Aufarbeitung der Geschehnisse vor Ort tief in Originalquellen eintauchen“, erläutert Konstantin Huber. Das Projektteam werte deshalb alle auffindbaren Originaldokumente wie Akten, Schadensberichte oder Kirchenbücher aus. Dort schilderten die Pfarrer häufig sehr bildhaft das extrem brutale Vorgehen der marodierenden Soldateska gegen die wehrlose Bevölkerung. „Rückschlüsse aus oft widersprüchlichen Berichten auf greifbare Zahlen wie tatsächliche Todesopfer oder die Zahl zerstörter Gebäude sind allerdings nur mit Vorsicht und bestenfalls annähernd möglich“, sagt Huber.

Ganz schwierig wird es dort, wo Unterlagen völlig fehlen, beispielsweise im „Biet“, dem ehemals Gemmingischen Gebiet südöstlich von Pforzheims. In der Pfarrgemeinde Neuhausen, zu der im 17. und 18. Jahrhundert die Orte Neuhausen, Steinegg, Hamberg, Schellbronn, Lehningen und Hohenwart gehörten, haben sich die Taufbücher ab 1649 sowie die Sterbe- und die Heiratseinträge ab Oktober 1679 erhalten. Der Dreißigjährige Krieg war da bereits vorbei.

Die Pforzheimer Journalistin und studierte Historikerin und Kunsthistorikerin Uta Volz beschäftigt sich seit vielen Jahren zusammen mit dem Kreisarchiv mit der Erschließung der Kirchenbücher. Sie entziffert, erfasst und übersetzt dabei alle – meist lateinischen – Angaben und die oft recht umfang- und aufschlussreichen Anmerkungen der Pfarrer zu Kirch- und Glockenweihen, Wallfahrten und Prozessionen, Ablässen, Visitationen, Regeln für Taufpaten und Trauzeugen, Ehelizenzen und Einführung des Kalenderwechsels. „Daraus ergeben sich oft interessante Informationen, die sich weiterverarbeiten lassen“, verrät Volz.

Durch eine gezielte Überarbeitung bereits erfasster Daten konnte die Fachfrau Familienverbünde rekonstruieren, was wiederum Rückschlüsse auf die Anzahl der in den Orten lebenden Menschen zulässt. Außerdem wird die Auswertung nach Kriterien wie Standeszugehörigkeit und ortsfremder Herkunft möglich, die einen Blick auf den Umfang der Zuwanderung und die Herkunftsorte der neuen Mitbewohner ermöglicht. „Das ist die nächste anstehende Aufgabe für das Projekt. So kann das Biet auch ohne direkte Quellen in der Geschichte des Dreißigjährigen Krieges zumindest ansatzweise verortet werden“, freut sich Archivar Huber.


Abb.: Die ältesten Taufeinträge aus dem Kirchenbuch Neuhausen, rechts der Heiratseintrag von Seraphia Schick, dahinter unverzichtbare Hilfsmittel für die Recherchearbeit (Foto: Enzkreis, Fotografin: Uta Volz).

Die Erschließung von Kirchenbüchern ist eine zeitaufwändige und über weite Strecken auch eintönige Arbeit. Umso schöner sind unerwartete Zufallsfunde wie der Heiratseintrag von 1762 der Fayencebuntmalerin und Unternehmerin Maria „Seraphia“ Susanna Magdalena Aloysia Schick, verwitwete von Löwenfinck, mit dem in württembergischen Diensten stehenden Leutnant Daniel de Beckè. Die aus Fulda gebürtige Seraphia hatte bereits Porzellanmanufakturen in Haguenau und Straßburg geleitet und zog mit ihrem zweiten Mann nach Ludwigsburg, wo sie zunächst „Condirektorin“ der Porzellanmanufaktur und ab 1777 eigenständige Leiterin der Fayenceabteilung war.

Trauzeuge bei der Heirat war Joseph Heinrich Maria Dionysius Freiherr von Gemmingen-Mühlhausen. Entweder war diese Bekanntschaft Anlass für die Hochzeit in der Pfarrkirche von Neuhausen oder das im Barockstil kostbar ausgestattete Gotteshaus übte Anziehungskraft auf die Künstlerin aus. Dies trifft im Übrigen auf alle der im 18. Jahrhundert barock ausgestatteten Kirchen und Kapellen im Biet zu: Eine Vielzahl ortsfremder Paare ließ sich dort trauen – aber das ist eine andere Geschichte …

Kontakt:
Enzkreis – Stabsstelle Kreisarchiv
Östliche Karl-Friedrich-Straße 58
75175 Pforzheim
Telefon: 07231 308-9423
kreisarchiv@enzkreis.de

Quelle: Enzkreis, Pressemitteilung, 26.8.2022

Stadtarchiv Mülheim und Universität Duisburg-Essen vereinbaren Kooperation

Für die Unterschrift der Jahreskooperation hat Mülheims Oberbürgermeister Marc Buchholz die Rektorin der Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr. Barbara Albert, und ihre Begleiterinnen und Begleiter im Mülheimer Rathaus empfangen. „Ich freue mich, dass wir hier etwas Gemeinsames anstoßen, von dem letztlich beide Seiten profitieren“, begrüßte der Oberbürgermeister seine Gäste. „Nicht nur die Universität, die Studierenden und das Stadtarchiv haben etwas von der künftig engen Zusammenarbeit, sondern auch die Mülheimer Bürgerinnen und Bürger. Sie werden dadurch in Zukunft mehr über ´ihre` Vergangenheit erfahren können.“


Abb.: Zur Unterschrift der Jahreskooperation kamen zusammen: (v.li.) Oberbürgermeister Marc Buchholz, Dr. Stefan Pätzold (Stadtarchiv), Prof. Dr. Barbara Albert (Rektorin Universität Duisburg-Essen) sowie Prof. Dr. Ralf-Peter Fuchs und Jun.-Prof. Dr. Ute Boonen (Universität Duisburg-Essen) (Foto: Martina Ern/Stadtarchiv Mülheim).

