Ausstellung zu den 96 Wappen der Vorarlberger Gemeinden

Aus Anlass des Jubiläumsjahres \“200 Jahre Gemeindeorganisation in Vorarlberg 1808-2008\“ hat das Vorarlberger Landesarchiv eine Ausstellung über die 96 Vorarlberger Gemeindewappen gestaltet, die am Montag, 16. Juni 2008, von Landeshauptmann Herbert Sausgruber feierlich im Montfortsaal des Landhauses eröffnet wurde. "Wappen sind Erkennungszeichen und Symbole der Orientierung, die für eine Gemeinschaft wesentlich zur Identifikation beitragen können\“, betonte Landeshauptmann Sausgruber. Die Ausstellung \“96 Gemeindewappen – Hoheitszeichen und Bürgerstolz" beschäftigt sich mit der Entstehung der Gemeindewappen in Vorarlberg. Gleichzeitig vermittelt die Ausstellung auch Einblicke in die Entwicklung der Gemeindeidentitäten. \“Die Gemeindenwappen symbolisieren die Einzigartigkeit und das Besondere jeder Gemeinde\“, so Sausgruber. Die Städte Feldkirch und Bludenz siegelten bereits um das Jahr 1320 selbstbewusst mit eigenem Wappen. 1529 konnte die Stadt Bregenz gleichziehen. Einige der neuen Gemeinden legten sich selber Wappen zu. Verleihungen durch den Kaiser kamen erst mit den Stadt- und Markterhebungen ab 1901 wieder in Mode. Seit 1926 ist die Landesregierung dafür zuständig. 1965 verpflichtete sie der Landtag, sämtlichen noch ausständigen Gemeinden ein Wappen zu verleihen. Die letzten erhielten im Dezember 1970 ihre Hoheitszeichen. Die Ausstellung ist bis zum 4. Juli werktags von 8 bis 18 Uhr in der Eingangshalle des Landeshauses in Bregenz zu besichtigen. Für Interessierte besteht die Möglichkeit, sich im Internet näher zu informieren. 

Kontakt
Vorarlberger Landesarchiv
Kirchstraße 28
A-6900 Bregenz
Tel.: +43 (0) 5574 / 511 – 45010
Fax: +43 (0) 5574 / 511 – 45095
alois.niederstaetter@vorarlberg.at

Quelle: Presse Vorarlberg, 17.6.2008

Arnold Ruge und der Start in die Informationsgesellschaft

Als Rebell und Revolutionär, kritischer Publizist, Literat und Philosoph, Zentralfigur des deutschen Vormärz, Herausgeber der Halleschen und Deutschen Jahrbücher mit Theodor Echtermeier 1838-1845 und der Deutsch-Französischen Jahrbücher in Paris mit Karl Marx 1844 ist Arnold Ruge in die Geschichtsbücher eingegangen. Er dachte als Europäer und Demokrat quer zur Mehrheitsmeinung des Parlaments in der Paulskirche. Für ihn war ein demokratisches Deutschland nur innerhalb der Familie freier europäischer Völker denkbar. Der 1802 auf Rügen geborene Ruge studierte in Halle Philologie, und habilitierte sich dort über Platons Ästhetik, kam 1824 wegen Mitgliedschaft in der Burschenschaft in Festungshaft, ging dann über die Schweiz nach Paris. 1848 gehört Ruge als liberaler Abgeordneter aus Breslau zum Paulskirchenparlamet, gründet die bald verbotene Zeitung \“Die Reform\“ und nimmt aktiv an der Berliner Revolutionsbewegung 1848/49 teil, geht dann ins Exil zunächst nach Paris, später ab 1850 nach Brigthon, wo er 1880 im Alter von 78 Jahren stirbt. 

Er wäre erstes deutsches Staatsoberhaupt geworden, berichtet der preußische Geheimdienst nach dem Scheitern der Berliner Revolution 1849 über Arnold Ruge, dem führenden Vertreter der Liberalen im Frankfurter Paulskirchenparlament. Doch das Parlament zog es letztlich vor, dem preußischen König die Krone anzubieten. Nicht nur diese Hintergrundinformation liefert bislang unbekanntes Material aus dem erst nach dem Mauerfall zugänglichen Preußischen Geheimen Staatsarchiv Berlin. Es erweitert auch den Blick auf das damalige politische Geschehen, jetzt nachzulesen in den Bänden eins und fünf der seit 1985 von Prof. Dr. Hans-Martin Sass (Institut für Philosophie, Bochum, Washington DC) herausgegeben zwölfbändigen Reihe \“Arnold Ruge, Werke und Briefe\“. Damit stehen nun insgesamt neun Bände zur Verfügung.

