Archivare wollen bei Denkmalpflege helfen

Um eine bessere Zusammenarbeit zwischen Archivaren und Denkmalpflegern ging es beim 39. Rheinischen Archivtag, zu dem der Landschaftsverband Rheinland nach Kerpen geladen hatte. Eine solche Zusammenarbeit sei bislang keineswegs selbstverständlich, erläuterte Dr. Norbert Kuehn, Leiter des Rheinischen Archiv- und Museumsamtes (RAMA). Sie sei aber notwendig – beispielsweise, um Fehler bei der Beurteilung von Baudenkmälern zu vermeiden. Dazu lieferte Kerpens Stadtarchivarin Susanne Harke-Schmidt ein Beispiel aus der Stadtgeschichte: So sei die ehemalige Kerpener Synagoge von außen wegen mehrerer Umbauten nicht mehr als Synagoge zu erkennen. Erst ein Blick in die Archive zeige, dass es sich bei dem Haus um ein historisch bedeutsames Gebäude handele.

Mit zahlreichen Vorträgen, auf Exkursionen und in Gesprächsrunden beschäftigten sich die rund 150 versammelten Archivare mit dem Thema. Während der zweitägigen Versammlung ging es aber auch um andere Fragen – etwa: "Was an Erinnerungswürdigem möchten wir mit welchen Mitteln in welcher Intensität zu welchem Zweck dokumentieren?", wie es RAMA-Mitarbeiter Dr. Peter Weber formulierte. So gebe es im kommunalen Bereich zur Zeit eine Aufbewahrungsquote von 15 bis 30 Prozent von allem amtlichen Schriftgut. Dafür aber seien auf Dauer die zur Verfügung stehenden Magazine zu klein, wofür Kriterien darüber entwickelt werden müssten, was überhaupt für die Nachwelt erhaltenswert sei. – Der zweite Tag der Tagung widmete sich den Überlieferungen, die vor 1800 in Adels- und Pfarrarchiven entstanden sind und thematisierte vor allem deren besonderen Wert für die kommunale Geschichte.

Quelle: Wilfried Meisen, Kölner Stadt-Anzeiger, 7.6.2005

Akten der Wiesbadener Rose gerettet

Seit 2004 beherbergt das frühere Grandhotel Rose in Wiesbadens Innenstadt die hessische Staatskanzlei und ist damit Sitz des Ministerpräsidenten. Neben Politik und Verwaltung residieren in dem imposanten Gebäude, das zwischen 1898 und 1901 nach dem Vorbild des französischen Neobarock erbaut wurde, auch die Landeszentrale für politische Bildung und Teile des Statistischen Landesamtes. Insgesamt arbeiten 350 Personen im ehemaligen Hotel. 28 Räume sind wegen der in Teilen erhaltenen Ausstattung denkmalgeschützt. 1945 war die Rose von den Amerikanern beschlagnahmt und erst 1959 wieder freigegeben worden. 1994 waren Neunutzungspläne des kriminellen Sanierungsunternehmers Jürgen Schneider gescheitert. Im letzten Jahr zog dann die Staatskanzlei ein, nachdem es seit den 1960er Jahren die unterschiedlichsten Pläne für einen angemessenen Regierungssitz in Hessen gegeben hatte. – Vom Glanz der Luxusherberge aus der Kaiserzeit blieb nach der jetzigen Sanierung wenig erhalten.

Erhalten bleiben jetzt allerdings die Bauakten der Rose: Diese dokumentieren vor allem den Umbau des Gebäudes am Ende des 19. Jahrhunderts zum Wiesbadener Grandhotel. Sie stammen aus einem Fundus von 500 Bauakten der Stadt, die die Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs überlebt haben. Schwer vergammelt und beschädigt, wie sie waren, hat nun ein schwäbisches Restaurationsunternehmen die Konservierung übernommen. Die Kosten beliefen sich auf 2.500 Euro und wurden vom Land getragen. Für die Restaurierung der Pläne hätte die Stadt Wiesbaden selbst kein Geld gehabt. An den Plänen, von denen ein Teil inzwischen auch digitalisiert worden ist, lässt sich nicht nur Architektur-, sondern auch Technikgeschichte studieren.

