Patrizierfamilie Krafft zurück am Ulmer Münster-Grundstein

Die Stadt Ulm lud jetzt Nachkommen der Patrizierfamilie Krafft – einer der wenigen alten Patrizierfamilien, von denen heute Nachfahren leben – ins Ulmer Haus der Stadtgeschichte ein, um ihnen Ergebnisse aus einem von der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg finanzierten Projekt zu zeigen. In dessen Rahmen arbeitet Dr. Stefan Lang Familienarchive von Ulmer Patrizierfamilien und vor allem das umfangreiche Familien- und Stiftungsarchiv der Kraffts auf.

Dominicus Krafft, der alte Schreiber, der im 13. Jahrhundert lebte und dessen Grabplatte im Chor des Hauses der Begegnung eingemauert ist, ist der älteste fassbare Ahn der Patrizierfamilie Krafft, die weit über Ulm hinaus im Mittelalter und in den ersten Jahrhunderten der Neuzeit zu den einflussreichsten Familien gehörte. Auch der Grundstein des Ulmer Münsters wurde von einem Krafft gelegt, von Altbürgermeister Lutz Krafft. Die Adelsbestätigung der Familie stammt aus dem 16. Jahrhundert.

Dr. Stefan Lang und Stadtarchivleiter Dr. Michael Wettengel informierten die Gäste aus verschiedenen Teilen Deutschlands und aus Österreich über Details aus der Familiengeschichte, wie über jenen Vertreter der Familie Krafft, der in einem türkischen Gefängnis sitzend wohl der erste Ulmer war, der mit Kaffee in Berührung kam.

Das Familien- und Stiftungsarchiv der Familie Krafft lagerte lange Zeit im Stiftungshaus in der Frauenstraße; als niemand mehr dieses Namens in der Stadt lebte, kaufte es ein Archivar. Inzwischen sind große Teile der Bestände wieder in Ulm im Haus der Stadtgeschichte/Stadtarchiv. Manche der Urkunden erzählen mehr über das Leben der Untertanen, Handwerkerrechnungen, Gerichtsprotokolle oder Rechnungsbücher, es gibt aber auch Testamente, Heiratsabreden und Korrespondenz seit dem 14. Jahrhundert. Zahlreiche Dokumente beziehen sich auf den Bau der Familiengrablege, der Dreikönigskapelle an der Frauenstraße im Jahr 1355, deren Mauern heute in ein Wohnhaus mit Bierlokal integriert sind.

Kontakt:
Haus der Stadtgeschichte – Stadtarchiv Ulm
Schwörhaus
Weinhof 12
89073 Ulm
Telefon 0731/161-4200
Telefax 0731/161-1633
www.stadtarchiv.ulm.de

Quelle: Augsburger Allgemeine, 28.6.2010

Bewegte Bilder – Filme als historische Quellen. Tagungsbericht

24. Archivpädagogenkonferenz in der Fachhochschule Potsdam in Kooperation mit dem Brandenburgischen Landeshauptarchiv Potsdam und der Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv Potsdam-Babelsberg, Potsdam, 3. bis 5. Juni 2010

Bereits zum zweiten Mal nach 1998 fand die diesjährige Archivpädagogenkonferenz in der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam statt. Der Fachbereich Informationswissenschaften (Studiengang Archiv) der Fachhochschule Potsdam hatte in Kooperation mit dem Brandenburgischen Landeshauptarchiv und dem Deutschen Rundfunkarchiv Potsdam vom 3. bis 5. Juni 2010 Archivar/innen, Vertreter/innen der schulischen und außerschulischen Bildungsarbeit aus dem gesamten Bundesgebiet sowie Lehrende und Studierende in die Tagungsräume der Fachhochschule und ins Deutsche Rundfunkarchiv eingeladen. Die Tagung stieß auf außergewöhnlich große Resonanz. Insgesamt folgten fast 60 Interessierte der Einladung der Organisatorinnen Susanne Freund und Ulrike Weichelt (Fachhochschule Potsdam) und diskutierten mit den Referent/innen über den Einsatz von Filmquellen in der Historischen Bildungsarbeit.

Die Tagung begann am Donnerstagnachmittag mit einer Führung durch die Dauerausstellung: „Spione, Mauer, Kinderheim – an der Brücke zwischen den Welten“ in der „Villa Schöningen“ an der Glienicker Brücke. Bei der Besichtigung der multimedialen Konzeption, die neben Objekten und Dokumenten vor allem auf Computerbildschirme als zentrales Medium für die Vermittlung von Filmen, Fotos und Texten setzt, konnten sich die Teilnehmenden bereits auf das Thema einstimmen und erste Diskussionen führen.

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Foto 1: Gartenansicht der „Villa Schöningen“ an der Glienicker Brücke.

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Foto 2: Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen die Hausgeschichte und die Rolle der Glienicker Brücke während der deutschen Teilung.

Der Hauptteil der Konferenz fand am Freitag zunächst auf dem Campus Pappelallee in der Fachhochschule statt. Nach der Begrüßung durch den Rektor der Fachhochschule Potsdam Johannes Vielhaber, den Direktor des Brandenburgischen Landeshauptarchivs Klaus Neitmann und die Vorsitzende des Arbeitskreises „Archivpädagogik und Historische Bildungsarbeit im VdA“ Roswitha Link begann die erste Sektion unter der Moderation von SUSANNE FREUND mit einem Beitrag von AXEL JANOWITZ von der Stasi-Unterlagenbehörde Berlin.

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Foto 3: v.l.n.r. Prof. Dr.-Ing. Johannes Vielhaber, Rektor der FH Potsdam und PD Dr. Klaus Neitmann, Direktor des Brandenburgischen Landeshauptarchivs Potsdam.

