Österreichischer Archiv- und Historikertag, Innsbruck 19.-23. September 2005

Erstmals seit 34 Jahren fand der österreichische Archiv- und Historikertag wieder in Tirol statt. Als Tagungsort dieses vom Tiroler Landesarchiv organisierten Kongresses diente das CONGRESS Innsbruck im Zentrum der Landeshauptstadt. Der Archivtag am Montag, den 19. September, der von rund 150 Archivaren besucht wurde, widmete sich heuer Ausbildungsfragen: „Der nichtakademische Archivar. Die Ausbildung in Österreich und seinen Nachbarstaaten“. Acht Referenten aus Deutschland, der Schweiz, Italien und Österreich beleuchteten die Ist-Situation in ihren Ländern. Dabei wurde deutlich, dass die archivische Ausbildung in Deutschland mit den Einrichtungen in Marburg, Potsdam und München als vorbildhaft gelten kann. In Italien, der Schweiz und Österreich existieren zwar sehr gute Ausbildungsstätten für den akademischen Archivar, für die nichtakademische Ebene herrscht jedoch weitgehend das Prinzip „Learning by doing“ vor. Die Vorträge sowie die angeregte Diskussion zeigten allerdings auch verschiedene Bemühungen in den einzelnen Ländern auf, dieses Manko zu beheben. Dabei wurde jedoch klar, dass für Kleinstaaten wie Österreich mit seinen föderalen Strukturen im Archivwesen eine zentrale Ausbildungsstätte eine nur schwer zu realisierende Variante bleiben wird; weiterhin wird der Ausbildung vor Ort die größte Bedeutung zukommen, wobei der VÖA koordinierend und archivübergreifend dabei Hilfestellung leisten sollte. In der Generalversammlung des Verbandes österreichischer Archivarinnen und Archivare wurde der Direktor des Steiermärkischen Landesarchivs Josef Riegler zum neuen Präsidenten gewählt; er löst damit Peter Csendes vom Wiener Stadt- und Landesarchiv ab.

\"Österreichischer

Das Generalthema des österreichischen Historikertages lautete: Von Stadtstaaten und Imperien. Kleinterritorien und Großreiche im historischen Vergleich. Angesichts der Erweiterung der Europäischen Union auf 25 Staaten und eines möglichen Beitritts der Türkei eine Fragestellung mit starkem Gegenwartsbezug. Rund 350 Archivare und Historiker konnten von den Veranstaltern als Teilnehmer willkommen geheißen werden. Bei der Eröffnung am Dienstag, den 20. September, betonten sowohl der Bundespräsident als auch der Bundeskanzler in ihren Grußworten den unverzichtbaren Beitrag, den die historischen Wissenschaften für die heutige Gesellschaft leisten. Nach der Eröffnung des Kongresses durch den Landeshauptmann von Tirol und dem mit starkem Applaus bedachten Einführungsvortrag des Innsbrucker Althistorikers Reinhold Bichler (Das Imperium und seine Historiker. Ein antikes Lehrstück?) wurde in insgesamt 19 Sektion von der Ur- und Frühgeschichte bis hin zur Zeitgeschichte, von der Heraldik bis hin zur Medienkunde, das Generalthema eingehend behandelt und diskutiert. Die gedruckten Referate sollten Ende 2006 in einem eigenen Tagungsband vorliegen. Als Zusatzangebot des Kongresses präsentierten neun Firmen aus dem Bereich der Archivtechnik sowie vier wissenschaftliche Verlage ihre Produkte während des Archiv- und Historikertages. Die Brücke von der Geschichte zur Gegenwart schlug der ehemalige Nationalratspräsident Heinrich Neisser mit seinem beeindruckenden Abendvortrag „Small is beautiful – die Rolle von Kleinstaaten im europäischen Integrationsprozess“, der am Mittwoch, den 21. September, vor dem Empfang des Landes Tirol in der Orangerie des CONGRESS Innsbruck stattfand.

Mit einer Exkursion am Freitag, den 23. September, nach Südtirol, bei der Schloss Tirol (Südtiroler Museum für Kultur- und Landesgeschichte sowie Stammsitz der Grafen von Tirol) und das Touriseum auf Schloss Trauttmansdorff (Südtiroler Museum für Tourismus) besucht wurden, endete die Tagung. Der nächste österreichische Archiv- und Historikertag wird 2008 in St. Pölten in Niederösterreich stattfinden.