Band 1: Ruge gestaltet Kommunikationskultur

Arnold Ruge war als Student in der freiheitlichen demokratischen burschenschaftlichen Studentenbewegung aktiv und wurde deshalb für mehrere Jahre zu Gefängnis- und Festungshaft verurteilt. Vor der Verurteilung musste er 1824 Klausurarbeiten zu den Themen \“Über Wort und Treue\“ und \“Volksentscheid ist durch keine Verbindung Einzelner zu erreichen\“ sowie vor der Prüfung auf vorzeitige Entlassung 1826 zum Thema \“Nähere Beleuchtung des Verhältnisses zu dem Bunde und der Art, wie ich in denselben verwickelt war\“ schreiben. Neben diesen unter Aufsicht verfassten Schriften enthält der erste Band frühe Dichtung und die \“Ästhetik des Komischen\“, angefügt ist zudem eine Bibliographie der Schriften Ruges. Wie kaum ein anderer Literat, Philosoph, Journalist und Politiker seiner Zeit nutzt Ruge ein breites Spektrum von Informations- und Aufklärungsmedien und gestaltet dabei die Kommunikationskultur einer sich entwickelnden Informationsgesellschaft mit. 

Band 5: Ruges Blick auf die \“linke Szene\“

Mit dem Band fünf der Reihe wird nun erstmals auch das Zensurgutachten zu Ruges harmlos klingender Schrift von 1844 \“Zwei Jahre in Paris\“ veröffentlicht. Sie ist jedoch eine detaillierte Darstellung der französischen sozialistischen und kommunistischen Bewegungen und kritisiert die deutschen und insbesondere die preußischen politischen Zustände. Die preußischen Zensurbehörden erließen daraufhin eine Verfügung, nach der die Publikation umgehend und überall konfisziert werden musste. Grundlage des Erlasses war ein ausführliches Gutachten, das Ruge Seite für Seite kriminalisierte, indem es ihm Majestätsbeleidigung oder die Verunglimpfung Preußens zuschrieb. Auch dieses Gutachten, dass in der Einleitung zu Band fünf wiedergegeben wird, fand der Herausgeber im Preußischen Geheimen Staatsarchiv. Band 12 der Reihe ist für 2009 angekündigt mit bisher unveröffentlichten Briefen von und an Ruge zu den politischen und journalistischen Aktivitäten der demokratischen und liberalen Opposition im 19. Jahrhundert.

Info
Arnold Ruge, Werke und Briefe in 12 Bänden, Hg. v. Hans-Martin Sass.
Band 1: Gefängnisaufsätze, Frühe Dichtung, Ästhetik des Komischen; Band 5: Zwei Jahre in Paris 1843-1845. Bd. 1 und Band 5 hg. v. Juliane Brenscheidt und Hans-Martin Sass, Scientia Verlag, 2008.

Kontakt
Institut für Philosophie der Ruhr-Universität Bochum 
Prof. Dr. Hans-Martin Sass
Dr. Juliane Brenscheidt
Tel.: 0234 / 32 – 22750
Tel.: 0234 / 32 – 22749
SassHM@aol.com
juliane.brenscheidt@rub.de

Quelle: idw, 17.6.2008

Umstrittenes Haus der Identität und der Integration in Aachen

Erste Pläne für ein „Haus der Identität und der Integration“ in der alten Rheinnadel-Fabrik in Aachen sind im Dezember 2007 im Hauptausschuss vorgestellt worden. 380.000 Euro jährliche Miet- und Betriebskosten wurden veranschlagt, rund 1,2 Millionen Euro soll die Erstausstattung kosten. Die Instandsetzung allein wurde auf 3,4 Millionen Euro taxiert.

Mit dem vom Land NRW zu 80 Prozent zu fördernden „Haus der Identität“ stünde auch die Tür für einen Umzug des Stadtarchivs Aachen an den Reichsweg offen. Denn das Grashaus am Fischmarkt, der bisherige Standort des Stadtarchivs, soll baldmöglichst als tragendes Element der Route Charlemagne hergerichtet werden. Das Archiv würde dann ins geplante Zentrum für kulturelle und soziale Initiativen integriert werden. Die lang diskutierte Alternative, nämlich die Verlagerung des Stadtarchivs in den Bunker an der Lütticher Straße, wäre damit vom Tisch. 

Der komplizierte Coups ist allerdings unter den Politikern der Stadt umstritten, da die Kosten und die Bezuschussung sowie die jeweiligen Umbauzeiten noch unklar erscheinen.

Kontakt:
Stadtarchiv Aachen 
Fischmarkt 3
52062 Aachen
Tel.: +49 / (0)241 / 432-4972
Fax: +49 / (0)241 / 432-4979
stadtarchiv@mail.aachen.de

Quelle: Mathias Hinrichs, Aachener Zeitung, 11.6.2008, 18.6.2008

Online-Recherche in den Beständen des Stadtarchivs Ratingen

Das Stadtarchiv Ratingen bietet einen neuen Service an: Alle interessierten Bürgerinnen und Bürger können ab sofort rund um die Uhr im Internet in den verschiedenen Beständen des Archivs recherchieren. Bisher war dies nur während der Öffnungszeiten im Archiv möglich. Das Stadtarchiv Ratingen als Informations- und Dokumentationsstelle zur Stadtgeschichte verwahrt die schriftliche Überlieferung der Stadt Ratingen und verschiedener Vorgängerbehörden sowie auch Sammlungen wie zum Beispiel das städtische Bildarchiv. Die einzigartigen Bestände reichen von der Stadterhebung im Jahr 1276 bis in die unmittelbare Gegenwart. Es handelt sich dabei um Urkunden, Akten, Zeitungen, Fotos, Plakate und vieles mehr, die grundsätzlich öffentlich sind und von jedem Interessierten eingesehen und benutzt werden können. 

