Offene Archive – Konferenz 2019

5. Konferenz mit ArchivCamp, 4. und 5. November 2019, Berlin

Die Öffnung des Archivs der Stasi war ein weltweit einmaliger Vorgang mit Vorbildwirkung für viele postdiktatorische Gesellschaften. Erstmals konnten Bürgerinnen und Bürger am 2. Januar 1992 Einsicht in Stasi-Unterlagen nehmen, um ihr eigenes Schicksal aufzuklären. Die Machtzentrale der DDR-Geheimpolizei ist heute ein Ort der Aufklärung über Diktatur und Widerstand und ein Lernort für Demokratie.

Eine Veranstaltung des Arbeitskreises Offene Archive im VdA in Kooperation mit der BStU, der Robert Havemann Gesellschaft e.V., der Wikimedia Deutschland e.V., dem  LWL Archivamt, dem Kreisarchiv Siegen-Wittgenstein, dem Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg und digiS. Konzeption und Programm: Mitglieder des AK Offene Archive in Verbindung mit dem BStU und der Wikimedia Deutschland e.V.

30 Jahre nach der Friedlichen Revolution von 1989 lädt der Arbeitskreis Offene Archive im VdA herzlich nach Berlin ein! Am 4. und 5. November 2019 findet die fünfte Ausgabe der „Offenen Archive“ statt. Hochkarätige Keynotes, spannende Kurzvorträge sowie eine Podiumsdiskussion zur Archiv-, Netz- und Kulturpolitik sind Teil des Programms.

Das öffentliche archiv-, netz- und kulturpolitische Podium am 4. November (ab 19 Uhr) wird u.a. mit Roland Jahn (Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen), Prof. Dr. Gerald Maier (Präsident des Landesarchivs Baden-Württemberg), Helene Hahn (Wikimedia Deutschland e.V., Präsidium), Erhard Grundl (MdB, kulturpolitischer Sprecher Bündnis90/Die GRÜNEN-Bundestagsfraktion) und Martin Rabanus (MdB, Sprecher für Kultur und Medien, SPD-Bundestagsfraktion) besetzt sein. Eine weitere Anfrage läuft derzeit noch.

Zusätzlich bietet ein BarCamp den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an beiden Tagen der Konferenz die Möglichkeit zur niedrigschwelligen, aber auch intensiven Diskussion. Themen können, eher archivuntypisch spontan, eingebracht werden; gängige oder eingefahrene Denkmuster der Archivwelt dürfen und sollen hinterfragt werden!

Ort:
Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU).
Stasi-Zentrale. Campus für Demokratie
“Haus 22”, Ruschestr. 103
10365 Berlin.

Zur Orientierung: https://www.bstu.de/ueber-uns/stasi-zentrale-campus-fuer-demokratie/

Programm (vorläufig):
4. November ab 10.30 Uhr

Begrüßung(en)

Keynotes von Dagmar Hovestädt (BStU) und John Weitzmann (Wikimedia Deutschland e.V.)

Mittagspause (Catering vor Ort), danach Start des ArchivCamps (Sessions, Sessions, Diskussionen etc.!)

Kurzvorträge ab 16.30 Uhr:
Lambert Kansy/Martin Lüthi (CH);
Christian Bunnenberg/Bochum;
Alexander Czmiel/TELOTA-Initiative;
Sebastian Bondzio/Osnabrück

Ab 19 Uhr öffentliche Podiumsdiskussion mit Roland Jahn (Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen), Prof. Dr. Gerald Maier (Präsident des Landesarchivs Baden-Württemberg), Helene Hahn (Wikimedia Deutschland e.V., Präsidium), Erhard Grundl (MdB, kulturpolitischer Sprecher Bündnis90/Die GRÜNEN-Bundestagsfraktion) und Martin Rabanus (MdB, Sprecher für Kultur und Medien, SPD-Bundestagsfraktion)

5. November ab 9 Uhr:

Keynotes von Matthias Leitner/Bayerischer Rundfunk (Wie Kurt Eisner uns seine Geschichte in WhatsApp erzählte) und von Rainer E. Klemke (BerlinHistory-App)

Fortsetzung des ArchivCamps

Am Vormittag zusätzlich: Talks von Ausstellern

Mittagspause (Catering vor Ort)

Abschlussrunde des ArchivCamps, Schlussdiskussion und Ende der Konferenz am frühen Nachmittag

Anmeldung:
veranstaltungen@bstu.bund.de

Informationen und News rund um Konferenz und ArchivCamp:
https://archive20.hypotheses.org/
@archive20
#archive20 #archivcamp

Einreichungen für das ArchivCamp sind ab sofort möglich.

