Einsteins Lebenslauf im Akademie-Archiv Leopoldina

2005 ist das Albert-Einstein-Jahr: Vor 100 Jahren begründete er die Relativitätstheorie. Vor 50 Jahren starb er in den USA. Doch was kaum jemand weiß: Der handgeschriebene Lebenslauf Einsteins wird in Halle wie ein Schatz gehütet. Denn der Nobelpreisträger war Mitglied der Akademie Leopoldina.

Erna Lämmel, Leiterin des Archivs der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, hat den Beweis. Mit weißen Handschuhen nimmt sie das kostbare Schriftstück aus einer Mappe. Auf Vorschlag des halleschen Physikers, Prof. Gerhard Hoffmann, und des Präsidenten der Leopoldina, Prof. Emil Abderhalden, war Einstein am 17. März 1932 zum Akademiemitglied gewählt worden. Dem handgeschriebenen Lebenslauf hat er ein Foto beigefügt. Es zeigt ihn Pfeife rauchend, mit wildem Haarschopf.

Zum Zeitpunkt der Wahl hielt sich Einstein in Amerika auf. Erst am 9. April 1932 nahm er in einem Brief an Abderhalden die Wahl Auch wenn ihm die Mitgliedschaft der \“Kaiserlich Deutschen Akademie der Naturforscher zu Halle\“ offenbar gefiel – Einstein hat niemals einen Fuß nach Halle gesetzt, niemals hier etwas publiziert oder gelehrt. Auch im Nachlass des jüdischen Wissenschaftlers, der in Jerusalem verwaltet wird, habe sich kein Hinweis auf Halle gefunden. Schon kurze Zeit nach seiner Wahl muss sich Einstein mit dem Gedanken getragen haben, Deutschland zu verlassen. Befürchtete er doch bereits 1920 antisemitische Übergriffe auf seine Person. Ein Jahr später erhielt der Physik-Professor, der in Prag und Zürich lehrte, den Nobelpreis.

Einstein verließ Deutschland 1933, siedelte in die USA über. In Princeton (New Jersey) fand er eine neue Anstellung. Seinen Freund Max von Laue bat er, seinen Austritt aus der Akademie zu erklären. Doch Laue hat das nie getan, so Frau Lämmel. Als die Nazis 1938, da galten die Nürnberger Rassegesetze schon drei Jahre, verlangten, alle jüdischen Mitglieder auszuschließen, sei das nicht geschehen. Nur ganz dünn mit Bleistift stand \’gestrichen\‘ hinter Einsteins Namen, sagt die Archivleiterin. Einstein selbst ist offenbar nie davon ausgegangen, nicht mehr Akademiemitglied zu sein. Er bedankte sich jedenfalls 1954 bei Vizepräsident Heinrich Brandt für die Glückwünsche zu seinem 75. Geburtstag. Die Dankeskarte ist ebenfalls im Archiv, so Erna Lämmel. Der Lebenslauf sei übrigens sehr akkurat. Orthografie Note 1.

Quelle: Naumburger Tageblatt, 8.2.2005

Umzugspläne für das Stadtarchiv Torgau

Die schmucke Fassade des Rathauses an der Marktfront täuscht gewaltig – bereits dahinter verbergen sich räumliche und medientechnische Probleme. Schon fast dramatisch stellt sich die Situation in den anderen Flügeln dar. Was beispielsweise als Büroräume in der Scheffelstraße oder in der Breite Straße dient, entspricht in keiner Weise den heute gültigen Anforderungen. Ganz zu schweigen von der im Innenhof befindlichen Nikolai-Kirche. Eine Rosskur für das Rathaus in den kommenden Jahren scheint unumgänglich, ist aber abhängig von der Finanzierbarkeit.