„Die Ergebnisse unserer gemeinsamen Arbeit werden in wechselseitigen Vorträgen an der Universität Duisburg-Essen und im Mülheimer Haus der Stadtgeschichte der Öffentlichkeit vorgestellt“, stimmte der Leiter des Stadtarchivs, Dr. Stefan Pätzold, dem Oberbürgermeister zu. „Die Projekte sollen auch das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an der Geschichte Mülheims fördern.“

Gegenstand der Kooperation sind die spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Geschichte des Dorfes Mülheim, der Herrschaft Broich, der Reichsherrschaft Styrum und des Klosters Saarn. Die jetzt geschlossene Jahrespartnerschaft mit dem Lehrstuhl für Landesgeschichte der Rhein-Maas-Region an der Universität Duisburg-Essen unterstützt Studierende bei ihren Forschungsvorhaben. In gemeinsam abgehaltenen Lehrveranstaltungen lernen sie die Mülheimer Geschichte und die Archivarbeit kennen. „Durch die Zusammenarbeit können wir unsere Aktivitäten weiter entfalten und das jetzt sogar mit mehr Schwung“, freut sich Prof. Dr. Ralf-Peter Fuchs vom Lehrstuhl für Landesgeschichte der Rhein-Maas-Region – vor allem in seiner Funktion als Direktor des Instituts für niederrheinische Kulturgeschichte und Regionalentwicklung.

Der Lehrstuhl für Landesgeschichte als Bestandteil des Historischen Seminars der Universität Duisburg-Essen ist fest verbunden mit dem Institut für niederrheinische Kulturgeschichte und Regionalentwicklung. Das Institut versteht sich dabei als interdisziplinäre Forschungseinrichtung und dient zugleich als Bindeglied zwischen der Universität Duisburg-Essen und der Region Niederrhein und Ruhr. Zu diesem Zweck unterhält die Universität Kooperationspartnerschaften mit Städten und Gemeinden – wie jetzt mit Mülheim an der Ruhr. Die Kooperationspartner vereinbaren die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Forschung und Vernetzung.

Kontakt:
Universität Duisburg-Essen
Fakultät für Geisteswissenschaften
Institut für niederrheinische Kulturgeschichte und Regionalentwicklung
Universitätsstraße 12
45141 Essen
Geschäftsführender Direktor: Prof. Dr. Ralf-Peter Fuchs
Raum: R12 R05 B24
Telefon: [+49] (0)201/183-2540
ralf-peter.fuchs@uni-due.de

Stadtarchiv / Haus der Stadtgeschichte Mülheim an der Ruhr
Von-Graefe-Straße 37
45470 Mülheim an der Ruhr
Telefon: 0208 455 4260
Fax: 0208 455 58 4260
stadtarchiv@muelheim-ruhr.de
www.stadtarchiv-muelheim.de

Quelle: Stadt Mülheim a.d. Ruhr, Pressemitteilung, 23.8.2022

Brand im Medienarchiv Bielefeld in Brackwede

In einem der Außenmagazine des Medienarchivs Bielefeld hat es am Vormittag des 24.8.2022 gebrannt. Das Feuer in dem als Filmmagazin genutzten Kellerraum eines Wohnhauses in der Treppenstraße in Bielefeld-Brackwede hat vermutlich tausende historische Filmrollen des Bielefelder Medienarchivs von Frank Becker zum Teil stark beschädigt. Als Ursache für den Brand kommt nach Abschluss der kriminalpolizeilichen Ermittlungen nicht ein Defekt in einem Schaltkasten in Frage, sondern womöglich die Selbstentzündung durch eine alte Filmrolle.


Abb.: WDR Lokalzeit OWL: Erste Schadensbilanz nach ausgebranntem Medienarchiv, 26.08.2022 25:08 Min. Verfügbar bis 02.09.2022 WDR Von Julia Schlöpker

19 Menschen waren von dem Brand betroffen, verletzt wurde niemand. Weil der giftige Rauch in die Wohnräume eingedrungen ist, mussten die Bewohnerinnen und Bewohner von der Feuerwehr aus ihren Wohnungen evakuiert werden. Sie kamen bei Freunden und Verwandten unter oder wurden von der Stadt Bielefeld betreut. Bis zu 150 Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst sowie ehrenamtliche Helfer waren bis in die Abendstunden stundenlang im Großeinsatz. Auf dem Treppenplatz wurde eine Versorgungsstation für Anwohnerinnen und Anwohner aufgebaut.


Video: WDR Lokalzeit OWL: Filmarchiv verbrannt, 24.08.2022 Verfügbar bis 31.08.2022 WDR. Von Stefan Ducksch

Auch nach dem Löschen des Brandes konnten die betroffenen Räume, Filmrollen und Dokumente aufgrund der Luftbelastung noch nicht genauer in Augenschein genommen werden. Der materielle und immaterielle Schaden kann derzeit nicht beziffert werden. Nach Sichtung der ersten Fotos der Feuerwehr schätzt der Besitzer des Medienarchivs, Frank Becker, den Schaden auf mindestens 500.000 bis 750.000 Euro. Viele der historischen Filme seien noch nicht digitalisiert gewesen, so Becker.