 

Erste digitalisierte Akten des BLHA Potsdam online

Sieben Jahrzehnte nach der Gründung des Brandenburgischen Landeshauptarchivs (BLHA) am 21. Juni 1949 sind die ersten 1.788 digitalisierten Akten online verfügbar. Rund 463.000 Aktenseiten können in der Archivdatenbank eingesehen werden. Bei der Jubiläumsfeier des Brandenburgischen Landeshauptarchivs am 20.6.2019 gab die Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, Dr. Martina Münch, den Startschuss für die Freischaltung der Digitalisate und würdigte das Archiv als „zentrale Quelle für das Verständnis unserer Vergangenheit und Gegenwart“.

Abb.: Prof. Dr. Neitmann, Direktor des BLHA, 20.6.2019 (Foto: BLHA Potsdam)

„Ich freue mich insbesondere, dass das Landeshauptarchiv heute – sieben Jahrzehnte nach seiner Gründung – die ersten online recherchierbaren Akten öffentlich zugänglich gemacht hat. Das ist ein wichtiger Meilenstein bei der erforderlichen Digitalisierung und der Entwicklung neuer, insbesondere virtueller Zugänge zum weltweiten Wissen“, hob die Ministerin in ihrem Grußwort hervor.

Abb.: Dr. Martina Münch, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg (Foto: BLHA Potsdam)

Die Digitalisierung und Onlinestellung des Brandenburgischen Landeshauptarchivs verfolgt das Ziel, einen zeit- und ortsunabhängigen Zugang zu vielgenutztem Archivgut zu ermöglichen. Den Auftakt der Online-Stellung bilden 1.788 Akten aus dem Bestand Rep. 2A Regierung Potsdam – Abteilung I Präsidialabteilung – Hochbauangelegenheiten aus der Zeit von 1767 bis 1945. Dieser Bestand umfasst umfangreiches Quellenmaterial zur Bau- und Denkmalforschung. Enthalten sind Akten über die Durchführung von Bauten und die bauliche Unterhaltung. Sie betreffen überwiegend staatliche Gebäude, ebenso die Erhaltung von Baudenkmälern, darunter Schlösser der Berlin-Potsdamer Schlösserlandschaft, Kirchen und Klöster, Stadtmauern oder andere historische Bauten.

Abb.: Digitalisierte Akten des BLHA in der Online-Recherche (Foto: BLHA Potsdam)

Das heute veröffentlichte Schriftgut ist der erste von insgesamt vier häufig genutzten Teilen des Bestandes Rep. 2A Regierung Potsdam, die im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projektes digitalisiert und online bereitgestellt werden. Die Akten der Regierung Potsdam sind im Vergleich zu anderen preußischen Bezirksregierungen besonders gut überliefert und halten in Umfang und Dichte Quellenmaterial für vielfältige Forschungsthemen zur Geschichte Brandenburgs und Preußens vom Ende des 18. Jahrhunderts bis 1945 bereit. Sie gehören zu den am meisten benutzten Beständen des Archivs.

Bis Sommer 2020 folgen Scans von weiteren 10.000 Akten mit insgesamt rund 5,6 Millionen Imagedateien aus den Bereichen Siedlungs- und Wohnungswesen, Kommunalangelegenheiten sowie Polizei- und politische Angelegenheiten. Der Förderanteil der DFG umfasst rund 230.000 Euro – hinzu kommt ein vom Land Brandenburg finanzierter Eigenanteil des BLHA von etwa 137.000 Euro.