Schon längerfristig bekannt war der Auszug der Polizeidirektion aus den Räumen im Flügel Leipziger Straße. Auch das Revier wird in absehbarer Zeit in der Dommitzscher Straße sein neues Domizil beziehen. Ungeachtet dieser Vorstellungen bleiben der Zugang Leipziger Straße und der Zugang zum Standesamt weiter erhalten. Welche Bereiche der Verwaltung in den ehemaligen Polizeiräumen Platz finden sollen, ist noch nicht entschieden. Die Überlegungen gehen jedoch dahin, stark frequentierte Bereiche in das Erdgeschoss beziehungsweise in die Nähe des Fahrstuhls zu bringen, um die Verwaltung so noch bürgerfreundlicher zu gestalten. Auch noch vorhandene Gebäudesprünge (unterschiedliche Höhen der Fußböden in den einzelnen Etagen) sind zu beseitigen. Gleichzeitig müsse Raum geschaffen werden, um sachbezogene Akten der einzelnen Ämter oder Dezernate in unmittelbarer Nähe der Büros lagern zu können, nannte Hauptamtsleiterin Margit Müller eine zu beachtende Prämisse. Immerhin gelten heute viel weitreichendere Aufbewahrungsfristen als noch vor Jahren.

Für den Flügel Breite Straße gibt es bereits konkretere Vorstellungen. Der im Innenbereich vorhande Anbau soll abgerissen werden. Danach kann ein Durchgang zum Hof realisiert werden. Zwar gehen dabei Räume verloren, doch Nutzungsabsichten verlangen dies geradezu. Schließlich wird voraussichtlich das Stadtarchiv Torgau im Bereich der Breite Straße seinen Sitz erhalten. Dann macht der Zugang nämlich doppelt Sinn. Einerseits entstehen kurze Wege für Besucher, Nutzer und Gäste, würde eine Glassfassade für Einblicke und Licht sorgen und andereseits gäbe der Durchgang den Blick auf das Kirchenportal frei. Auch aus Sicherheitsgründen ist der Flügel Breite Straße für das Archiv geradezu prädestiniert.

Die sich heute noch in der Scheffelstraße befindlichen Büros könnten künftig gänzlich verschwinden. An ihre Stelle würde dann ein breiter Flur treten, der die jetzt existierenden \“Schläuche\“ ablöst.

Erklärtes Ziel ist ein Baubeginn in der Leipziger Straße wobei eine Auslagerung von Standesamt und großer Teile des Baudezernates notwendig wären. Zur Finanzierung der Vorhaben könnten Städtebaufördermittel zum Einsatz kommen. Ein nicht unerheblicher Eigenanteil wäre aufzubringen. Da dieser bisher nicht bestätigt ist, gibt es noch keinen Termin für den Baubeginn.

Quelle: Torgauer Zeitung, 8.2.2005

Hausstandsbücher und mehr im Stadtarchiv Datteln

Die Familie Johannes, Klara und Hannelore Hermes wohnte im Jahre 1922 an der Castroper Straße. Wer sich davon überzeugen will, hat hierzu auch 83 Jahre danach die Möglichkeit. Denn solche Daten findet man unter der Rubrik "Hausstandsbücher" im Stadtarchiv Datteln.

Das sei kein totes Lagermaterial, sondern es werde auch heute noch genutzt, wenn jemand etwas über seine Abstammung wissen möchte, oder wenn er Unterlagen für seine Rente brauche, erläutert Rosemarie Schloßer, die nicht nur das Hermann-Grochtmann-Museum leitet, sondern auch für das Stadtarchiv verantwortlich ist.

Beide Einrichtungen haben etwas mit Geschichte und damit mit akribischem Sammeln zu tun. Während die Bestandspflege für das Museum eine freiwillige Leistung ist, gehört die Pflege des städtischen Archivs zu den Pflichtaufgaben einer Kommune. Da kommt im Laufe der Jahrzehnte einiges an Dokumenten zusammen. Das Archiv platze inzwischen aus allen Nähten, so Rosemarie Schloßer.

