Lichtbildschätze! Wunstorf in historischen Fotografien

Das Bild der Stadt Wunstorf in der Region Hannover und ebenso das Leben der Wunstorferinnen und Wunstorfer hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Ein schneller Wandel begleitet uns auch heute und in der Zukunft. Täglich passiert Neues, fortwährend müssen sich die Menschen anpassen und mit der Zeit gehen. Eile ist das Gebot zu jeder Stunde, Zeit zur Besinnung fehlt.

Dabei gerät leicht in Vergessenheit, wie wir noch vor wenigen Jahrzehnten gelebt haben, wie Wunstorf und die heute dazu gehörigen Ortschaften noch vor 60 oder 70 Jahren ausgesehen haben. Zum Fest des Stadt- und Stiftsjubiläums Wunstorf am 18.6.2022 präsentierte das Stadtarchiv Wunstorf eine Fotoausstellung von Alltagsbildern vorwiegend aus den 1950er und 1960er Jahren.

Unserer Erinnerung auf die Sprünge zu helfen, uns die Welt von gestern zu vergegenwärtigen – dazu soll die Ausstellung „Lichtbildschätze. Wunstorf in historischen Fotografien“ dienen.

Die Ausstellung konzentriert sich vor allem auf das Alltagsleben, weniger auf große historische Ereignisse oder Zäsuren. Die Schule, das Arbeitsleben, die Verkehrswege und -mittel dorthin und ähnliche, scheinbar banale Themen stehen im Mittelpunkt der Ausstellung. Doch die Fotos ermöglichen interessante Erkenntnisse und Antworten auf Fragen: Wie sahen die Schulkinder früher aus? Wie lange wurden noch Hausbrunnen oder Windmühlen genutzt? Welche Fabriken und Produktionsbetriebe gab es? Wie sah es 1950 oder 1960 auf den Straßen aus?


Abb.: Frauenarbeit: Konfitüren-Abfüllung bei der „Solo“ (Foto: Frohwalt Boedtger, Stadt Wunstorf).

Die Öffnungszeiten und weitere Informationen sind dem obigen Flyer zu entnehmen.

Kontakt:
Stadtarchiv Wunstorf
Rathaus Gebäude A
Südstr. 1
Tel.: 05031/101-242
Stadtarchiv@wunstorf.de

Quelle: Stadt Wunstorf, Stadtgeschichte, Aktuelles, Juni 2022

Plauen 900: Erinnerungen einer Stadt in Bild und Schrift

Die Große Kreisstadt Plauen im Südwesten des Freistaates Sachsen ist Kreisstadt des Vogtlandkreises. 2022 ist es 900 Jahre her, dass Plauen als „plawe“ in der Weiheurkunde der St. Johanniskirche erstmals urkundlich erwähnt wurde. Das Jahr 2022 steht unter dem Motto Plauen900.

Kann eine Stadt sich erinnern? Wenn ja, dann ist ihr Archiv das Gedächtnis! Neun Jahrhunderte öffnen sich der Öffentlichkeit anhand ausgewählter Quellen des Stadtarchivs Plauen. In der neuen Jahresausstellung sind herausragende wie auch vermeintlich alltägliche Momente der Stadtgeschichte Plauens nacherzählt und visualisiert (Link: Aus der Stadtchronik Plauen). Am 16.6.2022 fand die offizielle Vernissage statt.


Abb.: Im Rahmen der Ausstellung »Plauen 900 – Erinnerungen einer Stadt in Bild und Schrift« wird außerdem bis zum 15.7.2022 die Weiheurkunde von 1122 präsentiert (Foto: Stadt Plauen).

Ausstellungslaufzeit „Plauen 900“: bis 27.4.2023

Öffnungszeiten:
Dienstags: 9 – 18 Uhr
Mittwochs: 9 – 15 Uhr
Donnerstags: 9 – 17 Uhr

Spitzenfest:
Freitag, 17. Juni 2022, 10–15 Uhr
Samstag, 18. Juni 2022, 10–17 Uhr
Sonntag, 19. Juni 2022, 10–13 und 16–19 Uhr (Schließung während des Festumzugs)

Lange Nacht der Muse(e)n:
Freitag, 24. Juni 2022, 18–1 Uhr

Zusätzlich:
Sonntag, 26. Juni 2022, 13–16 Uhr (Festveranstaltung Plauen 900)
Freitag, 1., 8. und 15. Juli, 9–15 Uhr

Zum 900-jährigen Jubiläum Plauens erschien Ende 2021 die Überblicksdarstellung der wechselvollen Stadtgeschichte: Plauen 900 – Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Auf 512 Seiten sind 310 Abbildungen zur Stadtgeschichte zu finden.

