Bergung in Köln bis mindestens Ende Mai

Die FAZ berichtet über das Erstversorgungszentrum (EVZ) für das eingestürzte Kölner Stadtarchiv: Hierher werden alle Schätze, die aus der Unglücksstelle geborgen werden und sich nicht mit Baumaterial oder Möbeln verklumpt haben, gebracht, um gesichtet, grob gereinigt, registriert und erstbegutachtet zu werden. Eine riesige Notfallambulanz für Archivalien, in der, was dringender Hilfe bedarf, sofort versorgt oder zum Spezialisten überwiesen wird.

Für die Lagerhalle im Kölner Süden gilt: „Bitte berücksichtigen Sie in Ihrer Berichterstattung, dass das Gebäude für die Öffentlichkeit weiterhin nicht auffindbar sein darf und insoweit Ihre Beschreibung des Ortes hinreichend unscharf sein muss“, so der Pressesprecher des Kölner Kulturdezernats. Im EVZ ein Sicherheitsdienst und Plakate an den Wänden, die klarstellen: „Absolutes Foto-Verbot!“ und „Ab sofort ist aus Sicherheitsgründen mit Taschenkontrollen zu rechnen!“ Jeder Besucher muss sich ein- und wieder austragen sowie eine Verschwiegenheitserklärung unterschreiben. „Für Journalisten gilt das natürlich nicht“, doch dürfen freiwillige Helfer nur in Anwesenheit des „Archivars im Dienst“ befragt werden. 

Am Unfallort am Waidmarkt legen Feuerwehrleute die geborgenen Archivalien in graue Pappkartons. Diese werden nach oben getragen, wo Archivmitarbeiter sie in Empfang nehmen und Karton auf Karton auf Lastwagen heben, die täglich zehn, elf Ladungen ins Erstversorgungszentrum bringen. Dort wird manuell der Oberflächenstaub abgefegt und die Dokumente werden in blaue Plastikwannen gelegt und provisorisch erfasst.

„Wir schmeißen grundsätzlich nichts weg“, versichert Archivmitarbeiter Max Plassmann: „Die Frage ,Lohnt sich das überhaupt?\‘ stellen wir nicht, das wäre in Ruhe zu überlegen, dafür haben wir keine Zeit.“ Nur beschädigte Kartonagen wandern in den Abfall. „Auch die Frage, was früher und was später restauriert wird, kann erst entschieden werden, wenn die erste Bergungsphase abgeschlossen ist, wir wirklich den Überblick haben und die Schadensbilder kennen: Erst dann können wir eine systematische Restaurierungsstrategie entfalten.“ Noch aber ist die Severinstraße nicht komplett abgegraben, bis Ende Mai dürften sich die Arbeiten dort hinziehen, und noch ist nicht bekannt, ob und wie viele Archivalien ins Grundwasser gerutscht sind.

Der Weg der Archivalien durch das Erstversorgungszentrum endet in der Packstation, wo sie – nachdem sie noch einmal auf Feuchtigkeit überprüft worden sind – in Archivkartons zusammengefasst werden. Nur ganz wertvolle Schätze, Handschriften aus der Sammlung Wallraf, Schreinsbücher oder Pergamenturkunden, bleiben in Köln und werden dem Archiv des Erzbistums anvertraut. Alles andere wird auf Paletten gesetzt, zum Transport freigegeben und in Archive gebracht, die freie Magazine zur Zwischenlagerung angeboten haben: ins Bundesarchiv nach Koblenz und St. Augustin, zur Friedrich-Ebert-Stiftung nach Bonn, ins Archivamt nach Brauweiler, in die Landesarchive in Münster und Detmold, aber auch weiter weg, bis nach Freiburg und Potsdam. – Wann was zurückkehrt und restauriert wird, wann die Bestände wieder unter einem gemeinsamen Dach sein werden und für den Bürger zugänglich sind, kann derzeit noch niemand wissen. 