Als Nutznießer der Restaurierung freut sich das Stadtarchiv Wiesbaden über die restaurierten Bau-Unterlagen der heutigen Staatskanzlei und präsentierte jetzt die 50 frisch restaurierten Bauakten für einen Fototermin. Präsentiert wurden bei der Gelegenheit auch Aquarelle, die Jürgen Schneider anfertigen ließ, um Werbe-Wind für sein damaliges Luxus-Luft-Projekt zu machen. Die Aquarelle sind vom Stadtarchiv aufgekauft worden. 

Kontakt:
Stadtarchiv Wiesbaden
Im Rad 20 
65197 Wiesbaden 
Tel.: 0611 / 31-3329, 31-3747, 31-5429 
Fax: 0611 / 31-3977 
stadtarchiv@wiesbaden.de

Quelle: Wiesbadener Tagblatt, 13.6.2005; Allgemeine Hotel- und Gaststätten-Zeitung, Nr. 44/2004, 39, 30.10.2004; Das Parlament, Nr. 38/2004, 13.9.2004.

Neuss-gierig auf Kultur

Mit rund 80 Veranstaltungen in sieben Stunden lockten am vergangenen Samstag (11. Juni 2005) verschiedene Kultureinrichtungen der Stadt Neuss zur 4. Neusser Kulturnacht und machten die Besucher "neussgierig". Hunderte Menschen kamen allein zur Eröffnung in der Stadthalle.

Wer sich für die Stadtgeschichte interessierte war sowohl im Clemens-Sels-Museum als auch auch im Stadtarchiv Neuss an der richtigen Adresse. Bei einer Führung durch die Ausstellung \“Branntwein, Brei und Austern\“ im Museum erfuhren die Teilnehmer beispielsweise, dass im 17. Jahrhundert Bier das Hauptgetränk der Neusser war oder dass erst zu dieser Zeit Teller auf den Tisch kamen. Mit der jüngeren Neusser Geschichte befassten sich die Führungen im Stadtarchiv. Anhand von Fotos, Briefen und Dokumenten wurde die Nachkriegszeit in Neuss dargestellt.

Kontakt:
Stadtarchiv Neuss
Oberstr. 15
41460 Neuss
Telefon 02131/904250
Fax 02131/902433
stadtarchiv@stadt.neuss.de

Quelle: Beate Berrischen, Westdeutsche Zeitung, 13.6.2005

Deutsch-polnische Stasi-Aufarbeitung

Polnische und deutsche Wissenschaftler werden zukünftig gemeinsam die Geschichte der kommunistischen Geheimdienste und Staatssicherheitsdienste untersuchen. Einen entsprechenden Kooperationsvertrag unterzeichneten in Warschau die Vorsitzende der deutschen Stasi-Unterlagenbehörde (BStU), Marianne Birthler, und der Vorsitzende des polnischen Instituts des Nationalen Gedenkens (IPN), Leon Kieres. Es liege nahe, die Arbeit beider Institute mittels gemeinsamer Forschungsprojekte etc. zu vernetzen, da in beiden Ländern ähnliche Erfahrungen gemacht worden seien. Außerdem hätten die jeweiligen Geheimdienste und Staatssicherheitsdienste im Ostblock auch länderübergreifend zusammengearbeitet.

Birthler sprach von einer ungleichzeitigen Entwicklung in der Aufarbeitung der Stasi-Geschichte. Während in Deutschland relativ bald nach der Wende eine entsprechende Institution eingerichtet wurde, dauerte es in Polen bis zum 18. Dezember 1998. Das damals gegründete polnische \“Institut der nationalen Erinnerung\“ dokumentiert nicht nur Verbrechen während der kommunistischen Herrschaft, sondern auch aus der Zeit der Nazi-Besatzung.