Das Medienarchiv Bielefeld gilt als umfangreichste private Film- und Ton-Sammlung in Deutschland. Das von Frank Becker seit 1975 aufgebaute Medienarchiv umfasst über 100.000 Filmrollen – dazu viele einzigartige Ton- und Druck-Medien sowie Kinotechnik und Filmequipment.

Ihre Spende hilft; Filme zu retten!
Die Stiftung „Medienarchiv Bielefeld“ ist als gemeinnützig anerkannt, ist jedoch auf die Unterstützung von Filmfreunden angewiesen. Bankverbindung:

Sparkasse Bielefeld
IBAN: DE57 4805 0161 0050 0700 77

Auf Wunsch kann eine Spendenbescheinigung ausgestellt werden. Die Gemeinnützigkeit der „Frank-Becker-Stiftung“ ist vom Finanzamt geprüft und mit dem aktuellen Freistellungsbescheid des Finanzamtes Bielefeld-Außenstadt vom 10. Dezember 2019 bestätigt.
Steuernummer: 349/5995/1084

Kontakt:
Medienarchiv Bielefeld
Frank-Becker-Stiftung
Hauptstraße 94
33647 Bielefeld
info@medienarchiv-bielefeld.de
https://www.medienarchiv-bielefeld.de/

Quelle: Radio Bielefeld, Lokalnachrichten, 24.8.2022; WDR-Lokalzeit OWL, 24.8.2022; NW Herford, 24.8.2022; Westfalenblatt, 24.8.2022; WDR Nachrichten, Westfalen-Lippe, 24.8.2022; NW Bielefeld, 25.8.2022; WDR-Lokalzeit, 26.8.2022; NW Bielefeld, 30.8.2022

Tag der offenen Tür in Sankt Augustin

Stadtarchiv Sankt Augustin und Archiv für Christlich-Demokratische Politik (ACDP) der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. präsentieren „Fakten – Geschichten – Kurioses“.

Am Freitag, 2. September 2022, öffnen das Stadtarchiv Sankt Augustin und das benachbarte Archiv für Christlich-Demokratische Politik (ACDP) der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. erstmals gemeinsam ihre Pforten. Die Besucher*innen erwarten jeweils umfangreiche und attraktive Angebote zum Thema „Fakten – Geschichten – Kurioses“. Von der lebendigen Stadtgeschichte über die deutsche Geschichte hin zur europäischen Einigung bieten beide Archive einen reichen Kulturschatz.


Abb.: v.l.n.r. Andreas Kühne (Arbeitskreis Stadtgeschichte und Fotogruppe), Bürgermeister Max Leitterstorf, Sankt Augustins Stadtarchivar Michael Korn und Michael Hansmann, Leiter Schriftgutarchiv im ACDP der Konrad-Adenauer-Stiftung im Treffpunkt Stadtarchiv (Foto: Stadt Sankt Augustin)

Im Stadtarchiv stellen am Nachmittag die Referent*innen in drei kurzweiligen und anschaulichen Bildvorträgen besondere Einsichten und Unternehmungen vor: Waltraud Boß berichtet über Kurioses aus der Familienforschung (14 Uhr), Josef Laqua über seine Wanderung mit Eseln von Menden über die Alpen bis ans Mittelmeer (15 Uhr) und Archivmitarbeiter Stefan Dünker über die Weltreise des Mülldorfers Hermann Schrader mit dem Motorrad 1963-65 (16 Uhr).
Bei den stündlichen Archivführungen zeigen die Stadtarchivare Michael Korn und Stefan Dünker viele Quellen zu eigenwilligen Facetten der Stadtgeschichte.

Es präsentieren sich der Arbeitskreis Stadtgeschichte sowie die Fotogruppe mit aktuellen Dokumentationen zu Kuriosa im Stadtbild. Die Nachbarschaftshilfe Rhein-Sieg informiert über ihre Angebote, ihre Geschichte und ihren Archivbestand. Ferner gibt es die Möglichkeit zum Schmökern in einer Leseecke, Nutzung des Bildarchivs, Beratung zur Familienforschung, den Bücherflohmarkt und einiges mehr.

Im Archiv für Christlich-Demokratische Politik bieten die Mitarbeiter*innen den Besucher*innen Führungen durch Archiv- und Magazinräume sowie durch die Bibliothek an. Es wird ein Blick auf knapp 19 laufende Kilometer Akten zur Geschichte der christlichen Demokratie geworfen.
Fundstücke aus dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus, dem demokratischen Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg, über die Gründungsphase der CDU hin zur Wiedervereinigung Deutschlands sowie zum europäischen Einigungsprozess werden präsentiert. Dazu natürlich Unterlagen mit regionalem Bezug zum Rhein-Sieg-Kreis und zu Sankt Augustin. Kuriosa aus den Beständen werden präsentiert und auch den Fragen nachgegangen: Warum gibt es einen schwarzen Koffer im Archiv? Wie funktioniert ein Archiv? Von der Akte bis zur Benutzung. Die Arbeitsabläufe in einem Archiv werden an praktischen Beispielen gezeigt, so etwa die Frage: Warum müssen etwa Metall und Plastik aus den Akten raus. Ebenso wird erläutert wie unproblematisch das Archiv genutzt werden kann.