Kontakt:
Stadtarchiv Plauen
Doris Meijler, Fachgebietsleiterin Archiv
Unterer Graben 1
08523 Plauen
Telefon: +49 3741 291-1440
Fax: +49 3741 291-31440
doris.meijler@plauen.de
www.plauen.de/stadtarchiv

Quelle: Stadt Plauen, Plauener Stadtnachrichten, 17.6.2022

Neuer Kreisarchivar im Zollernalbkreis

Dr. Uwe Folwarczny übernahm zum 1.5.2022 die Leitung des Kreisarchivs beim Landratsamt Zollernalbkreis. Der gebürtige Berliner trat die Nachfolge von Dr. Andreas Zekorn an, der ab September nach mehr als 30 Dienstjahren in Pension gehen wird.


Abb.: Landrat Günther-Martin Pauli (rechts im Bild) und Dr. Andreas Zekorn (links) begrüßen Dr. Uwe Folwarczny im Zollernalbkreis (Foto: Zollernalbkreis).

Folwarczny, Jahrgang 1985, studierte Neuere und Neuste Geschichte, mittelalterliche Geschichte und Politikwissenschaften an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena und an der Eberhard Karls Universität in Tübingen. 2019 legte er seine Promotion (Thema: Lutherische Orthodoxie und konfessioneller Pragmatismus. Kurfürst Joachim Friedrich von Brandenburg zwischen Dynastie, Territorien und Reich) an der Universität Potsdam und 2020 die Archivarische Staatsprüfung an der Archivschule in Marburg ab. Zuletzt war Dr. Uwe Folwarczny, ein Berliner mit mährischen Wurzeln, als Referent der Direktion am Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin tätig.

„Bereits während meiner Studienzeit in Tübingen lernte ich den Zollernalbkreis und seine reiche wie vielfältige Geschichte kennen“, berichtet Dr. Uwe Folwarczny. Unter anderem dies hat ihn dazu bewogen, sich auf die deutschlandweit ausgeschriebene Stelle zu bewerben und nun mit seiner Familie in den Zollernalbkreis zu ziehen. „Mit meiner Arbeit möchte ich zeigen, dass Archivarbeit gerade im digitalen Zeitalter keineswegs verstaubt ist, sondern Grundlage für das kulturelle Gedächtnis der Region bis ins 21. Jahrhundert ist“, so Folwarczny weiter.

„Durch die zeitnahe Nachbesetzung können wir einen reibungslosen Übergang im Kreisarchiv gestalten“, betont Landrat Günther-Martin Pauli. „Dabei wollen wir Bewährtes beibehalten und gleichzeitig die Chancen der Digitalisierung nutzen und damit neue Impulse in der Heimatgeschichte setzen“. Elf Bewerbungen waren auf die Stellenausschreibung eingegangen.

Neben der Archivierung der im Landratsamt entstandenen Unterlagen und Akten werden Unterlagen von besonderer rechtlicher oder historischer Bedeutung im Archiv verwahrt. Mehr als 1.100 laufende Meter Schriftgut – die ältesten Dokumente datieren aus dem Jahre 1596 – lagern in den Regalen des Kreisarchivs. – Folwarcznys Vorgänger Andreas Zekorn werde „große Fußstapfen hinterlassen“, sagt der neue Archivleiter. Sie auszufüllen, werde voraussichtlich Jahre dauern. Sein Vorgänger habe hier „ein wunderbares Team aufgebaut“, die Mitarbeiter seien „motiviert, kompetent, bei Fragen für einen da“. Zekorn werde als Vorsitzender der Heimatkundlichen Vereinigung Zollernalb bei offenen Fragen überdies stets erreichbar sein.