1989 hatte man sich in Polen noch parteiübergreifend auf einen "Schlussstrich" unter die Vergangenheit geeinigt. Das Interesse an den Akten und Dokumenten sei in der polnischen Öffentlichkeit dann in den vergangenen Monaten vor allen Dingen durch die so genannte Wildstein-Liste geweckt worden. Der konservative Publizist Bronisław Wildstein hatte im Internet eine Liste mit Namen veröffentlicht, die in Akten des IPN gefunden wurden. 

Quelle: Fazit, Deutschlandradio Kultur, 7.6.2005

Werne dokumentiert »Fliegende Klassenzimmer«

Mit dem Neubau ihres Mädchengymnasiums erregte die Stadt Werne 1967 bundesweite Aufmerksamkeit. Der Schulbau aus Fertigbauelementen wurde in der Monatszeitschrift des Bundes der Steuerzahler als \“Sensation\“ bezeichnet: Mit 50 Jahren Garantiezeit waren die \“fliegenden Klassenzimmer\“ für 650.000 Mark errichtet worden. Die knapp 40 Raumelemente einschließlich der vorgefertigten Innenausstattung wurden in nur zwei Tagen fertig montiert.

Die landesweite Aufmerksamkeit, die der Schulbau erfuhr, schlug sich auch in der Aktenüberlieferung nieder. 140 Akten aus der Abgabe der Werner Schulverwaltung wurden jetzt von Susanne Maetzke, stellvertretende Museums- und Archivleiterin, in der Internet-Datenbank des Stadtarchivs Werne neu hochgeladen. 

Weitere Akten umfassen den Zeitraum von 1910 bis 1995, insbesondere jedoch ab 1945. Interessante Hinweise auf einen in der Zeitgeschichte der Stadt Werne noch wenig berücksichtigten Aspekt geben zum Beispiel die Personalakten insbesondere der Lehrer aus der Zeit des Nationalsozialismus, deren Sperrfristen inzwischen – zehn Jahre nach Todesdatum – abgelaufen sind. Aus den Empfehlungsschreiben in den Bewerbungen kann zum Teil durchaus nachvollzogen werden, auf welche Weise versucht wurde, die leitenden Stellen an den Schulen mit regimetreuen Bewerbern, zumeist aus dem Ruhrgebiet, zu besetzen.

Kontakt:
Stadtarchiv Werne
Bahnhofstraße 8
59368 Werne
Telefon: 02389/71538
Telefax: 02389/71524
s.maetzke@werne.de
www.stadtarchiv-werne.findbuch.net 

Quelle: Westfälischer Anzeiger, 11.6.2005

Nachrichten aus dem Datengrab

Während der vorjährigen Jahresversammlung des Internationalen Ausschusses für den Internationalen Suchdienst (Jerusalem, 1.6.2004) bekräftigten die Vertreter der Mitgliedstaaten, dass die Öffnung der Archive des Internationalen Suchdienstes erfolgen solle. Dafür sollte im Laufe eines Jahres u.a. ein Regelwerk über die Praxis der Öffnung ausgearbeitet werden. In der gerade absolvierten diesjährigen Versammlung haben die Vertreter im Internationalen Ausschuss das Vorhaben allerdings auf einen Unterausschuss abgeschoben, wie aus einer Presseerklärung vom 1. Juni 2005 über die "Jahresversammlung des Internationalen Ausschusses für den Internationalen Suchdienst am 30. Mai 2005 in Rom" hervorgeht:

"Die Vertreter des Internationalen Ausschusses haben in ihrer Jahresversammlung am 30. Mai 2005 in Rom entschieden, dass ein Unterausschuss die Modalitäten für die Öffnung der in Bad Arolsen verwahrten personenbezogenen Dokumente der zivilen Opfer des NS-Regimes erarbeiten soll. Der Unterausschuss besteht aus Vertretern von 5 Mitgliedstaaten im Internationalen Ausschuss, nämlich Deutschland, Frankreich, Großbritannien, USA und Niederlande.