An Hand der DVD „Revisor“ – Überwachung, Verfolgung, Inhaftierung durch das Ministerium für Staatssicherheit: Ein Fallbeispiel für den Unterricht veranschaulichte Janowitz die Chancen und Probleme in der Vermittlungsarbeit mittels dieses audiovisuellen Mediums. Es handelt sich hierbei um ein Lehrvideo der DDR-Staatssicherheit für ihre Mitarbeiter/innen aus dem Jahre 1985, das von der BStU in ungeschnittener, unkommentierter und nur gering anonymisierter Form aufbereitet wurde. Die zusätzliche Bildungs-DVD beinhaltet didaktisches Begleitmaterial, welches ergänzend zum Unterricht als „Quelle für die Schule“ genutzt werden kann. Diese Verwendung von filmischen Originalquellen für Bildungszwecke ist beispielhaft für außerschulische Projektarbeit und kann auch für andere Archive als methodische Vorlage dienen.

Im Mittelpunkt des Vortrags von GABRIELE KONSOR vom Atelier Havelblick Strodehne stand die Präsentation historischen Filmmaterials aus DDR-Zeiten im Rahmen zeitgenössischer Kunst- und Kulturevents. Sie stellte exemplarisch vor, in welcher Form Filme der so genannten Amateurfilmstudios der DDR sowie Spiel- und Dokumentarfilme der DEFA in aktuelle Kontexte gestellt werden. Darüber hinaus erläuterte sie die Kooperation mit der DEFA-Stiftung sowie Filmarchiven und –museen, die bei der Realisierung solcher Projekte einen wichtigen Part einnehmen. Veranstaltungen wie das Amateurfilmfestival „HAVELLAND PRIVAT“ aus dem Jahre 2002 bieten zum Einen ein hohes Maß an Eigenbeteiligung durch die Bereitstellung von Filmmaterial, zum Anderen einen großen Wiedererkennungseffekt in der Alltagsgeschichte. Daher richtet sich dieses Projekt vor allem an Menschen, welche die DDR und die Zeit nach dem Mauerfall bewusst miterlebt haben, schließt jedoch keines Falls die jüngere Generation aus.

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Foto 4: v.l.n.r. Dr. Axel Janowitz (BStU Berlin), Gabriele Konsor (Atelier Havelblick Strohdehne), Prof. Dr. Susanne Freund (FH Potsdam).

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Foto 5: Ein interdisziplinäres Publikum diskutierte am ersten Tagungstag über die vorgestellten Konzepte.

In der zweiten Sektion unter der Leitung von KÄRSTIN WEIRAUCH (Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam) referierte BEATE RABE vom Filmmuseum Potsdam über den konkreten Einsatz von Filmen zur Vermittlung von Geschichte. Sie stellte archiv- und museumspädagogische Konzepte vor, die in Workshops und Führungen praktisch umgesetzt werden. Ziel ist es, Schüler/innen in die Lage zu versetzen, Filme „lesen zu können“. Als Beispiel führte sie den Einsatz von DEFA-Kinderfilmen an. Grundschüler/innen erarbeiten einen Film anhand eines methodischen Leitfadens, der darauf abzielt, die Darstellungsform und filmischen Inhalte mit den eigenen Erfahrungen und Lebensumständen in Verbindung zu bringen. Vergangenheitsdeutung und Gegenwartsbezug werden kindgerecht mit Fragen wie zum Beispiel „Was ist anders? Kommt euch etwas merkwürdig vor? Wie würdet ihr das machen?“ in Beziehung gesetzt. Auf diese Weise können die Schüler/innen motiviert werden, die filmische Situation konkreter zu betrachten, kritisch zu hinterfragen und Differenzen zwischen „Damals“ und „Heute“ zu erkennen.

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Foto 6: Beate Rabe vom Filmmuseum Potsdam.

Als letzter Referent erläuterte PETER SCHWEINHARDT vom Filmgymnasium Potsdam-Babelsberg zwei F-learning-Projekte, die bei den Teilnehmenden großes Interesse hervorriefen. In diesem Beitrag ging es nicht um die unterrichtliche Verwendung von Filmdokumenten, Dokumentarfilmen oder historischen Spielfilmen, sondern um einen wünschenswerten Normalfall des Schulunterrichts: den Umgang mit Filmen als Vehikel zur Schulung methodischer und fachlicher Kompetenz. Schweinhardt beschrieb deshalb Beispiele für die forschungsgestützte, interdisziplinäre Auseinandersetzung mit Geschichte. Zunächst ging er auf eine fächerübergreifende Filmmusikanalyse (Musik / Geschichte) ein. Es handelt sich hierbei um die Verfilmung des ein Jahr zuvor erschienenen Romans The Grapes of Wrath (Früchte des Zorns) von John Steinbeck. Darin wird das Schicksal der Farmerfamilie Joad während der Weltwirtschaftskrise in den USA erzählt. Der vertonte Filmausschnitt umfasst drei Szenen, deren politisch-musikalische Semantisierungsstrategien über die allgemein filmmusikalisch-analytische Untersuchung hinaus erarbeitet werden können. Die Verwendung dieses Materials im Unterricht wurde erst durch jahrzehntelange archiv-detektivische Vorarbeiten in der Rekonstruktion des Filmmusikprojekts ermöglicht. Archivarischen Spürsinn verlangt aber auch das zweite von Schweinhardt skizzierte Projekt. Auf Grundlage der Recherche zu historischen Daten und Fakten werden von Schüler/innen Kurzfilme gedreht, eine innovative neue Lehrmethode, die der Referent an dem Filmbeispiel über Anspruch, Ästhetik und historische Hintergründe der Bautätigkeit Friedrichs II. als Bauherr von Schloss Sanssouci konkretisierte. Ziel dieses Unterrichtsmodells ist es, die Schüler/innen zu Erkenntnissen hinsichtlich der architektonischen Repräsentation von Macht, Herrschaft und Persönlichkeit, der Problematik von Material und Erhalt der steinernen Zeugen und der historischen Quellenlage in Bezug auf Baugeschichte und Herrschaftsstil zu führen. Die Faszination dieser Lehr- und Lernform besteht darin, Historie trotz Lehrplanzwängen kreativ zu rekonstruieren und fassbar zu machen. Geplant ist, dass der Film nach Fertigstellung im Sommer 2010 auf dem YouTube-Kanal der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten zu sehen ist.

