Publikation »Serielle Quellen in südwestdeutschen Archiven«

Im Archiv steht der Benutzer Quellen gegenüber, die nicht in Hinblick auf seine Fragestellung, sondern aus völlig anderen Gründen entstanden und daher zunächst schwer verständlich sind. Besondere Probleme ergeben sich bei seriellen Quellen (z.B. Rechnungen) und deren standardisierter und komprimierter Form der Informationsaufzeichnung. Bei der Auswertung dieser Quellengattungen soll die Veröffentlichung \“Serielle Quellen in südwestdeutschen Archiven, hg. von Christian Keitel und Regina Keyler, Stuttgart, Kohlhammer, 2005, 154 S. (15.- EURO)\“ helfen, in der Autorinnen und Autoren unterschiedliche Quellengruppen beschreiben und Auswertungsmöglichkeiten aufzeigen. Die Artikel konzentrieren sich auf den südwestdeutschen Raum im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit. Daneben stehen ein alphabetisches Glossar, das häufig verwendete Quellenbegriffe erläutert, einleitende Bemerkungen zur Typisierung serieller Quellen und Hinweise zum Arbeiten im Archiv.
Dr. Christian Keitel und Dr. Regina Keyler sind Absolventen der Universität Tübingen und Archivare im Landesarchiv Baden-Württemberg.

Inhaltsverzeichnis:
a.. Vorwort
b.. Einleitung
c.. Dienerbücher (von Miriam Eberlein)
d.. Inventuren und Teilungen (von Rolf Bidlingmaier)
e.. Jahrtagsbücher (von Roland Deigendesch)
f.. Juristische Konsilien (von Marianne Sauter)
g.. Kirchenkonventsprotokolle (von Bertram Fink)
h.. Kirchenregister (von Andreas Butz) i.. Lagerbücher (von Regina Keyler)
j.. Forstlagerbücher (von Kerstin Arnold und R. Johanna Regnath)
k.. Geistliche Lagerbücher (von Regina Keyler und Wolfgang Runschke)
l.. Lehensbücher und Lehensregister (von Matthias Miller)
m.. Leib- und Hühnerbücher (von Christian Keitel)
n.. Musterungslisten (von Jörg Heinrich)
o.. Rechnungen (von Christian Keitel)
p.. Forstrechnungen (von Paul Warde)
q.. Siegel (von Wilfried Schöntag)
r.. Steuerbücher und Steuerlisten (von Christian Keitel)
s.. Traditionsbücher (von Stephan Molitor)
t.. Visitationsakten (von Peter Thaddäus Lang)
u.. Zins- und Heischbücher (von R. Johanna Regnath)
v.. Glossar
w.. Korrespondierende Quellenbezeichnungen

Online-Fassung: http://www.uni-tuebingen.de/IfGL/veroeff/digital/serquell/seriellequellen.htm

Zusammenlegung von Stadtarchiv und Stadtbibliothek in Dormagen

An der Dormagener Straße in Hackenbroich befindet sich das "historische Gedächtnis" der Stadt, das Stadtarchiv Dormagen. Dort werden unter anderem die Akten der Ämter Dormagen, Nievenheim sowie des Amtes und der Stadt Zons seit 1815 aufbewahrt, aber auch 12 000 Fotos über die Geschichte der Stadt. Eher ruhig geht es dort zu im Vergleich mit der zentral gelegenen Stadtbibliothek am Markt in Dormagen mit bis zu 2 000 Ausleihen am Tag.

Beide Kultureinrichtungen der Stadt wurden jetzt zu einer organisatorischen Einheit zusammengeführt. Im Zuge der Haushaltskonsolidierung kam auch das Stadtarchiv auf den Prüfstand; Synergieeffekte wurden gesucht und gefunden. Die Auslastung der Stadtbibliothek schwankt erheblich, die Arbeit in der Bücherei und im Stadtarchiv konnte aufeinander abgestimmt werden. Zudem konnte eine 25-Stunden-Stelle eingepart werden. Und der Zuschussbedarf für das Stadtarchiv sinke 2005 um etwa 50 000 auf 115 000 Euro. Die Leitung über Bibliothek und Archiv mit zusammen 15 Mitarbeiterinnen – überwiegend Teilzeitkräften – liegt bei der bisherigen Büchereileiterin Claudia Schmidt. Die bisherige Archivleiterin Ute Waldeck hat neue Aufgaben in der Verwaltung übernommen, befasst sich mit Aufgabenkritik und neuen Steuerungsmodellen.