Scans vom Mikrofilm aus dem Superarchiv
Die im Rahmen des DFG-Projektes digitalisierten Unterlagen gehören zur bedeutendsten Überlieferung des Landes Brandenburg und wurden deshalb in der sogenannten Bundessicherungsverfilmung schwarz-weiß auf Mikrofilmen gesichert und im „Superarchiv der deutschen Geschichte und Kultur“ der Bundesrepublik Deutschland im Barbarastollen bei Freiburg im Schwarzwald eingelagert. Um die bereits verfilmten Originalakten zu schonen, wurden die Scans vom Mikrofilm erstellt und sind daher ebenfalls schwarz-weiß.

Jubiläum und Festakt
Beim Festakt am 20. Juni 2019 sprach nach der Ministerin der Direktor des Polnischen Staatsarchivs von Gorzów Wielkopolski, Prof. Dr. Dariusz Rymar und bekräftigte die enge Verbindung der beiden Archive. Die Festreden hielten der Präsident des Landesarchivs Baden-Württemberg, Prof. Gerald Maier sowie der Direktor des Brandenburgischen Landeshauptarchivs, Prof. Dr. Klaus Neitmann. Er betonte angesichts des Jubiläums und der damit verknüpften Online-Bereitstellung der sogenannten „Rückgrat-Überlieferung“ des Hauses:

„Die vom Brandenburgischen Landeshauptarchiv verwahrte und betreute Überlieferung bezeugt die kontinuierliche Existenz einer fast tausendjährigen politischen Einheit Brandenburgs, ohne deren umfassende Geschichte es das heutige Land Brandenburg nicht gäbe. Die auf archivalische Quellen gegründete Erforschung der brandenburgischen Orts- und Landesgeschichte, an der das Landeshauptarchiv nach Archivgesetz nachdrücklich mitwirkt, vermag die Bewohnerinnen und Bewohner über den Werdegang ihres Landes und das daraus geschöpfte Selbstbewusstsein seiner Menschen aufzuklären. Wenn das Brandenburgische Landeshauptarchiv zu Recht als das Gedächtnis des Landes gilt, dann dürfen und sollen dessen Potentiale von allen Interessenten zu diesem Zwecke immer wieder genutzt und ausgewertet werden.“

Am 8. September 2019 von 10 bis 16 Uhr lädt das Landeshauptarchiv zum Tag der offenen Tür ein.

Bilder aus 70 Jahren Geschichte hat das Landeshauptarchiv auf seiner Internetseite veröffentlicht: http://blha.brandenburg.de/index.php/bilder-zur-geschichte-des-blha/

Kontakt:
Brandenburgisches Landeshauptarchiv
Am Mühlenberg 3
14476 Potsdam OT Golm
Telefon: 0331 5674 – 0
Telefax: 0331 5674 – 212
poststelle@blha.brandenburg.de

Quelle: BLHA Potsdam, Pressemitteilung, 20.6.2019

Hoesch-Museum eröffnete Wanderausstellung zu Migration und Religionen im Ruhrgebiet

„Neue Heimat finden. Auf Vielfalt vertrauen. Im Revier leben.“ Ausstellung bis 14. Juli 2019

Ausgangspunkt der dieser Tage im Hoesch-Museum (Dortmund) Ausstellung „Migration und Religionen im Ruhrgebiet“ ist der offizielle rote Faden „Migration, Integration, Anerkennung“ des 37. Deutschen Evangelischen Kirchentages (DEKT) in Dortmund. Ohne Migration gäbe es das Ruhrgebiet nicht. Und schon die ersten Zuwanderer brachten in der Mitte des 19. Jahrhunderts als immaterielles Gepäck ihre Religionen und Bräuche mit in die Region. Fußballtrikots, ein Wäschekorb mit Rädern oder ein Notenständer – diese und andere Objekte sind Ausdruck des durch Migration geprägten religiösen Lebens im Ruhrgebiet.

Anhand von Konflikten und Kooperationen wird ein Streifzug durch 170 Jahre Ruhrgebietsgeschichte unternommen. Acht große Stelen mit 25 Themen zeigen den Zuzug von Masuren, die Konflikte um evangelisch-katholische Mischehen, Gewerkschaftsarbeit und Gemeindeleben oder die Zwangsmigration im NS-Staat. Die Arbeitsmigration der jüngeren Zeit ist ebenso Thema wie die Zuwanderung aus Osteuropa oder die Veränderung im Stadtbild durch religiöse Bauten.