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Foto 7: v.l.n.r. Dr. Peter Schweinhardt (Filmgymnasium Potsdam-Babelsberg) und Kärstin Weirauch (Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam).

In der abschließenden Diskussionsrunde berichteten unter der Moderation von ROSWITHA LINK die Mitarbeiter/innen einzelner Archive über neue Projekte zur Historischen Bildungsarbeit und Archivpädagogik. Den Auftakt machte ANNE ROTHSCHENK mit einem ausführlichen Beitrag zu den zahlreichen Aktivitäten des Landesarchivs Berlin in diesem Bereich. Im Anschluss an den intensiven fachlichen Austausch im Plenum endete der erste Tagungstag mit einer Stadtführung durch Potsdam sowie einen gemeinsamen Abendessen im Holländischen Viertel.

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Foto 8: Berichte aus den Archiven unter der Leitung der Vorsitzenden des Arbeitskreises „Archivpädagogik und Historische Bildungsarbeit im VdA“ Roswitha Link (2. v.l.).

Den zweiten Teil der Konferenz richtete das Deutsche Rundfunkarchiv in seinen Räumlichkeiten in Potsdam-Babelsberg aus. Eingeleitet wurde dieser von der Mitgliederversammlung des VdA-Arbeitskreises. Wie bereits am Vortag hatten die Teilnehmenden außerdem die Möglichkeit, ihre Arbeits- und Erfahrungsberichte einzubringen. Unter anderem verwies DIETER KLOSE, Archivpädagoge im Landesarchiv NRW – Abteilung Ostwestfalen-Lippe, auf das Projekt „Kulturstrolche“ der Stadt Münster, das besonders Grundschüler/innen Bildung und Kultur näher bringen und in diesem Zusammenhang unter anderem die Relevanz von archivischem Quellenmaterial hervorheben soll. Darüber hinaus gibt es aktuell Ansätze als neue Nutzer/innen auch Kindergartengruppen einzubeziehen. JOACHIM PIEPER, ebenfalls Archivpädagoge im Landesarchiv NRW – Abteilung Rheinland, stellte dagegen eine Veranstaltung vor, in der Studierende der Universität im Rahmen von Seminaren archivdidaktisch begleitet werden. BRIGITTA HAFIZ vom ArchivGut Potsdam machte auf die Initiative „VIELFALT TUT GUT“ in Brandenburg aufmerksam, die in der Historischen Bildungsarbeit thematische Schwerpunkte setzt und mit didaktischen Handreichungen Kindern und Jugendlichen Geschichtswissen vermittelt. Die Berichte aus den Archiven waren besonders für die Studierenden der Fachhochschule Potsdam interessant, da die Vielfalt der vorgestellten Ideen und Praxisbeispiele den profitablen Mehrwert des Lehrfachs Historische Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit für ihre künftige Berufstätigkeit belegt.

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Foto 9: Auch an dem zweiten Konferenztag nahmen Absolvent/innen des Studiengangs Archiv der FH Potsdam teil; in der Mitte Anne Brosin (BStU Berlin).

Nach der offiziellen Begrüßung durch ANGELIKA HÖRTH, Leiterin der Abteilung Information und Dokumentation der Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv Potsdam-Babelsberg, eröffnete SUSANNE FREUND dann die dritte Arbeitssitzung der Archivpädagogenkonferenz.

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Foto 10: Angelika Hörth, Leiterin der Abteilung Information und Dokumentation der Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv Potsdam-Babelsberg.

JÖRG-UWE FISCHER vom Deutschen Rundfunkarchiv referierte über die Magazinsendung „Prisma“ des DDR-Fernsehens und ging dabei explizit auf die Bedeutung dieser Sendung als Quelle für die Alltags- und Konsumgeschichte der DDR ein, welche von der Forschung bislang nur in wenigen Publikationen wahrgenommen wurde. Der Einstieg in die Thematik über einen von Fischer in Auszügen vorgetragenen Leserbrief veranschaulichte die Funktion von „Prisma“ als Forum der DDR-Bürger/innen mittels so genannter „Eingaben“ auf ökonomische und gesellschaftliche Missstände aufmerksam zu machen und unterstrich den Wert filmischen Materials bei der Rekonstruktion von und der Arbeit mit Geschichte.

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Foto 11: Dr. Jörg-Uwe Fischer (wiss. Referent des DRA).

Es folgte ein Vortrag seiner Kollegin ALEXANDRA LUTHER zum Internetportal des Deutschen Rundfunkarchivs „Wendezeiten 1989/90 – ein Onlineangebot mit Quellennachweisen zu Hörfunk und Fernsehen der DDR“. Diese Plattform bietet mit Bildern, Tönen und Kommentaren, die kurz vor und nach dem Mauerfall bzw. der Wiedervereinigung aufgenommen wurden, die Darstellung der Ereignisse im DDR-Fernsehen. Die spezielle Sicht der „Aktuellen Kamera“ und anderer Sendebeiträge bot Anlass zur quellenkritischen Auseinandersetzung mit medialen historischen Überlieferungen generell. Nach der Führung durch das Deutsche Rundfunkarchiv waren sich die Teilnehmenden darüber einig, dass Methoden und Werkzeuge der Quellenanalyse noch weiter vertieft und interdisziplinär im Austausch mit der Geschichtsdidaktik erprobt werden sollten.

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Foto 12: Alexandra Luther (wiss. Referentin des DRA).