Quelle: Andreas Rossmann, FAZ, 14.4.2009

Eindrücke aus dem Kölner EVZ

Dietmar Bartz, Archivar und Autor der \“taz\“, arbeitete vier Tage lang im Kölner Erstversorgungszentrum des Historischen Archivs mit. In mehreren Episoden protokolliert er seinen Einsatz. Im folgenden Auszüge vom ersten Tag, unten Verweise auf allen vorliegenden Folgen:

»In Umkleideräumen streifen wir Schutzanzüge, Atemmasken und Einweghandschuhe über. Zwanzig aufgeregte weiße Michelinmännchen und -weibchen versammeln sich vor dem Triage-Plakat. Ein Mann hat ein rotes T-Shirt an. Hintendrauf steht: Archivar vom Dienst. Die Frau neben ihm trägt grün, auf dem Rücken: Restaurateurin vom Dienst. Außerdem laufen noch Blaue mit der Aufschrift Historisches Archiv Stadt Köln herum. Ansprechpartner für die nächsten Tage. Eine Idee der Katastrophenmediziner?

Der Rote, ein gemütlicher Spätdreißiger, ist unser Schichtleiter. Er weist uns ein: \“Erstens: Wir werfen nichts weg! Zweitens: Wir lesen nicht!\“ Kichern, wir alle wissen, dass die Aktenlektüre der größte Zeitfresser beim Umgang mit Archivalien ist.

Andreas Rossmann, der örtliche Korrespondent der FAZ, wird oft mit seiner Kurzanalyse zitiert: \“Der Umgang mit Stadtentwicklung, Denkmalschutz oder dem Kulturetat in den letzten Jahren zeigt die Geringschätzung von Geschichte aufseiten der Stadtverwaltung. Der Zusammensturz des Archivs ist nun die maßlose Strafe für diese Haltung.\“ Eine ideale Vorlage für die Stadtspitze. Gott straft? Dann sind im katholischen Köln gleich die Sünden vergeben, die zum Kollaps geführt haben.

Nur: Die Strafe ist auf Jahre nicht vorbei. Sie steckt in Kartons, Plastikwannen, Gitterboxen. Und es werden immer mehr.

Nachricht von drinnen: 35 Tage nach dem Einsturz wurde der vermisste Kater Felix unter den Trümmern gefunden, berichtet die Feuerwehr.

Nachricht von draußen: Erdbeben in der italienischen Stadt L\’Aquila mit 60 Toten. Auch das dortige Staatsarchiv mit vier Kilometern Schriftgut sei betroffen, meldet Agenzia Italia.«

Under-Cover-Bericht zum Kölner Archiv:

Tag 1: \“Wir lesen nicht!\“ [www.taz.de/1/leben/buch/artikel/1/%5Cwir-lesen-nicht%5C/]

Tag 2: Köln contra Köln

Tag 3: Schimmelalarm!

Tag 4: "Das wird noch Oktober"

Quelle: Dietmar Bartz, taz, 14.4.2009; taz, 15.4.2009; taz, 16.4.2009; taz, 17.4.2009