Das Archiv besteht nicht nur aus Papierunterlagen, sondern auch aus Terabyte an Daten, dem digitalen Archiv. Die Digitalisierung historisch wertvoller Unterlagen mit Hilfe von Scannern werden Mitarbeiter*innen vorführen. Eine Ausstellung zur Geschichte der CDU sowie die Geschichte der CDU in Plakaten aus acht Jahrzehnten runden diesen Tag der offenen Tür ab.

Natürlich erwarten die Besucher zudem in beiden Archiven zahlreiche Filmvorführungen aus der Geschichte der Stadt bzw. der CDU.

Weitere Informationen und genaue Uhrzeiten gibt es auf der Seite des Stadtarchivs Sankt Augustin und auf der Webseite der Konrad-Adenauer-Stiftung, außerdem liegen in den Archiven und im Rathaus Flyer aus.

Kontakt:
Stadtarchiv Sankt Augustin
Michael Korn
Rathaus, Untergeschoss
Markt 1
53757 Sankt Augustin
Telefon 02241/243-331
stadtarchiv@sankt-augustin.de

Archiv für Christlich-Demokratische Politik (ACDP)
der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.
Michael Hansmann
(KAS-Zentrale)
Rathausallee 12
53757 Sankt Augustin
Tel. 02241/246-2209
michael.hansmann@kas.de

Archivbestand der Gemeinde Mönsheim im Enzkreis 1586-1990/2017 erschlossen

„Noch kurz vor Ende von dessen Amtszeit konnte nun die Übergabe des Findbuches zum Gemeindearchiv Mönsheim an Bürgermeister Thomas Fritsch stattfinden, nachdem die Pandemie eine offizielle Übergabe des Archiv-Repertoriums bisher verhindert hat“, freut sich Heike Sartorius vom Kreisarchiv Enzkreis. Das Gemeindearchiv habe seit Fritschs Anfängen als Bürgermeister auf dessen Agenda gestanden. Bereits 1998 fand ein erster gemeinsamer Termin zur Begutachtung von Räumlichkeiten zur Unterbringung des Gemeindearchives statt. Die Planung des Rathausneubaus gab dann aber den entscheidenden Impuls dafür, das Kreisarchiv des Enzkreises – und damit die dafür zuständige Diplom-Archivarin Heike Sartorius – mit der Ordnung und Bearbeitung des Gemeindearchivs zu beauftragen.


Abb.: Findbuchübergabe BM Thomas Fritsch, Archivarin Heike Sartorius und Gemeinderat Walter Knapp (Foto: Gemeinde Mönsheim, Claudia May)

Die Erfassung der Unterlagen fand im alten Rathaus und in der Kelter in den Jahren 2012 bis 2018 statt – „ein langer Zeitraum, aber immerhin weist der Bestand einen stolzen Umfang von über 120 laufenden Regalmetern auf“, so Sartorius, die bei ihrer Arbeit von dem Historiker Dr. Volker Ziegler unterstützt wurde, der die umfangreichen Rechnungsbestände bearbeitete. Weitere Hilfe leistete der Mönsheimer Gemeinderat Walter Knapp: Er entfernte Metall, verpackte die Archivalien in säurefreie Mappen und Boxen und signierte zusammen mit Claudia May von der Gemeindeverwaltung sämtliche Einheiten und Verpackungen. Als Ur-Mönsheimer und Kenner des Ortes konnte er so manche Frage beantworten, die sich bei der Bearbeitung aufgetan hatte, oder Hinweise zu Örtlichkeiten und Personen geben.

Das Findbuch stellt laut Sartorius das komplette Verzeichnis des Archivbestandes dar, und das Mönsheimer Findbuch ist ein Schwergewicht unter den Repertorien des Enzkreises, nicht nur, was den Umfang von 916 Seiten angeht. „Mit 3859 Archivalien-Einheiten ist der Bestand einer der umfangreichsten in der Reihe der Ortsarchive im Enzkreis“, so Sartorius, „er ist daher aber auch reich an historischen Quellen zur Ortsgeschichte“. Das Gemeindearchiv beinhaltet vor allem amtliches Schriftgut Mönsheims von 1586 bis Ende 1990 mit einigen Ausnahmen, die bis ins Jahr 2017 reichen.

Die älteste Archivalie ist ein Verzeichnis der Inventuren und Teilungen von 1586 an, doch leider sind die dazugehörigen Unterlagen „erst“ ab dem Jahr 1762 erhalten. Zu den ältesten Archivalien zählt auch das Fragment des Fleckenbrauchbuchs. Dieses kann nur anhand der Einträge in etwa datiert werden: Es stammt wohl aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts und ermöglicht einen Blick in die damaligen Ortsverhältnisse und das gültige Ortsrecht. Weit mehr Unterlagen beginnen im 18. und 19. Jahrhundert, so zum Beispiel Rechnungsserien wie Heiligen-, Pfleg-, Zehnt-, Schulfonds- und Stiftungspflegrechnungen. Diese Unterlagen bieten – vor allem aus einer Zeit, in der die schriftliche Überlieferung in der Gemeinde nicht sehr üppig ist – viele Informationen zur Ortsgeschichte, wie beispielsweise zur Armenpflege, zur Schule und Kirche oder zum Rathausbau.