Die Räumlichkeiten an der Kolpingstraße, wo unter anderem alte Zeitungsbände lagern, der Keller in der Hauptschule Hagem und Räume an den Berufsbildenden Schulen (für das Bildarchiv) reichen nicht nur kaum noch aus. Deswegen müsse während der Arbeitszeit ständig hin und her gependelt werden, erläutert Rosemarie Schloßer und begründet damit zugleich, dass es unter diesen Gegebenheit durchaus passieren kann, dass sie nicht in ihrem Büro zu erreichen ist. Bürgerfreundlicher wäre es natürlich, wenn die Unterlagen an einem Ort gelagert werden könnten, doch hierzu gibt es (noch) keine Möglichkeit.

Im Keller der Hagemer Schule findet man unter anderem alle Akten aus den Fachämtern. Dazu gehören auch alte Protokolle und Mitschriften von Ratssitzungen. Die Entscheidung darüber treffen nicht die Mitarbeiter in den Ämtern, sondern ist allein Aufgabe der "Archivhüter".

Die Schriftstücke müssen erst lagerfähig gemacht werden; Klammern dürfen zum Beispiel nicht mehr an dem Papier sein, weil es dadurch zu Beschädigungen kommen könnte. Die gesichteten und aufgearbeiteten Akten kommen in säurefreie Kartons, die mit Archivierungsnummern versehen sind, um jederzeit mit ein paar Handgriffen aus den Regalen genommen werden zu können, wenn etwas nachgeschlagen werden muss.

In den Kellerräumen laufen rund um die Uhr elektrische Geräte, die dafür sorgen, dass die Luftfeuchtigkeit konstant bleibt. Ein Einhalten der klimatischen Bedingungen ist Voraussetzung dafür, dass das Papier nicht verwittert. Übrigens – die alten Dokumente, fein säuberlich mit kaligrafisch anmutenden Handschriften geführt, sind haltbarer als die Schriftstücke auf Recyclingpapier.

Im Schulkeller türmen sich aber nicht nur alte Aktenberge. Dort befinden sich auch Sammelstücke für das Hermann-Grochtmann-Museum. Wer darin stöbert, fühlt sich rasch in alte Zeiten zurück versetzt.

Quelle: Norbert Schmitz, WAZ, 8.2.2005

»Private« Digitalisierung von Berner Kirchenbüchern

Der Protest der Familienforscher war lautstark, als ihnen das Staatsarchiv Bern aus Spargründen den Zutritt zu den Kirchenbüchern drastisch einschränkte. Ein findiger Amerikaner bietet die Quellen nun auf CD an.

Kein Mensch interessierte sich für sein erstes Buch. Ob Häuser, Bäume oder ein Pflasterstein: Lewis Bunker Rohrbach listete in seinem Werk minutiös auf, wer im Jahr 1821 was in Boston besass. Heute, 35 Jahre nach seiner ersten Publikation, führt der mittlerweile 63-Jährige in Rockport im US-Bundesstaat Maine einen auf Genealogie spezialisierten Buchverlag. Der Amerikaner, dessen Ururgrossvater vor 200 Jahren von Hinterfultigen in die USA auswanderte, hat seinen Wohnsitz nach Worb verlegt. Hier will er ein Zentrum für Familienforschung einrichten. Die Idee dazu kam ihm, nachdem das Staatsarchiv Bern aus Spargründen eine restriktive Regelung für Familienforscher einführte. Sie dürfen fortan nur noch an drei Tagen im Jahr ein Lesegerät reservieren, um auf Mikrofilmen die Kirchenbücher nach Ahnengeschichten zu durchsuchen. Rohrbach wollte die bernischen Kirchenbücher kopieren und sie in seinem Zentrum zum Verleih anbieten – gegen Entgelt. Das erschien den Familienforschern anfänglich suspekt. Sie zogen es vor, für den uneingeschränkten und kostenlosen Zugang zum Staatsarchiv zu kämpfen – vergeblich. Im vergangenen Jahr wies das Verwaltungsgericht eine Beschwerde der Genealogisch-Heraldischen Gesellschaft Bern (GHGB) ab.