Nicht zur Diskussion steht eine räumliche Zusammenlegung von Archiv und Bücherei. Trotzdem können die Dormagener die Archivbestände nun auch von der Hauptstelle der Stadtbibliothek aus nutzen und damit Wege sparen. Die Stadtbücherei hat wesentlich längere Öffnungszeiten – etwa donnerstags bis 20 Uhr und samstags morgens – als das Archiv. Studenten oder Schüler, die an historischen Themen arbeiten, können die Archivmedien nun in der Bibliothek fast 50 Stunden in der Woche durchsehen. Für die Eingangsberatung und Auswahl der Bücher bei Christiane Skirde und Daniela Scheunemann ist aber noch ein Weg nach Hackenbroich notwendig. 2004 nutzten rund 850 Besucher das Stadtarchiv.

Die Verzahnung von Bücherei und Archiv geht aber darüber hinaus. In einem Workshop hatten die Mitarbeiterinnen bereits Möglichkeiten ausgelotet, Pankalla spricht von einem Motivationsschub durch die Zusammenarbeit. Die EDV-Dateien für die Bestände der Bibliothek und der Fachbibliothek des Archivs mit allein 5000 Büchern und Zeitschriften sollen miteinander verknüpft werden.

Quelle: NGZ online, 1.2.2005

Digitalisierung des Archivs der vormaligen Jüdischen Gemeinde Worms

Die Digitalisierung des Archivs der vormaligen Jüdischen Gemeinde Worms ist abgeschlossen. Die Daten befinden sich jetzt auf 56 CD-ROMs und umfassen eine Datenmenge von insgesamt mehr als 30 Gigabyte.

Die lange Tradition der bedeutenden Wormser Jüdischen Gemeinde spiegelt sich in den Beständen und dem bewegten Schicksal ihrer Archivalien wieder. Die Unterlagen gelangten nach vielem Hin und Her im Jahre 1957 in das `Archiv für die Geschichte des Jüdisches Volkes` in Jerusalem. Die am Ende des 19. Jahrhunderts auf dem Speicher der Synagoge entdeckten Unterlagen aus mehreren Jahrhunderten wurden am Ende des 19. Jahrhunderts verzeichnet und somit zugänglich und der Forschung bekannt gemacht.

Die Schriftstücke spielten eine wichtige Rolle für das historische Selbstverständnis der Wormser Juden und wurden nach dem Novemberpogrom von 1938 durch die Geheime Staatspolizei nach Darmstadt verbracht, später durch den Stadtarchivar und Museumsleiter Dr. Friedrich M. Illert wieder nach Worms zurückgeholt und überstanden hier fast völlig unbeschadet die NS-Zeit und den Krieg. Danach kam es nach langen Verhandlungen zu einer Abgabe der Akten an das Jerusalemer Zentralarchiv, das für alle vormaligen deutsch-jüdischen Gemeindearchive zur neuen Heimstatt werden sollte. Hier liegen die Papiere und Pergamente bis heute. Vor der Abgabe nach Israel fertigte das Stadtarchiv 1956/57 Mikrofilme des gesamten, sehr genau verzeichneten Bestandes an, der auch die beiden Bände des Wormser Machsor von 1272/73 umfasste, eines der kostbarsten Teile der Sammlung.

Die Filme konnten von Wissenschaftlern trotz ihrer großen Bedeutung wegen ihres nicht mehr gängigen, sehr unhandlichen Formats kaum genutzt werden. Bereits seit langem bestand daher die Absicht, die wertvollen Archivalien in verbesserter Form zugänglich zu machen. Infolge großzügiger Unterstützung durch den Altertumsverein anlässlich seines 125. Jubiläums im Umfang von 3 000 Euro und zusätzlicher eigener Finanzmittel in etwa gleicher Höhe war es dem Stadtarchiv Worms möglich, die Mikrofilme auf heutiges Rollfilmformat umkopieren zu lassen.

Die vom Archiv beauftragte niederländische Spezialfirma hat darüber hinaus alle Unterlagen vollständig digitalisiert, das heißt, aufwendig und in sehr guter Qualität eingescannt und so in bequemer Form benutzbar gemacht. Vor allem für die bislang nur wenig beachtete Zeit zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert enthält der Bestand sehr wertvolles Quellenmaterial.