Kontakt:
Kreisarchiv Zollernalbkreis
Hirschbergstraße 29
72336 Balingen
Tel.: 07433 921145
FAX: 07433 921666
kreisarchiv@zollernalbkreis.de

Quelle: Zollernalbkreis, Aktuelles / Nachrichten, 18.5.2022; Schwarzwälder Bote, 27.5.2022; Schwarzwälder Bote, 28.1.2022

Historisches Archiv der Olma Messen St. Gallen zugänglich

Die OLMA Schweizer Messe für Landwirtschaft und Ernährung (bis 1945 Ostschweizerische Land- und Milchwirtschaftliche Ausstellung, 1946-2003 OLMA, Schweizer Messe für Land- und Milchwirtschaft) ist eine seit 1943 – in der Regel – jährlich durchgeführte landwirtschaftliche Messe in St. Gallen. Ursprünglich hatte die OLMA mit Milchwirtschaft, Acker- und Obstbau, Gewerbe, sowie gewerbliche Maschinen und Geräte vier thematische Schwerpunkte. Außerdem wurden Vieh und landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge präsentiert und angeboten.


Abb.: Werbeplakat für die kantonale landwirtschaftliche Ausstellung in St. Gallen vom 20.-24. September 1907 (Carl August Liner (CH, 1871 – 1946) – https://www.emuseum.ch/objects/211821/kantonale-landwirtschaftl-ausstellung-stgallen–1907).

Anfang 2020 übergab die Genossenschaft Olma Messen St. Gallen ihre umfangreichen historischen Unterlagen dem Staatsarchiv des Kantons St. Gallen. Die Bestände sind eine bedeutende Quelle für die Regional- und Mentalitätsgeschichte der Ostschweiz. Mittlerweile ist die Erschließung der Akten, Plakate und Objekte abgeschlossen. Im Lesesaal des Staatsarchivs St. Gallen können Interessierte nun das ganze Jahr in OLMA-Erinnerungen eintauchen.

Das Archiv der Olma Messen dokumentiert die reiche Palette des Unternehmens an Publikums-, Fach- und Gastmessen. Thematisch reichen die Unterlagen entlang der verschiedenen Messen von der Landwirtschaft und Volkskultur über die Freizeit bis hin zur Liebe und Romantik.

Quelle für Regional- und Mentalitätsgeschichte
Anhand von Unterlagen wie den Protokollen von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung oder den Ausstellungskatalogen lässt sich die Unternehmensgeschichte in all ihren Facetten rekonstruieren. Und die Dossiers zu den Gastkantonen der OLMA beleuchten den freundeidgenössischen Austausch. Insgesamt ist das Messe-Archiv mit seiner wirtschaftshistorischen Bedeutung eine äußerst wert- und reizvolle Quelle für die Regional- und Mentalitätsgeschichte der Ostschweiz. Als wichtiges Kulturgut ergänzt es die Bestände des Staatsarchivs in idealer Weise.

Vom OLMA-Plakat bis zum Ehrengastabzeichen
Damit das Archiv von der interessierten Öffentlichkeit genutzt werden kann, hat das Staatsarchiv in St. Gallen die Unterlagen gesichtet und geordnet, archivgerecht verpackt und in der Archivdatenbank detailliert verzeichnet. Das 61 Laufmeter umfassende Aktenarchiv wird durch 600 Plakate der Publikums- und Fach­messen sowie einer Vielzahl von Erinnerungsobjekten ergänzt. Letztere reichen von den begehrten Stallplaketten bis zu den Ehrengastabzeichen für den OLMA-Umzug.

Einzig die Fotoliebhaberinnen und -liebhaber müssen sich noch etwas gedulden: Das ebenfalls vom Staatsarchiv übernommene Bildarchiv der Olma Messen wird gegenwärtig in einem aufwendigen Projekt erschlossen und digitalisiert. Die Arbeiten zur Erschließung wurden grösstenteils aus dem Lotteriefonds finanziert.

Kontakt:
Staatsarchiv St.Gallen
Regierungsgebäude, Klosterhof 1
CH-9001 St.Gallen
Tel.: +41 (0) 58 229 32 05
https://www.sg.ch/kultur/staatsarchiv.html

Quelle: Kanton St. Gallen, News, 16.6.2022; Art. OLMA Schweizer Messe für Landwirtschaft und Ernährung, in: Wikipedia, 14.5.2022

#Last Seen. Bilder der NS-Deportation

Wanderausstellung nun im Innenhof des Stadtarchivs Stuttgart.