Für das Hoesch-Museum und im Rahmen des Kirchentages wurde die Ausstellung bei ihrem Auftakt um spannende Exponate erweitert. Zahlreiche Privatpersonen und religiöse Institutionen haben dafür großzügig Leihgaben zur Verfügung gestellt. Drei Hörstationen mit Interviews und ein Medientisch sind ebenfalls nur im Hoesch-Museum zu nutzen.

Die Schau ist als Wanderausstellung konzipiert und kann von Vereinen, Kirchengemeinden, Bibliotheken usw. kostenlos über Prof. Traugott Jähnichen (traugott.jaehnichen@rub.de), Ruhr Universität Bochum ausgeliehen werden. Die Ausstellung (ohne Vitrinen und Objekte), besteht aus den 8 Roll up-Säulen, ist einfach zu transportieren (Kofferraum reicht) und benötigt zwei Personen beim Aufbau. Die Grundfläche
sollte mindestens 50 qm betragen (ohne zusätzliche Vitrinen).

Zur Ausstellung erschien ein Katalog: Norbert Friedrich/Traugott Jähnichen/Isolde Parussel (Hg.): Neue Heimat finden – Auf Vielfalt vertrauen – Im Revier leben! Migration und Religionen im Ruhrgebiet, Kamen 2019 (12,00 Euro).

Der Eintritt zur Ausstellung im Hoesch-Museum ist frei.
Schulklassenführungen können kostenlos gebucht werden unter 0231/8445856 oder fdhm-gs@web.de

Kontakt:
Hoesch-Museum
Eberhardstr. 12
44145 Dortmund
www.hoeschmuseum.dortmund.de

Quelle: Stadt Dortmund, Medieninformation, 13.6.2019

 

Bocholter Gasthaus „Vier Jahreszeiten“ historisches Foto des Monats

Im Sommer 1898 eröffnete der Küfer Bernard Demming (1858-1939) auf seinem Grundstück Marienstraße 1 eine Gaststätte, die er Restauration „Vier Jahreszeiten“ nannte. Davon handelt das historische Foto des Monats Juni, präsentiert vom Stadtarchiv Bocholt.

Abb.: Restauration „Vier Jahreszeiten“ Historische Lithografie (Foto: Stadtarchiv Bocholt)

Auf der farbigen Lithographie ist das Restaurant mit seiner Schauseite am Barloer Weg zu sehen. Solche, für die Zeit typischen und beliebten Ansichten von Gasthäusern, geben zwar die tatsächlichen baulichen Verhältnisse vor Ort recht genau wieder. Die 475 Quadratmeter großen Gartenanlagen inmitten einer Tannenschonung befanden sich aber hinter dem Haus und fügen sich hier an separater Stelle in das Bild ein, welches die Existenz und das Andenken an die einstige Restauration „Vier Jahreszeiten“ im Bocholter Nordosten belegt und überliefert.

1894 war Bernard Demming noch mit einem Konzessionsantrag zum Betrieb eines Kleinhandels mit Branntwein gescheitert, weil ein Bedürfnis an jenem Ort nicht nachgewiesen werden konnte. Das Gasthaus lag, wie Demming in seinem Antrag schrieb – „vor dem Viehtor, am alten Barloer Weg, hinter der Paulshütte“, und zwar unmittelbar neben seinem Wohnhaus.

Offenbar konnte man nicht nur zu jeder Saison, sondern auch schon früh morgens um sechs Uhr seine Gastwirtschaft aufsuchen, in der Demming ab dem 9. Mai 1899 eine „Milchkur“ zum Kauf und Konsum von frischer Milch eingerichtet hatte. Überdies steigerte er die Attraktivität seines Unternehmens durch den Bau einer Veranda mit Wintergarten Ende 1898 sowie im November 1902 durch die Herstellung eines 172 Quadratmeter großen Konzertsaales, der 345 Personen fasste. Zeitweise unterhielt er in den Gartenanlagen der Restauration „Vier Jahreszeiten“ auch ein Kinderkarussell.

