Der Kriminalprozess gegen Joseph Süß Oppenheimer

Unter dem Titel \“Beschlagnahmte Briefschaften – Der Kriminalprozess gegen Joseph Süß Oppenheimer\“ präsentiert das Hauptstaatsarchiv Stuttgart in seiner Reihe "Archivale des Monats\“ eine Ausstellung, die den historischen Prozess gegen den Geheimen Finanzienrat des Herzogs von Württemberg mit seinen authentischen Quellen sowie das zeitgenössische Medienspektakel und die fiktionalen Bearbeitungen des Stoffes in den Mittelpunkt stellt. Dazu wird ein Überblick über die Nutzung und die wissenschaftliche Auswertung des Aktenbestands gegeben, den das Hauptstaatsarchiv verwahrt.

Joseph Süß Oppenheimer wurde nach dem Tod des Herzogs Karl Alexander von Württemberg am 12. März 1737 verhaftet und unter Hausarrest gestellt. Eine Inquisitionskommission bereitete einen Kriminalprozess gegen ihn vor, der mit dem Todesurteil endete. Die Ermittlungs- und Prozessakten dokumentieren das Vorgehen gegen Oppenheimer bei der Vorbereitung des Prozesses und enthalten eine Fülle an Unterlagen, die von den ermittelnden Behörden bei Oppenheimer als potentielles Beweismaterial beschlagnahmt wurden – \“beschlagnahmte Briefschaften\“.

Die Ausstellung ist im Hauptstaatsarchiv Stuttgart vom 8. Februar bis zum 30. März 2007 zu sehen und wird ab November 2007 im Staatsarchiv Ludwigsburg gezeigt. Online bietet das Landesarchiv Baden-Württemberg Einblicke in die Ausstellung (einschließlich aller Texte und Exponatsbeschreibungen), das neu erstellte Findbuch zu den Akten des Kriminalprozesses sowie Informationen über Begleitveranstaltungen. Zur Internetausstellung \“Beschlagnahmte Briefschaften – Der Kriminalprozess gegen Joseph Süß Oppenheimer\“. Findbuch zum Bestand A 48/14 Joseph Süß-Oppenheimer, Geheimer Finanzrat – Inquisition, Prozeß, Beweismaterial / Vermögenserfassung und -abwicklung als Konkursverfahren.

Kontakt
Hauptstaatsarchiv Stuttgart
Konrad-Adenauer-Straße 4
70173 Stuttgart
Tel.: 0711 / 212 – 4335
Fax: 0711 / 212 – 4360
hstastuttgart@la-bw.de

Quelle: Ausstellungen Landesarchiv Baden-Württemberg.

Langzeitarchiv für 500 Jahre – Rückkehr des Mikrofilms

Im Rahmen der Archiving Community wurde ein Langzeitarchivierungssystem entwickelt, das wichtige Dokumente und Zeichnungen in einem Schritt digitalisiert und auf Mikrofilm archiviert. Damit rückt das Archivmedium Mikrofilm wieder in den Fokus der Datensicherung. Im Gegensatz zu digitalen Daten bietet der Datenträger eine Datensicherheit für über 500 Jahre und eignet sich damit bestens für Unternehmen und Organisationen, die Unterlagen für 20 Jahre und länger lesbar halten müssen. \“Der Mikrofilm wurde in der Zeit der aufkommenden digitalen Daten schon tot geglaubt. Allerdings hat er den großen Vorteil der Haltbarkeit und erspart die laufende Notwendigkeit der Migration auf neuere Technik\“, meint David Weiss, Marketing Manager bei Micro Archive Systems http://www.microarchive.com, im Gespräch mit pressetext. 

Das vereinfachte Prozedere zur sicheren und kostengünstigen Langzeitarchivierung wird durch den ArchiveLaser möglich, der vom Fraunhofer Institut für Physikalische Messtechnik mit Industriepartnern entwickelte wurde. Er belichtet spezielle Farbmikrofilme auf Basis digitaler Daten mittels neuartiger RGB-Laserquellen in höchstauflösender Präzision und Farbqualität. Farbmanagement und automatische Qualitätskontrolle während des Belichtungsvorgangs garantieren ein farbechtes Abbild des Originals. \“Die Mikrofilme stammen vom Schweizer Unternehmen Ilford. Sie zeichnen sich durch eine sehr lange Haltbarkeit und eine hohe Farbstabilität aus. Allerdings weisen sie eine lange Belichtungszeit auf, was jedoch in Verbindung mit dem ArchiveLaser kein Problem darstellt\“, sagt Weiss. Bislang war die Archivierung auf Mikrofilm schon aufgrund der Notwendigkeit des Ablichtens aufwendig. Nun können die digitalen Daten direkt auf den Film aufgebracht werden. 

