Die Juden der vormodernen Zeit am Mittelrhein

Bis zum 30. November 2007 zeigt das Hessische Staatsarchiv Darmstadt in Zusammenarbeit mit dem Evenari-Forum für deutsch-jüdische Studien der Technischen Universität Darmstadt eine Ausstellung zur Geschichte der Juden am Mittelrhein in vormoderner Zeit. Dargestellt wird die wechselvolle Geschichte der Juden, besonders ihre Beziehungen zur christlichen Umwelt in der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt ebenso wie in angrenzende Regionen in Mittelalter und Früher Neuzeit bis zum beginnenden 19. Jahrhundert. Dabei werden Besonderheiten des mittelrheinischen, aschkenasischen Judentums ebenso herausgestellt wie Übereinstimmungen mit der übrigen Entwicklung im Bereich des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Das Konzept der Ausstellung wurde im Rahmen eines Seminars unter Leitung von Prof. Dr. Friedrich Battenberg und Dr. Anne Holtmann-Mares zusammen mit Studierenden der Geschichte erarbeitet und in Zusammenarbeit mit dem graphischen Büro Silke Berg/Frankfurt am Main ausgeführt. 

\"Ausstellungsplakat

Abb.: Ausstellungsplakat Gebraucht und doch verachtete: Vom Kammerknecht zum Landjuden

Gezeigt werden vor allem Originalquellen aus dem Hessischen Staatsarchiv Darmstadt, das über eine bisher wenig bekannte, reichhaltige Dokumentation zur Geschichte der Juden verfügt. In insgesamt 30 Vitrinen, die im Vestibül, im Foyer und im historischen Treppenhaus des Staatsarchivs (Haus der Geschichte) aufgebaut sind, werden im Rahmen von sieben Abteilungen die folgenden Themen dargestellt: Ordnungen und Privilegien; Schutzrechte über die Juden; Gemeindeverfassung; Rabbinat; Landjudentum; Kultus und Gemeindeleben; Synagogen und Mikwen; Friedhofswesen; jüdische Siegel; kaiserliche Rechte; Schuldwesen; Darlehens- und Pfandwesen; Viehhandel; Fleischverkauf und Schächtungswesen; Gewerbe; Geschäfte und Salzmonopol der Hoffaktoren; Schicksal der Betteljuden; jüdische Wohltätigkeit; Judenvertreibungen; Diskriminierungen im Alltag; Siedlung als Einnahmequelle; Reformdebatte der Beamtenschaft; Schulische Erziehung; Jüdische Aufklärung; neues Selbstbewusstsein und Emanzipationsdiskurs. Nicht alle möglichen Themen zur Geschichte der Juden konnten angesprochen werden, vielmehr nur diejenigen, die über die Quellen des Staatsarchivs Darmstadt gut dokumentiert werden können. 

Ergänzt werden die Originaldokumente der Vitrinen durch 12 Tafeln, mit denen Zusammenhänge und Vernetzungen zur Gesamtentwicklung hergestellt werden sollen. Exponate, wie die edel verarbeitete Schnupftabakdose, die laut Archivdirektor Battenberg vermutlich aus dem Besitz der Darmstädter Kaufmannsfamilie zur Kann stammt, veranschaulichen die unterschiedlichen Lebenssituationen der Judenschaft. 

Einerseits wirkte eine wohlhabende Elite in der Rolle von Hoffaktoren – wie etwa die Familie zur Kann, die um 1750 über ein Tabakmonopol in Darmstadt verfügte. Dies wurde möglich, weil sich die merkantilistisch orientierten Kleinstaaten des Mittelrheins für die Wirtschaftskraft ihrer Untertanen interessierten und Juden trotz Verachtung duldeten. Andererseits gehörten viele den Kategorien Land- und Betteljudentum an, weil sie durch ihr Anderssein in puncto Sprache, Kleidung und Tradition und ihren Mangel an finanziellem Potenzial an den Rand der Gesellschaft gerieten. 

Zur Ausstellung erscheint ein kleiner Katalog, der die ausgestellten Dokumente mit einigen wenigen Abbildungen beschreibt. Gleichzeitig wird die Ausstellung unter der Federführung des Archivpädagogen Dr. Thomas Lange mit ausführlichen Quellentexten und Erläuterungen im „Digitalen Archiv“ des Hessischen Staatsarchivs Darmstadt präsentiert. 

Info:
Ausstellung Gebraucht und doch verachtete: Vom Kammerknecht zum Landjuden
„Die Juden der vormodernen Zeit am Mittelrhein“
Termin: 15.10.2007 – 30.11.2007

Kontakt:
Hessisches Staatsarchiv Darmstadt 
Karolinenplatz 3 
64289 Darmstadt 
Tel.: 06151 / 16 59 00 
Fax: 06151 / 16 59 01 
poststelle@stad.hessen.de
www.staatsarchiv-darmstadt.hessen.de 

Quelle: Hessisches Staatsarchiv Darmstadt; Echo Online, 13.10.2007

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