Zwei diesbezügliche Vorschläge, einer aus den USA und einer aus Frankreich, standen zur Beratung auf der Tagesordnung. Beide Vorschläge sind als nicht widersprüchlich aufgefasst worden, wobei nur die französische Eingabe zur Abstimmung kam. Der amerikanische Vorschlag, welcher die Duplizierung der Unterlagen der jüdischen Opfer und die Abgabe dieser Daten an die Mitgliederstaaten im Internationalen Ausschuss vorsah, kam nicht zur Abstimmung.

Der ISD wird seit 1955 vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz in Genf geleitet und verwaltet. Die Auskünfte, die er auf Anfrage der ehemaligen Verfolgten oder deren Rechtsnachfolger erteilt (derzeit noch über 200.000 jährlich), werden bisher gemäß der Bonner Verträge nur für die Betroffenen selbst oder deren Rechtsnachfolger erstellt. Eine Änderung der Verträge in Hinsicht auf die Historische Forschung kann nur durch einen Entscheid der 11 im Internationalen Ausschuss vertretenen Mitgliedstaaten erfolgen. Das IKRK hat dabei kein Stimmrecht.

Der ISD hofft auf eine schnellstmögliche Regelung, die im Einklang mit Wissenschaftsfreiheit und Persönlichkeitsschutz steht.

***

Der Internationale Ausschuss setzt sich zusammen aus Vertretern der Regierungen: Belgien, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Israel, Italien, Luxemburg, Niederlande, Polen, Großbritannien, USA.

Bereits 1995 stimmte der Internationale Ausschuss der Öffnung aller Dokumente zu, die keine Personaldaten enthalten, d.h. ca. 2 % des Gesamtbestandes. Diese Dokumente stehen den Forschern seither zur Verfügung.

1998 beschloss der Internationale Ausschuss im Grundsatz, dass die verbliebenen 98 % des Bestandes ebenfalls für die Historische Forschung geöffnet werden sollen. Voraussetzung: die humanitären Aufgaben des ISD genießen weiterhin Vorrang und Sicherheitsmaßnahmen, die die Personaldaten schützen, müssen eingerichtet werden.

In Bezug auf den Datenschutz konnten die Mitglieder im Internationalen Ausschuss bisher keine einheitliche Regelung finden, da in allen 11 Staaten unterschiedliche Regeln zum Schutz persönlicher Daten gelten.

Das IKRK und der ISD würden es begrüßen, wenn möglichst schnell eine solche Regelung getroffen würde."

Kontakt:
Internationaler Suchdienst
Große Allee 5-9
34444 Bad Arolsen
Telefon: (+49) 5691 629 0
Telefax: (+49) 5691 629 501
itsdoc@its-arolsen.org (Dokumente)
itstrace@its-arolsen.org (Suchdienst)
itspress@its-arolsen.org (Pressestelle)

http://deutsch.its-arolsen.org/

Quelle: ITS Bad Arolsen (Aktuelles), 2.6.2005; Bernhard Bremberger, Mailingliste Zwangsarbeit im Nationalsozialismus, 9.6.2005

Filmarchiv bietet Umtausch an

Der Leiter des Bremer Landesfilmarchivs, Dr. Diethelm Knauf, hat es sich zur Aufgabe gemacht, historische Filmdokumente für nachfolgende Generationen aufzubewahren. Die Binnen- und Buten-Bremer ruft er jetzt dazu auf, sich an einer Umtausch-Aktion zu beteiligen: Das Landesfilmarchiv nimmt bewegte Bilder aus der Vergangenheit entgegen und händigt dem Besitzer dafür eine gebrauchsfreundliche Kopie (VHS-Video oder DVD) aus. Sammelstelle ist am Mittwoch, 15. Juni, von 10 bis 16 Uhr das Staatsarchiv Bremen.