Vermutlich aus gesundheitlichen Gründen – Bernard Demming litt an Rheumatismus – übergab er am 1. Juni 1906 sein Geschäft an den 33-jährigen Wirt Heinrich Benning. Dieser wurde im Volksmund „Driewe[l]klot“ (hölzerner Kreisel) genannt. Benning verstarb aber schon nach eineinhalb Jahren, und seine Witwe Maria, die Schwägerin des Bocholter Bierhändlers Bernard Grotstabel, heiratete daraufhin in zweiter Ehe den Bauunternehmer Josef Vallée, welcher nunmehr die Geschäftsführung übernahm. Er gab nach dem Ende des Ersten Weltkrieges auf und überließ die Wirtschaft wieder ihrem Gründer Bernard Demming, der die Räumlichkeiten im Sommer 1919 gründlich renovieren ließ. Jedoch war seine Frau im gleichen Jahr gestorben, und er verzichtete schon 1921 auf den Wirtschaftsbetrieb. Anschließend gingen die „Vier Jahreszeiten“ für mehr als 30 Jahre an Heinrich und Maria Frenk über. Die letzte Wirtin war ab 1958 Paula Jungkamp, eine Schwägerin der Ehefrau Frenk.

Die Zeiten änderten sich, die letzten Bewohner zogen 1966 aus dem Haus, und die Gaststätte wurde geschlossen. Verlassen, verfallen und von Ungeziefer durchzogen wurden die Gebäude letztlich 1967 abgebrochen.

Kontakt:
Stadtarchiv Bocholt
Werkstraße 19
46395 Bocholt
Tel.: 02871/21765-280
stadtarchiv@mail.bocholt.de

Quelle: Stadt Bocholt, Pressemitteilung, 30.5.2019

Buxtehuder Hexenprozess-Akten restauriert

Nach knapp drei Monaten kehren die schriftlichen Zeugnisse zu den Buxtehuder Hexenprozessen aus der Zeit von 1540 bis 1644 im restaurierten Zustand in den Bestand des Stadtarchivs Buxtehude zurück.

Abb.: Rückgabe der restaurierten Hexenprozess-Akten an das Stadtarchiv Buxtehude: Andreas Boldt, Sabine Hauswald (beide Sparkasse Harburg-Buxtehude), Restauratorin Gudrun Kühl, Stadtarchivarin Eva Drechsler; v.l.n.r. (Foto: Hansestadt Buxtehude)

Die Hamburger Restauratorin Gudrun Kühl übergab die acht Archivmappen am 5.6.2019 an die Stadtarchivarin Eva Drechsler. Für diese sind damit zwei wichtige Etappenziele erreicht: Den Erhaltungszustand der ca. 3.200 Seiten zu verbessern und die Akten wieder einer interessierten Öffentlichkeit und vor allem der Forschung zugänglich machen zu können. Der Grundstein sei gelegt, dass die Wissenschaft die Opfer, den Ablauf und ggf. die Motive zu den Hexenprozessen eingehender untersuchen und in den Gesamtzusammenhang der europäischen Hexenverfolgung einbetten könne. 21 Frauen waren in Buxtehude der Hexerei und Zauberei angeklagt, 15 wurden nach grausamer Folter hingerichtet, davon 13 durch Verbrennen. Seit 2017 erinnert ein Mahnmal, angebracht am Historischen Rathaus, an die Opfer der Buxtehuder Hexenprozesse.

Abb.: Restauriertes Blatt aus den Hexenprozess-Akten (Foto: Hansestadt Buxtehude)

Risse, Fehlstellen und Schimmelbefall hatten den Akten zu schaffen und eine Reinigung und weitere Bearbeitungsschritte notwendig gemacht. Herausfordernd bei diesem Auftrag waren für Gudrun Kühl die fragilen Seitenränder, die stark aufgerollt waren und durch hauchdünnes Japanpapier stabilisiert werden mussten. Nun sind die Seiten wieder les- und blätterbar.

Die Kosten der Restaurierung belaufen sich auf 6.861,54 Euro. Die Sparkasse Harburg-Buxtehude übernimmt dabei einen Anteil von 3.500 Euro, den verbliebenen Teil deckt die Hansestadt Buxtehude.