Bach-Archiv ergänzt Sammlung zu Johann Sebastian Bach dem Jüngeren

Dank einer großzügigen Schenkung hat das Bach-Archiv Leipzig vor kurzem seine Sammlung zu Johann Sebastian Bach dem Jüngeren (1748–1778) durch Originalausgaben der satirischen Schriften Gottlieb Wilhelm Rabeners und der Schauspiele von Christian Felix Weiße bedeutend erweitert. Ein Antiquariat bot gleichzeitig Rabeners „Sämmtliche Schriften“ (erschienen Leipzig 1777) sowie Weißes „Komische Opern“ und „Trauerspiele“ (Leipzig 1776/77) an. Die Bände enthalten alle bekannten Buchillustrationen nach Vorlagen des Künstlers – 5 Vignetten und 7 Titelblätter zu Schauspielen. Da das zeichnerische und druckgrafische Werk Johann Sebastian Bachs d. J. nur zu einem kleinen Teil überliefert ist, gehören seine Zeichnungen und Gemälde heute zu den gesuchten Seltenheiten auf dem Kunstmarkt. Die Fielmann AG unterstützt das Bach-Museum Leipzig seit 2004 regelmäßig bei der Erweiterung der Sammlung. Der gleichnamige Enkel des berühmten Thomaskantors und Sohn Carl Philipp Emanuel Bachs machte sich seinerzeit als Zeichner und Landschaftsmaler einen Namen. Als Mitglied der weit verzweigten Bach-Familie stellt Johann Sebastian Bach d. J. einen wichtigen Sammlungsbereich des Bach-Archivs dar. Eine Reihe von Zeichnungen und Druckgrafiken des Künstlers befinden sich bereits im Besitz des Bach-Archivs, z. B. „Die Brettmühle zu Markkleeberg“ und „Menalkas und Alexis“. Diese Arbeiten aus Bachs produktiver Leipziger Zeit (1770-1773) waren 2007 während einer Sonderausstellung des Bach-Museums Leipzig zu sehen. Im Bach-Archiv Leipzig erschien auch ein kommentierter Oeuvre-Katalog, der zum ersten Mal das gesamte nachweisbare Werk vorstellt und das Leben des Künstlers umfassend beleuchtet.

Kontakt
Bach-Archiv Leipzig
Postfach 101349
04013 Leipzig
Tel.: 0341 / 9137 – 0
Fax: 0341 / 9137 – 105
info@bach-leipzig.de 

Quelle: Aktuelles Bach-Archiv Leipzig, 7.4.2009

Wissenswertes über Wappen für Grundschüler

Das Stadtarchiv Saarbrücken bietet in Zusammenarbeit mit dem Amt für Kinder, Bildung und Kultur im Mai und im Juni Archivführungen für Saarbrücker Grundschulklassen an. Unter dem Motto „Wissenswertes über Wappen” lernen die Kinder auf der Grundlage von Originalquellen die Geschichte der Landeshauptstadt kennen. Im Anschluss erhalten sie eine kurze Einführung in die Wappenkunde. Außerdem entwerfen die Teilnehmer ein Kinder-Wappentier. Anmeldungen nimmt das Stadtarchiv bis zum 30. April unter Tel. (06 81) 905 12 53 entgegen. Termine können individuell vereinbart werden.

Bei der Führung werden alle Sinne der Kinder angesprochen. Sie können zum Beispiel erleben, wie sich altes Papier anfühlt und wie es riecht. Aus den Wappen-Entwürfen wird im kreativen Sommerferienprogramm des Fachbereichs Schulkultur ein „echtes” Wappentier für die Landeshauptstadt entwickelt. Es soll der Stadt offiziell übergeben werden und zukünftig als Logo für die schulkulturelle Arbeit der Landeshauptstadt Saarbrücken dienen.

Das Stadtarchiv hat die Grundschulführungen anlässlich des Jubiläums „100 Jahre Großstadt” konzipiert. Mit der so genannten „archivpädagogischen Kiste” sollen stadtgeschichtliche Inhalte im Sachkundeunterricht der Saarbrücker Grundschulen anschaulich vermittelt werden Die Führungen sind der erste Baustein eines neuen archivpädagogischen Angebots für Kinder und Jugendliche. Das Programm wird voraussichtlich im Herbst 2009 fortgesetzt.

Kontakt:
Stadtarchiv Saarbrücken
Antje Kraus
Nauwieser Straße 3
66111 Saarbrücken
Tel.: 0681 905-1253
Fax: 0681 905-1215
stadtarchiv@saarbruecken.de

Quelle: Landeshauptstadt Saarbrücken, Pressemitteilung, 14.4.2009

Rund 10 Millionen Aufnahmen des Kölner Stadtarchivs gesichert

Noch immer versuchen Archivare und freiwillige Helferinnen und Helfer die Dokumente des eingestürzten Kölner Stadtarchivs zu retten. Inzwischen sind auch die Zahlen der mikroverfilmten Kölner Dokumente nach oben korrigiert. In der Akutphase des Unglücks standen zunächst die Rettung der Vermissten und die Trümmerräumung im Vordergrund. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hat in der Vergangenheit nach aktuellen Angaben 6.369 Filme aus Köln im Barbarastollen eingelagert, dem Zentralen Bergungsort der Bundesrepublik Deutschland nahe Freiburg. Das entspricht rund zehn Millionen Einzelaufnahmen, die dort in Edelstahlfässern mindestens 500 Jahre für Folgegenerationen verwahrt werden.