In der Zwischenzeit sind die Familienforscher vom digitalen Zeitalter eingeholt worden: Rohrbach hat sämtliche 1225 Mikrofilme der bernischen Kirchenbücher gekauft, sie digitalisieren und auf CDs brennen lassen. Dazu kaufte er für 100 000 Franken eine Maschine. Während 14 Monaten waren sechs Frauen damit beschäftigt, die 400 Kirchenbücher zu kopieren und anschliessend einen Index zu verfassen. Familienforscher können nun eine CD ihrer gewünschten Gemeinde kaufen und sie bei sich zu Hause in den Computer schieben. Je nach Grösse der Gemeinde benötigt ein Kirchenbuch Speicherplatz zwischen einer oder sechs CDs. Der Erwerb einer CD kostet 150 Franken, jede weitere kommt auf 75 Franken zu stehen. Aus urheberrechtlichen Gründen dürfen die Daten auf den CDs aber nicht beliebig ausgedruckt oder ins Internet gestellt werden. Rohrbach hat sich dazu gegenüber dem Staatsarchiv verpflichten müssen. Die CDs verfügen deshalb über einen spezifischen Schutz.

Es interessierten sich nun auch Forscher für seine CDs, die ihm anfänglich skeptisch gegenübergestanden seien, sagt Rohrbach. Für ihn ist klar, dass Genealogen, wie jeder andere Mensch auch, für ihr Hobby bezahlen müssen. Der Verkauf der CDs werde für ihn nie selbsttragend sein. Sein Einkommen hat er sich als Börsenmakler erwirtschaftet. Die Genealogie sei seine Leidenschaft, die er von seinen beiden Grossmüttern geerbt habe, sagt der Wahl-Worber. Er liebe es, nach alten Familiengeschichten zu suchen.

Diesen Sommer will Rohrbach in seinem Haus am Paradiesweg in Worb ein Zentrum für Familienforschung eröffnen. Anders als ursprünglich geplant soll dort nur noch ein Lesegerät für Mikrofilme zu stehen kommen. Rohrbach ist überzeugt, dass die Familienforscher bis in ein paar Jahren nur noch auf CDs zurückgreifen werden. Im Stöckli neben dem Bauernhaus will er eine Genealogie-Bibliothek einrichten. Die 14 000 Bände hat er in 850 Kartons aus den USA nach Worb kommen lassen. Das Ordnen und Katalogisieren der Bücher werde vermutlich noch ein Jahr dauern, schätzt Rohrbach.

Worb soll zu einem Treffpunkt von Amerikanern werden, die in der Schweiz nach ihren Vorfahren suchen. Für viele Amerikaner sei die Suche nach den Wurzeln wichtig, um herauszufinden, wer man ist, sagt Rohrbach. Manche würden wegen ihres griechisch oder türkisch klingenden Namens immer wieder nach ihrer Herkunft gefragt, hätten aber selber keine Ahnung, woher ihre Vorfahren stammen.

Ursprünglich hatte der Familienforscher die Idee, Reisen für Amerikaner an ihren Herkunftsort zu organisieren. Stattdessen will er im August Studenten der Mercersbury Academy in Pennsylvania, die 1826 mit Schweizer Hilfe gegründet wurde, nach Worb bringen.

Quelle: espace.ch, 9.2.2005

6. Karlsruher Tagung für Archivpädagogik

6.Karlsruher Tagung für Archivpädagogik, 11. März 2005 Der Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten. Idee und Projekte

Wer möchte Projekte für den diesjährigen Wettbewerb präsentieren ? Interessant sind auch historische Projekte ohne Archivbenutzung !