Die Recherche in diesen Beständen kann nun seit einigen Tagen über so genannte Online-Findbücher erfolgen. Die Benutzung und Einsichtnahme der Archivalien erfolgt weiterhin persönlich im Stadtarchiv. Bisher ist die Überlieferung der ehemaligen Ämter Angermund, Eckamp und Angerland sowie der Stadt Ratingen bis 1920 im Internet zu finden. In den nächsten Wochen und Monaten werden weitere Online-Findbücher eingestellt, so dass dann ein Großteil der Bestände zu recherchieren sein wird. Außerdem gibt es im Internetangebot weitere aktuelle Informationen über die Aufgaben des Stadtarchivs, Projekte und Veranstaltungen und natürlich über die Geschichte der Stadt Ratingen. Alle Inhalte werden kontinuierlich erweitert. 

Das neue Archivangebot wurde im Rahmen des nordrhein-westfälischen Archivportals realisiert, das im vergangenen Jahr eine neue Struktur erhielt und seitdem auch Recherchemöglichkeiten anbietet. Der Vorteil des Portals liegt darin, dass gleichzeitig auch in anderen kommunalen, staatlichen und privaten Archiven recherchiert werden kann. Das Stadtarchiv Ratingen möchte mit der Bereitstellung der Online-Recherche den Bürgerservice weiter ausbauen und das Archiv weiter nach außen öffnen. Für Hinweise und Fragen steht Stadtarchivar Joachim Schulz-Hönerlage gerne zur Verfügung.

Kontakt
Stadtarchiv Ratingen
Mülheimer Str. 47
40878 Ratingen
Tel.: 02102 / 550 – 4190 oder – 4191
Fax: 02102 / 550 – 9419
stadtarchiv@ratingen.de

Quelle: Pressemeldung Stadt Ratingen, 16.6.2008

Kriegs- und Nachkriegszeit in Bocholt

Der Gesprächskreis Bocholter Stadtgeschichte lädt am Donnerstag, 19. Juni 2008, ins Rathaus, Berliner Platz 1, ein zu einem Vortrag von Josef Wessels unter dem Titel \“Kriegs- und Nachriegszeit in Bocholt\“. Beginn ist um 18.30 Uhr im Raum \“Rossendale\“, Eintritt frei. Josef Wessels, geb. 1933, hat als Sohn eines Regimegegners der Nazis und späteren Rektors einer Bocholter Schule die Kriegs- und Nachkriegszeit des Zweiten Weltkriegs hautnah erlebt. Insbesondere sein Bericht über Ereignisse am Kriegsende 1945 rühren an ein bislang tabuisiertes Thema. Seine Nachkriegsgeschichte ist auch die eines erfolgreichen Bocholter Erfinders. Seine Erfindungen sind weltweit im Einsatz. Im Anschluss an das Referat ist Gelegenheit zur Diskussion. Moderator des Abends ist Stadtarchivar Dr. Hans D. Oppel. Der Gesprächskreis Bocholter Stadtgeschichte wird getragen vom Stadtarchiv Bocholt und der Volkshochschule Bocholt-Rhede-Isselburg.

Kontakt
Stadtarchiv Bocholt
Münsterstr.76
46397 Bocholt
Tel.: 02871 / 953 – 349
Fax: 02871 / 953 – 347
stadtarchiv@mail.bocholt.de 
dr.oppel@mail.bocholt.de 