Diese Option steht im Raum für die Fortführung des Diskurses in der archivarischen Fachwelt, die mit audiovisuellem Material in der Historischen Bildungsarbeit und Archivpädagogik unterschiedliche Zielgruppen anspricht. Dabei ist der Erwerb und Ausbau von Medienkompetenz ebenso so wichtig wie eine weitreichende Vernetzung und Kooperation mit Museumspädagog/innen und anderen Professionen, die teilweise bereits Erfahrungen mit der Visualisierung von Geschichte in der Wissensvermittlung gemacht haben. Ein abschließender Blick auf die 24. Archivpädagogenkonferenz zeigt, dass in Potsdam entscheidende Schritte in die richtige Richtung eingeleitet wurden, das Potenzial historischer Filmquellen für Archive jedoch noch lange nicht erschöpft ist.

Bericht: Diana Finke und Norman Warnemünde (6. Semester, Studiengang Archiv, Fachbereich Informationswissenschaften Fachhochschule Potsdam); Fotos: FHP

Kontakt:
Prof. Dr. Susanne Freund
Fachbereich Informationswissenschaften
Fachhochschule Potsdam
freund@fh-potsdam.de

Vereinbarung zwischen Tiroler Geschichtsverein und Südtiroler Landesarchiv

Mit einer am 2. Juli 2010 von der Bozener Landesrätin Sabina Kasslatter Mur und dem Präsidenten des Tiroler Geschichtsvereins (Sektion Bozen), Josef Nössing, abgeschlossenen Konvention wird die Arbeit des Geschichtsvereins auf neue Beine gestellt.

Die vor einem Vierteljahrhundert gegründete Sektion Bozen des Tiroler Geschichtsvereins fördert die Geschichtsforschung im Lande und bemüht sich vor allem um eine breitenwirksame Vermittlung von historischen Kenntnissen zum Alttiroler Raum.

Damit decken sich die Vereinsziele mit einigen der zentralen gesetzlichen Aufgaben des Südtiroler Landesarchivs, das in seiner Funktion als Haus der Geschichte eigentlicher Angelpunkt der landes- und regionalgeschichtlichen Forschung ist. Dementsprechend eng war auch schon bisher die Kooperation von Geschichtsverein und Archiv, zumal auch der langjährige Präsident des Geschichtsvereins, Josef Nössing, bis Ende 2007 zugleich Gründungsdirektor des Landesarchivs war.

Mit der heute von der für die Landesabteilung Denkmalpflege und damit für das Landesarchiv zuständigen Landesrätin Sabina Kasslatter Mur und Nössing unterzeichneten Vereinbarung wird die enge informelle Zusammenarbeit von Geschichtsverein und Landesarchiv gleichsam institutionalisiert. Die Vereinbarung gilt ab sofort und ist vorerst auf drei Jahre befreistet. Dem Übereinkommen zufolge wird der Geschichtsverein einige Räumlichkeiten am Sitz des Landesarchivs in der Armando-Diaz-Straße für seine Vereinszwecke kostenfrei nutzen können. Zudem wird für den Verein ein voll ausgestatteter Arbeitsplatz eingerichtet, von dem aus die Koordinierung seiner Projekte besser erfolgen kann.

Im Gegenzug erhält die Direktorin des Landesarchivs einen ständigen Sitz im Vorstand des Geschichtsvereins. Zudem wird der Verein das Archiv in seinen institutionellen Aufgaben unterstützen, sofern sich diese mit den in den Vereinsstatuten vorgesehenen Zielen decken: So ist es etwa vorstellbar, dass Tagungen und andere Veranstaltungen künftighin auch gemeinsam konzipiert und durchgeführt werden, historisches Schrift- und Bildgut, das dem Verein angeboten wird, soll an das Landesarchiv weitervermittelt werden. Damit werden die Anliegen des Archivs auch in der Peripherie stärker vertreten sein.

Kontakt:
Autonome Provinz Bozen
– Landesarchiv –
Armando-Diaz-Straße 8
39100 Bozen
Tel. 0471 411940
Fax 0471 411959
landesarchiv@provinz.bz.it
www.provinz.bz.it/landesarchiv

Quelle: Provinz Bozen, Pressemitteilung, Schule / Kultur, 2.7.2010

Staatsarchiv Bremen erhält Bilder und Schriftgut von Willy Menz

Das Staatsarchiv Bremen hat Bilder und Briefe des 1969 in Bremen gestorbenen Malers Willy Menz erhalten. Nach Angaben des Senats der Hansestadt übereignete der Privatsammler Alfred Moeke aus Delmenhorst der Einrichtung 20 Zeichnungen und Holzschnitte als Schenkung, die Menz zwischen 1912 und 1960 angefertigt hatte. „Wir freuen uns sehr über diese wunderbare Ergänzung unserer Bildbestände“, so der Leiter des Staatsarchivs, Prof. Dr. Konrad Elmshäuser.

Menz wurde 1890 in Guatemala als Sohn eines Bremer Kaufmanns geboren und kam schon in Jugendjahren nach Bremen. In der Hansestadt besuchte er die Schule und gründete 1912 eine Malschule am Domshof. 1917 wurde er Professor an der Kunstgewerbeschule Bremen. Künstlerisch der Künstlerkolonie Worpswede nahe stehend, wurde er durch die Nationalsozialisten aus politischen Gründen in den Ruhestand versetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm Menz 1947 die Leitung der Staatlichen Kunstschule. Er starb 1969 in Bremen.