Das Detailprogramm der Tagung sowie Fotos des Kongresses finden sich auf der Homepage des Tiroler Landesarchivs: http://www.tirol.gv.at/themen/kultur/landesarchiv/index.shtml 

Dr. Christoph Haidacher (Tiroler Landesarchiv)
C.HAIDACHER[at]TIROL.GV.AT

Archiv und Wirtschaft 3/2005

Das aktuelle Heft 3/2005 der Zeitschrift Archiv und Wirtschaft ist soeben erschienen und enthält mehrere Aufsätze, Berichte und Rezensionen nicht nur von wirtschaftsarchivischem Belang:

Aufsätze

  • Jürgen Reulecke: Erfahrungen bewahren: Archive als Orte von Erinnerungskulturen
  • Wolfgang Bender: Die Massenentsäuerung – eine Kernaufgabe der Bestandserhaltung in Archiven
  • Reinhard Altenhöner: Wege zur digitalen Vergangenheit von morgen: Wie sichern Bibliotheken die Langzeitverfügbarkeit digitaler Informationen?
  • Thomas Kosche: Grundlagen der sachgemäßen Behandlung musealer Objekte – Zusammenfassung

\"Archiv

Berichte

  • Horst A. Wessel: Ist das Unternehmensarchiv \“von öffentlichem Interesse\“ auch \“öffentlich zugänglich\“?
  • Jutta Kaun: Studienkonferenz \“Erfolgsfaktor oder Risiko? Vertrauen in der Wirtschaftsgeschichte\“ der Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv zu Köln, der Thomas Morus Akademie, Bensberg, und des Wirtschaftshistorischen Vereins zu Köln am 4. März 2005
  • Manuela Fellner-Feldhaus: Jahrestagung der Vereinigung deutscher Wirtschaftsarchivare e.V. (VdW) vom 1. bis 4. Mai 2005 in Essen
  • Veronique Töpel: Sächsische Wirtschaftsarchivare tagten in Dresden – Erfahrungsaustausch zu Erschließungsfragen
  • Bärbel Kern: \“Ein bisschen Detektiv sein gehört auch dazu…\“ – Girls Day 2005 im Company Archive von Kraft Foods
  • Michael Farrenkopf: Arbeitsgemeinschaft Archive der Leibniz-Gemeinschaft gegründet

Rezensionen

  • Stefanie Unger (Hrsg.): Archive und ihre Nutzer – Archive als moderne Dienstleister (Martin Burkhardt)
  • Christiane Brandt-Salloum (Hrsg.): Ministerium für Handel und Gewerbe. Spezialinventar. Nachtrag. Bearbeitet von Herbert Buck? (Wilfried Reininghaus)
  • Hans-Joachim Braun: Die 101 wichtigsten Erfindungen der Weltgeschichte (Evelyn Kroker)
  • Andreas Fahrmeir: Ehrbare Spekulanten. Stadtverfassung, Wirtschaft und Politik in der City of London (1688-1900) (Gert Kollmer-von Oheimb-Loup)
  • Stefan Przigoda: Unternehmensverbände im Ruhrbergbau. Zur Geschichte von Bergbau-Verein und Zechenverband 1858-1933 (Stefan Goch)
  • Anne Nieberding: Unternehmenskultur im Kaiserreich. J. M Voith und die Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co. (Horst A. Wessel)
  • Michael Farrenkopf: Schlagwetter und Kohlenstaub. Das Explosionsrisiko im industriellen Ruhrbergbau (1850-1914) (Gabriele Unverferth)
  • Wilfried Feldenkirchen (Hrsg.): Werner von Siemens, Lebenserinnerungen (Nadja Stulz-Herrnstadt)
  • Peter Hayes: Die Degussa im Dritten Reich. Von der Zusammenarbeit zur Mittäterschaft (Claus W. Schäfer)
  • André Eckard: Im Dienst der Werbung. Die Boehner-Film 1926-1967 (Kurt Schilde)

Verschiedenes

Impressum

Info:
Archiv und Wirtschaft, 38. Jg., 2005, H. 3
Jahresabonnement: 26 €
Einzelheft: 8 €
www.wirtschaftsarchive.de 

Kontakt:
Dr. Detlef Krause
COMMERZBANK AG
ZKV-Historische Dokumentation
Kaiserplatz
60261 Frankfurt am Main
Tel.: 069/136-23616
Fax: 069/136-23422
detlef.krause@commerzbank.com
www.commerzbank.de

Alte Archive – Neue Technologien

Zu einem hochkarätigen Kongress treffen sich Archivarinnen und Archivare aus ganz Europa in Österreich. Die Tagung unter dem Motto \“Alte Archive – Neue Technologien\“, die vom Diözesanarchiv St. Pölten, dem Institut zur Erschließung und Erforschung kirchlicher Quellen, dem Institut für Österreichische Geschichtsforschung sowie dem Österreichischen Staatsarchiv veranstaltet wird, findet von 19. bis 22. Oktober in Wien und Göttweig statt. Erwartet werden 150 Teilnehmer.