Private Filme seien häufig wichtige Zeitdokumente, die Einblicke in Lebensumstände, Arbeitsprozesse, politische und kulturelle Ereignisse in einer Art und Weise erlaubten, die schriftliche Quellen oder Fotos nicht leisten können. Immerhin gelte das 20. Jahrhundert als das visuelle Zeitalter.

Im vergangenen Jahr hatte das Landesfilmarchiv Bremen erstmals dazu aufgefordert, in Kellern und auf Dachböden nach historischen Schätzen auf Zelluloid zu fahnden. Damals wurden mehrere hundert Stunden Filmmaterial ans Tageslicht befördert; fast 200 von ihnen hat das Landesfilmarchiv gesichtet, erfasst und verschlagwortet. 

Kontakt:
Landesfilmarchiv Bremen
Dr. Diethelm Knauf 
Färberstraße 5
28759 Bremen-Grohn
Tel. 0421/361-7845
lfa@landesfilmarchiv.de

www.landesfilmarchiv.de

Quelle: Bernhard Komesker, Weser Kurier, 8.6.2005

Bad Radkersburgs Weg seit 1945

2005 jährt sich das Ende des Zweiten Weltkrieges zum 60. Mal, die Unterzeichnung des Staatsvertrages zum 50. Mal und der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union zum 10. Mal. Anlässlich dieses Jubiläumsjahres hat das steirische Landesarchiv ein großes Projekt unter dem Titel „Die Neue Steiermark. Unser Weg. 1945-2005“ ins Leben gerufen. Das Museum im alten Zeughaus in Radkersburg ist eines der zwölf steirischen Regionalmuseen, das mit der Sonderausstellung „Überwinden von Grenzen“ daran teilnimmt. Anschaulich gemacht werden in der Schau die vergangenen 60 Jahre in der Geschichte der Grenzstadt. 

In sieben Themenschwerpunkten, vom Kriegsende über Wirtschaft, Sport, der Jugoslawienkrise und dem EU-Betritt Österreichs und der EU-Osterweiterung, sowie die Schlüsselrolle und Chancen Radkersburgs als Zukunftsregion werden in den Schauräumen beleuchtet. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf Bad Radkersburg, sämtliche Ereignisse und Aspekte werden aber auch grenzüberschreitend betrachtet. Die Schau ist noch bis Ende Oktober in Radkersburg zu sehen. 

Kontakt:
Landesarchiv Steiermark
Karmeliterplatz 3A
A-8010 Graz
Tel.: +43 (0)316/877-4028
Fax: +43 (0)316/877-2954 
fa1d@stmk.gv.at

Museum im alten Zeughaus 
Emmenstraße 9, 
8490 Bad Radkersburg 
Tel.: +43 (0) 3476 / 4043 
Fax: +43 (0) 3476 / 250938 
museum@stadtbadradkersburg.at
  

http://www.2005.steiermark.at 

Quelle: Bildpost, 8.6.2005

Zwangsarbeit: Neuss keine Ausnahme

Während des Zweiten Weltkrieges schufteten in Neuss 10.000 Fremd- und Zwangsarbeiter. Sie arbeiteten in Privathaushalten, bei Landwirten, vor allem aber in Unternehmen wie dem Landmaschinenhersteller IHC, der allein die Arbeitskraft von 2.800 Fremdarbeitern ausbeutete. Viel besser als andernorts im Reich erging es diesen Menschen auch am katholisch geprägten Niederrhein nicht. Das belegt die Dokumentation „Zwangsarbeit in Neuss während des Zweiten Weltkrieges“, die gut fünfeinhalb Jahre nachdem der Rat diese Studie angeregt hatte, jetzt im Stadtarchiv Neuss vorgestellt wurde. 