„Kurz nach dem Unglück konnten wir nur eine wage Schätzung über die eingelagerten Dokumente abgeben. Wir sind natürlich froh, dass die Zahl der Filme und Aufnahmen entgegen der ersten Annahmen weitaus höher ist“, bestätigt Christoph Unger, Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. „Das Ereignis zeigt, wie wichtig die Sicherungsverfilmung von Kulturgütern ist, obwohl die Haager Konvention allein den Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten vorsieht.“

Die Kölner Bestände reichen von den Urkunden der Hanse über Akten der Rheinischen Zeitung bis hin zu Kölner Stamm- und Wappenbüchern. Der letzte aus Köln eingelagerte Film stammt aus dem Jahr 2007. Das Stadtarchiv Köln ist seit Beginn der Sicherungsverfilmung im Jahre 1961 als eine von drei Verfilmungsstellen des Landes NRW ausgewiesen.

Link: www.bbk.bund.de

Quelle: Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Pressemitteilung, 8.4.2009

Tag der lippischen Archive am 26. April 2009

Anfang April 1933 begannen die Planungen zur reichsweiten „Aktion wider den undeutschen Geist“. Damit setzte eine systematisch vorbereitete Hetze gegen sozialistische, pazifistische, demokratische und vor allem jüdische Schriftstellerinnen und Schriftsteller ein. Die „Aktion“ gipfelte am 10. Mai in der Verbrennung der als „undeutsch“ erachteten Werke. In vielen Universitätsstädten übergaben an diesem Tag Studenten und Professoren unterstützt von Mitgliedern und Funktionären der NSDAP in einer lautstarken und aggressiven Inszenierung zahlreiche Bücher den Flammen. Die Initiative dieser Aktion ging dabei von der Deutschen Studentenschaft aus, der Zusammenschluss der Studentenschaften der deutschen Hochschulen. Die Deutsche Studentenschaft wollte damit ihr Engagement für das neue Regime dokumentieren. Studenten und auch Professoren setzten sich aktiv für die „geistige Gleichschaltung“ ein.

Am 26. April 2009 erinnert das Stadtarchiv Lemgo gemeinsam mit dem städtischen „Arbeitskreises 9. November“ und dem „Museumsverein Hexenbürgermeisterhaus e.V.“ an die Bücherverbrennung. An diesem Tag öffnen die lippischen Archive ihre Türen den interessierten Besucherinnen und Besuchern. Das Stadtarchiv Lemgo konnte eine Ausstellung zur Bücherverbrennung „Verfemt, verfolgt – vergessen?“ übernehmen, die das „Haus der Bayerischen Geschichte“ konzipiert hat. Die Buchhandlung Heer zeigt an dem Tag im Stadtarchiv Werke bzw. Biographien der damals verfolgten Schriftstellerinnen und Schriftsteller. Zu ihnen gehörten Erich Kästner, Stefan Zweig, Franz Werfel, Kurt Tucholsky, Bertha von Suttner, Klaus Mann, Heinrich Mann, Anna Seghers und Nelly Sachs. 