Ohne ihren Reichtum an Urkunden vom Mittelalter bis zur Neuzeit sei die historische, politische und kulturelle Identität Europas undenkbar, betont der Historiker und Kongressorganisator Thomas Aigner. Die Hüter dieser Archivalien werden während der Tagung Strategien diskutieren, wie dieser "Schatz" mit Hilfe neuer Medien, Digitalisierung und Vernetzung gehoben werden kann. Auf dem Programm stehen Referate von 24 Experten aus elf Ländern. Darunter sind die Leiter bedeutendster Archive aus Spanien, Dänemark, Bulgarien, Ungarn, Tschechien, Italien, Slowenien, Litauen, Deutschland, der Slowakei und Österreich. Sie präsentieren aktuellste Ergebnisse der Digitalisierung und vernetzten Veröffentlichung historischer Urkunden. Dieser Erfahrungs- und Wissensaustausch zielt auf eine verstärkte Zusammenarbeit europäischer Archive beim Einsatz neuer Technologien ab. Münden soll dies darin, historische Quellen vom Mittelalter bis zur frühen Neuzeit der breiten Öffentlichkeit digital anzubieten sowie Forschung einfach und schnell zu ermöglichen.

PROGRAMM

Mittwoch 19.10.2005, Schottenstift, Prälatensaal, Freyung 6, Wien
18.00 Uhr

Eröffnung: Lorenz Mikoletzky und Karl Brunner
Manfred Thaller (Uni Köln/D): Alte Archive — Neue Technologien: Einleitende Bemerkungen

Donnerstag 20.10.2005, Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Minoritenplatz 1, Wien
09.00 Uhr

1. Sitzung: Archive und Bibliotheken im Netz
09.00-09.40
Alfonso Sánchez Mairena (Subdirección General de los Archivos Estatales Madrid/ES)
Spanish archival experiences in the net: AER Project

09.40-10.10
Ruth Hedegaard (Hjorring/DK)
NOKS, a searchable, cultural, historical Database with contributions from Archives, Libraries and Museums. ALM co-operation in Denmark

10.10-10.40
Nikola Ikonomov u. Milena Dobreva (Akademie der Wissenschaften Sofia/BG)
Digitisation of Cultural and Scientific Heritage in Bulgaria: Challenges and Realities

10.40-11.00: Pause

11.00-11.30
Geza Erszegi (Ungarisches Nationalarchiv Budapest/H)
Zur Reproduktion von Urkunden. Die Bewahrung von Archivmaterial

11.30-12.00
Zdenék Uhliŕ (Tschechisches Nationalbibliothek Prag/CZ)
Virtuelle Repräsentation historischen Schriftmaterials: vielschichtige Daten — geeignete Benützeroberfläche

12.00-14.00: Mittagspause

2. Sitzung: Erfahrungen im Umgang mit dem digitalen Medium 
14.00-14.30
Paolo Buonora (Staatsarchiv Rom/I)
Parchments, maps and special materials in Italian archives: digitization and interoperability

14.30-15.00
Jure Volčjak (Arhiv Republike Slovenije Ljubljana/SL)
Digitalisierung von Archivdokumenten – Vorteil oder Nachteil

15.00-15.30
Nerute Kligiene (Vilnius/LT)
Content from Monasteries in Lithuania, Presented in Digital Space

15.30-15.50: Pause

15.40-16.20
Miklós Sölch (Budapest/H)
Die Digitalisierung der mittelalterlichen Urkunden in Ungarn

16.20-16.50
Thomas Fricke (Landesarchiv Stuttgart/D)
Möglichkeiten der Präsentation digitalisierten Archivguts im Internet

16.50-17.20
Stephan Kellner (Bayerische Staatsbibliothek München/D)
Digitalisierung und Fachportale —Die Strategie der BSB im Umgang mit neuen Technologien

17.20-17.30: Pause

3. Sitzung: Werkzeuge für die Erschließung 
17.30-18.00
Benjamin Burkard (Universität Köln/D)
Wikipedia in den Geisteswissenschaften? Kollaboratives Arbeiten am Beispiel mittelalterlicher Urkunden

18.00-18.30
Georg Vogeler (Uni München/D)
Charters Encoding Initiative (CEI). Zu Möglichkeiten der Integration mit Hilfe eines Standards für Urkundendigitalisierung

18.30-19.00
Andrea Bozzi (Pisa/I)
Digital libraries and scholarly editing: the SPWC system

Freitag 21. 10. 2005, Stift Göttweig

8.00 Abfahrt des Busses nach Göttweig (Universität Wien, Dr.-Karl-Lueger-Ring 1) 

8.30 Uhr 

4. Sitzung: Geistliche Netzwerke in Mitteleuropa
09.30-10.00
Tamás Dénesi (Abteiarchiv Pannonhalma/H)
Das Archiv der Erzabtei von Pannonhalma und sein Urkundenbestand