Die Bilder der Deportationen aus dem Deutschen Reich zwischen 1938 und 1945 stehen im Zentrum von „#LastSeen. Bilder der NS-Deportationen“. Die Initiative #LastSeen ruft alle Interessierten dazu auf, bisher unbekannte zeitgenössische Fotografien und Filme von NS‐Deportationen zu suchen, sei es in öffentlichen oder privaten Archiven. Ziel ist es, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu unterstützen, Personen, Orte und Kontexte bekannter Bilder zu identifizieren. Dafür sind eine gute Ortskenntnis und lokale Recherchen notwendig.


Abb.: Fotograf*in unbekannt, Stadtarchiv München DE-1992-FS‐NS-00013.

Mit einem historischen LKW (siehe Abb. unten) als Ausstellungsraum ist „#LastSeen. Bilder der NS‐Deportationen“ seit Januar 2022 auf Tour. Die Wanderausstellung macht darauf aufmerksam, dass viele Plätze und Wege, von denen aus Menschen deportiert wurden, heute noch das Stadtbild prägen. Die Besucherinnen und Besucher sollen angeregt werden, sich auf die Suche nach weiteren Bildern und Informationen an diesen Orten zu machen.

Die Ausstellung im Innenhof des Stadtarchivs Stuttgart, Bellingweg 21, ist bis zum 24.6.2022 werktäglich frei zugänglich von 9 bis 19 Uhr.

Die nächsten Standort der Ausstellung:

Kontakt:
Arolsen Archives
International Center on Nazi Persecution
Große Allee 5-9
34454 Bad Arolsen

Kontakt zur Projektleitung:
Dr. Alina Bothe
lastseen@arolsen-archives.org
https://lastseen.arolsen-archives.org/

#LastSeen_Dein LiFE from Arolsen Archives on Vimeo.

Quelle: Stadt Stuttgart, Veranstaltungen.

Deutsche Archive im digitalen Zeitalter

Partizipation, Offenheit, Transparenz.

Zahlreiche Archive bekennen sich mittlerweile zum Grundgedanken der Offenheit, zu partizipativen und nutzerorientierten Zielen, zur Nutzung digitaler Werkzeuge. Mit Gründung der Konferenzreihe „Offene Archive“ hat sich eine Gruppe von Archivarinnen und Archivaren 2012 aufgemacht, die digitale Zukunft von Archiven in Deutschland besser zu gestalten. Das Konferenzblog hat sich als Plattform für das deutsche Archivwesen etabliert. Zeit für eine Rückschau, Statusbetrachtung und Zukunftsplanung.


Abb.: Das Buch „Deutsche Archive im digitalen Zeitalter“ (DOI: 10.3224/96665033) ist kostenlos im Open Access (PDF) herunterladbar oder kostenpflichtig als Print-Ausgabe erhältlich. Der Titel steht unter der Creative Commons Lizenz Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)

Das Buch basiert auf fachlichen und praxisnahen Beiträgen des Blogs und setzt sich mit digitalen Themen wie der Implementierung und Nutzung von Sozialen Medien und Blogs, Möglichkeiten der partizipativen Nutzer- und Nutzerinnenkontakte sowie der technischen Umsetzbarkeit von (Open-)Online-Tools für die klassischen Archivaufgaben auseinander.

Das Buch soll die Gründe der Genese des Blogs und die diskutierten Themen systematisch in den Blick nehmen, aber auch die Veränderungen seither messen. Die Kapitel enthalten zentrale, einschlägige Blog-Beiträge. Dabei wird auch die Genese bestimmter Problematiken in den letzten 10 Jahren abgebildet. Die Kapitel werden durch kurze (Gast-)Beiträge von Expertinnen und Experten eingeleitet. Um nicht nur über Partizipation zu schreiben, sondern sie auch mit oder trotz Buch zu leben, sollen zu jedem Artikel die dazugehörigen QR-Codes direkt zu den Beiträgen im Blog führen. Das Buch ist zwar statisch, es will aber deutlich machen, dass die Diskussion es nicht ist und ein Weiterführen der Diskussionen ausdrücklich erwünscht ist.

Das Buch führt so die Interaktivität des Blogs fort. Das Buch ist als erstes Fachbuch zu diesem zentralen Thema im deutschen Archivwesen zu verstehen.