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Abb.: Willy Menz, Hafenschlepper (Foto: Pressereferat, Senator für Kultur)

„Die Zeichnungen und Holzschnitte sind in den Jahren zwischen 1912 und 1960 entstanden und zeigen bremische Motive der Vorkriegszeit, der Kriegsjahre und des Wiederaufbaus“, erläutert Professor Elmshäuser. Die Häfen und die Weserufer sind dabei immer wiederkehrende Motive. „Für uns bilden diese Arbeiten eine wichtige Erweiterung der künstlerischen Bilddokumentation Bremens in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.“

Das Staatsarchiv freut sich nicht nur über Schenkung, sondern auch über einen in diesem Zusammenhang aufgebauten Kontakt zu der in Norwegen lebenden Tochter von Willy Menz. Diese hat dem Staatsarchiv nun ihrerseits wertvolles Schriftgut und künstlerische Unterlagen aus dem Nachlass Ihres Vaters übergeben. Die Dokumente und Grafiken stehen nun in Kürze im Staatsarchiv zusammen mit den Zeichnungen von Willy Menz der wissenschaftlichen Öffentlichkeit zur Verfügung.

Kontakt:
Staatsarchiv Bremen
Am Staatsarchiv 1
28203 Bremen
Telefon: 0421 / 361-6221
Telefax: 0421 / 361-10247
office@staatsarchiv.bremen.de
www.staatsarchiv.bremen.de

Quelle: Ostseeblick Nienhagen, 3.7.2010; Freie Hansestadt Bremen, Pressemitteilung, 2.7.2010

Weltmeisterliche Ausstellung im Landratsamt Rastatt

Anlässlich der Fußballweltmeisterschaft 2010 stellt das Kreisarchiv Rastatt in den Schauvitrinen beim Kunden-Service-Center des Landratsamtes Rastatt eine Presse- und Fanartikelzusammenstellung der für Deutschland so erfolgreichen Weltmeisterschaften 1954, 1974 und 1990 aus.

Zusammengestellt wurde die Ausstellung von Talisa Wohlmannstetter und Anja Fischer im Rahmen eines Praktikums bzw. der Ausbildung, teilt die Pressestelle des Landratsamtes mit. Ausgewertet wurden die im Kreisarchiv vorliegenden historischen Zeitungsbände des Badischen Tagblatts und der Badischen Neuesten Nachrichten. Mitreißend sind die Zeitungskommentare jener Jahre. Kurios ist eine Einladung der Stadt Baden-Baden an die deutsche Nationalmannschaft 1954, wobei aber nicht überliefert ist, ob die Fußballer um Rahn, Fritz Walter oder Horst Eckel das Angebot angenommen haben.

Technisch umgesetzt hat das Ganze Hans Wohlmannstetter, der unzählige Presseberichte digitalisiert und daraus eine einzigartige Dokumentation gefertigt hat. Sehenswert sind einige besondere Ausstellungsstücke, wie originale Eintrittskarten vom Endspiel 1974 und vieles mehr. Diese stammen aus dem Besitz von Landkreismitarbeiter Bernd Koch, der mit seiner Familie seit vielen Jahren unzählige Weltmeisterschaften besucht hat.

Neben der Thematisierung der bisherigen drei WM-Erfolge zeigen zwei Vitrinen auch die besondere Begeisterung der Deutschen der Weltmeisterschaft 2006 im eigenen Land. Die Ausstellung kann ab sofort während der Öffnungszeiten des Landratsamtes Rastatt, Am Schlossplatz 5, besichtigt werden (montags bis donnerstags 7.30 bis 17.00 Uhr und freitags von 7.30 bis 13.00 Uhr).

Kontakt:
Kreisarchiv Rastatt
Am Schlossplatz 5
76437 Rastatt
Telefon: 07222 381-3581
Fax: 07222 381-3590
kreisarchiv@landkreis-rastatt.de

Quelle: Landkreis Rastatt, Pressemitteilung, Juli 2010.

Stadt Lahr digitalisiert umfangreiches Filmmaterial der 1930er Jahre

In den 1930er Jahren seien in Lahr mehr als 20 Stunden Film über das Leben in der Stadt gedreht worden. Die Badische Zeitung habe gemeinsam mit dem Stadthistoriker Thorsten Mietzner einen Teil der Filme aufbereitet, berichtete Christian Kramberg für deren Online-Ausgabe am 2.7.2010.

Diese Filme seien laut Mietzner schon immer in der Obhut der Stadtverwaltung gewesen, sie seien sogar in den 1930er Jahren von ihr selbst gedreht oder in Auftrag gegeben worden. Es gebe mehr als 20 Stunden Material, das vom „Haus des Dokumentarfilms“ nach und nach digitalisiert worden sei. Nunmehr liege eine 75 Minuten lange DVD mit einigen Filmen vor. Alle schon digitalisierten Filme könnten auch im Stadtarchiv Lahr eingesehen werden.

Anhand von Listen wisse man, dass das Material fast vollständig sei. Die Franzosen hätten nach dem Krieg alle Filme beschlagnahmt. Die Stadt Lahr habe später alle wieder zurückbekommen – bis auf einen über die Reichspogromnacht 1938.

Man könne die Filme heute geschichtsdidaktisch einsetzen und Vorträge damit interessanter gestalten. Zum zweiten erhalte man viele Einblicke in das damalige Alltagsleben und gewinne dadurch einen anderen Zugang zum Thema. Und zum dritten zeigten die Filme, wie Lahr in den 1930er Jahren vor der Altstadtsanierung ausgesehen habe.

Kontakt:
Stadtarchiv und Museum
Rathausplatz 4
77933 Lahr
Tel.: 07821/910-0416
Fax: 07821/910-7416
stadtarchiv@lahr.de

Quelle: Badische Zeitung, 2.7.2010; Datensicherheit, 2.7.2010

Stadtarchiv Düsseldorf steht unter Wasser

Besucher können nicht wie geplant seit Donnerstag das Düsseldorfer Stadtarchiv in seinem neuen Domizil nutzen. Grund ist nach Angaben der Stadtverwaltung, dass Teile des Gebäudes unter Wasser stehen.