Es ist ein pädagogischer Wandel im Schulbereich festzustellen: Projektorientiertes Lernen wird verstärkt im Unterricht angewandt und die dort erzielten Leistungen fließen immer häufiger in die schulischen Bewertungen ein; sie können sogar mündliche Prüfungen im Abitur ersetzen. Das hat uns dazu bewogen, in der nunmehr 6. Tagung den „Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten“ ins Zentrum zu stellen. Unter anderem wird einer der Organisatoren von der Körber-Stiftung die Ziele des Wettbewerbs vorstellen und dabei auf den aktuellen Wettbewerb „Sich regen bringt Segen. Arbeit in der Geschichte“ eingehen. Beibehalten haben wir die bewährte Mischung aus Grundsätzlichem und Praxisorientiertem. Wie üblich wird nach den Vorträgen ausreichend Gelegenheit zum Austausch über Archivarbeit anhand von Projekten – diesmal aus dem laufenden Wettbewerb – praxisorientiert gegeben. Die Tagung, durch die die Zusammenarbeit von Archiven und Schulen bei historischen Themen gefördert werden soll, steht allen interessierten Lehrer/innen, Archivare/innen, Lehramts- studenten/ innen und Referendare/innen offen.

Die Tagung wird vom Landesarchiv Baden-Württemberg / Generallandesarchiv Karlsruhe mit dem Regierungspräsidium (Abteilung 7, Schule und Bildung; ehemals: Oberschulamt) in Zusammenarbeit mit dem Landesmedienzentrum Baden-Württemberg, Karlsruhe veranstaltet.

Anmeldungen unter
Landesarchiv Baden-Württemberg
Generallandesarchiv Karlsruhe
Nördliche Hildapromenade 2
76133 Karlsruhe

Ansprechpartner Dr. Clemens Rehm
clemens.rehm@la-bw.de

Zugang zu Stasi-Akten von verstorbenen Prominenten

Nur wer selbst betroffen ist, bekommt Unterlagen, die die Staatssicherheit zu DDR-Zeiten über ihn angelegt hat, zu Gesicht. Dossiers über Personen der Zeitgeschichte sind nur zugänglich, wenn diese ihre Zustimmung gegeben haben. Waren Prominente nicht in das Spitzelsystem verwickelt und verweigern ihre Zustimmung, sind die Unterlagen geschlossen – das gilt erst recht, nachdem Altkanzler Helmut Kohl die weit gehende Sperrung seiner Akte durchgesetzt hat. Was aber passiert, wenn eine Person stirbt? Werden dann deren Akten für immer geschlossen? Auf diese Frage gab der Sprecher der Stasiunterlagen-Behöde, Christian Booß, jahrelang die Antwort:, dass im Birthler-Archiv alles verboten sei, was nicht ausdrücklich erlaubt sei. Und erlaubt war die Weitergabe von Akten Verstorbener bisher nicht.

15 Jahre nach Erstürmung der Stasi- Zentralen durch ostdeutsche Bürgerrechtler ändert sich das jetzt. Das Haus der Bundesbeauftragten Marianne Birthler hat eine Richtlinie erlassen, die am Dienstag auf einem Nutzerforum in Berlin vorgestellt wird. Demnach dürfen Unterlagen von Prominenten und Amtsträgern, die verstorben sind, nach einer Schonfrist von mehreren Jahren zur wissenschaftlichen Nutzung herausgegeben werden. Die Behörde behält sich vor, im Einzelfall zu entscheiden, wie lange diese Frist ist. Je prominenter eine Person, desto kürzer wird diese Dauer sein.

Mit der Herausgabepraxis orientiert sich die Birthler-Behörde an der Arbeitsweise anderer Archive. Im Bundesarchivgesetz ist geregelt, dass Unterlagen 30 Jahre nach dem Tod des Betroffenen oder 110 Jahre nach dessen Geburt eingesehen werden dürfen. Einige Landesarchivgesetze [Übersicht u.a. bei www.augias.net] geben die Akten schon zehn Jahre nach dem Ableben frei. Im Stasiunterlagen-Gesetz ist eine solche Frist nicht vorgesehen. Historiker hatten kritisiert, dass Stasi-Unterlagen immer unzugänglicher werden.

