Schinderhannes kein deutscher Robin Hood

Der Räuberhauptmann „Schinderhannes“, mit bürgerlichem Namen Johannes Bückler, ist vielen Menschen ein Begriff. Viele Legenden und schaurige Geschichten ranken sich um seine Person. Mit seinen Kumpanen hat er auch im Rheinhessischen sein Unwesen getrieben. In Erbes-Büdesheim geschah ein Mord. Alzey wird auch in den Gerichtsakten genannt. Die „Schinderhanneshöhle“, im alten Bergwerkstollen unter Gestrüpp und Geröll unterhalb der Gaststätte „Teufelsrutsch“ versteckt, ist für Kinder heute noch ein beliebtes Ausflugsziel, das entdeckt werden will. Bekanntlich lagerte die Räuberbande ihre Beute in alten ausgedienten Stollen, wie am Lemberg bei Feilbingert.

Ob das auch für Wendelsheim zutrifft, ist nach Auffassung von H. Peter Brandt (Idar-Oberstein), der sich eingehend mit der Vita des Johannes Bückler beschäftigt hat und nun zu einem Vortrag eingeladen worden war, nicht hinreichend belegt. In seinem Vortrag räumte der Referent mit dem Mythos eines „edlen“ Räubers entsprechend einem deutschen „Robin Hood“ anhand der zugegebenen 53 Straftaten, darunter nachweislich fünf Morde oder zumindest Beteiligungen an Morden und schweren Raub, gründlich auf. Brandt zeigte mit Hilfe graphischer Darstellungen exakt die Hochs und Tiefs eines bewegten brutalen Räuberlebens auf, das mit 24 Jahren unter der Guillotine endete. Zusammen mit weiteren 20 Angeklagten, darunter sein Julchen, und dem „Schwarzen Peter“ fand die Hinrichtung am 21. November 1803 in Mainz-Weisenau statt.

Der Schinderhannes, heute oft als populäres Volksidol dargestellt, war ein „Gezeichneter“ seit seiner Geburt. Sein Vater übte den Beruf des Schinders (Abdeckers) aus. Das bedeutete auch gleichzeitig Henker und Scharfrichter. Somit gehörte sein Vater der niedrigsten Klasse am Rande der bürgerlichen Gesellschaft an.

Mit 15 Jahren ging der junge Bückler zu einen Abdecker in die Lehre. Der Bursche fing sein Handwerk der Räuberei mit dem Diebstahl von Pferden an – 1792 wurde er erstmals steckbrieflich in Kirn gesucht. Bald schloss er sich einer Bande an, wo er zum Hauptmann avancierte. Schinderhannes Fluchtweg führte in brenzlichen Situationen über den Hunsrück nach Hamm, wo er mit seinen Kumpanen über den Rhein setzte.

1802 erfolgte der Verrat und Transport nach Frankfurt. Schinderhannes mit seinem Julchen, die ihn seit Ostern 1800 begleitete, wurde mit den übrigen gefassten Verbrechern den napoleonischen Truppen übergeben und in Mainz in Gewahrsam genommen. Im Holzturm saßen die Delinquenten. Die Prozessakten füllten sechs Folianten, die im Darmstädter Staatsarchiv ein Raub der Flammen wurden. Nur ein Band des umfangreichen Prozesses der 68 Angeklagten ist unbeschädigt geblieben.

Quelle: Susanne Durst-Singer, Wormser Zeitung, 27.3.2004

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