Info:
Deutsche Archive im digitalen Zeitalter.
Partizipation, Offenheit, Transparenz
hg. v. Antje Diener-Staeckling, Dagmar Hovestädt, Joachim Kemper, Patricia Lenz
Verlag Barbara Budrich
Paperback 54€
PDF 0€
Erscheinungsdatum : 13.06.2022
ISBN: 978-3-96665-033-5

Links:

Die Herausgeberinnen und Herausgeber:
Dr. Antje Diener-Staeckling, LWL-Archivamt für Westfalen, Münster
Dagmar Hovestädt, Bundesarchiv, Stasi-Unterlagen-Archiv, Berlin
Dr. Joachim Kemper, Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg
Patricia Lenz, Archivarin, Institut für Stadtgeschichte Gelsenkirchen

Studie zum sexuellen Missbrauch im Bistum Münster 1945-2020 vorgestellt

In der Zeit von 1945 bis 2020 sollen mindestens 196 Kleriker aus dem Bistum Münster sexuellen Missbrauch an Minderjährigen begangen haben – konkret handelte es sich um 183 Priester, einen ständigen Diakon und 12 Brüder einer dem Bischof lange Zeit unterstellten Ordensgemeinschaft. Dies ist das zentrale Ergebnis einer im Jahr 2019 begonnenen Studie, die ein Wissenschaftsteam der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster am 13.6.2022 vorgestellt hat. „Die Bischöfe und andere Verantwortliche in der Bistumsleitung wussten über die Taten zum Teil ausführlich Bescheid“, betont Prof. Dr. Thomas Großbölting, der mit Prof. Dr. Klaus Große Kracht hauptverantwortlich für die Studie ist. „Nicht erst seit dem Jahr 2010 – als der Missbrauchsskandal in der deutschen Öffentlichkeit hohe Wellen schlug – war ihnen in vielen Fällen bekannt, dass Priester des Bistums Münster Kinder, Jugendliche und Schutzbefohlene sexuell missbraucht haben.“


Abb.: Das Team der Aufarbeitungsstudie (v.l.): Dr. Bernhard Frings, Prof. Dr. Thomas Großbölting, Dr. Natalie Powroznik, Dr. David Rüschenschmidt und Prof. Dr. Klaus Große Kracht (Foto: WWU – Michael Möller)

Bezogen auf die Gruppe der Priester macht die Zahl von 196 Beschuldigten rund vier Prozent aller Priester in der Diözese zwischen 1945 und 2020 aus. Bei fünf Prozent der Täter könne man von „Serientätern“ sprechen, da sie für mehr als zehn Taten verantwortlich seien. Die Zahl der Betroffenen liegt den Wissenschaftlern zufolge bei mindestens 610 Personen, wobei das Dunkelfeld „erheblich höher“ liegen dürfte – die Wissenschaftler gehen davon aus, dass diese Zahlen acht bis zehn Mal höher liegen. Viele der Betroffenen erlebten wiederholt sexuellen Missbrauch durch die Täter, in 43 Fällen habe es „starke körperliche Gewalt“ gegeben. Die psychischen und physischen Folgen der Tat begleiteten und begleiten sie oft ihr Leben lang. Etwa drei Viertel der Betroffenen waren männlich, ein Viertel weiblich. Häufig besaßen sie über den Ministrantendienst oder andere Gruppierungen eine enge kirchliche Bindung, die die Täter skrupellos ausnutzten.

Die Forscher fanden bei ihrem Aktenstudium heraus, dass ein Großteil der beschuldigten Geistlichen lediglich versetzt wurde, ohne in ihren seelsorglichen Tätigkeiten eingeschränkt zu werden. „Die erschreckende Bilanz lautet, dass bis über das Jahr 2000 hinaus die Personalverantwortlichen des Bistums Münster ihrem Wächteramt im Hinblick auf den sexuellen Missbrauch durch Kleriker der Diözese nicht gerecht geworden sind“, unterstreicht Klaus Große Kracht. „Sie haben vertuscht, geschwiegen und lediglich vordergründig eingegriffen, wenn es darum ging, einen öffentlichen Skandal zu vermeiden. Die Betroffenen hatten sie nicht im Blick.“

Dieses „massive Leitungsversagen“ betrifft demnach die Amtszeiten der Bischöfe Michael Keller (1947 – 1961), Joseph Höffner (1962 – 1969), Heinrich Tenhumberg (1969 – 1979) und Reinhard Lettmann (1980 – 2008) gleichermaßen. Selbst unter Bischof Felix Genn (seit 2009) brauchte die Bistumsleitung zunächst eine gewisse Zeit, bis sie gegen Missbrauchstäter in den eigenen Reihen so rigoros und unzweideutig vorging, wie es in den vergangenen Jahren zum Standard im Bistum Münster geworden ist.

