Region Neuenbürg in der Großen Landesausstellung »Königreich Württemberg« vertreten

Überraschende Bezüge zur Pforzheimer Region entdeckte kürzlich Enzkreis-Landrat Karl Röckinger im Alten Schloss in Stuttgart beim Besuch der Landesausstellung „Das Königreich Württemberg 1806 bis 1918 – Monarchie und Moderne“. So ist im Treppenaufgang zum Ausstellungsraum in großen Lettern folgendes Zitat zu lesen: „Im Allgemeinen verblüht das weibliche Geschlecht auffallend bald und die Gesichtsfarbe der Weiber ist meist gelblich und blaß“. Es handelt sich dabei um die wenig schmeichelhafte Beschreibung der Damen in einer Gemeinde im ehemaligen Oberamt Neuenbürg.

Die Ausstellung des Landesmuseums Württemberg dokumentiert anlässlich der 200-jährigen Jubiläums der Erhebung des bisherigen Herzogtums Württemberg zum Königreich die Geschichte bis zum Ende der Monarchie 1918. Das Herzogtum war in den Jahren um 1800 durch Napoleons Gnaden auf etwa doppelte Größe angewachsen und konnte diesen Besitzstand – nunmehr als Königreich – auch auf dem Wiener Kongress wahren. Nun aber galt es, die altwürttembergischen Gebiete mit den Neuerwerbungen auch administrativ und kulturell zu vereinigen. Zu dem früheren – rein evangelisch geprägten – Herzogtum waren im Zuge der Mediatisierung umfangreiche Gebiete kleinerer Fürsten, Reichsritter und Reichsstädte sowie – besonders in Oberschwaben – durch die Säkularisation Gebiete aufgehobener bischöflicher und klösterlicher Herrschaften hinzugetreten. Das Land wurde ohne besondere Rücksicht auf bisherige historische Strukturen in 64 Oberämter eingeteilt. Ein Instrument zur Schaffung eines neuen Landesbewusstseins war die Beschreibung dieser neuen Bezirke in Buchform. Der aller erste dieser Bände galt dem Bezirk Neuenbürg und war betitelt „Beschreibung des Oberamt Neuenbürg und der damit vereinigten vormaligen Oberämter Herrenalb, Liebenzell und Wildbad“ – diese Bezirke waren wie Neuenbürg bereits seit Jahrhunderten württembergisch gewesen. Als Autor fungierte Regierungsrat Christian Kausler, der sein Werk „Seiner Majestät, dem König Wilhelm von Wirtemberg, in tieffster Ehrfurcht“ widmete.

\"Die

Abb.: Die Neuenbürger Oberamtsbeschreibung von 1860 – ein Werk aus einer vielbeachteten landeskundlichen Reihe von 64 Bänden (Foto: Sabine Burkard)

Bis 1885 erschienen auch für alle anderen Bezirke entsprechende Oberamtsbeschreibungen, darunter Werke für Leonberg (1852) und Maulbronn (1870). Die Bücher gliedern sich nach einer einheitlichen Struktur in die Kapitel Topographie, Natur, Bevölkerung, Wirtschaft, Geschichte des Oberamts und enthalten eine detaillierte Beschreibung aller Gemeinden. Für diese landeskundliche Buchreihe war Württemberg im 19. Jahrhundert bekannt – und wurde zugleich darum beneidet, da Ähnliches im „Ausland“ – etwa in Baden – nicht existierte. 1860 wurde auch für Neuenbürg eine völlig überarbeitete Neuausgabe veröffentlicht, deren Hauptbearbeiter Finanzrat Karl Eduard Paulus war.

Aus diesem Band nun stammt die eingangs zitierte Aussage, der man weitere hinzufügen kann. So werden etwa die Leute in Schwann wie folgt beschrieben: „Die Einwohner sind im Allgemeinen gut gewachsene gesunde Leute, die sich durch Fleiß und Betriebsamkeit wie durch ein höfliches Benehmen auszeichnen.“ Bei Conweiler macht sich die Grenzlage zu Baden bemerkbar: „Die im Allgemeinen kräftig und großgebauten Einwohner erfreuen sich nicht selten eines hohen Alters; was ihre Sitten betrifft, so haben sie Manches mit den nahewohnenden Badensern gemein.“ Und besonders ausführlich ist der Abschnitt für die damalige Doppelgemeinde Gräfenhausen-Obernhausen formuliert: „Die Einwohner, unter welchen Heirathen mit Auswärtigen nicht vorkommen, sind im Allgemeinen von auffallend schwächlichem Körperbau, eine Erscheinung, deren Grund theils in unkräftiger Nahrung, welche meist aus Kartoffeln und Salat besteht, theils in übertriebenem Fleiß gesucht wird, wie denn der Volkswitz von den Gräfenhausern sagt, daß sie nur mit Einem Fuß in’s Bett gehen, die Obernhauser aber knieen nur in’s Bett.“

Zitate ähnlicher Art ließen sich beliebig fortsetzen und können gerne im Kreisarchiv des Enzkreises nachgelesen werden (Tel. 07231 / 308-508). Alle 64 Bände sind indes in der Großen Landesausstellung noch bis 4. Februar hinter Glas zu bestaunen (Info: www.koenigreich-wuerttemberg.de).

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.