Zur Zeit wird die spannende Geschichte des Materials und ihres Schicksals näher aufgearbeitet; die Datenträger sind inzwischen über eine genaue Bestandsliste benutzbar gemacht worden. Es handelt sich hiermit um den ersten vollständig digital (und zusätzlich konventionell) gesicherten und benutzbaren Archivbestand des Stadtarchivs, was – auch dank des erheblichen Engagements des Altertumsvereins – der weiteren Erforschung der jüdischen Gemeinde im Kontext der Wormser Stadtgeschichte neue Impulse verleihen dürfte.

Quelle: Wormser Zeitung, 2.2.2005

Veranstaltungen zum Kriegsende in Burscheid

Am 15. / 16. April 1945 war für die Burscheider Bevölkerung das Ende des Zweiten Weltkrieges gekommen. Exakt 60 Jahre später wird am 15. April, 19.30 Uhr, in den Räumen der Kreissparkasse Köln in Burscheid die Ausstellung \“60 Jahre Kriegsende in Burscheid\“ eröffnet. Zu verdanken ist die Schau mit zahlreichen Exponaten aus den Kriegsjahren den Ehrenamtlern des Stadtarchivs Burscheid.

Am Montagmorgen stellten Barbara Sarx und Sabine Wurmbach gemeinsam mit Anne Marie Frese sowie Rolf Engelhardt vom Geschichtsverein im Rathaus das Konzept der geplanten Aktionen vor. Mit bei der Präsentation auch Bürgermeister Hans Dieter Kahrl samt dem Leiter des Kulturamtes, Franz Kratochvil. Insbesondere Sarx und Wurmbach haben in den vergangenen Wochen vorgefundene Bestände gesichtet und geordnet. Weil aber noch viele Zeugnisse jener Jahre in den Schubladen vermutet werden können, haben die Initiatoren die dringende Bitte geäußert, dass sich die betreffenden Bürger melden. Gegebenenfalls würden die entsprechenden Unterlagen auch abgeholt. So hat beispielsweise die pensionierte Burscheider Fotografin Hermine Weber den gesamten fotografischen Nachlass ihres Vaters Herrmann Weber kürzlich dem Stadtarchiv überlassen. Gesucht werden Zeitdokumente wie Postkarten, Brotmarken, Lebensmittelkarten, Kleidung, Briefe, Notzeitungen, Entlassungspapiere aus der Kriegsgefangenschaft oder auch Gebrauchsgegenstände aus jener Zeit zwischen Oktober 1944 und Juni 1945.

Am Sonntag, 8. Mai, findet eine Veranstaltung mit dem Jugendparlament am \“Russengrab\“ auf dem Friedhof statt. Dann sollen alle 44 ermordeten Zwangsarbeiter namentlich genannt werden.

Darüber hinaus wird es am 26. April, 19.30 Uhr, eine Podiumsdiskussion mit Zeitzeugen im Haus der Kunst geben. Auch eine Lesung \“Literatur der Stunde Null\“ ist geplant. Begleitend zur Ausstellung wird eine Dokumentation erarbeitet, die bis zum Stadtjubiläum 2006 fertig gestellt sein soll. Rechtzeitig bis zum Tag der Kapitulation will die Arbeitsgruppe der Real- und Hauptschule ihre Dokumentation zur NS-Zeit im Megaphon vorstellen.

Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger, 2.2.2005

Neuerwerbungen im Stadtarchiv Olpe

Hocherfreut ist Archivar Josef Wermert über die jüngste Neuerwerbung des Stadtarchivs Olpe. Zehn Fotoalben und andere historische Kostbarkeiten aus dem Besitz des 1992 verstorbenen Adolf Müller werten den Bestand des Stadtarchivs auf.

Als Wermert auf Vermittlung des Olper Heimatvereins die Sammlung angeboten wurde, zögerte der Olper Stadtarchivar keine Sekunde. Rund 3 500 Fotos aus der Zeit von etwa 1875 bis 1991 enthalten die sorgfältig geordneten Alben. Hinzu kommen vier Schmalfilme, eine kleine Diasammlung und ein Stück Olper Wasserleitung aus dem Jahr 1610.

Quelle: Westfälische Rundschau, 3.2.2005

Entwurf für das Stadtarchiv Essen

Essen. Dem Architekturbüro Albrecht verlieh die Jury den ersten Preis beim Wettbewerb, bei dem Architekten Vorschläge für den Umbau der Luisenschule zum Stadtarchiv machen sollten. Den zweiten Platz belegte ein auswärtiges, den dritten ein Essener Büro. 17 Beiträge waren eingereicht worden. Sie sollen bald der Öffentlichkeit vorgestellt werden. An den Sieger erteilt die Verwaltung den Auftrag, die Kosten zu ermitteln.