Ort: Stadtarchiv Lemgo, Rampendal 20a, 32657 Lemgo; Zeit: 11:30 bis 17:00 Uhr

Link: www.stadtarchiv-lemgo.de 

Quelle: Stadt Lemgo, Pressemeldung, 2.4.2009

Archiv des Rhein-Sieg-Kreises hilft bei Rettung der Kölner Archivalien

Für kundige Hilfe zur Rettung der Archivalien des Historischen Stadtarchivs in Köln stellt auch der Rhein-Sieg-Kreis Mitarbeiter des Kreisarchivs frei. Bereits vom 26.3. bis zum 27.3.2009 war eine Mitarbeiterin des Kreisarchivs im so genannten „Erstversorgungszentrum“ im Einsatz. „Die Mitarbeiter unseres Kreisarchivs sind sehr motiviert zu helfen; dazu stellt der Rhein-Sieg-Kreis die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch zur Hilfe frei“, so Kreisarchivarin Dr. Claudia Maria Arndt. „Gerade mittel- und langfristig werden die Kolleginnen und Kollegen in Köln noch qualifizierte Hilfe benötigen. Das Kreisarchiv plant, auch in Zukunft personelle und materielle Hilfe im Rahmen unserer Möglichkeiten anzubieten“, so Kreisarchivarin Dr. Arndt. 

Am 3.3.2009 war das Gebäude in der Severinstraße 222, in dem das Historische Archiv der Stadt Köln untergebracht war, eingestürzt; zwei benachbarte Wohnhäuser waren teilweise mit eingestürzt. Bei dem tragischen Unglück wurden zwei junge Männer, die sich in dem teileingestürzten Wohnhaus aufhielten, getötet. Nach wie vor liegen noch große Teile der Archivbestände entweder unter dem Trümmerberg oder sind mit dem Schutt in den U-Bahn-Schacht vor dem Haus gestürzt. 

In einer zügig eingerichteten Außenstelle des Historischen Stadtarchivs Köln, dem „Erstversorgungszentrum“, sind Archivare, Restaurateure und ehrenamtliche Helfer mit der Rettung der geborgenen Archivalien beschäftigt. „Die zurzeit vorrangige Aufgabe ist es, feuchte, nasse und schimmlige Archivalien von trockenen zu trennen“, weiß Monika Marner von ihrem Kölner Einsatz im Auftrag des Kreisarchivs zu berichten. Das Bergungsgut werde in Kartons von der Unglückstelle in einer großen Lagerhalle angeliefert. Die bereits als nass klassifizierten Kartons enthalten Archivalien aus allen Beständen des Stadtarchivs Köln: Akten und Urkunden aus verschiedenen Jahrhunderten, Fotografien, Mikrofiches, Bücher, Handschriften. Alles liegt bunt durcheinander, doch mit einer Gemeinsamkeit: Die Archivalien sind verdreckt, verklebt, zerrissen und mehr oder weniger feucht. 

Stück für Stück wird der Inhalt eines Kartons mit Handfegern vom gröbsten Schmutz und von den Bauschuttresten befreit. Sofern Material erkennbar zusammen gehört, wird es zusammengeführt, dann je nach seinem Zustand in Folie oder Papier verpackt und zur weiteren Bearbeitung in größere Behälter gelegt. Diese enthalten auch jeweils Listen, in die die Helfer in Kurzform vorhandene Signaturen oder ein inhaltliches Stichwort zur Beschreibung eintragen. Manchmal lautet es schlicht „Konvolut von Schriftstücken unbekannter Herkunft“. Das oberste Gebot lautet: Nichts wird weggeworfen! Wegen der hohen Staubentwicklung und dem einsetzenden Schimmelbefall müssen Sicherheitskleidung und Mundschutz getragen werden. 