„Es kostet allerdings Mühe und Zeit, sich durch die handschriftlichen Archivalien zu kämpfen, um an die gesuchten Informationen zu gelangen“ weiß Sartorius. Nicht minder ist der Aufwand, den Inventuren und Teilungen, die Güterbücher, die Unterpfandsbücher oder die Kauf- und Tauschbücher an ihre Interessenten stellen. Ein Kaufbuch von 1700 bis 1711, das die Kauf- und Verkaufstransaktionen aus der Zeit dokumentiert, hätte im vorgefundenen Zustand gar nicht zur Nutzung zur Verfügung gestellt werden können. „Das Kaufbuch wies deutliche Schäden an Einband und Buchblock auf. Daher ist es ein Glücksfall, dass die Gemeinde bereit war, diesen wie auch weitere 20 Bände durch eine Fachwerkstatt für Restaurierung behandeln und restaurieren zu lassen“, so Sartorius weiter.

Die Hauptüberlieferung liegt eindeutig im 20. Jahrhundert. Neben den Sachakten stammen v.a. die Gemeinderatsprotokolle und die Serie der Gemeinderechnungen aus diesem Zeitraum. Das Findbuch gliedert sich in drei größere Abschnitte: Akten und Bände, Rechnungen und sogenannte „Selekte und Sammlungen“. Darin befinden sich neben Karten und Plänen, Mitteilungsblättern, Presseberichten, Fotos und einer ortsgeschichtlichen Sammlung die Unterlagen und Gegenstände des aufgelösten Gesangvereins Liederkranz. Mit den beiden Fahnen des Liederkranzes, der Fahne des Turnvereins, Festbändern, Plaketten und Medaillen bis hin zum Taktstock aus dem Liederkranz-Nachlass sind sogar museale Stücke enthalten.

Die Archivordnung, die üblicherweise auch die Nutzung regelt, muss in Mönsheim noch erlassen werden. Dazu aber will man abwarten, bis die Novellierung des baden-württembergischen Landesarchivgesetzes vollzogen ist. Dennoch sind Recherche und Nutzung vor Ort im Rathaus Mönsheim möglich. Das Findbuch ist dort wie auch im Kreisarchiv des Enzkreises einsehbar. Noch einfacher ist es, auf der Internetseite des Kreisarchivs  Enzkreis unter https://www.enzkreis.de/kreisarchiv/fb in das Mönsheimer Findbuch „hineinzuschnuppern“ – dort steht das Werk auch zur Online-Recherche zur Verfügung.

Kontakt:
Enzkreis – Stabsstelle Kreisarchiv
Östliche Karl-Friedrich-Straße 58
75175 Pforzheim
Telefon: 07231 308-9423
kreisarchiv@enzkreis.de

Quelle: Enzkreis, Pressemitteilung, 11.8.2022

Eröffnung des neuen Kreisarchivs Viersen

Am 13.8.2022 feierte das neue Kreisarchiv Viersen seine Eröffnung. Nach rund zweieinhalb Jahren Bauzeit wurde das Gebäude am Ransberg in Viersen-Dülken durch Landrat Dr. Andreas Coenen, Staatssekretär Daniel Sieveke, Bürgermeisterin Sabine Anemüller und Architekt Bernd Volkenannt eröffnet. Am neuen Standort konnten die Besucherinnen und Besucher am Tag der offenen Tür einen komplett nach den Prinzipien der Zirkulären Wertschöpfung konzipierten Neubau erkunden. Den Gästen wurden zusätzlich unterschiedliche Themenführungen geboten. Über 700 Interessierte empfingen Kreisarchivar Dr. Michael Habersack und sein Team in dem nachhaltigen Gebäude.


Abb.: Eröffnung Kreisarchiv Viersen (v.l.n.r.): Architekt Bernd Volkenannt, Staatssekretär im Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen Daniel Sieveke, Kreisdirektor Ingo Schabrich, Bürgermeisterin Sabine Anemüller, Leiter des Kreisarchivs Dr. Michael Habersack, Landrat Dr. Andreas Coenen, Leiter Gebäudemanagement Jörg Papenkort, Stellvertretender Leiter des Kreisarchivs Dr. Matthias Herm (Foto: Kreis Viersen).

„Ich freue mich, dass so viele Bürgerinnen und Bürger zur Eröffnung des neuen Kreisarchivs gekommen sind. Wir als Kreis wollen nach Kräften dem Klimaschutz Rechnung tragen. Das Kreisarchiv ist eins der ersten kommunalen Gebäude in ganz NRW, das nach den Prinzipien der Zirkulären Wertschöpfung geplant und gebaut wurde. Mit diesem Pilotprojekt kommen wir unseren Nachhaltigkeitszielen ein großes Stück näher, worauf ich sehr stolz bin“, sagt Landrat Dr. Andreas Coenen.

Das neue Kreisarchiv Viersen vereint die Archivalien, die zuvor an unterschiedlichen Orten untergebracht waren. Fortan lagern am Standort die Archivalien des Kreises sowie der Städte und Gemeinden Brüggen, Grefrath, Kempen, Nettetal, Niederkrüchten, Schwalmtal, Tönisvorst und Viersen. Neben dem Archivgut steht eine umfangreiche Fachbibliothek zur Verfügung.