Für den Herbst 2019 kündigte Stadtarchivarin Eva Drechsler bereits eine Veranstaltung in den Räumen der Sparkasse Harburg-Buxtehude in Buxtehude an. Bei dieser werden der ehemalige Stadtarchivar Bernd Utermöhlen die bisher vorhandenen Forschungsergebnisse zu den Buxtehuder Hexenprozessen vorstellen und Kühl die Restaurierungsverfahren anhand der Buxtehuder Akten präsentieren.

Opfer der Buxtehuder Hexenprozesse 1540-1644:

1540 Metcke Wildenbrockes, „gerechtfertiget“ (= bestraft)
1545 Metcke Wildenbrockes, hingerichtet
1555 Gesche Kahlen, hingerichtet, Ahlcke Rolapp, „gerechtfertiget“ (= bestraft), Gretcke Timmen, „gerechtfertiget“ (= bestraft)
1556 Ahlcke Hedendorp, hingerichtet durch Verbrennen, Margareta Bicker, Frau des Bürgermeisters Segebade Bicker, hingerichtet durch Verbrennen
1558 Namentlich nicht genannte Frau, hingerichtet durch Verbrennen
1588 Ilsabe Meyers, hingerichtet durch Verbrennen
1590 Gretje Wüppers, hingerichtet durch Verbrennen
1598 Gesche Meyers, hingerichtet durch Verbrennen, Ahleke Hagens, hingerichtet durch Verbrennen
1607 Wöbcke Richers, hingerichtet durch Verbrennen
1608 Gesche von Schleiseln, hingerichtet durch Verbrennen, Becke Lohmanns, hingerichtet durch Verbrennen, Catharina Möllers, hingerichtet durch Verbrennen
1609 Wummel Dickgreve, der Zauberei verdächtigt, Prozessausgang nicht belegt
1613 Anne Ropers, Verfahren aus Mangel an Indizien nicht fortgeführt
1614 Becke Kruse, hingerichtet durch Verbrennen, Ilse Dede, aus der Stadt gewiesen
1625 Else Meyer, hingerichtet durch Verbrennen
1643-1644 Elisabeth Hessel angeklagt, Prozessausgang nicht belegt

Der Aufsatz zum bisherigen Forschungsstand von Bernd Utermöhlen: Hexenprozesse in Buxtehude, Heimatliches Buxtehude, Bd. VII, Buxtehude 2015, S. 161-180., kann im Stadtarchiv eingesehen oder erworben werden.

Nach vorheriger Anmeldung per Email an das Stadtarchiv ist die Einsicht in ausgesuchte Hexenprozess-Akten im Stadtarchiv für Interessierte möglich.

Kontakt:
Stadtarchiv Buxtehude
Stavenort 5
21614 Buxtehude
Tel.: 04161 501-4127
Fax: 04161 501-74199
stadtarchiv@stadt.buxtehude.de

Quelle: Hansestadt Buxtehude, Pressemitteilung, 19.3.2019 und Pressemitteilung, 111/2019, 6.6.2019

Internationaler Tag der Archive 2019 auch in St. Pölten

Bisher fand der Internationale Tag der Archive jeweils am 9. Juni statt. In diesem Jahr ruft der ICA erstmalig zu einer Internationalen Archivwoche vom 3. bis 9. Juni 2019 auf, welche unter dem Motto „Designing the Archives in the 21st Century“ steht.

Aus Anlass des Internationalen Tags der Archive öffnen die Archive im österreichischen St. Pölten am 7. Juni 2019 ihre Türen. Unter dem „Motto: St. Pölten – Die Stadt im Spiegel ihrer Archive: Häuser und ihre Bewohner“ bieten das Niederösterreichische Landesarchiv gemeinsam mit dem Stadtarchiv St. Pölten und dem Diözesanarchiv St. Pölten interessante Einblicke in ihre Archive und die dort verwahrten Bestände.