Die Rückumwandlung der ausbelichteten Bilder in digitale Daten geschieht automatisiert mit Hilfe eines optischen Scanners. Das Ausbelichten von technischen oder inhaltlichen Metadaten am Bildrand ermöglicht das unkomplizierte Wiederauffinden bestimmter Informationen, das Ordnen von Daten oder das Einrichten von Datenbanken. Organisationen erhalten so eine sichere und kostengünstige Lösung zur Archivierung großer Mengen digitaler Daten über einen Zeitraum von bis zu 500 Jahren. Als Zielgruppe werden Industrieunternehmen, Arztpraxen und Krankenhäuser, Verwaltungen, Flugzeugbauer, Finanzdienstleister oder Unternehmen aus dem Baugewerbe gesehen. \“Die digitale Datenspeicherung auf Festplatten und RAID-Systemen ist auf lange Sicht sehr teuer. Die Systeme müssen gewartet und laufend überprüft werden. Zudem können bei der Migration – beispielsweise von CD auf Blu-ray – Daten verloren gehen. Unangenehm ist das nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Bibliotheken und Museen, die ihre Werke dauerhaft und sicher gespeichert wissen wollen\“, erläutert Weiss. 

In enger Zusammenarbeit mit dem Landesarchiv Baden-Württemberg und der Universität Stuttgart entstand zudem ein Workflow, der die neue Belichtungstechnologie optimal in die Archivierungsabläufe integriert. Archivgut digitalisieren und verfilmen waren bisher zwei getrennte Prozessschritte. Der ARCHE-Workflow vereint die Digitalisierung der Dokumente und die Belichtung auf Mikrofilm in einem Arbeitsgang, nutzt dabei die Vorteile digitaler und analoger Techniken und verringert so die Kosten für Informationsbereitstellung und Bestandserhaltung.

Kontakt
Landesarchiv Baden-Württemberg
Eugenstraße 7
70182 Stuttgart
Tel.: 0711 / 212 – 4272 
Fax: 0711 / 212 – 4283 
landesarchiv@la-bw.de

Quelle: Pressetext Deutschland (Pressemitteilung), 7.2.2007

Archiv für westfälische Volkskunde wird digitalisiert

Welche Lieder waren Anfang des 20. Jahrhunderts in Westfalen beliebt? Wie lief ein westfälisches Schützenfest oder eine Hochzeit in den 1950er Jahren ab? In schriftlicher Form liegt über derartige Themen einiges vor, Original-Tonaufnahmen (O-Töne) von Zeitzeugen und damit Informationen aus erster Hand zu diesen und anderen kulturellen Erscheinungen sind jedoch spärlich gesät und deshalb besonders wertvoll. Die vom Verfall bedrohten Tondokumente des Archivs für westfälische Volkskunde des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe werden in den kommenden zwei Jahren vom Seminar für Volkskunde/Europäische Ethnologie der Universität Münster digitalisiert und damit für die Nachwelt gerettet.

Auf 270 Magnettonbändern und 425 Audiokassetten haben Wissenschaftler seit den 1950er Jahren Alltägliches und Festtägliches aus Westfalen dokumentiert. Zu diesen authentischen Aufnahmen aus der ethnologischen Feldforschung zählen unter anderem Volksliedgesänge mit entsprechenden Erklärungen, Erzählungen, Interviews über Bräuche und ehemalige Arbeitsverfahren sowie Lebenserinnerungen. Die Liedaufzeichnungen enthalten das Repertoire einzelner Volksliedsänger sowie Liedsammlungen aus verschiedenen Orten und Lieder bestimmter Singgemeinschaften. Dazu zählen auch Lambertus-Lieder aus Münster, die rund um das Lambertusfest am 17. September von Kindern auf den Straßen und Plätzen gesungen wurden und teilweise heute noch werden.

Die Nutzung und wissenschaftliche Auswertung solcher wertvollen Quellen ist seit mehreren Jahren nahezu unmöglich: Funktionierende Abspielgeräte für die verschiedenen Bandformate sind kaum noch verfügbar, und die Qualität insbesondere der Magnettonbänder verschlechtert sich aufgrund der zeitbedingten chemischen Zersetzungsprozesse zusehends. Angesichts der veralteten Karteikartendokumentation, die sich auf die Zählerstände der nicht mehr vorhandenen Aufnahmegeräte stützt, gestaltet sich eine gezielte inhaltliche Suche darüber hinaus als schwierig.

Um die gefährdeten Tondokumente vor dem endgültigen Verstummen zu retten und den gezielten Zugriff auf die Inhalte zu erleichtern, werden sie jetzt professionell digitalisiert und neu erschlossen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Projekt mit dem Titel \“Digitale Erfassung, Erschließung und Langzeitarchivierung von Beständen des Archivs für westfälische Volkskunde der Volkskundlichen Kommission für Westfalen\“. Die Durchführung liegt in den Händen des Seminars für Volkskunde/Europäische Ethnologie der Universität Münster unter Leitung von Prof. Dr. Ruth-E. Mohrmann und der LWL-Kommission unter Leitung von Christiane Cantauw.