Seit 1984 war das Archiv des Kreises Viersen in der Burg Kempen zu finden gewesen. Der nunmehrige Umzug aus dem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude stellte das beauftragte Umzugsunternehmen vor außergewöhnliche Herausforderungen: Zahlreiche, teils steile Treppen, eine niedrige Kellerdecke, kein geeigneter Transportaufzug und sehr begrenzte Zuwege zu dem historischen Gebäude erschwerten den Auszug. Zusätzlich wurden außerhalb der Burg Maßnahmen getroffen. Während des Umzugs wurden um die Bäume im Burgwäldchen schützende Zäune aufgestellt. Schlussendlich konnten viele tausend Kartons mit Archivgut geordnet und ohne Beschädigungen in das neugebaute Kreisarchiv in Viersen-Dülken umziehen. Nach dem Auszug des Kreisarchivs geht die Burg nun wieder in den Besitz der Stadt Kempen über.

Kontakt:
Kreisarchiv Viersen
Ransberg 41
41751 Viersen
Telefon: 02162 39 – 2022
Telefax: 02162 39 – 282022
archiv@kreis-viersen.de

Quelle: Kreis Viersen, Pressemitteilung, 16.8.2022; LokalKlick: 38 Jahre Kreisarchiv in der Burg Kempen gehen zu Ende, 15.8.2022

Familienbuch Troisdorf in erweiterter Neuauflage

Zwölf Jahre nach dem Erscheinen des Familienbuches Troisdorf (1859-1928) liegt nun eine von Heribert Müller und Waltraud Boß bearbeitete umfassend erweiterte Neuausgabe in zwei Bänden vor. Diese beinhalten den Zeitraum von 1859 bis 1972, also Zeitläufte, die im Sinne der politischen Geschichte vom Deutschen Bund, dem Kaiserreich, über die Weimarer Republik, die NS-Zeit bis hin zur jüngeren Bundesrepublik reichen.


Abb.: vlnr.: J. Ehrengruber, T. Melcher, A. Winter (Leitung Stadtarchiv Troisdorf), M. Luitjens (Azubi); sitzend vlnr.: Heribert Müller, BM Alexander Biber, Waltraud Boß (Foto: Stadt Troisdorf)

Seit dem Jahr 1859 existieren für die damalige Gemeinde Troisdorf eigene Standes-/ Zivilstandsregister. Das Jahr 1972 wurde als Endpunkt gewählt, da nach der Kommunalen Neuordnung 1969 erst im Jahr 1973 die Standesämter von Troisdorf und Sieglar zusammengeführt wurden. Bearbeiter Heribert Müller, der schon seit über 25 Jahren umfangreiche familienbasierte Recherchen betreibt und auch zuletzt noch mit Peter Höngesberg das Sieglarer Familienbuch 2015 in der Schriftenreihe des Stadtarchivs Troisdorf herausgab, möchte sich nunmehr zurückziehen. Waltraud Boß ist nach dem Tod von Peter Höngesberg eingestiegen und hat die von Heribert Müller handschriftlich zusammengetragenen Geburts-, Heirats- und Sterbedaten akribisch nach Familien geordnet und in Tabellen überführt.

Bürgermeister Alexander Biber dankte Müller und Boß bei der Vorstellung des Familienbuches im Stadtarchiv Troisdorf für ihre verdienstvolle Arbeit und lobte das zugrundeliegende herausragende ehrenamtliche Engagement. In einem den beiden Bänden vorangestellten Vorwort würdigen Bürgermeister Alexander Biber und die Leiterin des Stadtarchivs, Antje Winter, die besondere Bedeutung des Familienbuches nicht nur für die genealogische Forschung.

Erhältlich ist das im Juni 2022 erschienene Troisdorfer Familienbuch direkt im Stadtarchiv Troisdorf. Die beiden Bände, insgesamt 1.000 Seiten stark, werden im Paket zu einem Preis von 25,- Euro (ISBN 978-3-9817297-1-9) angeboten. Das Stadtarchiv versendet die Bände gegen Rechnung. Anfragen mit vollständiger Rechnungsadresse an stadtarchiv@troisdorf.de bzw. 02241/900-135 (Frau Winter) oder -136 (Frau Melcher).

Kontakt:
Stadtarchiv Troisdorf
Kölner Straße 176
53840 Troisdorf
Tel.: 02241 900-135
Fax: 02241 900-8135
stadtarchiv@troisdorf.de
troisdorf.de/stadtarchiv

Quelle: Stadt Troisdorf, Pressemitteilung, 17.8.2022

Projekt zum Erhalt von Studierendenakten der Universität Paderborn gestartet

Angaben zu Studierenden, Studienverläufen und Studienverhalten gehören zu den nachgefragtesten Informationen in den Hochschularchiven. Sie haben eine große Bedeutung für die Biographie- und Familienforschung sowie für die Wissenschafts-, Bildungs- und Hochschulgeschichte. Allein die ersten beiden Studierendengenerationen der Universität Paderborn, die im Jahr 2022 ihr 50jähriges Bestehen feiert, werden mit weit über 6.000 Akten überliefert.

Bevor die Studierendenakten für die Erhaltungsmaßnahmen verschickt werden konnten, hat Archivmitarbeiter Kurt Eschebach Ordnung in zahlreiche Ordner und Ablagen gebracht (Foto: Universität Paderborn).

Doch der Papierzerfall von alten Druckerzeugnissen bedroht den Erhalt dieser Dokumente. Ein Sonderprogramm der „Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts“ (KEK), finanziert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), organisiert und fördert die Entsäuerung, fachgerechte Reinigung und Verpackung von schriftlichen Originalen in Bibliotheken und Archiven. Mit dem Zuwendungsbescheid vom Juli  2022 werden jetzt Erhaltungsmaßnahmen für die Studierendenakten aus dem Universitätsarchiv Paderborn finanziert.