Quelle: Liliane Zuuring, WAZ, 2.2.2005

Langer Donnerstag im Stadtarchiv Stade

Gut zwei Jahre haben Vertreter des Einzelhandels und der Behörden, der Ärzteschaft und etliche andere Stader und Buxtehuder an einem \“runden Tisch\“ zusammengesessen, der von der Frauenbeauftragten Karina Holst einberufen war. Gemeinsames Ziel: Die Öffnungszeiten von Behörden, Ärzten, von anderen \“Dienststellen\“ sollten an einem Tag der Woche gemeinsam länger als normal geöffnet sein.

Dieses Ziel ist – für Stade – jetzt erreicht. An jedem Donnerstag werden Stadtverwaltung und Kreishaus, Gerichte, Straßenbau- und Domänenamt, Polizeiinspektion, die Agentur für Arbeit, das Stadtarchiv und das Staatsarchiv \“länger\“ geöffnet haben. Mindestens bis um 17 Uhr, vielfach auch noch eine Stunde länger.

Quelle: Hamburger Abendblatt, 2.2.2005

Rückgabe von Urkunden an das belgische Staatsarchiv Arlon

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff hat heute in Brüssel Urkunden, die während des Zweiten Weltkriegs aus dem belgischen Staatsarchiv Arlon abhanden gekommen sind, an den belgischen Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Marc Verwilghen zurückgegeben.

Es handelt sich um 16 gesiegelte Pergamenturkunden aus der Zeit vom 13. bis zum 17. Jahrhundert, die auf ungeklärte Weise – vermutlich als private Kriegsbeute eines deutschen Soldaten – um 1942 von Arlon nach Deutschland gelangt sind und vor kurzem in einem verstaubten Koffer auf dem Dachboden eines Hauses in Hannover wieder aufgetaucht sind. Als die Finder vor einiger Zeit auf dem Dachboden ihres kurz vorher bezogenen Hauses in einem verschlossenen Koffer eine Anzahl von Pergamentschriftstücken mit Siegeln entdeckten, waren sie völlig überrascht und ratlos, was es mit diesen offensichtlich sehr alten \“Schweinshäuten\“ auf sich haben könnte. Sie baten daher das Hauptstaatsarchiv Hannover um Prüfung, bei der sich ergab, dass es sich um mittelalterliche und frühneuzeitliche Privaturkunden handelte. Wie die Urkunden nach Hannover gelangt sind und wer sie dorthin gebracht hat, ließ sich bis heute nicht aufklären. Immerhin konnte der Zeitpunkt des Geschehens eingegrenzt werden: Da die Urkunden in eine Zeitung aus dem Jahr 1942 eingepackt waren, liegt der Schluss nahe, dass es sich bei dem Fund um \“private Kriegsbeute\“ handelt.

Ministerpräsident Wulff wies in seiner Ansprache darauf hin, kriegsbedingt verlagertes Kulturgut ohne Wenn und Aber den rechtmäßigen Eigentümern zurückzugeben, sei auch 60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs noch immer von großer Bedeutung. Er sprach den Findern seinen Dank für ihre Ehrlichkeit und Hilfsbereitschaft aus.

Quelle: Europäisches Informations-Zentrum Niedersachsen, 2.2.2005

Trinkfeste Archivare

Jetzt können wir es ja zugeben: Internet wurde in einer hinteren oberen Ecke der Wiener Herrengasse 1 bis 3 erfunden, während die Menschen unten arglos im neuen Café Griensteidl saßen, gewöhnliche Getränke und Speisen zu sich nahmen und über geschichtlich belanglose Begebenheiten redeten.

Oben füllte gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts das Team der Bewerkstelliger der Tageszeitung Der STANDARD die Räume. Wer in diesem Gebäude das falsche Stockwerk erwischte und danach jede Abzweigung versäumte, landete irgendwann unweigerlich im \“Archiv\“. Das schaffte natürlich kaum einer. So waren die \“Archivler\“, wie wir die bibliothekarisch tätigen (und für ihre Trinkfestigkeit bekannten) Kollegen nannten, sehr abgeschiedene, einsame Menschen, die jedoch wenigstens sporadisch die Flucht in die Zivilisation antraten, um uns gewünschte Texte nachzutragen, damit wir wieder etwas zum Abschreiben für die nächste Ausgabe hatten.