Die Forscher der Universität Münster – eine Sozialanthropologin und vier Historiker – zeichnen das Ausmaß wie auch die Entwicklung und Auswirkungen des sexuellen Missbrauchs im Bistum Münster anhand von zwölf Fallbeispielen, einer quantitativen Bilanz sowie einer Untersuchung verschiedener Akteursgruppen nach, die mit dem Wissen um den Missbrauch im Bistum Münster in Kontakt kamen. Darunter befinden sich die Gruppe der Therapeuten sowie die sogenannten Bystander, also jene Personen, die in den jeweiligen Gemeinden über die Missbrauchsvorwürfe Kenntnis hatten, aber nicht einschritten. Daran könne man, berichten die Wissenschaftler, nicht nur die lange Zeit „feste Verankerung der Pastoralmacht der Priester, sondern auch die Bedeutung des Klerikalismus von unten“ erkennen. Zudem beleuchteten die Wissenschaftler in ihrer Analyse die inneren Machtverhältnisse und Kommunikationsstrukturen in der Bistumsleitung, die in vielen Fällen die Vertuschung erst möglich gemacht haben.

Die Forscher betonten, dass sie die kirchlichen Akten des Bistums ungehindert einsehen konnten und mit zahlreichen Betroffenen gesprochen haben. Die Studie steht unter folgender Adresse zum freien Download zur Verfügung: https://go.wwu.de/aubim-studie.

Zudem haben die Wissenschaftler die Ergebnisse ihrer Forschung in zwei Büchern vorgelegt:

  • Bernhard Frings/Thomas Großbölting/Klaus Große Kracht/Natalie Powroznik/David Rüschenschmidt: Macht und sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche. Betroffene, Beschuldigte und Vertuscher im Bistum Münster seit 1945, Freiburg i. Br.: Herder 2022, 589 Seiten. (Download)
  • Thomas Großbölting: Die schuldigen Hirten. Geschichte des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche, Freiburg i.Br.: Herder 2022, 288 Seiten.

Zur Studie
Das Projekt, das die Jahre 1945 bis 2020 umfasst, begann am 1. Oktober 2019. Die Initiative für die auf zweieinhalb Jahre angelegte Studie ging vom Bistum Münster aus, das dafür rund 1,3 Millionen Euro zur Verfügung stellt. Hauptverantwortlich für die Studie sind Prof. Dr. Thomas Großbölting (ehemals Universität Münster, jetzt Forschungsstelle für Zeitgeschichte der Universität Hamburg) und Prof. Dr. Klaus Große Kracht (Universität Münster). Ein achtköpfiger Beirat begleitet die Forschung und berät bei der Beachtung wissenschaftlicher und juristischer Standards. Auch drei Betroffene, darunter der Initiator einer Selbsthilfegruppe, sind vertreten.

Links:

Quelle: WWU Münster, Pressemitteilung, 13.6.2022

Kreisarchiv und Stadtarchiv Soest offiziell eröffnet

Der Kreis Soest und die Stadt Soest haben das neue Archivgebäude für das Kreisarchiv und das Stadtarchiv Soest nunmehr offiziell am 11.6.2022 in einer Feierstunde eröffnet. Die Einrichtungen waren bereits vergangenes Jahr, mitten in der Pandemie, in die renovierte ehemalige Landwirtschaftsschule und das neu gebaute Magazingebäude eingezogen. Alle Redner lobten die gute interkommunale Zusammenarbeit und freuten sich über die neue, moderne und zeitgemäße Architektur des Gebäudes.Abb.: Über die offizielle Eröffnung freuten sich (v. l.) Beatrix Pusch, Leiterin Kreisarchiv Soest, Markus Patzke, 1. Stellv. Landrat Kreis Soest, Prof. Dr. Markus Stumpf, Leiter des LWL-Archivamtes für Westfalen, Dr. Eckhard Ruthemeyer, Bürgermeister Stadt Soest, sowie Dr. Norbert Wex, Leiter Stadtarchiv Soest. (Foto: Thomas Weinstock/Kreis Soest)