Quelle: Pressemeldung Stadt Bocholt, 16.6.2008

Regionaltagung Süd der kirchlichen Archive am 2./3. Juni 2008 in Eisenach

Das Landeskirchenarchiv Eisenach stellte den kirchlichen Archiven aus Mittel- und Süddeutschland in großer Offenheit seine Erfolge und Probleme vor, um zur Erkundung neuer Pfade archivischen Arbeitens aufzurufen. Teil der Bemühungen um die gebührende Berücksichtigung des Landeskirchenarchivs in der landeskirchlichen Personal- und Finanzplanung ist das „Eisenacher Modell“, das verstärkt ehrenamtliche und fachfremde Mitarbeitende unter Leitung von Facharchivaren auch für archivarische Kernaufgaben einsetzt. Wie Dr. Hannelore Schneider, Margit Köppe und Hans-Günther Kessler in ihrem einleitenden Referat ausführten, erreichte Dr. Schneider seit ihrem Dienstantritt 2005 beim Landeskirchenamt der Ev.-Luth. Kirche in Thüringen die Zuordnung weiterer Mitarbeiter aus verschiedenen Arbeitsfeldern, unter ihnen auch Ehrenamtliche. Das Landeskirchenarchiv verfügt jetzt über eine wissenschaftliche Archivarin, einen Archivar (FH), einen Pfarrer, der alle genealogischen Benutzungen bearbeitet, sowie (in Teilzeitarbeitsverhältnissen) eine Archiv- und eine Verwaltungsangestellte. Dieser Stab leistet mit nebenamtlichen Archivpflegern die Archivarbeit in der gesamten Landeskirche. Das Landeskirchenarchiv Eisenach ist weiterhin nur mit 2,75 Planstellen ausgestattet. Angesichts wachsender Anforderungen, ausgereizter Magazinkapazität und Verzeichnungsrückständen bleibt den beiden Archivaren im Moment keine Zeit für die Kernaufgaben Bewertung und Verzeichnung. In der Sicherungsverfilmung z. B. hat das Landeskirchenarchiv bereits 7 der 18 Superintendenturen (Kirchenkreise) in Zusammenarbeit mit dem Thüringischen Hauptstaatsarchiv Weimar verfilmt. Zur Durchführung der Vorbereitungen leitet Kessler halbjährlich wechselnde Zeitarbeitskräfte und ehrenamtliche Mitarbeitende an. Er selbst wird von den Verhandlungen mit den Kirchgemeinden um die korrekte Durchführung der Sicherungsverfilmung zu sehr beansprucht, als dass er Kirchenbücher verzeichnen könnte. Einen interessanten Kontrast markierte Dr. Schneiders Kurzreferat über die Geschichte der thüringischen Archivpflege, die seit den 1920er Jahren eine solche Bedeutung erlangt hatte, dass 1938 dem zusätzlich zum Landeskirchenarchiv eingerichteten Landeskirchenarchivwart 16 Planstellen bewilligt worden waren. Wenngleich der Zweiten Weltkrieg diesen Ausbau der Archivpflege verhinderte, wurde das Nebeneinander von Landeskirchenarchiv und Landeskirchenarchivwart erst in der Nachkriegszeit beendet.

Ein neues Konzept zur Erschließung der Bestände des Landeskirchenarchivs wie der Kirchengemeindearchive stellte als ehrenamtlicher Mitarbeiter Dr. Johannes Michael Scholz vor, früher Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte, Frankfurt/Main. Es basiert auf Verzeichnung und Auswertung der Bestände der Kircheninspektion, der Superintendentur und der Kirchgemeinde Kaltennordheim. Er schlug vor, die Verzeichnung der Bestände mit ausführlichen typisierenden Beschreibungen von Amtsbüchern und Akten zu verbinden, die auf andere Pfarrarchive übertragbar sind und interessierten Ehrenamtlichen in der jeweiligen Gemeinde die Erschließung ihres Kirchengemeindearchivs ermöglichen. Dr. Scholz’ Auswertung von Kirchenrechungen des Eisenacher Oberlands zeitigte faszinierende Erkenntnisse zum kirchlichen Finanzwesen dieses Raums in der Frühen Neuzeit. Die Umsetzung auf der Gemeindeebene, die zu einer „Entdeckung neuer Formen von Gemeinsinn“ wie dem Angebot sinnvoller Arbeit an Ruheständler und Erwerbslose genutzt werden soll, steht noch aus. Auch die entstandenen Findbücher und Findhilfsmittel wurden nicht vorgestellt. Dr. Udo Wennemuth, Landeskirchliches Archiv Karlsruhe, bat um die Veröffentlichung des Beitrags in „Aus evangelischen Archiven“, damit eine fundierte Fachdiskussion möglich wird. Diese Aspekte des Eisenacher Modells entsprechen durchaus in einzelnen landeskirchlichen Archiven praktizierten Arbeitsformen.

Widerspruch löste jedoch der Beitrag des 2. stellvertretenden Direktors der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) Michael Lörzer aus: „UrMEL (University Multimedia Electronic Library) Digitalisierung und multimediale Aufbereitung an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek – (k)eine Lösung für Thüringer Kirchenbücher?“ Lörzer stellte dieses Portal der Friedrich-Schiller-Universität Jena, das u. a. ein Publikationsforum für Online-Zeitschriften und einen Hochschulschriftenserver umfasst, ausführlich vor. Unter Collections@UrMEL bietet es u.a. digitalisierte Sammlungen, die z. T. im Rahmen von DFG-Projekten erschlossen werden. Hier findet sich z. B. KORAX, das multimediale Archiv der Vereinigten Domstifter zu Merseburg und Naumburg und des Kollegiatstifts Zeitz. Das Thüringische Hauptstaatsarchiv Weimar präsentiert dort – gegen Beteiligung an den Kosten – Sammlungsgut wie z. B. Theaterzettel. Aktenbestände sind von der Digitalisierung grundsätzlich ausgeschlossen, wie Bettina Fischer, HStA Weimar, erläuterte.