In der Einladung der St. Pölter Archive heißt es: „Der Bummelzug der Stadt St. Pölten bringt Sie ab 10:30 Uhr von einem Archiv zum anderen. Bei der Abschlussveranstaltung „Bring Your History“ im Sommerrefektorium im Bistumsgebäude können Sie Ihre alten Familiendokumente, Briefe Ihrer Großmutter etc. mitbringen. Archivarinnen und Archivare werden Ihnen bei der historischen Bestimmung und beim Lesen der alten Schriften gerne weiterhelfen. Weiters geben Ihnen Restauratorinnen und Restauratoren Tipps für die Aufbewahrung. Führungen in den drei Archiven sind jeweils um 11:00, 13:00 und 14:30 Uhr. Die Abschlussveranstaltung startet um 16:30 Uhr. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Für Erfrischungen ist gesorgt.“

Link: Weitere Informationen und detailliertes Programm

 

Stadtarchiv Düsseldorf erhält bedeutenden Familiennachlass

Stadt nimmt wichtige Dokumente zur Familie Statz entgegen, darunter auch Briefe von Leo Statz / Zudem gibt eine neuerschienene Tagebuchedition Einblicke in den vom Kriegsgeschehen geprägten Alltag von Adele Statz

Der Erste Weltkrieg hat in den letzten Jahren stark im Fokus der wissenschaftlichen Forschung gestanden. Doch bei fast allen Rückblicken auf diesen Krieg blieb weitgehend das unbeachtet, was nicht im direkten Kriegsgebiet, sondern in der Heimat geschah. Deshalb ist es nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig, Quellen wie das Tagebuch der Düsseldorferin Adele Statz, geborene Biesenbach (1875-1934), Mutter des später von den Nationalsozialisten hingerichteten Leo Statz (1898-1943) zu veröffentlichen. Der ehemalige Leiter des Mannesmannarchivs sowie langjährige Vorsitzende des Düsseldorfer Geschichtsvereins, Prof. Dr. Horst A. Wessel, hat das Tagebuch mit Anmerkungen nun auf über 400 Seiten veröffentlicht.

Nachdem die Arbeiten an der Tagebuchedition beendet wurden, schenkte Dr. Tilman Pünder, der Enkel von Adele Statz und frühere Oberstadtdirektor von Münster, die Handschriften und weitere Materialien dem Stadtarchiv Düsseldorf. Darunter befinden sich auch zahlreiche Schriftstücke von Leo Statz, etwa sein letzter, am Tag der Hinrichtung (1. November 1943) verfasster Abschiedsbrief. Die Übergabe des Nachlasses fand am 29.5.2019 im Rahmen eines kleinen Empfangs statt.

Abb.: (V. l.) Stadtarchivleiter Dr. Benedikt Mauer, Dr. Tilman Pünder, Prof. Dr. Horst A. Wessel und Bürgermeister Friedrich G. Conzen (Foto: Landeshauptstadt Düsseldorf/Ingo Lammert)

Oberbürgermeister Thomas Geisel: „Die Landeshauptstadt Düsseldorf ist Prof. Dr. Horst A. Wessel und Dr. Tilman Pünder zu tiefem Dank verpflichtet. Mit den Tagebüchern von Adele Statz steht der Forschung eine wichtige Quelle zur Geschichte des Ersten Weltkriegs aus Düsseldorfer Perspektive zur Verfügung. Und mit dem Familienarchiv Pünder/Statz verwahrt Düsseldorf einen weiteren historischen Schatz im Stadtarchiv.“

Abb.: Die Düsseldorferin Adele Statz, geborene Biesenbach, (1875 – 1934) (Foto: Stadtarchiv Düsseldorf)

Das Tagebuch von Adele Statz (1914-1923)
In insgesamt fünf Kladden hat Adele Statz mit nur wenigen Lücken Tag für Tag militärische, politische, gesellschaftliche und familiäre Ereignisse, Gefühle, Ängste und Hoffnungen, nicht zuletzt auch die Probleme mit der Beschaffung von Lebensnotwendigem niedergeschrieben. Der Leser erhält auch hier natürlich nur einen kleinen und subjektiven Ausschnitt der Geschichte – nämlich das, was der interessierte Blick einer sozial engagierten Vertreterin des gehobenen Bürgertums erfasste und was sie davon niederschreibenswert erachtete. Die Tagebücher geben einen Einblick in das kriegsgeprägte Geschehen in der Stadt, vor allem beleuchten sie, was sich in Düsseldorf als Lazarettstandort und wichtiger Durchgangsstation für Truppen-, Waffen- und Verwundetentransporte ereignete. Nicht zuletzt zeigen sie aber auch den mitfühlenden Blick einer Zeitzeugin auf den ungleich schwereren Alltag, insbesondere der Kriegerfrauen und Kriegerwitwen mit Kindern. Diese waren oft gezwungen, die unzureichenden öffentlichen Unterstützungsleistungen dadurch aufzubessern, dass sie Arbeiten übernahmen, die zuvor die Männer getan hatten. Wichtige Themen unmittelbar nach dem Krieg sind das Wahlrecht der Frauen sowie die Spartakusunruhen in Düsseldorf.