Anfang der Neunzigerjahre geschahen merkwürdige Dinge. Wir sahen die Archivler nicht mehr so oft, und wenn, dann erschienen sie uns bleicher und ruheloser als je zuvor. Einigen Herren wucherte das Haar bereits über die Schultern. Notdürftig banden sie es mit Gummiringen zurück. Andere starrten glasig ins Jenseits, als könnten sie Dinge sehen, die uns Irdischen bisher verborgen geblieben waren. Dazu mehrten sich die Gerüchte, dass sich eine besonders eremitische Splittergruppe rund um Anführerin Gerlinde H. in einem der versteckten Räume verschanzt hatte, um – ja, das wussten wir nicht so genau.

\“Um an einer großen Sache zu arbeiten\“, hieß es. Nichts Kriminelles, Revolutionäres, Sektiererisches, nein, eher etwas Völkerverbindendes. Es sollte was mit \“neuer Kommunikation\“ zu tun haben. – Zugegeben, die alte war ohnehin schon ziemlich langweilig. Aber dass sich ausgerechnet die abgeschiedensten Menschen an den exponiertesten Stellen des Hauses ihrer annahmen, war doch verwunderlich.

Ja, und dann wollten wir es wissen. Wir schlichen uns nächtens heran (da immer noch Licht brannte) und lauschten an der Tür: Wir vernahmen nichts als harmlose Tippgeräusche. Wir rochen durch die Nischen: Zigaretten, Kaffee, Bier, Wein, Schnaps – das Übliche. Schließlich stießen wir die Tür auf und trauten weder unseren Augen noch den ihren. Sie saßen hinter ihren Bildschirmen und schauten hinein, jeder still und andächtig für sich allein. Nur die Finger bewegten sich.

\“Was macht ihr da?\“, fragte einer von uns. \“Internet\“, murmelte Gerlinde. Mehr kam da nicht. – Sie waren auf ihre sonderbare Weise im wortkargen Kommunikationsstress.

\“Wo ist es, das Internet?\“, traute sich noch einer der Ahnungslosen bohrend hinzuzufügen. Gerlinde: \“Da drinnen!\“ Sie befreite für Zehntelsekunden einen Mittelfinger vom Keyboard und berührte den Bildschirm. Wir schauten ihr sogleich über die Schultern. Aber da war nichts Ungewöhnliches zu erkennen. Texte, ja Texte sah man, viele Buchstaben, große, kleine, Spalten, Kästchen, kleine Bilderchen, Tabellchen, Rubrikleins. – Aber sonst? Keine Spur von neuer Kommunikation. Wir nickten, sagten ehrfurchtsvoll Danke und gingen.

Wochen später sollten wir es erahnen. Monate später mussten wir es bereits wissen, ja schlimmer noch: selbst beherrschen, oder, wie es gerne heißt: \“bedienen\“ können. Aber restlos begriffen haben es einige von uns (zu denen ich mich zwar nicht stolz, aber tapfer dazuzähle) bis heute nicht: Den Helden um Gerlinde H., Klaus W. und Sascha Z. ist es gelungen, das kostbare Kulturgut \“STANDARD\“ in den Computer hineinzustopfen, und zwar auf solch spektakuläre Weise, dass die Zeitung dabei weltweit gleichzeitig gelesen werden konnte und kann, ohne je aus Papier zu sein und ohne dabei auch nur älter als ein paar Stunden zu werden. Natürlich hat es uns technisch Ungläubigen die Sprache verschlagen. Aber \“Sprache\“ war ohnehin eine überalterte Kommunikation. Heute segeln und surfen wir wortlos in anderen Sphären. Und immer noch stürzen wir manchmal ab. – Mittlerweile aber auch ganz ohne Alkohol.

Dafür danken wir unseren Internet-Pionieren.

Quelle: derStandard.at, 1.2.2005 – ein fröhliches Prost und Helau nach Österreich! Die stellv. Red.

Archivforschungen belasten Schneeberger Ehrenbürger

Der Heimatforscher Erich Mehlhorn forschte in der Zentralnachweisstelle des Bundesarchivs in Aachen und in der »Deutschen Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht«. Was er dort über den Schneeberger Ehrenbürger em.o. Professor Dr. Dr. h.c. Gerhard Heilfurth herausfand, ließ Mehlhorn erschrecken und führte zum Versuch Heilfurth die vor 14 Jahren verliehenen Ehrenbürgerrechte der Stadt Schneeberg abzuerkennen. Ein vergeblicher Versuch.

Quelle / vollständiger Artikel: Neues Deutschland, 1.2.2005