10.00-10.30
András Hegedüs (Primatialarchiv Esztergom/H)
Digitalisierungsprojekt des Primatialarchivs Esztergom

10.30-11.00
Jitka Křečková (Tschech. Nationalarchiv Prag/CZ)
Geistliche Archive im Nationalarchiv in Prag

11.00-11.30: Pause

11.30-12.00
Marta Melníková (Slowak. Nationalarchiv Bratislava/SK)
Kirchliche Archive im Slowakischen Nationalarchiv und elektronische Erschließung ihrer historischen Quellen

12.00-12.30
Hubert Schopf (Sbg. Landesarchiv Salzburg/A)
Das \’virtuelle\‘ Urkundenarchiv des Erzstiftes Salzburg

12.30-14.30: Mittagspause

14.30-16.00
Stiftsführung

16.00-18.00
Konzert und Präsentation von Monasterium.Net
Gutta Musicae (Prag/CZ) spielt Musik aus böhmischen und mährischen Handschriften

Samstag 22.10.2005, Schottenstift, Schottensaal, Freyung 6, 1010 Wien

9.00 Uhr

5. Sitzung: Archive im Zeitalter der Informationstechnologien — Erfahrungen und Perspektiven
09.10-09.40
Oliver Sander (Dt. Bundesarchiv Koblenz/D)
IT im Archiv – Herausforderungen und Perspektiven

09.40-10.10
Herbert Wurster (Archiv des Bistums Passau/D)
Die Kirchenbücher der Diözese Passau — Perspektiven der Digitalisierung

10.10-10.40
Josef Riegler (Steiermärkisches Landesarchiv Graz/A)
Digitalisierung mittelalterlicher Originalurkunden im Steiermärkischen Landesarchiv

10.40-11.00: Pause

11.00-11.30
Juraj ˇedivy (Comenius-Universität Bratislava/SK)
Digitalisierung der historischen Quellen in der Slowakei

11.30-12.00
Thomas Just (Österr. Staatsarchiv Wien/A)
Das Österreichische Staatsarchiv und sein Archivinformationssystem: Aufbruch zu neuen Standards

 

Quelle: ÖJ – Österreich-Woche, 11.10.-17.10.2005

Seit zehn Jahren Achimer Stadtarchivare

Das geschichtliche Schriftgut der Stadt Achim misst rund 30 Regalmeter. Seit zehn Jahren betreuen Karlheinz Gerhold und Günter Schnakenberg ehrenamtlich das Stadtarchiv Achim. Bürgermeister Christoph Rippich sprach ihnen jetzt seinen Dank aus und überreichte ein Buchgeschenk an die beiden Stadtarchivare, die in der örtlichen Geschichtswerkstatt und im Heimatverein Achim verwurzelt sind.

Fast 300 Personen nutzen im Jahr das Stadtarchiv Achim, meist Schülerinnen, Familienforscher und auch frühere Zwangsarbeiter. Schnakenberg und Gerhold haben das Schriftgut systematisiert, vieles veröffentlicht oder auch ausgestellt. So konnten sie zum Beispiel im letzten Jahr zum Tag der Archive die in Zusammenarbeit mit dem Heimatverein entstandene Ausstellung "Die Novemberrevolution 1918 in Bremen und Achim" präsentieren.

Kontakt:
Stadtarchiv Achim
im Rathaus Achim
Obernstr. 38 (Raum 170)
28832 Achim
Telefon 04202-9160-140
Fax 04202-9160-299

Öffnungszeiten:
Dienstag 16:30 Uhr bis 18:00 Uhr, Karlheinz Gerhold
Donnerstag 10:00 Uhr bis 12:00 Uhr, Günter Schnakenberg
(oder nach Vereinbarung)

Quelle: Achimer Kreisblatt, 12.10.2005

Wydenbruck im Musil-Archiv

Mit einer Zuwendung von 15.000 Euro durch die Privatstiftung Kärntner Sparkasse war das Musil-Institut der Universität Klagenfurt jetzt in der Lage, den Nachlass der Kärntner Schriftstellerin Nora Purtscher-Wydenbruck (1894-1959) für Kärnten zu sichern. Die Privatstiftung Kärtner Sparkasse ist u.a. bestrebt, Kärntner Identität und Geschichte zu erhalten und zu bewahren. 