Gegen 9 Uhr hatte sich die Löschanlage über der ebenfalls im Gebäude der Alten Paketpost untergebrachten Probebühne des Schauspielhauses in Gang gesetzt. Dadurch sei nicht nur die Bühne unter Wasser gesetzt worden, das Wasser sei auch in das Stadtarchiv Düsseldorf eingedrungen. Dort seien bislang 150 Regalmeter Akten betroffen. Insgesamt bis zu 10.000 Liter Wasser verbreiteten sich über zwei Stockwerke im Gebäude bis in den Keller.

Die Feuerwehr sauge derzeit das Wasser aus dem Gebäude ab und sichere die betroffenen Archivbestände, teilte die Stadtverwaltung mit. Zur Ursache für das Auslösen der Löschanlage und zur Höhe des Schadens könne derzeit noch keine Aussage getroffen werden.

Quelle: DerWesten, Düsseldorf, 1.7.2010; Süddeutsche Zeitung, 1.7.2010; FAZ, 1.7.2010

Uni Greifswald gedenkt der letzten Pommernprinzessin mit Croy-Fest

Mit dem 30. Croy-Fest gedenkt die Universität Greifswald am 7. Juli 2010 Anna von Croy (1590 – 1660), der letzten Prinzessin aus dem Haus der Pommernherzöge. Diese Gedenkfeier geht auf ein Vermächtnis von Ernst Bogislaw von Croy, des Sohnes der Prinzessin zurück. Er stiftete der Universität unter anderen Stücken eine kostbare Tapisserie, den so genannten Croy-Teppich, und verband damit die Auflage für die Universität alle zehn Jahre seiner Mutter zu gedenken.

Diese Gedenkfeier findet am 7. Juli, dem Todestag von Anna von Croy, um 14.00 Uhr im Pommerschen Landesmuseum statt. Von 17:00 bis 22:00 Uhr können die Bevölkerung und die Gäste der Stadt den wertvollen Croy-Teppich bei freiem Eintritt im Pommerschen Landesmuseum besichtigen. Ebendort präsentieren um 19:00 Uhr Schüler und Lehrer des Humboldt-Gymnasiums zusammen mit Studierenden und Lehrkräften der Universität in Wort, Spiel, Bild und Musik die Erlebnisse des pommerschen Fürstensohns Philipp Julius auf seiner Europa-Tour 1602 – 1603. Erstmals wird das im Pommerschen Landesarchiv lagernde Reisetagebuch in ausführlichen Textpassagen der Öffentlichkeit vorgestellt. Im Foyer des Museums werden außerdem originale Dokumente rund um das Croy-Fest aus dem 17. und 18. Jahrhundert sowie ein Aquarell des Croy-Teppichs von 1820, angefertigt von Hermann von der Lancken (1806 – 1838) gezeigt. Studentische Mitarbeiter der Kustodie der Universität beantworten gern die Fragen der Besucher.

Die Universität fühlt sich auch heute noch der Tradition der Croy-Gedenkfeiern verpflichtet. Sie möchte damit ihre Verwurzelung in der Region bekräftigen. „Das Croy-Fest gehört zur Traditionspflege unserer alten Universität. Durch dieses hebt sich unsere Universität von anderen Universitäten ab und aus der Masse der deutschen Universitäten heraus. Nicht zuletzt ist der Croy-Teppich ein herausragendes Kunstwerk“, so Professor Dr. Michael North, Historiker und Prorektor der Universität Greifswald.

Das Croy-Fest

Am 7. Juli 1660, d. h. genau vor 350 Jahren, starb Anna von Croy, das elfte und jüngste Kind von Herzog Bogislaw XIII. von Pommern. Während mit ihrem Bruder Bogislaw XIV. bereits 1637 das Greifenhaus in männlicher Linie erloschen war, folgte mit Anna die letzte weibliche Angehörige des Geschlechts ins Grab. Die 1681 von ihrem Sohn Ernst Bogislaw von Croy begründete Stiftung hat nur einen einzigen Stiftungszweck, nämlich alle zehn Jahre seiner Mutter an ihrem Todestag zu gedenken. Hierzu hinterlegte er eine Geldsumme bei der Stadt Stralsund, deren Zinsen nach zehn Jahren 100 Reichstaler betragen und für die Gedenkfeier verwendet werden sollten. Damit die Universität umso mehr bereit sein möge, eine würdige Erinnerung an seine Mutter zu begehen, stiftete er zusätzlich vier weitere kostbare Stücke aus seinem Besitz, darunter den Croy-Teppich. Damit war die Verpflichtung verbunden, den Teppich alle zehn Jahre bei dem Festakt in Auditorium aufzuhängen. Somit waren Erinnerung und Repräsentation eng miteinander verknüpft.

Der Croy-Teppich

Der „Teppich mit den Sächsisch und Pomerischen Herren, auch Lutheri und anderer Gelahreten Conterfey“, kurz Croy-Teppich genannt, ist das wertvollste Kunstwerk in der Akademischen Kunstsammlung der Universität Greifswald. Seit fünf Jahren befindet sich der im Auftrage von Herzog Philipp I. von Pommern-Wolgast (1515 – 1560) um 1554 angefertigte Wandteppich als Leihgabe im Pommerschen Landesmuseum. Auf einer Höhe von 4,46 m und einer Breite von 6,90 m präsentieren sich 23 Personen lebensgroß, unter ihnen die drei Reformatoren Martin Luther, Philipp Melanchthon und Johannes Bugenhagen. Das auch als Reformationsteppich von Pommern bekannte Bildwerk zeigt sächsische Kurfürsten und pommersche Herzöge mit ihren Familien. Die Versammlung von selbstbewussten Renaissancefürsten unter dem Gekreuzigten und unter der Kanzel ist nicht nur ein konfessionelles Bekenntnis zum evangelischen Glauben. Der Protestantismus als landesherrliche Institution konnte durch das entscheidende Mitwirken der „weltlichen Reformatoren“ wie Johann Friedrich des Großmütigen in Sachsen und durch Philipp I. in Pommern verwirklicht werden. Beide sind exponiert auf dem Teppich dargestellt, seitlich über ihnen flankiert vom sächsischen und pommerschen Wappen.