Anders „Kirchenarchive in Jena“, das Online Kirchenarchiv der Superintendentur Jena. Es umfasst bislang hauptsächlich das Kirchengemeindearchiv Jena, soll aber die Archive weiterer Gemeinden einbeziehen. Lörzer schilderte vor allem das Rechtemanagement. Die im Internet angebotenen Metadaten der Archive in der Superintendentur Jena wurden nicht präsentiert, auch die Rechtsgrundlage und Arbeitsweise mussten die Tagungsteilnehmer in der Diskussion vom Referenten und dem Verantwortlichen bei der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Jena, Dr. Hagen Naumann, erfragen. Alle Kirchenbücher und Akten wurden unabhängig von zu beachtenden Schutzfristen von Mitarbeitern in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen vom Original digitalisiert. Ein sorgfältiges Rechtemanagement gewährt den Zugang zu den Digitalisaten nur Benutzern in der Superintendentur Jena und Wissenschaftlern und Studenten der FSU Jena in der Handschriftenabteilung der ThLUB. Über weitere Nutzer entscheidet allein die Superintendentur. Ein differenziertes Rechtemanagement für jede einzelne Akte ist möglich, auch Untermanager könnten angelegt werden. Eine direkter Zugang über das Internet ist möglich, im Moment jedoch nicht geplant. Die vorhandenen Schnittstellen könnten bei einer Anwendung für alle thüringischen Kirchenbücher dem Landeskirchenarchiv Eisenach eine Datenzugangsregelung ermöglichen.

Dr. Gabriele Stüber, Ev. Zentralarchiv Speyer, hinterfragte die Rechtsgrundlage für das isolierte, nicht mit dem Landeskirchenarchiv Eisenach abgestimmte Vorgehen in Jena. Die faktische Übergabe kirchlichen Archivguts an eine nichtkirchliche Einrichtung stehe im Widerspruch zum in der EKD geltenden Archivrecht. Sie stellte in Kürze das Kirchenbuchportal des Verbandes kirchlicher Archive vor, das die Nutzung erleichtern, aber verhindern soll, dass sich kommerzielle Kirchenbuchanbieter und die Mormonen Angaben für ihre Datenbanken beschaffen. Es wird ab 2009 auch Digitalisate bereitstellen. Diese Gesamtlösung sieht sie durch „Kirchenarchive in Jena“ in Frage gestellt, weil eine kirchliche Kontrolle der Nutzung nicht mehr gegeben ist. Ihre Befürchtung, dass faktisch kirchliches Archivgut einer nichtkirchlichen Einrichtung überlassen worden ist, bestätigten die Auskünfte auf die Fragen Bettina Fischers und Dr. Carlies Maria Raddatz’, Landeskirchenarchiv Dresden, zur dauerhaften Sicherung der Kirchenbücher und ihrer Digitalisate. Die erfolgreich fortschreitende landeskirchliche Sicherungsverfilmung hatte die Kirchengemeinde Jena nicht genutzt, auch eine Hybridverfilmung wurde nach Auskunft des Vertreters der Kirchengemeinde, Dr. Naumann, nicht vorgenommen. Die sog. Langzeitarchivierung der Digitalisate erfolgt ausschließlich über das Universitätsrechenzentrum der FSU, das für UrMel 30 Terabyte Speicherkapazität vorzuhalten und ständig zwei Mitarbeiter einzusetzen hat. Die Digitalisate werden als unkomprimierte Tiff-Dateien auf einem weiteren Server der Universität gespiegelt. Die dauerhafte Sicherung dieser bedeutenden kirchlichen Überlieferung ist damit nicht gegeben, Grundanforderungen der Bestandserhaltung wurden nicht beachtet [vgl. das gemeinsame Positionspapier der ARK-Fachausschüsse „Bestandserhaltung“ und „Sicherung und Nutzung durch bildgebende Verfahren – Fototechnik“ "Digitalisierung von Archivgut im Kontext der Bestandserhaltung", März 2008]. Rechtsgrundlage ist eine Kooperationsvereinbarung der ThULB mit der Superintendentur Jena; für einen förmlichen Vertrag mit der Universität ist – so Lörzer – die Superintendentur Jena ein zu kleiner Partner. Zur Wahrung des Datenschutzes konnten weder Lörzer noch Dr. Naumann präzise Angaben machen. Dr. Naumann begründete das Vorgehen mit dem ausschließlichen Interesse seiner Gemeinde, die Kirchenbücher vor weiterer Schädigung durch ständige, oft auch unbeaufsichtigte Benutzung zu sichern: „Wissenschaft interessiert uns feuchten Kehricht.“ Hier habe sich die Einbeziehung in UrMEL der Gemeinde angeboten, weil sie nichts kostete und keinen Personaleinsatz der Kirchengemeinde verlangte. Die ABM-Mitarbeiter scannten das kirchliche Archivgut in der ThLUB. Die zu erwartenden Nutzungsprobleme und die entgegenstehenden kirchlichen wie staatlichen archivrechtlichen Regelungen wären für seine Kirchengemeinde völlig irrelevant, da sie seinerzeit die Vereinbarung zu einer juristischen Bestätigung vorgelegt hätten. (Sie war nach Auskunft Dr. Schneiders „in Magdeburg“ genehmigt worden.) Dieser Gesprächsverlauf überzeugte alle anwesenden Archivare und Archivarinnen, dass UrMEL keinesfalls eine Lösung für thüringische Kirchenbücher sein kann. Im Gegenteil: weitere Projekte dieser Art sind durch eindeutige archivrechtliche Regelungen und die Stärkung der Position des Landeskirchenarchivs Eisenach als archivfachlich kompetenter Entscheidungsinstanz zu unterbinden.