Die Edition der Tagebücher wurde durch Prof. Dr. Horst A. Wessel vorgenommen. Zahlreiche Abbildungen illustrieren Adele Statz‘ Wahrnehmungen und Reflektionen.

Das Familienarchiv Pünder/Statz
Prof. Wessel arbeitete für die Edition mit den Originalhandschriften, die Dr. Tilman Pünder, Enkel von Adele Statz, zu diesem Zweck zur Verfügung stellte. Nachdem die Arbeiten an der Tagebuchedition beendet waren, schenkte Dr. Tilman Pünder diese Handschriften und weitere Materialien dem Stadtarchiv Düsseldorf. Der Gesamtbestand umfasst vier Archivkartons und enthält vielfältiges Material zur Geschichte der Vorfahren von Dr. Pünder und deren Familien, die zum Teil in Düsseldorf lebten. Zeitlich reicht er vom 19. bis ins 21. Jahrhundert. Im Moment wird der Nachlass im Stadtarchiv verzeichnet und wird in Kürze der Forschung zur Verfügung stehen.

Abb.: Teil des Nachlasses sind auch zahlreiche Schriftstücke von Leo Statz, etwa sein letzter, am Tag der Hinrichtung (1. November 1943) fertiggestellter Abschiedsbrief (Foto: Stadtarchiv Düsseldorf)

Der prominenteste, zugleich tragischste Vertreter der Familie Statz dürfte der 1943 in der Strafanstalt Brandenburg-Görden hingerichtete, fest in Düsseldorf verwurzelte, Leo Statz sein. Er wurde vom Volksgerichtshof wegen angeblicher „Wehrkraftzersetzung“ zum Tode verurteilt. Von ihm finden sich unter anderem neben Fotos mehrere Briefe aus den 1920er- bis 1940er-Jahren im Nachlass, zudem Abschriften von Gedichten, die er während seiner Inhaftierung schrieb und schließlich seinen letzten, auf einen Briefumschlag geschriebenen Brief vom 31. Oktober 1943. Ein Nachtrag vom 1. November 1943, dem Tag seiner Hinrichtung, legt nahe, dass dies der letzte Brief ist, den Leo Statz hatte schreiben können. Auch eine Sammlung von Unterlagen zur Verurteilung und der Aufhebung des Urteils finden sich im Nachlass, sowie Dokumente zum Rechtsstreit seines Schwagers Dr. Josef Eitel mit dem ehemaligen Düsseldorfer Gauleiter Friedrich Karl Florian.

Abb.: Leo Statz, der Sohn von Adele Statz (Foto: Stadtarchiv Düsseldorf)

Adele Statz war eine geborene Biesenbach und Schwester von Elisabeth Biesenbach, verheiratete Klausener, deren Sohn Erich Klausener 1934 ebenfalls von den Nationalsozialisten ermordet wurde. Bruder der beiden war der Düsseldorfer Rechtsanwalt Heinrich Biesenbach, der mehrere Bücher herausgab. Die vielfältigen Unterlagen des Archivs dokumentieren die familiären Bande, die Verdienste und das Leben dieser Familien.

Kontakt:
Stadtarchiv Düsseldorf
Worringer Strasse 140
40200 Düsseldorf
Tel. 0211- 8999230
Fax 0211- 8929155
stadtarchiv@duesseldorf.de
www.duesseldorf.de/stadtarchiv.html

Quelle: Valentina Meissner/Stadt Düsseldorf, Pressemitteilung, 29.5.2019