Markus Patzke, erster stellvertretender Landrat des Kreises Soest, zog ein positives Fazit: „Ich freue mich über diese adäquate Unterbringung der Archive, die unverzichtbar für den eigenen Kompass sind, um mit ihren wichtigen gesellschaftlichen Aufgaben für die Bürgerinnen und Bürger wirken zu können. Archive stehen für Transparenz und eine demokratische Öffentlichkeit und helfen dabei, die lokale Identität zu sichern und zu bewahren.“

Der Soester Bürgermeister Dr. Eckhard Ruthemeyer stellte die Bedeutung der geschaffenen Infrastruktur für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt und des Kreises heraus. „Mit dem neuen Kreisarchiv und Stadtarchiv unter einem Dach haben wir ein klares Statement gesetzt. Beide Archive sind mustergültig untergebracht und strahlen eine einladende Willkommenskultur aus. Wenn man den offen gestalteten Lesesaal betritt, hüpft einem das Herz vor Freude. Für unsere Bürgerinnen und Bürger haben wir ein Vorzeigearchiv verwirklicht.“


Abb.: Eingangsbereich von Kreis- und Stadtarchiv Soest, zugleich Übergang zwischen dem sanierten Altbau des Landwirtschaftsschule aus dem Jahr 1892 und dem neuen Magazintrakt (rechts) (eig. Foto).

In seiner Begrüßungsrede erinnerte Patzke an die Vorgeschichte. Im Jahr 1892 wurde in Soest die Landwirtschaftliche Winterschule erbaut. Seit 1936 befindet sich das Gebäude in der Trägerschaft des Kreises Soest. Die Schule stellte ihren Betrieb 1998 ein, die Räume wurden als Büros genutzt. Nachdem eine neue Unterbringung für das Kreisarchiv erforderlich wurde und auch die Stadt Soest für das Stadtarchiv mit der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek und die Stadtarchäologie neue Räumlichkeiten benötigte, führte der Kreis eine Machbarkeitsstudie durch, in der sich das Gebäude als gut geeignet für eine gemeinsame Unterbringung der drei Einrichtungen herausstellte. 2019 begannen die Umbauarbeiten und der Anbau des neuen Magazingebäudes für die Archive unter Leitung der Architekten Banz + Riecks aus Bochum, die 2016 als erster Sieger aus dem vom Kreis Soest durchgeführten Architektenwettbewerb hervorgegangen waren. Im vergangenen Jahr konnte das Gebäude bezogen werden.

In seinem Grußwort hob Prof. Dr. Markus Stumpf, Leiter des LWL-Archivamtes für Westfalen, die Bedeutung des Projekts hervor: „Archive erschließen die Vergangenheit für die Zukunft. Das gemeinsame Archivgebäude hat Vorbildcharakter und ist ein nachahmenswertes Beispiel für eine konstruktive Zusammenarbeit aller Beteiligten.“

Wiebke Fritsch, die leitende Architektin von Banz + Riecks Architekten aus Bochum, ließ die Entwürfe und die Bauphase noch einmal Revue passieren. „Wir haben mit viel Freude mit allen Beteiligten an diesem Projekt gearbeitet. Nur durch das konstruktive Miteinander konnte das Gebäude so erfolgreich und trotz Pandemie umgesetzt werden.“


Abb.: Beatrix Pusch, die Leiterin des Kreisarchivs Soest, bei einer Führung am Tag der offenen Tür am 12.6.2022 (eig. Foto).

Die gemeinsame Unterbringung von Einrichtungen des Kreises und der Stadt gilt im Kreis Soest als einzigartig und vorbildlich. Die reine Bausumme betrug 6,8 Millionen Euro, die Gesamtinvestition 9,5 Millionen Euro. Insgesamt stehen jetzt 3.600 Quadratmeter Fläche zur Verfügung, von welcher der Kreis 52 und die Stadt 48 Prozent nutzen. Von den 3.600 Quadratmetern entfallen allein 2.300 Quadratmeter auf das neue Magazingebäude. In den modernen Räumlichkeiten hat der Kreis jetzt 2.000 laufende Meter Akten, 25.000 Bücher, mehr als 70.000 Fotos, rund 34.000 Karten, Pläne und Plakate und vieles andere mehr unter besten Archivbedingungen untergebracht. Bürgerinnen und Bürger können diese Schätze im Lesesaal an modernen und lichtdurchfluteten Arbeitsplätzen für ihre Studien nutzen.