An einer weiteren Arbeitsstation, der so genannten „Trocknung“, werden die Archivalien, die nur leicht feucht angeliefert werden, auf dreistöckigen, großen Transportwagen ausgelegt und vor Ort in vier Kammern mit Hilfe von Luftentfeuchtern getrocknet. Restauratoren überwachen den Prozess und geben das Material nach der Trocknung frei. Nun werden die Wagen geleert und das weiterhin unsortierte und komplett durchmischte Archivgut in zu nummerierende Kartons verpackt und diese wiederum auf eine nummerierte Palette gestapelt. Karton- und Palettennummern werden in Computer eingegeben und sind der vorerst letzte Hinweis auf den Verbleib der Archivalien. Denn anschließend werden die Paletten in Archivmagazine der Umgebung transportiert. Einzig Handschriften und die mittelalterlichen Ratsprotokolle werden, sofern sie den Helfern auffallen, von den übrigen Archivalien getrennt und einer intensiveren Reinigung sowie Weiterbearbeitung durch Mittelalterfachleute des Kölner Stadtarchivs unterzogen. 

„Es wird noch viele Wochen wenn nicht Monate dauern, bis das geborgene Archivgut wenigstens diese Erstversorgung durchlaufen hat. Die Kolleginnen und Kollegen des Historischen Archivs der Stadt Köln werden dazu jede uneigennützige und sachverständige Hilfe benötigen“, lautet das Fazit von Monika Marner nach ihrem zweitägigem Einsatz. Interessenten für einen möglichen Einsatz können sich per E-Mail beim Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchiv rwwa@koeln.ihk.de melden.

Kontakt:
Archiv des Rhein-Sieg-Kreises
– Der Landrat –
Monika Marner
Kaiser-Wilhelm-Platz 1
53721 Siegburg
Telefon 02241 / 13-2883 
monika.marner@rhein-sieg-kreis.de

Quelle: Rhein-Sieg-Kreis, Siegburg, Pressemitteilung, 1.4.2009

Archivbestand der Hochschule Esslingen nun im Staatsarchiv Ludwigsburg

Die Hochschule Esslingen überreichte ihren Archivbestand dem Staatsarchiv Ludwigsburg. Alle Dokumente, Pläne, Zeichnungen und Fotomaterialien vergangener Jahre sind nun in Ludwigsburg archiviert. Interessierte können im Internetverzeichnis die Dokumente der Geschichte auffinden und beim Staatsarchiv Ludwigsburg einsehen. Würden die Regale des Staatsarchivs Ludwigsburg in einer Reihe aufgestellt, so reichten diese von Ludwigsburg bis nach Plochingen, gut 36 km. Die Unterlagen der Hochschule Esslingen füllen davon beachtliche 40 Meter. 

Als vor zwei Jahren die Oberarchivrätin des Staatsarchivs Ludwigsburg, Dr. Elke Koch, die Hochschule Esslingen besuchte und die Registratur betrat, war ihr gleich klar, dass hier einmalige Dokumente zur Hochschulgeschichte lagen. Wahre Schätze brachte sie aus den Tiefen des Archivs zu Tage. Darunter auch Unterlagen der Königlichen Baugewerkeschule aus den Anfangsjahren 1868. Als die \“Schule für Maschinenbau\“ im Jahr 1914 von Stuttgart nach Esslingen umzog, hatte wohl ein Professor die Unterlagen mitgenommen und in Esslingen gelagert. \“Ein Glücksfall\“, bescheinigte Koch, denn sonst wären die Unterlagen im Zweiten Weltkrieg zerstört worden. \“Es handelt sich mit Sicherheit um einen herausragenden Bestand. Es gibt nicht viele Ingenieurschulen, über deren Geschichte so viel erhalten und zugänglich ist\“, so Koch weiter. Auch die Ordner des Kommerzienrates Paul Dick, der sich für die Verlegung der \“Abteilung Maschinenbau\“ nach Esslingen im Landtag von Stuttgart und im Gemeinderat der Stadt Esslingen stark machte, sind vollständig erhalten. So kommt es, dass die Hochschule für Technik in Stuttgart bei ihrem Ableger, der Hochschule Esslingen, nach ihren Wurzeln schauen muss. 