Anfang Oktober 2005 wurde der Ankauf des Nachlasses im Musil-Archiv offiziell der Öffentlichkeit vorgestellt. Nora Purtscher-Wydenbruck wurde 1894 in London geboren und verbrachte ihre Kindheit auf Schloss Meiselberg bei Maria Saal (Kärnten). Mit ihrem Mann, dem Maler Alfred Purtscher ging sie nach Jahren in Pörtschach 1926 nach London, wo sie bis zu ihrem Tod lebte und wirkte. Nora Purtscher-Wydenbruck machte sich im englischsprachigen Raum einen Namen als Übersetzerin der Werke von Rainer Maria Rilke und Christine Lavant. Bei ihrem Tod hinterließ sie 1959 ein großes eigenständiges Werk und viele unveröffentlichte Texte, die nun wissenschaftlich bearbeitet und fachgerecht zugänglich gemacht werden können.

Kontakt:
Robert Musil Institut für Literaturforschung/Kärntner Literaturarchiv
Bahnhofstraße 50
A-9020 Klagenfurt
Tel.: ++43 (0) 463 2700 2900
Fax: ++43 (0) 463 2700 2999
musil@uni-klu.ac.at

Quelle: advantage.at, 12.10.2005

Diagnose »lebensunwert« – Ausstellung im Stadtarchiv Dieburg

Sie kamen aus schwierigen Familienverhältnissen, waren mehrfach in der Schule sitzen geblieben und von zu Hause abgehauen. Man bescheinigte ihnen asoziale Züge und ethische Gleichgültigkeit, steckte sie in Anstalten. Die Zwangssterilisation oder gar der „Gnadentod“ sollten verhindern, dass diese „sozial auffälligen“ und „nicht systemkonformen Elemente“ Familien gründen oder Kinder zeugten. Sie waren lebensunwert, und so zerstörte man ihr Leben. Das so genannte „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ (14.7.1933) war eine der ersten Maßnahmen, mit der das NS-Regime bereits 1933 seine menschenverachtende Rassenideologie auf eine ganze Bevölkerungsgruppe anwandte. 

Die Stoßrichtung des Sterilisierungsgesetzes lag in der \“Ausmerzung\“ von Krankheitsanlagen, was eine fundamentale Wende in der Gesundheitspolitik bedeutete. Dem Phänomen \’Krankheit\‘ sollte nicht mehr durch eine Verhütung von Erkrankungen, sondern durch die Verhütung kranker Menschen vorgebeugt werden, womit sich der Gegenstand präventivmedizinischer Bemühungen von der Krankheit auf den Kranken selbst verschob (Astrid Ley, 2004). Dieser Perspektivwechsel diente, neben dem langfristigen Fernziel der Beseitigung von Krankheitsanlagen aus dem Genpool der Nation, zugleich der Senkung der so genannten \“Fürsorgelasten\“, wie der Gesetzeswortlaut klarstellte. Eine formale Anknüpfung an rechtsstaatliche Verfahren durch die Errichtung der neuen \“Erbgesundheitsgerichtsbarkeit\“ diente in erster Linie der Suggestion von Rechtssicherheit durch das rechtsförmige Verfahren.

Von 1936 bis 1945 wurden etwa 250.000 körperlich und geistig Behinderte im Rahmen der NS-Euthanasie ermordet, etwa 400.000 Menschen wurden auf der Grundlage des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ zwangssterilisiert. Bis heute kämpfen Opfer um Rehabilitierung und die Annullierung dieses Gesetzes. Die Ausstellung „Lebensunwert – zerstörte Leben“, eine Wanderausstellung des „Bundes der ‚Euthanasie’-Geschädigten und Zwangssterilisierten“ e.V. (BEZ), die das Stadtarchiv Dieburg im November im Dieburger Rathaus präsentiert, erinnert an zwangssterilisierte und „Euthanasie-geschädigte“ Menschen, und zeigt die gesellschaftlichen Bedingungen auf, die zu ihrer Ausgrenzung, Verstümmelung oder Tod führten. 

„Die Ausstellung informiert nicht nur über ein dunkles Kapitel unserer Geschichte sondern greift auch hochaktuelle Themen auf,“ so Stadtarchivarin Monika Rohde-Reith. Denn auch die aktuelle Sterbehilfe-Debatte oder die gegenwärtige Entwicklung der Humangenetik und die Anstrengungen zur genetischen Verbesserung des Menschen sind angesprochen.

Die Ausstellung „Lebensunwert – zerstörte Leben“ wird am Freitag, 4. November um 19 Uhr von Bürgermeister Dr. Werner Thomas im Rathaus eröffnet und ist bis zum 25. November zu sehen.