„Seit Papier Mitte des 19. Jahrhunderts industriell hergestellt wird, ist es nicht mehr säurefrei und somit vom Zerfall bedroht“, erklärt Dr. Anikó Szabó vom Paderborner Universitätsarchiv. Die ältesten Akten sind aus dem Jahr 1968 und noch von den Vorgängereinrichtungen der 1972 gegründeten Gesamthochschule Paderborn angelegt worden. Sie enthalten Informationen über Studierende der Fächer Elektrotechnik, Maschinenbau, Lehramt und Wirtschaftswissenschaften und werden bis 1978 im Universitätsarchiv überliefert. Die Studierenden der sogenannten MINT-Fächer Mathematik, Informatik, Physik und Chemie werden bis 1983 und damit über zwei Studierendengenerationen archiviert. Die Akten zeichnen die Transformationsphase der Vorgängereinrichtungen hin zur universitären Bildungs- und Forschungseinrichtung anhand der Studierendenbiographien nach und dokumentieren den Modernisierungsprozess des Hochschulwesens in den 1970er Jahren.

Abb.: (v. l.) Dr. Anikó Szabó und Kurt Eschebach vom Paderborner Universitätsarchiv haben mehr als 6.000 Studierendenakten für den Transport nach Leipzig vorbereitet – dort werden sie entsäuert und verpackt (Foto: Universität Paderborn, Jennifer Strube).

Das LWL-Archivamt für Westfalen in Münster, das seit 2006 aufseiten des Landes Nordrhein-Westfalen Bestandserhaltungsmaßnahmen mit der „Landesinitiative zum Substanzerhalt“ (LISE) organisiert, hat die Akten bereits aus Paderborn abgeholt. Die Bestandserhaltungsmaßnahmen fördert der Bund mit 50 Prozent der Projektkosten, die andere Hälfte bringen das Land (60 Prozent) und die Universität (40 Prozent) gemeinsam auf. Im Leipziger Zentrum für Bucherhaltung (ZFB) werden die Unterlagen in den nächsten Monaten gereinigt, entsäuert und fachgerecht verpackt, um sie dauerhaft zu erhalten und der Forschung zugänglich zu machen.

Kontakt:
Universitätsarchiv Paderborn
Gebäude I Ebene 1: Raum I1.323 bis I1.309
Warburger Str. 100
33098 Paderborn
Telefon:+49 5251 60-2026
uniarchiv@ub.uni-paderborn.de

Quelle: Universität Paderborn, Pressemitteilung, 12.8.2022

Nachrichten aus dem Stadtarchiv Gera 3/2022

In der Ausgabe 3/2022 der „Nachrichten aus dem Stadtarchiv Gera“ wird auf eines der liebsten Haustiere der Deutschen eingegangen, indem die erste „große Ausstellung von Hunden aller Rassen“ vor 120 Jahren in Gera in den Blick genommen wird. In weiteren Beiträgen wird an die Eingemeindungen von Ernsee und Unterröpisch vor 100 Jahren sowie die Eröffnung des Geraer Interhotels im Jahr 1967 erinnert, wie Christel Gäbler, die Leiterin des Stadtarchivs Gera, mitteilt.

Beiträge der Ausgabe 3/2022:

  • Die erste „große internationale Ausstellung von Hunden aller Rassen“ am 23. und 24. August 1902 in Gera
  • Die Eingemeindung von Ernsee und Unterröppisch vor 100 Jahren
  • Briefkasten der Heimatblätter: Wie kam Schloß Thallwitz bei Wurzen in reußischen Besitz?
  • Die Eröffnung des Geraer Interhotels vor 55 Jahren

Am 6. Oktober 1967 konnte die Eröffnung des Geraer Interhotels feierlich begangen werden. Entworfen und realisiert wurde der Gebäudekomplex durch das Architektenkollektiv Manfred Metzner, Günther Gerhardt, Günter Meißgeier, Wolfgang Fiedler, Fritz Sittel und Karlheinz Günther. Mit dem Bau des Gebäudes war der VEB Hoch- und Tiefbau Gera beauftragt worden. Aufgrund der räumlichen Begrenzung des Bauplatzes war das Hotel auf eine Länge von 100 Metern festgelegt, sodass es durchaus einiger guter architektonischer Überlegungen und Lösungen bedurfte diese Fläche optimal auszunutzen, denn neben den Hotelzimmern und den Aufenthaltsbereichen für die Gäste waren auch enorme Lagerkapazitäten erforderlich.

Die Rahmenbedingungen für ein solches Bauprojekt gestalteten sich unterdessen sehr günstig: Gera hatte sich in den 1960er Jahren zu einer thüringischen Großstadt entwickelt, die hinsichtlich der Bevölkerungszahl die Universitätsstadt Jena längst überholt hatte. Waren in der Stadt bis zum Zweiten Weltkrieg einige attraktive Hotels und Pensionen sowie Restaurants mit überregionaler Strahlkraft vertreten, so bereiteten insbesondere die Nachkriegsjahre der Hotel- und Gastronomiebranche einigen Abbruch. Den ehrgeizigen Ambitionen des Stadtvaters Horst Pohl die Attraktivität seiner Stadt mit einem repräsentativen Hotelkomplex zu steigern, spielte auch der Umstand in die Karten, dass der damalige Generaldirektor der „Vereinigung Interhotel der DDR“ unweit von Gera wohnte und zudem einen Standort für ein weiteres Hotel dieser Kette in Thüringen suchte.