Der Croy-Teppich zählt heute zu den kostbarsten Tapisserien aus dem Umkreis protestantischer Höfe. Als vorwiegend höfische Domäne war die Teppichwirkerei im 16. Jahrhundert sehr kostspielig, nicht nur die Technik, sondern auch die Herstellung teurer Materialien, wie Seide, Gold- und Silberlahn. Der wahrscheinlich aus Brüssel stammende Wirker Peter Heymans hat sie reichhaltig eingesetzt in den wichtigsten Partien des Teppichs: den Porträts und Renaissancekleidern der Fürstlichkeiten. Als künstlerische Vorlagen der Porträts dienten teilweise Bildnisse von Albrecht Dürer (1471 – 1528) und Lucas Cranach d. Ä. (1472 – 1553). Das Bildkonzept geht auf die Cranach-Werkstatt zurück.

Der Croy-Teppich im Pommerschen Landesmuseum

Seit 2005 wird der Croy-Teppich im Pommerschen Landesmuseum präsentiert. Es ist das wertvollste einer ganzen Reihe von Exponaten, die die Universität Greifswald als ihren Beitrag zur Nutzung in die Stiftung Pommersches Landesmuseum Greifswald eingebracht hat. Für die Tapisserie wurde ein ganzer Saal geschaffen. Nur in diesem Fall durchbricht die Architektur des Museums den vorhandenen Baubestand des ehrwürdigen „Grauen Klosters“ in nennenswerter Weise und unterstreicht damit auch die Bedeutung des Werkes. „Konservatorische Vorgaben erfordern eine zurückhaltende Beleuchtung ohne Tageslicht. Nur so können die noch erstaunlich kräftigen Farben der Nachwelt erhalten bleiben. Zudem lässt die akzentuierte Beleuchtung das Funkeln der Edelmetallfäden besonders zur Geltung kommen. Nicht zuletzt entstand so der Eindruck eines nur mit Kerzenlicht beleuchteten Raumes“, das erklärt Dr. Stefan Fassbinder vom Pommerschen Landesmuseum Greifswald. So wird nun auf neue Weise das Vermächtnis Ernst Bogislaws von Croy, mindestens alle zehn Jahre den Wandbehang zu Ehren seiner verstorbenen Mutter sowie des ganzen pommerschen Herrschergeschlechts zu präsentieren, erfüllt. Kaum ein Besucher verlässt den Croy-Saal des Pommerschen Landesmuseums ohne die Erkenntnis, hier einen besonderen Schatz genossen und einen Höhepunkt pommerschen kulturgeschichtlichen Erbes erlebt zu haben.

Reiseerlebnisse eines Wolgaster Regenten

In einer Abendveranstaltung wird am 7. Juli 2010 ein weiterer Repräsentant der letzten Greifengeneration in Erinnerung gerufen, Herzog Philipp Julius (1584 – 1625), dessen Vater Ernst Ludwig als Kind auf dem Teppich abgebildet ist. Philipp Julius hinterließ ein wertvolles Zeugnis pommerscher wie europäischer Hof- und Gelehrtenkultur, das – kaum bekannte – Reisetagebuch seiner Bildungsreise durch Europa von 1602 – 1603. Es zeigt nicht nur den geistigen Horizont, der sich dem jungen Erbprinzen durch den Aufenthalt in europäischen Ländern eröffnete, sondern entfaltet auch das politische, juristische, fiskalische, kulturelle und gelehrte Wissen, das um 1600 für die Regentschaft in Pommern für relevant, weil aufzeichnenswert erachtet wurde. Erstmals wird dieses im Pommerschen Landesarchiv lagernde Reisetagebuch nun in ausführlichen Textpassagen der Öffentlichkeit vorgestellt, und zwar in Form einer szenischen Lesung. Das Publikum kann dem humanistischen Gelehrten Friedrich Gerschow und seinem Schreiber beim Formulieren und Aufschreiben, der Herzoginwitwe beim Lesen zuschauen und zuhören, Reisestationen, besuchte Personen, visuelle und musikalische Erlebnisse imaginieren. Das Ensemble Amaltea bringt Musik zu Gehör, die die pommersche Reisegesellschaft möglicherweise in Wolfenbüttel, London, Nancy oder Italien gehört haben könnte.

Die Aufführung schließt das von der Bosch-Stiftung und Schule Plus geförderte studentische Projekt des Instituts für Deutsche Philologie „PONT (Pommern On Tour)“ ab, in dem sich drei Jahre lang Lehramtsstudierende mit Schülern und Fachlehrerinnen verschiedener Schulen im Land auf die Reise mit dem jungen Landesfürsten und in die Kulturgeschichte begeben haben.

Weitere Informationen
B. Dahlenburg. Der Croy-Teppich der Ernst-Moritz-Arnd-Universität Greifswald. Thomas-Helms-Verlag Schwerin 2000
H.-D. Schroeder. Der Croy-Teppich der Universität Greifswald und seine Geschichte. Greifswald 2000

Ansprechpartner an der Universität Greifswald
Kustodie
Dr. Birgit Dahlenburg
Domstraße 11, 17487 Greifswald
Telefon 03834 86-1122
kustodie@uni-greifswald.de

Presse- und Informationsstelle
Jan Meßerschmidt
Domstraße 11, 17487 Greifswald
Telefon 03834 86-1150
Mobil 0170 5669683
pressestelle@uni-greifswald.de

Ansprechpartner im Pommerschen Landesmuseum
Dr. Stefan Fassbinder
Historiker
Pommersches Landesmuseum
Rakower Straße 9, 17489 Greifswald
Telefon 03834 831215
fassbinder@pommersches-landesmuseum.de

Weitere Informationen:
http://www.orientation.de/croy/ – Der Croy-Teppich
http://www.pommersches-landesmuseum.de/ – Pommersches Landesmuseum
http://www.uni-greifswald.de/informieren/pressestelle/download-presseinformation – (Fotos/Detailfotos)

Quelle: Jan Meßerschmidt, Presse- und Informationsstelle Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Pressemitteilung, 1.7.2010

Ein Blick hinter die Kulissen des Braunschweiger Stadtarchivs

Ein Blick hinter die Kulissen des Stadtarchivs Braunschweig ist künftig an jedem ersten Dienstag im Quartal möglich: Das Stadtarchiv bietet vierteljährlich eine kostenlose öffentliche Führung durch seine Räumlichkeiten im Braunschweiger Schloss an. Sie dauert rund eineinhalb Stunden und startet erstmals am Dienstag, 6. Juli, um 17 Uhr.