Kontakt:
Kreisarchiv Soest
Niederbergheimer Straße 24
59494 Soest
Tel.: 02921 30-2960
Fax: 02921 30-2945
kreisarchiv@kreis-soest.de

Stadtarchiv und wissenschaftliche Stadtbibliothek Soest
Niederbergheimer Straße 24
59494 Soest Tel. 02921/ 103 – 1240
Fax 02921/ 103 – 81241
stadtarchiv@soest.de

Quelle: Kreis Soest, Pressemitteilung, 11.6.2022

Konferenz Offene Archive findet hybrid statt

Die Konferenz „Offene Archive“ kommt gemeinsam mit dem ArchivCamp unter dem Motto „Partizipation, Offenheit, Transparenz“ zurück! Die Veranstaltung findet vom Mo., 13. bis Mi., 15. Juni 2022 in Koblenz statt. Für einzelne Programmpunkte gibt es auch die Möglichkeit der digitalen Teilnahme.

Für diejenigen, die von Montag bis Mittwoch nicht im Koblenzer Bundesarchiv vor Ort sein können, finden sich hier die Direktlinks zum Livestream (YouTube-Kanal des Arbeitskreises Offene Archive):

https://youtu.be/bOFOkVa-7TQ  (13.6., ab 13.30 Uhr)

https://youtu.be/fGo3IBCr-3o (14.6., ab 9 Uhr)

https://youtu.be/2rGE-LbNDjQ (15.6., ab 9 Uhr)

Die Gesamtübersicht zum Programm finden Sie hier:

Konferenz + ArchivCamp 2022

https://archive20.hypotheses.org/offene-archive-2-0-bis-2-2/konferenz-archivcamp-2022​

Vorlass des Kirchenmusikers und Komponisten Hans Darmstadt

Das Landeskirchliche Archiv Kassel schätzt sich glücklich, den Vorlass von Hans Darmstadt übernehmen zu können. Ende Mai 2022 wurde die erste Lieferung vom Vorlassgeber persönlich übergeben. Sie enthält Manuskript-Partituren, teils veröffentlicht, teils unveröffentlicht. Tonaufnahmen, Programmhefte und Kataloge sowie Korrespondenzmappen werden folgen.


Abb.: Nach der Übergabe und einer Archivführung vor dem Magazingebäude (von links nach rechts): KMD Prof. Hans Darmstadt, Archivleiterin Dr. Bettina Wischhöfer, Frau Darmstadt, stellvertr. Archivleiter Peter Heidtmann-Unglaube (Foto: Sabrina Funkner, Landeskirchliches Archiv Kassel).

Darmstadt, 1943 in Halle (Saale) geboren, studierte u.a. an der Kirchenmusikschule und an der Universität Frankfurt / Main. Komposition studierte er bei Konrad Lechner (1965–1969) und Günther Becker (1969–1972). Während seiner Zeit als Kirchenmusiker in Griesheim absolvierte er das A-Examen. Nach seiner Hamburger Zeit wurde er 1994 als Kirchenmusikdirektor an die Kirche St. Martin in Kassel berufen. Die Hauptkirche Kassels und Bischofskirche der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck steht im Zeichen der Neuen Musik. 2006 beendete er dort seine Tätigkeit und wurde zum Abschied mit der Heinrich-Schütz-Medaille ausgezeichnet.

Hans Darmstadt lehrte von 1976 bis 2008 Musiktheorie und Komposition an der Musikhochschule Lübeck. 1992 wurde er zum Professor ernannt. Seine Veröffentlichungen als Komponist und Autor sind umfangreich.

Links:

Das Landeskirchliche Archiv Kassel wird den Vorlass zeitnah verzeichnen und einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich machen.

Kontakt:
Landeskirchliches Archiv der
Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck
Lessingstraße 15A
34119 Kassel
archiv@ekkw.de
www.archiv-ekkw.de

Quelle: Landeskirchliches Archiv Kassel, 10.6.2022