Bei der Herausgabe wird abgewogen zwischen öffentlichem Interesse an der Aufklärung und dem Persönlichkeitsrecht eines Betroffenen. Nach dem Kohl-Urteil galt der Persönlichkeitsschutz als vorrangig, zumal die Stasi ihre Erkenntnisse illegal erworben hatte. Nun hat sich die Behörde mit Juristen der Bundesministerien beraten und ihre Praxis geändert. Die Aufarbeitung erhält dann wieder Vorrang. Erste Unterlagen auf Grundlage dieser Regelung hat die Behörde herausgegeben, etwa die des Dramatikers Heiner Müller oder des Schauspielers Dean Reed.

Die neue Regelung für die Forschung bleibt jedoch auf Prominente beschränkt. Familienforschung anhand von Stasi-Akten bleibe weiterhin tabu, so Herbert Ziehm, der in der Birthler-Behörde verantwortlich für die Akten-Herausgabe ist. Unterlagen von Eltern, die verstorben sind, dürfen Kinder nur einsehen, wenn dies der Aufklärung des Schicksals von Vermissten dient. Auch zur Rehabilitierung, etwa um eine unrechtmäßige Enteignung rückgängig zu machen, stehen die Akten offen. Allerdings müssten die Vorwürfe von damals bei der BirthlerBehörde glaubhaft gemacht werden.

Quelle: Robert Ide, Der Tagesspiegel, 7.2.2005

Publikation über Entnazifizierung im Österreich

Walter Schuster, Direktor des Archivs der Stadt Linz, und Wolfgang Weber, Leiter der Abteilung Verwaltungsarchiv am Vorarlberger Landesarchiv, haben als Herausgeber der Studie \“Entnazifizierung im regionalen Vergleich\“ 22 Wissenschaftler eingeladen, auf der Basis des ihnen in ihren Dienststellen – in den Archiven in den Bundesländern, dem Österreichischen Staatsarchiv, dem DÖW, der AK Wien und vielen anderen – zugänglichen Material zum Thema Entnazifizierung zu referieren.

Als Struktur wurde ein komparatistischer regionaler Ansatz gewählt. Der österreichische Untersuchungsraum wurde um die angrenzenden deutschen Nachbarländer – Baden, Bayern und Württemberg – erweitert. Kurt Tweraser, Politikwissenschaftler in Arkansas/USA steuert einen Beitrag auf Basis der Bestände des National Archives II bei. Zwei Daten dienten den Historikern als Eckdaten. Im Unterschied zu Deutschland, wo die Entnazifizierungsakten zum Teil schon seit den Siebzigerjahren zugänglich waren, ist es in Österreich erst seit dem Inkrafttreten des österreichischen Bundesarchivgesetzes am 1. Jänner 2000 so weit. Als zweites Bezugsdatum galt der 6. Februar 1947. Am 6. Februar 2002 jährte sich dem 55. Mal der Beschluss des österreichischen Nationalrats über das Nationalsozialistengesetz. Das war seit 1945 der zweite Versuch des österreichischen Gesetzgebers, das personelle Erbe des Nationalsozialismus in der Verwaltung und Wirtschaft des Lands (straf)rechtlich zu regulieren. Mit substanzieller Rückendeckung von der Stadt Linz wurde das Projekt eingereicht. Bis auf das Amt der Kärntner Landesregierung (sic!) fanden die Projektwerber bei den Behörden Unterstützung.

Unter dem Titel: \“Sag mir, wo die Nazis sind\“ wurde das vorliegende Werk als Historisches Jahrbuch der Stadt Linz vorgestellt. Es gibt einen Überblick über die gelungenen und nicht gelungenen Bemühungen der Besatzungsmächte, die in \“ihren\“ Gebieten die schwere Aufgabe übernahmen, Österreich personell und ideell von der NS-Vergangenheit zu säubern: die Franzosen in Vorarlberg und Tirol, die USA in Salzburg und Oberösterreich minus Mühlviertel, die Briten in Kärnten und in der Steiermark und die Sowjets in Wien, im Burgenland, in Niederösterreich und im Mühlviertel.