Kontakt:
Stadtarchiv Dieburg und Archiv Löwengasse
Rathaus
Markt 4, Zimmer 206
D-64807 Dieburg
Tel.: (06071) 2002-206 
info@Dieburg.de

Weitere Informationen:
Bund der \“Euthanasie\“-Geschädigten und Zwangssterilisierten e.V.
Schorenstraße 12
D-32756 Detmold
Telefon: (05231) 5 82 02 
Telefax: (05231) 30 04 49

Zunftbuch aus St. Goar kehrt zurück

Ein mehr als 350 Jahre altes Zunftbuch aus St. Goar ist aus den USA an den Rhein zurückgekehrt. Wie das Landeshauptarchiv Koblenz mitteilte, galt das Buch seit langem als verschollen. Alliierte Soldaten hatten es nach dem Zweiten Weltkrieg mitgenommen. Erst vor kurzem habe ein früherer US-Armee-Angehöriger das wertvolle Archivstück im deutschen Generalkonsulat in Boston abgegeben – mit der Ziel, das Buch seinen rechtmäßigen Eigentümern zukommen zu lassen. Gestern überreichten Vertreter der Bundesregierung das hervorragend erhaltene „Zunft-Buch vom Jahr anno 1649 der Schneyderzunft zu St. Goar“ dem Landeshauptarchiv.

Die Schneiderzunft von St. Goar benutzte das Buch bis zum Jahr 1726 für wichtige Aufzeichnungen, etwa über ihre Mitglieder und Lehrlinge. Das Archivstück ist 96 Blatt stark und stellt eine wertvolle Quelle für die Geschichte der Wirtschaft und Bürgerschaft von St. Goar dar. Das alte Archiv der Stadt St. Goar ist seit 1983 im Landeshauptarchiv hinterlegt.

Kontakt:
Landeshauptarchiv Koblenz / Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz
Postfach 201047
56010 Koblenz 
Telefon: 0261-91290 
Fax: 0261-9129112 
post@landeshauptarchiv-ko.de

Quelle: Sächsische Zeitung, 12.10.2005

Meerbusch mit den Augen des Ikarus

Eine am 9. Oktober eröffnete Ausstellung des Stadtarchivs Meerbusch mit dem beziehungsreichen Titel \“Mit den Augen des Ikarus\“ präsentiert rund 350 Luftbilder des Meerbuscher Stadtgebiets. Die Aufnahmen stammen aus den Jahren 1913 bis 2004 und dokumentieren die städtebauliche Entwicklung Meerbuschs.

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Initiator und \“Macher\“ der Ausstellung ist der Meerbuscher Stadtarchivar Michael Regenbrecht. Gemeinsam mit Planern sowie Kartografie- und Denkmalschutz-Fachleuten des Technischen Dezernates hat er über Monate tausende Luftbilder aller Art gesichtet, sortiert und reproduzieren lassen. Ein schwieriges Unterfangen, galt es doch, Negative, Digital- und Mikrofilm-Aufnahmen ebenso wie vergilbte Papierfotos in moderne Großformat-Qualität zu bringen.

Das Material stammt unter anderem aus dem Stadtarchiv und dem Kreisarchiv Neuss, dem Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, dem Medienzentrum des Landschaftsverbandes Rheinland und aus den Beständen der Meerbuscher Stadtplaner selbst. Sogar im Landeshauptarchiv Rheinland-Pfalz in Koblenz wurden alte Aufnahmen aufgestöbert. Andere kamen vom Heimatkreis Lank, vom Meerbuscher Geschichtsverein und aus Privatbesitz.

Vertreten sind Aufnahmen aller Meerbuscher Stadtteile. \“Die Gegenüberstellung von einst und heute ist ungemein reizvoll und spannend\“, verspricht Stadtarchivar Regenbrecht, der sich wie sein Mitstreiter Frank Schmitter vom Fachbereich Planen und Bauen überzeugt zeigt, dass die Ausstellung ein Publikumsmagnet wird.

Kontakt:
Stadtarchiv Meerbusch
Karl-Borromäus-Str. 2a
40667 Meerbusch (Büderich)
Telefon 02132 / 769 680
archiv@meerbusch.de
 

Quelle: Frank Buschkämper, Westdeutsche Zeitung, 29.9.2005

Kreativ und mitdenkend – erster FAMI Archiv im Saarland

Bereits seit 2004 absolviert Florian Wagner im Stadtarchiv Saarbrücken eine Ausbildung zum Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste (FAMI), Fachrichtung Archiv. Er ist damit der erste FAMI dieser Richtung im Saarland und wurde für den Ausbildungsplatz unter fünfzig Bewerbern ausgewählt. Voraussetzungen für den Beruf seien, so erläutert Saarbrückens Archivleiterin Dr. Irmgard-Christa Becker gegenüber der Saarbrücker Zeitung, Interesse an Geschichte, Ordnungssinn, die Fähigkeit zu strukturieren und neben der Mittleren Reife eine gute Beherrschung der deutschen Sprache.