\“Wenn wir so einen Schatz bergen können, dann machen wir uns gleich an die Arbeit.\“, sagte Ute Bitz, die für die Bearbeitung des Bestands im Staatsarchiv verantwortlich war. So konnte eine Delegation der Hochschule Esslingen bei einem Besuch im Staatsarchiv nun die fein säuberlich archivierten Dokumente bestaunen. Es gibt zwar Universitäten, die eigene Archive haben, eine systematische Archivierung der Unterlagen einer Fachhochschule bis zu den Anfängen der Industrialisierung gab es bisher in dieser Form noch nicht. Das freut die Hochschule Esslingen besonders, denn nun sind alle Dokumente fachgerecht gelagert, im Internet recherchierbar und damit für alle zugänglich, die sich mit der Geschichte der Hochschule Esslingen befassen wollen. So findet man im Findbuch die Vorlesungsmitschriften des Studenten Kaiser in Mechanik aus den Jahren 1903 bis 1904, die Denkschrift über den Bedarf an Ingenieuren von 1957, den Lebensweg und -werk eines der Pioniere der Kraftfahrzeugtechnik, Prof. Dr.-Ing. E. h. Heinrich Buschmann und vieles mehr. Auch Schriftstücke der Verbindungen und des Vereins der Freunde der Hochschule Esslingen dokumentieren die jahrelange – teilweise über 100 Jahre alte – Verbundenheit zur Hochschule.

Vor allem die 1150 fragilen Glasplatten und 800 Dias sind außergewöhnliche Relikte aus der Anfangszeit des Ingenieurwesens. Jede einzelne Glasplatte mit Zeichnungen, z. B. des Lokomobils, ist archiviert und im Findbuch ermittelbar. Wer zum Beispiel wissen möchte, wie das Lehrerkollegium der Königlich Württembergischen Höheren Maschinenbauschule von 1915 bis 1921 aussah, kann hier eine Einsicht beantragen und sich die Unterlagen im Lesesaal des Staatsarchivs zu Gemüte führen. 

Dr. Peter Müller, leitender Archivdirektor, dankt der Hochschule Esslingen für die Überlassung. \“Es ist das Kulturgut zukünftiger Generationen, das wir hier bewahren. Vieles wird schon in den Behörden aus Unkenntnis vernichtet, vielleicht mehr als durch Kriege und Katastrophen\“, so Müller. \“Aber irgendwo hat mancher Behördenmitarbeiter doch das richtige Gespür und weiß, dass er etwas Wichtiges im Keller liegen hat.\“ Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hochschule Esslingen und ihre Vorgänger hatten wohl über viele Jahre hinweg das richtige Gespür, was Kulturgut ist. So liegen nun die Senatsprotokolle, Zeugnisse, Lehrpläne ganz in der Nähe solch historischer Dokumente wie der Bulle des Papst Johannes XXII aus dem Jahr 1334 oder einer Urkunde des Königs und späteren Kaisers Maximilians I aus dem Jahr 1498. 

Kontakt
Staatsarchiv Ludwigsburg
Arsenalplatz 3
71638 Ludwigsburg
Tel.: 07141 / 18 – 6310
Fax: 07141 / 18 – 6311
staludwigsburg@la-bw.de 

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft, 18.3.2009

Der Vertrag von St. Germain und seine Folgen für Österreich

Im Kärntner Landesarchiv läuft zur Zeit die Ausstellung „Der Rest ist Österreich. St. Germain und die Folgen“, die am 1. April 2009 eröffnet wurde. Vor 90 Jahren wurde im Pariser Vorort St. Germain die Habsburgermonarchie endgültig aufgeteilt. Wilhelm Wadl, Direktor des Kärntner Landesarchivs, wies bei der Eröffnung noch einmal auf die große Auswirkung des Vertrages hin, denn damals wurden die Grenzen Österreichs bis ins letzte Detail festgelegt. Die am 12. November 1918 gegründete Republik Österreich erhielt nur einen Teil der mehrheitlich deutschsprachigen Teile Österreich-Ungarns. Tirol und die Steiermark wurden zerteilt, Kärnten drohte ein ähnliches Schicksal, konnte die Landeseinheit aber durch die Volksabstimmung vom 10. Oktober 1920 weitgehend bewahren. Die Ausstellung behandelt alle Grenzfragen im westlichen Teil der ehemaligen Habsburgermonarchie einschließlich Westungarns (Burgenland), geht aber auch ausführlich auf den von vielen ersehnten Anschluss an Deutschland ein und dokumentiert die entsprechenden Agitationen und Abstimmungen in einzelnen Bundesländern.