In den letzten Jahren ist das Interesse an der Vergangenheit, wie es sich in den aus dem Boden schießenden Memory-Projekten manifestiert, sehr populär geworden. So ergibt sich erneut die Möglichkeit, zu suchen, zu finden, die Geschichte von allen notwendigen Facetten her zu sehen, die Dinge zurechtzurücken. Als Werkzeuge für weiterführende Recherchen eignen sich die jeweiligen Zusammenfassungen am Ende der Beiträge. Über angegebene Post- und E-mail-Anschriften der beteiligten Wissenschaftler wird es Lesern ermöglicht, sich mit Fragen direkt an die optimalen Ansprechpartner zu wenden.

Walter Schuster, Wolfgang Weber (Hrsg.): Entnazifizierung im regionalen Vergleich. 726 S., geb., € 29 (Verlag des Archivs der Stadt Linz, Linz)

Quelle: Katharina Riese, diepresse.com, 4.2.2005

Privatisierung des Stadtarchivs Güstrow?

Die Mitglieder des Hauptausschusses der Stadt Güstrow votierten Donnerstagabend einstimmig für die Gründung einer Kultur- und Tourismus GmbH. In ihr sollen alle Kultur- und Freizeiteinrichtungen der Stadt Güstrow zusammengefasst werden.

Dazu zählen das Stadtmuseum mit Stadtarchiv, die Städtische Galerie Wollhalle sowie die Uwe-Johnson-Bibliothek. Der Ausschuss beauftragte die Stadtverwaltung, ein Konzept für die Gründung einer nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen geführten Kultur- und Tourismus GmbH vorzubereiten. Zudem sollen weitere potenzielle Gesellschafter gesucht werden, was jedoch keine Bedingung für die geplante GmbH-Gründung sein soll.

Eine GmbH sei aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll, so Wilfried Minich (CDU). Uwe Camenz (FWG) ist der Meinung, dass auch Vereine vertreten sein sollten. Für Gerhard Jacob (GWB) bietet eine GmbH eine höhere Flexibilität als ein Eigenbetrieb.

Ein von der Stadt vergangenes Jahr in Auftrag gegebenes Gutachten einer Unternehmensberatung hatte die Zusammenfassung der städtischen Kultur- und Freizeiteinrichtungen in einen Eigenbetrieb vorgeschlagen. Damit sollte die wirtschaftliche Eigenständigkeit und die Budgetierung der Einrichtungen, verbunden mit einer Kostenreduzierung, erreicht werden. Kostentreiber bei den Kultureinrichtungen seien vor allem die Personalausgaben. Sinnvoll, so der Vorschlag der Unternehmensberatung, sei zudem eine stärkere Einbindung des Ehrenamtes und der Privatinitiativen bei der Führung eines Eigenbetriebes.

Die Stadtvertreter hatten zuvor schon eine GmbH-Gründung favorisiert, um verstärkt private Gelder einwerben zu können. Dadurch soll der Fortbestand der kulturellen Einrichtungen der Stadt vor dem Hintergrund der angespannten Finanzsituation Güstrows langfristig gesichert und Planungssicherheit gewährleistet werden. Als Stammkapital sind bereits 25 000 Euro für eine GmbH in den Haushalt 2005 eingestellt.

Quelle: Jens Griesbach, Güstrower Anzeiger, 5.2.2005

Hexenprozesse digital

Ein uraltes Thema, verpackt in eine ganz moderne Hülle, hat Professor Ludolf Pelizaeus zusammen mit dreizehn Studierenden vom Institut für Allgemeine und Neuere Geschichte der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz vorgelegt. Auf einer CD-Rom nämlich sind jetzt die Ergebnisse eines Forschungsprojekts zu Hexenprozessen in Kurmainz zugänglich.

Die CD-Rom bietet eine Fülle von Funktionen: kurze Filme, gesprochene Gerichtsverhandlungen auf der Basis von originalen Gerichtsprotokollen, Karten, Zeitleisten, Bilder und Lieder. Sogar Kopien der originalen Protokolle sind zu sehen. Pelizaeus äußert seine Freude darüber, dass das Stadtarchiv Mainz die Erlaubnis gab, die Dokumente einzuscannen, was ihnen ja nicht gerade gut tut.