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(Abb.: Azubi Florian Wagner mit Kulturdezernent Walter Schwarz-Paqué und der Leiterin des Stadtarchivs Saarbrücken, Dr. Irmgard-Christa Becker; Foto: Stadtpressestelle)

FAMI-Azubi Wagner konnte in seinem ersten Ausbildungsjahr bereits tief in die Berufspraxis hineinschnuppern: Die Ausbildung sei abwechslungsreich und ganz und gar kein reiner Schreibtischjob. Derzeit verzeichnet Wagner Karten und Pläne, erfasst zudem die 33.000 historischen Dias aus Saarbrücken auf elektronischem Wege. Der angehende FAMI wird aber auch in der Benutzerbetreuung eingesetzt und erledigt Rechercheanfragen für Familienforscher aus dem ganzen Land.

Die Archivmitarbeiterinnen zeigen sich begeistert von ihrem jungen Kollegen, der selbständig, kreativ und mitdenkend agiert. Im Rahmen seiner Ausbildung absolviert Florian Wagner auch Praktika in anderen Einrichtungen, so in der Saarbrücker Stadt- und Universitätsbibliothek und beim Saarländischen Rundfunk. Der Berufsschulunterricht findet in Calw statt. Als Beschäftigter im Mittleren Dienst könnte der FAMI nach seinem Abschluss in Archiven und Bibliotheken größerer Städte und Gemeinden arbeiten, aber auch im Werksarchiv eines größeren Unternehmens. Florian Wagner ist sich bewusst, dass er sich in seinem Beruf bundesweit zu orientieren hat.

Kontakt:
Stadtarchiv Saarbrücken
Nauwieser Straße 3 
66104 Saarbrücken 
Telefon: 0681/905-1258
Fax: 0681/905-1215 
stadtarchiv@saarbruecken.de

Quelle: Silvia Buss, Saarbrücker Zeitung, 9.9.2005, B6

Archivlandschaft Mecklenburg-Vorpommerns online

Die Geschichte des Landes Mecklenburg-Vorpommern und seiner Vorläuferterritorien spiegelt sich in Urkunden, Amtsbüchern, Akten, Plakaten, Zeitungen und vielen anderen historischen Quellen wider. Die Horte dieser Schätze sind Landes-, Kreis-, Stadt-, Kirchen-, Universitäts- und weitere Archive, deren Gesamtheit die Archivlandschaft des Landes ausmacht. Der Landesverband Mecklenburg-Vorpommern des Verbandes deutscher Archivarinnen und Archivare e.V. (VdA) hat es sich schon bald nach seiner Gründung zur Aufgabe gemacht, die Erkundung dieser Landschaft zu erleichtern. Als Ergebnis dieser Bemühungen erschien 1996 die Publikation „Archivlandschaft Mecklenburg-Vorpommern“, die schnell vergriffen war und deshalb im Jahr 2000 eine aktualisierte Neuauflage erfuhr [Archivlandschaft Mecklenburg-Vorpommern. Ein Archivführer / hrsg. vom Landesverband Mecklenburg-Vorpommern des Vereins deutscher Archivare, Neubrandenburg 1996 (2. Aufl. Greifswald 2000)].

Mit deren sich abzeichnendem Ausverkauf sah sich der Landesverband vor die Frage gestellt, ob und wie der interessierten Öffentlichkeit künftig der erste Einstieg in die reichhaltige und vielfältige Archivlandschaft ermöglicht wird. Dabei war die Frage nach dem „Ob?“ aufgrund der anhaltend starken Nachfrage, aber auch aufgrund des öffentlichen Auftrags der Archive und nicht zuletzt aus eigenem Interesse schnell positiv beantwortet. Schwieriger gestaltete sich die Frage nach dem „Wie?“, galt es doch zwischen den Bedürfnissen einer möglicherweise eher traditionell orientierten Klientel und den Segnungen sich stetig verbessernder technischer Möglichkeiten abzuwägen. Den Ausschlag zugunsten letzterer, d.h. zugunsten zeitgemäßer Websites, gab nicht zuletzt der in Zeiten immer knapper werdender Mittel mehr denn je zu berücksichtigende Kostenaspekt. Im Ergebnis dieser Überlegungen steht seit Jahresbeginn die mit finanzieller Unterstützung des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern erschaffene „Archivlandschaft online“ zur Verfügung (www.vda.lvmecklenburg-vorpommern.archiv.net). Sie bietet in wiederum aktualisierter Fassung all’ die gewohnten Informationen aus den bisherigen Broschüren, mittlerweile für 52 Archive aus sieben verschiedenen Sparten.