Den Grundstock der Ausstellung bilden die reichhaltigen Bestände von \“Zeit an der Wand\“ aus dem Österreichischen Plakatmuseum, das Dr. Erik Eybl in jahrzehntelanger Sammeltätigkeit aufgebaut hat. Er hob denn auch die große Bedeutung der Plakate als Propagandamittel hervor, die sie vor 90 Jahren besaßen. Aus diesem Grunde wurden die Plakate auch oftmals von bekannten Künstlern gestaltet und können heute durchaus als wertvolle Kunstwerke angesehen werden. Die Ausstellung kann Montags bis Donnerstags von 8 bis 12 Uhr und von 13 bis 15.30 Uhr bis zum 10. Juli 2009 besichtigt werden. Begleitend zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen.

Kontakt
Kärntner Landesarchiv
St. Ruprechter Straße Nr. 7
9020 Klagenfurt
Tel.: 0463 / 56 2 34 – 14 
Fax: 0463 / 56 2 34 – 20
post.landesarchiv@ktn.gv.at 

Quelle: Ausstellungen Kärntner Landesarchiv;  ORF, 3.4.2009

Fraunhofer-Institut kann bei Rekonstruktion von Kölner Archivgut helfen

Hilfe bei der Rekonstruktion der durch den Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln zerstörten Dokumente haben der Stadt Köln die Fraunhofer-Institute "Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik\“ (IPK) in Berlin und "Intelligente Analyse- und Informationssysteme\“ in Sankt Augustin angeboten.

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass etwa 250 bis 300 Wannen, gefüllt mit Fragmenten von Archivalien unterschiedlicher Art, darauf warten, wieder zusammengesetzt zu werden. Erfahrungen im Ungang mit solchen Verfahren hat das Fraunhofer-Institut in Berlin bei der Rekonstruktion der Stasi-Unterlagen gesammelt, die kurz nach der Wende in großen Mengen geschreddert oder zerrissen worden waren. Im Fall des Kölner Stadtarchivs kommt erschwerend hinzu, dass es sich um teilweise ein- oder doppelseitig beschriebene Dokumente aus unterschiedlichen Materialien und aus verschiedenen Jahrhunderten handelt.

Dr. Bertram Nickolay, Abteilungsleiter Sicherungstechnik beim Fraunhofer-IPK in Berlin, sieht die Herausforderung für sein Institut vor allem in der Breite von Materialtypen und Objektzuständen. Für eine Massendigitalisierung der Kölner Fragmente müssten deshalb neue Wege beschritten werden. Die vorhandenen Verfahren seien dagegen grundsätzlich geeignet, um die eingescannten Bruchstücke wieder virtuell zusammenzusetzen.

Ein Folgetermin in Berlin zur Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Fraunhofer IPK und dem Historischen Archiv ist bereits vereinbart. Gemeinsam erstellen die beiden Einrichtungen zunächst eine Machbarkeits- und Konzeptstudie. Auf dieser Basis könnten die IPK und Archiv bei der Rekonstruktion des zerstörten Archivgutes zusammenarbeiten.

Das Fraunhofer Institut in Sankt Augustin prüft derzeit zusätzlich, wie die Mikrofilme aus der Sicherungsverfilmung digitalisiert werden können, um möglichst bald einen digitalen Lesesaal aufzubauen. Damit wäre die Geschichtsforschung anhand von Mikrofilmen für einen großen Teil der reichsstädtischen Zeit bis 1794 und in Teilen für das 19. Jahrhundert schon kurzfristig wieder machbar.

Quelle: Stadt Köln, Pressemitteilung, 9.4.2009