Staatsarchiv Münster sichtet Altakten der Bezirksregierung im Akkord

Die Treppe runter, durch zwei enge Flure, hinter einer schweren Eisentür stehen die Regale. Sie können über ein Handrad leicht hin- und hergerollt werden, doch ihr Inhalt wiegt schwer: In diesem Kellerraum lagert das Gedächtnis der Bezirksregierung Münster – und des Münsterlandes. Tausende von Akten sind dort archiviert; Dokumente über hoch brisante Skandale schlummern neben dem alltäglichen Behörden-Einerlei. Alle Akten müssen raus, denn die Bezirksregierung steht kurz vor dem Umzug in neue Gebäude. Viele der Dokumente können in den Müll. Doch: Damit die Behörde ihr Gedächtnis nicht verliert, verbringen Dr. Annette Hennigs und Helmut Schraven vom NRW-Staatsarchiv derzeit Stunden um Stunden in den dunklen Kellern und wälzen Akten. Sie nehmen mit ins Archiv, was wichtig ist für nachfolgende Generationen oder die Wissenschaft.

577 Ordner hat Marlies Gehrke aus dem Dezernat \“Kommunalaufsicht\“ der Bezirksregierung an diesem Vormittag aufgelistet. \“Das schaffen wir in fünf Stunden\“, ist Dr. Hennigs überzeugt und zieht ihren dicken blauen Stift aus der Tasche. Mit ihm schreibt sie ein \“A\“ auf jede Akte, die sie archivieren will. In den Schredder kommen Akten mit einem \“K\“, in der Archivarssprache das Kürzel für \“kassiert\“. \“Aber das versteht ja doch keiner. Wir sagen immer ,kann weg` dazu\“, erläutert die Historikerin.

\“Jahresabschlüsse\“, so heißt eine Akte. Wohl nicht spektakulär. \“Verdacht der Vorteilsnahme\“ eine andere – da wird es schon interessanter. \“Wahl des OStD MS\“ lautet ein anderer Titel. Was hat die Bezirksregierung wohl über die Wahl der münsterschen Oberstadtdirektoren dokumentiert? Die Öffentlichkeit kann es später im Lesesaal des Landesarchivs am Bohlweg nachlesen. Aber nur, wenn die Dokumente nicht dem Datenschutz unterliegen. \“Wir nehmen das sehr genau\“, betont Dr. Hennigs, \“geheime Daten bleiben geheim\“.

Sind die Akten im Landesarchiv angekommen, konservieren Fachleute ihren Inhalt für die Ewigkeit. Sie entfernen Plastik, Tesa-Streifen, Hefter, entsäuern das Papier, machen dem Papier-Fresser, dem Silberfisch, die Sache ungenießbar. In speziellen Kartons lagern schließlich die Akten und sind jederzeit wieder auffindbar. Die ersten Papiere der Bezirksregierung stammen aus dem Jahr 1816; insgesamt sind es wohl über 42.000. Dr. Hennigs: \“Zurzeit erleben wir eine starke Nachfrage nach diesen Regierungs-Akten. Deswegen haben wir ein großes Interesse, noch mehr Akten von der Bezirksregierung zu bekommen. Besonders die Zeit des \’Dritten Reiches\‘ wird intensiv erforscht.\“ Und dabei nimmt sie ihren Stift, schreibt ein großes \“A\“ auf einen Aktendeckel. Inhalt: \“Staatsbesuche. Vorgänge von besonderer Bedeutung\“.

Kontakt:
Bezirksregierung Münster
Domplatz 1-3
48143 Münster
www.bezirksregierung-muenster.de

Quelle: Pressestelle BR Münster (Pressestelle@bezreg-muenster.nrw.de), 22.4.2005

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