Die Informationen auf der CD füllten einen gesamten DIN A 4 Ordner, bevor sie digitalisiert wurden. Durch die vielen weiterführenden Links Forschung heutekann sich der hexenverfolgungsinteressierte Tüftler so richtig in die Materie vertiefen, muss aber aufpassen, dass er in der Informationsflut nicht den Faden verliert. Professor Pelizaeus und sein junges Team haben die CD nicht nur entworfen, um Forschungsergebnisse darzustellen, sondern auch, um sie für den Schulunterricht nutzbar zu machen.

Die CD "Hexenprozesse in Kurmainz" ist für 12 Euro im Buchhandel erhältlich. Das Begleitheft für Lehrer kostet 1,50 Euro.

Quelle: Silke Oppermann, Allgemeine Zeitung, 5.2.2005

Restaurierungsausstellung im Stadtarchiv Salzburg

Am 4. Februar öffnet im Haus der Stadtgeschichte Salzburg an der Glockengasse die Austellung über die Restaurierwerkstätte "Alte Handwerkskunst und Moderne Technik", in der die Arbeit der Restaurierwerkstatt im Stadtarchiv Salzburg präsentiert wird.

Zerbröselte Siegel, absplitternde Tinte, Risse und Fehlstellen auf Papier, versprödete Ledereinbände, Säureschäden auf Pergament, Fraß- und Schabspuren von Insekten in Büchern, … Archivalien mit solchen und anderen Schadensbildern landen im "Haus der Stadtgeschichte" auf dem Tisch des Restaurators. Die Bewahrung der Archivalien beginnt bei einer angemessenen baulichen Gestaltung der Archivspeicher und reicht von geeigneter Verpackung, Lagerung und Klimaregulierung bis hin zu aktuellen Fragen der Langzeitarchivierung.

Das "Haus der Stadtgeschichte" verfügt über die derzeit modernste Restaurierwerkstätte eines österreichischen Stadtarchivs. Auf rund 230 Quadratmeter befinden sich ein Untersuchungslabor, der so genannte Kartenraum für großformatige Papierrestaurierung (mit Stereomikroskop mit angeschlossenen Videomonitor, Papieranfasergerät, Saugtisch etc.), eine Desinfektionskammer, ein Trockenraum, eine Goldschmiedewerkstätte, eine Buchbindewerkstätte, ein Raum für Holzarbeiten sowie das Materiallager.

In Verbindung von alter Handwerkskunst und moderner Technik werden im Haus der Stadtgeschichte Archivalien aus Papier und Pergament sowie Leder, Wachs und Metall restauriert und die entsprechenden Bedingungen für eine dauerhafte Aufbewahrung geschaffen.

Eine Ausstellung bietet nun anhand ausgewählter Objekte und ausführlicher Dokumentationen einen Einblick in die Arbeit des Archivrestaurators. Ausgehend von den unterschiedlichen Beschreibstoffen und Materialien (Pergament, Papier, Leder, Wachs etc.) werden Schäden, die an Archivalien auftreten, wie z. B. Tintenfraß oder die Beeinträchtigung durch Mikroorganismen, und die vielfältigen Möglichkeiten ihrer Behebung erläutert. Zu sehen ist neben anderen Originalobjekten beispielsweise eines der Prunkstücke des Hauses, die Igelbundurkunde von 1403, in fachgerechter "Verpackung": Für eine bestmögliche Lagerung wurden eigene Siegeltaschen, die "Salzburger Siegeltaschen", entwickelt. Dokumentiert sind aber auch die Rettung eines seltenen Autographen von Leopold Mozart vor dem durch Wasserschäden bedingten Verblassen der Noten oder einer Opernpartitur von Ignaz Franz Biber vor dem Absplittern der Notenschrift..

Quelle: Stadt Salzburg online; Bernhard Strobl, Salzburger Nachrichten, 3.2.2005