Das Vorhaben glückte und die damalige Bezirksstadt Gera erhielt mit ihrem Interhotel ein sechsgeschossiges Bettenhaus, das insgesamt 400 Betten in Form von 280 Einbett- und 60 Zweibettzimmern für Gäste der Stadt bereitstellte. Darüber hinaus entstand ein dem Gebäude vorgelagerter Gaststättentrakt. Mit Blick auf das vergleichsweise hohe Preisniveau des Interhotels, vor allem auch für Speisen und Getränke, erhielt es von den Geraern rasch den Spitznamen „Hotel Bismarck“, was im Volksmund damit erklärt wurde, dass augenscheinlich „jeder Bissen eine Mark“ kostete.


Abb.: Das Geraer Interhotel im Jahr 1976 (Fotograf: Fritz Teichert; Quelle: Stadtarchiv Gera, M38 Nr. 11)

In den ersten 20 Jahren seiner Existenz von 1967 bis 1987 konnten 2.235.000 Übernachtungen von 1.500.000 Gästen im Interhotel Gera registriert werden. Der damalige Personalstamm umfasste 340 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Jahr 1988 schloss das Hotelmanagement mit einem Netto-Gewinn von 6,5 Millionen und 850.000 Valuta-Mark (D-Mark) ab. Das nach der deutschen Wiedervereinigung angedeutete Ansinnen der Treuhandverwaltung die Interhotel-Kette zu retten, verkehrte sich rasch ins Gegenteil. Stattdessen geriet vorrangig der jeweilige Grundstückswert in den Blick, der die Rentabilität von Neuansiedlungen begünstigen sollte. Ein weiterer Aspekt, der für die Auflösung der Interhotel-Kette sprach, war, dass es in der Bundesrepublik bereits etablierte Hotelvereinigungen gab und zusätzliche Konkurrenz auf dem Markt vermutlich unerwünscht war. Fast genau dreißig Jahre nach der Eröffnung wurde am 4. Januar 1997 mit dem Abriss des Geraer Interhotels sowie der benachbarten, ehemaligen Teppichfabrik Halpert begonnen. Auf der dadurch entstandenen Freifläche wurden die heutigen Gera-Arcaden errichtet, welche am 11. November 1998 eröffnet werden konnten.

LinkNachrichten aus dem Stadtarchiv Gera 3/2022

Kontakt:
Stadtarchiv Gera
Gagarinstraße 99/101
07545 Gera
Tel. 0365/838-2140 bis 2143
stadtarchiv@gera.de
www.gera.de/stadtarchiv

Im neuen Veranstaltungsprogramm der Villa ten Hompel bleibt Rechte Gewalt nach 1945 im Fokus

Das kostenlose Veranstaltungsprogramm der Villa ten Hompel für das zweite Halbjahr 2022 steht fest. Es verbindet – typisch für den Münsteraner Geschichtsort – die Vergangenheit mit zentralen Problemstellungen der Gegenwart. Thomas Köhler, kommissarischer Leiter der Villa ten Hompel, und Robert von Olberg, Vorsitzender des Villa-Fördervereins, sind vier thematische Aspekte des öffentlichen Bildungsprogramms besonders wichtig:

  1. Das Thema der rechten Gewalt nach 1945 prägte schon das Veranstaltungsprogramm im ersten Halbjahr und findet nun in den „Mittwochsgesprächen“ seine Fortsetzung. So berichtet beispielsweise der Kieler Anwalt Alexander Hoffmann am 16. November 2022 über sein Engagement als Nebenklagevertreter im NSU-Komplex.
  2. Im Format „Forum am Donnerstag“ rückt mit der Ukraine erneut ein Thema, das Vergangenheit und die unmittelbare Gegenwart umspannt, in den Mittelpunkt. Im Vortrag von Ricarda Vulpius am 10. November 2022 geht es um die Nationswerdungskonflikte und russisch-ukrainische Beziehungen im Wandel der Zeit.
  3. Die neue Sonderausstellung als „Gallery Walk“ direkt am Außenzaun der Villa beleuchtet ab September 2022 die Spuren von gewöhnlichen deutschen Polizisten, die in Polen zu Mördern wurden. Józefów, Majdanek oder Zamość – diese Orte sind weniger bekannt, aber nicht weniger wichtig für die Erinnerung an den Holocaust.
  4. Am 25. November 2022 ist der „Orange Day“, der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. Die Villa ten Hompel wird deshalb in den Abendstunden orange beleuchtet sein, um ein sichtbares Zeichen gegen Diskriminierung und Gewalt jeder Form gegenüber Frauen und Mädchen zu setzen.

Die Veranstaltungen sind je nach pandemischer Lage sowohl vor Ort als auch digital über Zoom geplant. Das Bildungsprogramm kann u.a. auf der Homepage der Villa ten Hompel heruntergeladen werden (https://www.stadt-muenster.de/villa-ten-hompel/veranstaltungen).


Abb.: Das neue Veranstaltungsprogramm der Villa ten Hompel für das zweite Halbjahr 2022 ist druckfrisch eingetroffen (Foto: Villa ten Hompel).

Kontakt:
Geschichtsort Villa ten Hompel
Kaiser-Wilhelm-Ring 28
48145 Münster
Tel. 02 51/4 92-71 01
Fax 02 51/4 92-79 18
tenhomp@stadt-muenster.de