Abschließend dankte Dr. Stüber im Namen aller Anwesenden der Ev.-Luth. Landeskirche in Thüringen für ihre Gastfreundschaft, die die ca. 30 Teilnehmenden zu ausführlichen Führungen im Lutherhaus und im Bachhaus und zu einem Abendessen durch Oberkirchenrätin Kallenbach eingeladen hatte. 2009 findet die Regionaltagung Süd in Karlsruhe statt. Themen sollen sein: das Kirchenbuchportal, Einsatz ehrenamtlicher Mitarbeiter, elektronische Aktenführung und Archivpädagogik.

Carlies Maria Raddatz, Dresden

DFG bewilligt Online-Erschließung der Urkunden der Reichsabtei Fulda für das Hessische Staatsarchiv Marburg

Archive haben nicht nur die Aufgabe, einen relevanten Quellenfundus für die historische Forschung zu bilden und authentisches Archivgut als Kulturgut für künftige Generationen zu bewahren, sondern auch den Auftrag, dieses Kulturgut der Wissenschaft wie der interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Das Hessische Staatsarchiv Marburg besitzt mit 122.000 Urkunden eine der größten Urkundensammlungen der öffentlichen Archive in Deutschland. Darunter ragt mit 2.400 Urkunden der Bestand des Stiftsarchivs der Reichsabtei Fulda als der bedeutendste und älteste heraus – er setzt ein mit einer der ältesten Pergamenturkunden im deutschsprachigen Kulturkreis aus dem Jahr 760. In Anbetracht seines Alters, der Überlieferungsdichte und seiner europäischen Dimensionen ist dieser Bestand einer der wichtigsten im deutschsprachigen Raum überhaupt.

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Abb.: Papst Zacharias teilt Bischof Bonifatius mit, daß er auf dessen Bitte das Kloster in Boconia an dem Flusse Fuldaha von jeder kirchlichen Oberhoheit eximiert und direkt unter den heiligen Stuhl gestellt habe, 751 (Abschrift). (Hess. Staatsarchiv Marburg)

Das Projekt verfolgt einen pragmatischen, jedoch für die Wissenschaft äußerst nutzbringenden und umfassenden Ansatz, der zwei Elemente miteinander verbindet: Zum einen sollen zu den Einzelstücken Vollregesten erstellt werden, die in einer Online-Datenbank über das Internet recherchierbar sind; zum anderen werden mit den elektronisch recherchierbaren Regesten digitale Abbildungen der Urkunden verknüpft, so dass sämtliche 2.400 Urkunden (Vorder-, Rückseite, Siegel) per Mausklick als Abbildungen nutzbar sind.

Geplant ist, das Stiftsarchiv der Reichsabtei Fulda innerhalb von gut zwei Jahren im Rahmen eines „work in progress“-Projekts mit Hilfe der Hessischen Archivdatenbank der staatlichen Archive in Hessen HADIS zu erschließen und so der historischen Forschung in vollem Umfang weltweit und zu jeder Zeit im Internet verfügbar zu machen.

Die DFG hat für das Projekt zwei wissenschaftliche Stellen (BAT IIa) für 27 Monate sowie Sachmittel zur Digitalisierung der Urkunden bewilligt.

Kontakt:
Hessisches Staatsarchiv Marburg
Dr. Steffen Arndt
Dr. Andreas Hedwig
Friedrichsplatz 15
35037 Marburg
Tel. 06421/92 50 -167
steffen.arndt@stama.hessen.de

Eine Vorschau ist unter www.hadis.hessen.de verfügbar.

Informationsportal »Zwangsarbeit im NS-Staat« des Bundesarchivs

Seit dem 1. April 2008 ist es Archiven und anderen Einrichtungen möglich, Bestände, die sich auf das Thema NS-Zwangsarbeit beziehen, in das Informationsportal \“Zwangsarbeit im NS-Staat\“ des Bundesarchivs einzutragen. Der Eintrag erfolgt über ein einfach und übersichtlich strukturiertes Online-Formular, das im Internet bereitgestellt wird. Die Einrichtungen erhalten jeweils eigene Zugangskennungen, so dass nur sie selbst ihre Eintragungen verändern können.

In einem ersten Schritt wurden die Archive, die am Online-Archivverbund zur Nachweisbeschaffung für ehemalige NS-Zwangsarbeiter teilgenommen hatten, angeschrieben. Zwischenzeitlich existieren 45 Einträge von Archiven, Gedenkstätten und Museen, in denen sie Auskunft über ihre einschlägigen Bestände geben. Die polnischen Staatsarchive bereiten ihre Einträge gerade vor.

Die wichtigsten Informationen enthalten die Felder \“Art und Inhalt der Unterlagen\“ (z.B. Schriftguttypen und inhaltliche Strukturierung des Gesamtbestands des Hauses) und \“Angabe der Bestände\“ (Nennung einzelner Bestände, ggf. mit differenzierteren Erschließungsangaben). Naturgemäß unterscheiden sich die Angaben in Umfang und Aussagekraft erheblich, da die Erschließungssituation in den einzelnen Häusern sehr unterschiedlich ist.