Interessierte Besucherinnen und Besucher werden dabei nicht nur durch Lesesaal und Ausstellungsgalerie geführt, sondern erhalten Einblick in die Magazine und die Restaurierungswerkstatt – Bereiche, die sonst für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Die Führungen bieten einen Überblick über die Aufgaben und Bestände des Stadtarchivs und geben darüber hinaus Hinweise für die eigene Arbeit in einem Archiv. Während des Rundgangs durch die Magazine werden ausgewählte Archivalien aus dem reichen Archivbestand gezeigt und im Kontext der Braunschweiger Stadtgeschichte erläutert.

Treffpunkt für die Führungen ist jeweils das Foyer des Stadtarchivs (Nordflügel des Schlosses, linker Seiteneingang, Schlossplatz 1, viertes Obergeschoss). Eine vorherige Anmeldung ist nicht erforderlich.

Termine 2010:
Dienstag 6. Juli, 17 – 18.30 Uhr. Dienstag 5. Oktober, 17 – 18.30 Uhr.

Für Vereine, Schulklassen und andere Gruppen besteht zudem die Möglichkeit, auch an gesonderten Terminen eine Archivführung zu vereinbaren. Weitere Informationen unter: www.braunschweig.de/stadtarchiv.

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»Grünes Licht« für Gründung der Stiftung »Stadtgedächtnis«

Die Stiftung »Stadtgedächtnis« will sich künftig um die Wiederherstellung der nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs geborgenen Archivalien kümmern. Die Landesregierung stimmte nun der Gründung zu. Die Stiftung werde mit einer Million Euro aus Landesmitteln unterstützt, sagte Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff (CDU) im Anschluss an die Kabinettsitzung.

Die Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen teilte dazu am 29.6.2010 mit: Das Kabinett der nordrhein-westfälischen Landesregierung hat in seiner heutigen Sitzung der Gründung der Stiftung „Stadtgedächtnis“ zugestimmt, die sich um die Wiederherstellung der nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs geborgenen Archivalien kümmern soll.

Das Kabinett habe zugestimmt, die Stiftung zusammen mit der Stadt Köln, dem Erzbistum Köln und der Evangelischen Kirche im Rheinland zu errichten und seitens des Landes mit einem Betrag von einer Million Euro zu unterstützen, so Grosse-Brockhoff. Als weitere Gründungsstifter beteiligt sind die Stadt Köln mit 1.120.000 Euro, das Erzbistum Köln mit 100.000 Euro sowie die Evangelische Kirche im Rheinland mit 20.000 Euro.

Zweck der Stiftung ist die Instandsetzung der Archivalien des Historischen Archivs der Stadt Köln, die beim Einsturz des Gebäudes am 3. März 2009 beschädigt wurden. Ziel ist es, die in Fragmenten geborgenen, unersetzlichen Archivbestände zusammenzuführen, zu restaurieren und wertvolle Teilbestände zu digitalisieren. Der Bund hat zugesagt, die Stiftung mit einer Million Euro zu unterstützen. Ebenfalls Unterstützung in Höhe von 50.000 Euro kommt vom Landschaftsverband Rheinland.

Grosse-Brockhoff: „Der Einsturz des Kölner Stadtarchivs hat uns noch einmal mit aller Macht die Bedeutung von Archiven deutlich gemacht. Unschätzbare Dokumente sind schwer beschädigt worden oder ganz verloren gegangen. Nachdem mehr als 90 Prozent der Bestände aus den Trümmern geborgen werden konnten, wird es dennoch lange dauern, bis wir das Beschädigte wiederhergestellt haben werden. Im Guten wie im Schlechten haben wir gelernt, was uns Archive bedeuten. Der heutige Kabinettbeschluss macht den Weg frei, nach vorn zu blicken.“

Voraussetzung der Beteiligung des Landes an der Stiftung war die Zusicherung der Stadt Köln, dass 63,1 Millionen Euro aus Versicherungsprämien für die Rettung und Restaurierung des beschädigten Archivgutes zur Verfügung gestellt werden. Ferner hat die Stadt zugesichert, die Haftungsfragen schnellstmöglich zu klären und Zahlungen für Schäden an den betroffenen Archivalien zweckgebunden für die Restaurierung zu verwenden.

Bereits eine Woche nach dem Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln hat die Landesregierung eine Hilfe von 300.000 Euro zur Verfügung gestellt. Im Rahmen der Soforthilfemaßnahme flossen 200.000 Euro in das Anschubprojekt „Digitalisierung der Mikrofilme“ des Stadtarchivs. Finanziert wurde auch die im Juni 2009 vom Landesarchiv Nordrhein-Westfalen zusammen mit der Stadt Köln durchgeführte Expertenanhörung zu Fragen der Sicherung von Archivgut. Auch das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen half sofort und maßgeblich bei der Rettung der Archivalien und stellte unter anderem an seinen Standorten Münster und Detmold insgesamt zehn Regalkilometer Magazinfläche zur Verfügung.

Quelle: Staatskanzlei NRW, Pressemitteilung, 29.6.2010; Ad hoc News, 29.6.2010