Das Gewohnte verbindet sich jedoch mit den modernen Präsentationsformen des Internets, die kundenorientiertere Möglichkeit zur künftig schnelleren Aktualisierung eingeschlossen. Wie gehabt werden unter verschiedenen Buttons kurz, knapp und anschaulich die Basisinformationen (Archivname, -anschrift und -träger, Leiter/in, Öffnungszeiten, Archiv- und Bibliotheksbestände sowie Findhilfsmittel, Archivgeschichte und Veröffentlichungen, Homepage) zu den einzelnen Archivstandorten dargestellt. Im Übrigen ist auf den Informationsseiten zu den Archiven, deren Bestände bisher schon in „Ariadne“ online recherchierbar waren [Alvermann, Dirk / Block, Stephan / Weidauer, Alexander, Archive Mecklenburg-Vorpommerns online, in: Zeitgeschichte regional 7. Jg. 2003, H.2, S. 97-99], gleich ein entsprechender Link eingearbeitet (Abb. 1). Verbessert wurde sowohl die spartenbezogene als auch die topologische Orientierung anhand der Namen der Kreise und kreisfreien Städte, wie aus den linken Frames der Abb. 1 und 2 ersichtlich wird. Darüber bleibt der zurückgelegte „Weg durch die Landschaft“ mittels einer horizontalen Navigationsleiste nachvollziehbar, wie in Abb. 1 und 3 zu sehen ist. Gänzlich neu ist der topografische Zugang über interaktive Karten: Bereits die Startseite öffnet sich mit einer Karte des Bundeslandes, die die Kreise bzw. kreisfreien Städte abbildet (Abb. 2). Über einen Mouseklick auf diese Landeskarte oder die Topologischen Auswahl wird eine Umrisskarte des jeweils interessierenden Kreises erreicht, in der sich dessen – gleichfalls interaktiv unterlegte – Archivstandorte finden (Abb. 3).

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Abbildung 1: Kurzübersicht über die Bestände des Kreisarchivs Nordvorpommern (Screenshot-Ausschnitt)

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Abbildung 2: Startseite für die virtuelle Archivlandschaft Mecklenburg-Vorpommern (Screenshot-Ausschnitt)

Diese strukturiertere Orientierung macht den neuen „Landschaftsführer“ sehr viel benutzerfreundlicher als bisher. Die Ermittlung aller Archive an einem Standort setzte bislang mühseliges Durchblättern der Broschüre voraus – nun wird nach einem Mouseklick auf die Landkarte klar, dass beispielsweise im Müritzkreis neben dem Kreisarchiv und dem Stadtarchiv Waren auch das Amtsarchiv Moltzow zu finden ist (Abb. 3). Möglicherweise verdeutlicht sich einem weniger versierten oder landesfremden Archivbenutzer erst jetzt, dass Forschungen beispielsweise zur Geschichte der Region um Wismar nicht nur einen Besuch im Stadtarchiv, sondern (mindestens) auch im Kreisarchiv Nordwestmecklenburg erfordert. Oder dass sich für eine Arbeit zur neueren Literatur in Mecklenburg-Vorpommern nicht allein das bekannte Rostocker Kempowski-Archiv, sondern auch das etwas jüngere Greifswalder Wolfgang-Koeppen-Archiv empfiehlt. Wenn die in der Archivlandschaft bereit gestellten Basisinformationen erst einmal das Interesse geweckt haben, ist es in vielen Fällen möglich, sich über einen Link direkt auf die Homepage des jeweiligen Archives zu begeben (siehe Abb. 1) und dort weiter zu recherchieren. Und darüber hinaus ist dann, wie oben bereits angedeutet, bei den in „Ariadne“ verbundenen Archiven auch noch die Gelegenheit zur sofortigen Recherche gegeben.

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Abbildung 3: Übersichtseite für die Archive im Landkreis Müritz (Screenshot-Ausschnitt)

Beispiele dieser Art ließen sich in nicht unerheblicher Zahl fortsetzen. Als Fazit bleibt, dass der einfache und dennoch sehr gut strukturierte Zugang es jedem Interessenten ermöglicht, den von ihm gewünschten Zielpunkt in der Archivlandschaft Mecklenburg-Vorpommern gegebenenfalls auf verschiedenen Wegen und in jedem Fall mühelos zu erreichen.

Quelle: Matthias Manke, Zeitgeschichte regional 9. Jg. 2005, H.1, S. 99-100, mit freundlicher Genehmigung des Verfassers.

Dr. Matthias Manke ist Vorstandsmitglied im Landesverband Mecklenburg-Vorpommern des Verbandes deutscher Archivare und Archivarinnen e.V. (VdA) und Archivar im Landeshauptarchiv Schwerin.