Der Nachweis archivalischer Bestände zur NS-Zwangsarbeit soll sich nicht auf das Gebiet des ehemaligen Deutschen Reichs beschränken, sondern die Archive der vom \“Ausländereinsatz\“ betroffenen Staaten mit einbeziehen. Dabei sollen auch die Kriegsgefangenen und der Einsatz in den besetzten Gebieten berücksichtigt werden.

Kontakt (u.a. zum Erhalt von Zugangskennungen):
Karsten Kühnel, M.A.
Wiss. Mitarbeiter
Bundesarchiv
Abteilung Deutsches Reich (R)
Informationsportal Zwangsarbeit im NS-Staat
Finckensteinallee 63
D-12205 Berlin
Tel.: 03018 7770-455
k.kuehnel@barch.bund.de
www.zwangsarbeit.eu
www.bundesarchiv.de/imperia/md/content/stab/ba_zwangsarbeiter_7.pdf

Quelle: Mailingliste Zwangsarbeit, 10.6.2008

5. Detmolder Sommergespräch am 27. August 2008

Das Personenstandsreformgesetz ist sexy: neue Perspektiven für die Genealogie, Geschichtswissenschaft, Archive und Standesämter

Wollten Sie schon mal die Lebensdaten Ihrer Tanten und Onkel herausfinden und scheiterten am Personenstandsgesetz? Oder benötigten Sie schon einmal für Ihre historische Forschung biografische Daten zu einer Person und scheiterten am Personenstandsgesetz? Nun wurde das Personenstandsgesetz geändert. Die Novellierung des Personenstandsgesetzes wurde seit Jahrzehnten von der Genealogie, der Familienforschung, der historischen Wissenschaft und von Archiven herbeigesehnt. Endlich ist es soweit: Ab 2009 gilt das Personenstandsreformgesetz (PStRG) in seinem ganzen Umfang. Dann fallen bislang unüberwindbare Forschungsgrenzen; und auf die Archive und Standesämter kommen neue Aufgaben zu.

Künftig werden die Standesamtsregister nach Ablauf fest gelegter Fristen an die zuständigen Archive abgegeben. Dies ist ein radikaler Einschnitt für die Standesämter, die Archive und die Forschung.

Beim 5. Detmolder Sommergespräch werden Behörden, Archive und Forschende über Inhalte, Auswirkungen und neue Möglichkeiten für die Familien- und Personengeschichte referieren, debattieren und zahlreiche offene Fragen klären.

Die Detmolder Sommergespräche richten sich an alle Interessierten. Im Vordergrund steht der Austausch von Wissenschaftlerinnen und Familienforschern, Archivarinnen sowie Vertretern der Behörden. Denn sie sind voneinander abhängig: Die einen produzieren das Schriftgut, das die anderen archivieren und für die Forschung bereit stellen; Wissenschaftler und Familienforscherinnen werten die Unterlagen bei ihrer Archivrecherche aus und stellen die Ergebnisse – online – der Forschergemeinschaft zur Verfügung. Die Sommergespräche sind daher eine gute Gelegenheit, um über unterschiedliche Perspektiven und gemeinsame Aufgaben und Standards zu diskutieren.

Alle Interessierten sind dazu eingeladen, am 27. August von 9.30 Uhr bis ca. 17.30 Uhr mitzudiskutieren und das Landesarchiv NRW Detmolder Staats- und Personenstandsarchiv von innen kennen zu lernen! Um Anmeldung wird gebeten.

Programm:

09.30-09.45 Uhr Begrüßung
Prof. Dr. Wilfried Reininghaus, Präsident des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen

09.45-11.00 Uhr 1. Sektion: Das Standesamt
Moderation: Dr. Bettina Joergens, Leiterin des Dezernats 
Personenstandsarchiv Detmold, LAV NRW

10.00-10.30 Uhr Personenstandsreformgesetz und Personenstandsverordnung
Detlef Dohmen, MR, Innenministerium Nordrhein-Westfalen

10.30-11.00 Uhr Standesämter im Umbruch: Veränderungen, Erwartungen und Möglichkeiten nach der Novellierung
Andreas Brune, Fachverband der Standesbeamtinnen und Standesbeamten Westfalen-Lippe e.V. / Standesamt Lemgo

11.00-11.30 Uhr Kaffeepause

11.30-12.45 Uhr 2. Sektion: Das Archiv
Moderation: Dr. Marcus Stumpf, 
Leiter des LWL-Archivamtes für Westfalen

11.45-12.15 Uhr Das Personenstandsreformgesetz aus archivfachlicher und archivpolitischer Sicht: Umsetzung in den Bundesländern
Dr. Bernd Kappelhoff, Präsident des Niedersächsischen Landesarchivs 

12.15-12.45 Uhr Das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen und das Personenstandsreformgesetz: Übernahme, Benutzung und Recherche
Dr. Bettina Joergens

12.45-14.45 Uhr Mittagspause

14.45-15.45 Uhr Führungen durch das Archiv und die Werkstätten (insgesamt 3 Führungen)