Sie kommt unter anderem zu dem Schluss, dass der Ausländereinsatz nicht hinterfragt wurde sondern in der Stadt als Phänomen der Kriegszeit breite Akzeptanz fand. Für die Gruppe der führenden Industrievertreter in Neuss stellten die Autoren Dr. Andrea Niewerth und Christoph Roolf sogar fest, „dass sie während des Krieges die lokale Zwangsarbeiterpolitik sehr rigide durchzusetzen bemüht war und somit Ermessensspielräume bei der Ausgestaltung der Gesetze und Erlasse zugunsten ihrer Unternehmen ausschöpfte“. 

Bei ihrer Arbeit konnten Roolf und Niewerth auf eine Reihe von Quellen zurückgreifen, die bisher noch nicht ausgewertet wurden. Dazu zählten die bislang ungeordneten Bestände des Hafens, vor allem aber die Archive von Neusser Unternehmen, allen voran der Firmengruppe Wilhelm Werhahn, die den Forschern zugänglich gemacht wurden. Die Firmen hätten sich der Auseinandersetzung mit dem Thema offensiv gestellt, lobt Stadtarchivleiter Dr. Jens Metzdorf. Als unbekannte Quellen sind aber auch die Skizzen, Berichte, Briefe und Fotos zu bewerten, die von den ehemaligen Zwangsarbeitern selbst stammen und meist ans Stadtarchiv kamen, weil die Autoren auf Anerkennung als Zwangsarbeiter und Entschädigung hofften. Gut 500 solcher Anfragen konnten bestätigt werden. Angesichts von 5.100 dem Stadtarchiv namentlich bekannten Zwangsarbeitern eine geringe Zahl.

Info:
Andrea Niewerth/Christoph Roolf: Zwangsarbeit in Neuss während des Zweiten Weltkrieges (1939-1945), Neuss 2005 (Dokumentationen des Stadtarchivs Neuss, Bd. 7).

Kontakt:
Stadtarchiv Neuss
Oberstr. 15
41460 Neuss
Telefon 0 21 31 / 90 42 50
Fax 0 21 31 / 90 24 33
stadtarchiv@stadt.neuss.de

Quelle: Christoph Kleinau, NGZ-online, 9.6.2005

Physiker im Archiv

Das Österreichische Staatsarchiv in Wien präsentiert im Rahmen einer Ausstellung zum "Jahr der Physik" Spuren von PhysikerInnen. Die Schau ist bis zum 7. Oktober 2005 zu sehen. Für sie wurden kartonweise Akten im Wiener Staatsarchiv erschlossen und Spuren großer österreichischer Physiker gefunden, darunter Loschmidt, Schrödinger, Doppler, Boltzmann und Mach. 

Eines der Glanzstücke der Ausstellung ist die Akte für die Berufung von Albert Einstein auf den Lehrstuhl für Theoretische Physik an die Universität Prag. Besonders kurios sind die meist handschriftlichen Ergänzungen und Korrekturen auf den historischen Schriftstücken. So wurden als Begründung für die Berufung Einsteins ursprünglich seine \“epochalen\“ Leistungen genannt, die später dann auf \“glänzend\“ geändert wurden.

Neben den österreichischen Nobelpreisträgern ist ein wesentlicher Teil der Ausstellung den Frauen (u.a. Lise Meitner) gewidmet. Eine umfangreiche Broschüre gibt an Hand von rund 100 intensiv recherchierten Einzelbiografien einen tiefen Einblick in die Zusammenhänge zwischen Zeitgeschehen und persönlichem Schicksal der Wissenschafter.

Kontakt:
Österreichisches Staatsarchiv
Nottendorfergasse 2, A-1030 Wien 
Tel.: +43/1/79540-0 
Fax: +43/1/79540-109 
gdpost@oesta.gv.at

Quelle: Der Standard, 7.6.2005