15.45-17.00 Uhr 3. Sektion: Die Forschung
Moderation: Dr. Julia Paulus, LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte in Münster / Universität Münster 

16.00-16.30 Uhr Die Genealogie vor neuen Möglichkeiten: Forschungsperspektiven, Erwartungen und Quellenwert anhand ausgewählter Beispiele 
Volker Wilmsen, Westfälische Gesellschaft für Genealogie und Familienforschung, Münster

16.30-17.00 Uhr Neue Perspektiven für die historische Forschung dank des PStRG
Prof. Dr. Angelika Schaser, Universität Hamburg

17.00-17.30 Uhr Abschlussdiskussion 

Info:
5. Detmolder Sommergespräch
Datum: 27. August 2008
Landesarchiv NRW Staats- und Personenstandsarchiv Detmold
Willi-Hofmann-Straße 2
32756 Detmold
Tel.: 05231/766-0
Fax: 05231/766-114
stadt@lav.nrw.de 
www.lav.nrw.de

Organisation: Die Detmolder Sommergespräche sind eine Veranstaltung des Landesarchivs NRW Staats- und Personenstandsarchiv Detmold
Sie können Informationsmaterial auslegen und Datenbanken präsentieren (es wird gebeten, dies vorher anzumelden).

Tagesausstellung »Der Codex Eberhardi« in Fulda

Vor wenigen Wochen hat die Historische Kommission für Hessen den dritten und letzten Band der Edition des Codex Eberhardi, den lange erwarteten umfangreichen Index, publiziert. Mit der Edition des Codex Eberhardi des Klosters Fulda und dem Index dazu wird erstmals die vollständige Ausgabe einer der wichtigsten Quellen zur Geschichte Fuldas im frühen und hohen Mittelalter vorgelegt.

Entstanden ist der Codex in Fulda zur Zeit Abt Markwarts (1150-1165) auf Initiative einzelner Konventsmitglieder. Schreiber war der Mönch Eberhard. Seine Pergamentschrift ist eines der aufwendigsten und umfangreichsten Kopialbücher des hohen Mittelalters überhaupt; sie besteht aus zwei Bänden von insgesamt 740 Seiten und ist reich mit Buchschmuck ausgestattet.

Zum Inhalt hat sie Abschriften aus dem Klosterarchiv: Papst-, Kaiser- und Privaturkunden von der Gründung des Klosters 744 an sowie urbarielle Aufzeichnungen. Besonders wichtig sind Eberhards regestenartige Kurzfassungen oder „Summarien“ der acht karolingischen Traditionscodices, deren Originale bis auf ein Cartular heute verloren sind. Diese Schenkungslisten enthalten Nachweise über den riesigen Grundbesitz des Klosters, der sich bereits im 9. Jahrhundert von Friesland bis Schwaben und vom Elsass bis Thüringen erstreckte; sie enthalten zahlreiche Ersterwähnungen deutscher Ortschaften.

Nicht ganz unproblematisch ist diese Quelle allerdings: Eberhard hat seine Vorlage teilweise überarbeitet, sie gelegentlich verfälscht, ja einige Urkunden selbst erfunden; daher gilt sein Werk als „Gipfel der Unzuverlässigkeit“. Anhand der nun vorgelegten Edition und des minutiösen Index wird es möglich, Eberhards Arbeitsweise genauer auf die Spur zu kommen. Über seine Absichten äußert sich der Fuldaer Mönch mehrfach: Sein Codex soll in erster Linie „Propagandamittel“ sein zur Abwehr weltlicher Übergriffe auf sein Kloster.

Der Codex Eberhardi ist eine wichtige Arbeitsgrundlage für den Mittelalter-Forscher, insbesondere für Kirchen-, Rechts-, Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte, für Landes- und Ortsgeschichte so wie für die Urkundenforschung.

Der Abschluss der Edition bietet die einmalige Gelegenheit, einige der schönsten und für die fuldische Geschichte interessantesten Blätter dieser berühmten Handschrift des Mönchs Eberhard von Fulda im Vonderau Museum auszustellen.

Die Handschrift wird für die Öffentlichkeit nur am 11. Juni 2008 von 10.00 bis 19.00 Uhr im Rahmen der Dauerausstellung im Vonderau Museum zu sehen sein (Eintritt: 3,00 €)

Info:
Festvortrag zur Tagesausstellung \“Der Codex Eberhardi"
Mi. 11.06.2008, 19.00 Uhr
Der Codex Eberhardi
Referent: Dr. Heinrich Meyer zu Ermgassen

Der Codex Eberhardi. Erster und zweiter Band: Textedition, dritter Band: Index.
Herausgegeben und bearbeitet von Heinrich Meyer zu Ermgassen (Veröffentlichung der Historischen Kommission für Hessen Bd. 58/1-3)
1. Bd. XVIII und 338 S., 1995, ISBN 2-7708-1044-9. € 32,00
2. Bd. XIV und 362 S., 1 farbige Abb., 1996, ISBN 3-7708-1059-7. € 32,00
3. Bd. XXVI und 421 S., 2007, ISBN 978-7708-1313-1. € 32,00
Bd. 1-3 zusammen € 78,00

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