Parallel zur Erfassung des Tonarchivs ist als zweite Säule des Projekts die Digitalisierung und Neuerschließung des schriftlichen Volksliedarchivs mit seinen mehr als 9.000 Liederblättern geplant. Bereits während des Ersten Weltkriegs legte Karl Wagenfeld, Gründer und Geschäftsführer des Westfälischen Heimatbundes, den Grundstock für das Archiv. Die Sammlung, die durch 100 handschriftliche Liederbücher aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und zahlreiche gedruckte Gebrauchsliederbücher ergänzt wird, ist unter anderem durch gemeinsame Gewährspersonen und transkribierte Audioaufnahmen eng mit dem Tonarchiv verflochten. So findet man viele Lieder sowohl in schriftlicher als auch akustischer Form.

Spätestens wenn beide Archivteile in digitaler Form vorliegen und die zugehörigen Metadaten, wie etwa Liedtitel, Aufnahmeort und Datum in eine Datenbank eingetragen worden sind, werden sie auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht: Geplant ist ein Internet-Auftritt, der die Möglichkeit bietet, online nach Liedern und anderen Tonaufnahmen sowie schriftlichem Liedgut aus Westfalen zu recherchieren und sich Inhalte kostenfrei auf den eigenen Rechner zu laden. Dann wird auch das typische Lambertuslied aus Münster \“O Buer, wat kost\‘ dein Hai…\“ endgültig für künftige Generationen gesichert sein.

Link: Seminar für Volkskunde/Europäische Ethnologie: www.uni-muenster.de/Volkskunde

Kontakt:
Anne Wolf
Seminar für Volkskunde/Europäische Ethnologie
Scharnhorststr. 100
48151 Münster
Tel.: 0251/83-25409
Fax: 0251/83-28316
Volkskunde.Institut@uni-muenster.de
wolfanne@uni-muenster.de

Erfolg für Braunschweiger Schüler beim Wettbewerb »DenkT@g« 2006/2007

Beim „DenkT@g“ 2006/2007, einem bundesweiten Internetwettbewerb der Konrad-Adenauer-Stiftung, belegte die Klasse 10 der Realschule Maschstraße in Braunschweig den vierten Platz. Der erste Platz wurde an Schüler aus Wangen im Allgäu vergeben, deren Thema \“Memoria et Conscientia" lautete. Schirmherr des Wettbewerbs ist Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert, der am 26. Januar 2007 insgesamt 18 Gruppen aus Deutschland in Berlin auszeichnete. Seit 2001 ruft die Konrad-Adenauer-Stiftung junge Menschen zur Auseinandersetzung mit der Shoa und NS-Diktatur, aber auch mit aktuellen Fragen von Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz und Gewalt auf.

Thema der Braunschweiger Schülerinnen und Schüler war das Schicksal der polnisch-jüdischen Familien Festberg und Reiter in der NS-Zeit. Während die Familie Reiter bereits 1938 nach Polen abgeschoben wurde, erfolgte die Deportation des Ehepaars Festberg ins Warschauer Ghetto im Jahre 1942. Die Namen dieser beiden Familien befinden sich auch auf den "Stolpersteinen", die der Aktionskünstler Gunter Demnig auf dem Kohlmarkt, an der Steinstraße und auf dem Altstadtmarkt verlegt hat. Auf diesen befindet sich Messinghauben, auf denen die Namen aller jüdischen Bürger Braunschweigs stehen. Um Näheres über das Schicksal der beiden jüdischen Familien zu erfahren, recherchierten die Schüler sorgfältig im Stadtarchiv Braunschweig. Außer zahlreichen Akten und Fotos durchforsteten sie auch alte Adressbücher und Tageszeitungen. Diese sorgfältige Archivarbeit trug mit dazu bei, dass sie alle verwendeten Dokumente und Fotos quellenmäßig exakt belegen konnten. Eine wichtige Rolle bei der guten Platzierung spielte aber auch, dass die Schüler mit ihrer Arbeit dazu beitragen wollten, den aufkeimenden Rechtsextremismus zu bekämpfen.

Link: www.denktag.de

Kontakt
Stadtarchiv Braunschweig
Löwenwall 18 B
38023 Braunschweig
Tel.: 05 31 / 4 70 – 47 17
Fax: 05 31 / 4 70 – 47 25

Quelle: Harald Duin, newsclick, 1.2.2007; Konrad-Adenauer-Stiftung, Pressemitteilung, 19.1.2007

Berliner Humboldt-Universität startet Projekt »Palastarchiv«

Jahrelang haben der Palast der Republik und sein geplanter Abriss uns beschäftigt, jetzt ist er reif für das Archiv. Deshalb sammeln Geschichtsstudierende der Humboldt-Universität Berlin Erinnerungen, Wahrnehmungen und Meinungen der Bürger zum Abriss des Palasts der Republik. Die Diskussion über den Palast der Republik verlief fast immer auf Expertenebene. Studierende wollen jetzt auch die Stimmen der Berlinerinnen und Berliner dokumentieren. Ist der Abriss des Palasts der Republik richtig? Brauchen wir das Schloss? Wäre eine dritte Lösung denkbar? Welche Erinnerungen werden mit dem Palast der Republik verbunden?

Mit den Meinungen werden die Studierenden eine Ausstellung veranstalten und ein Buch veröffentlichen. Anschließend wird eine Auswahl der Sammlung der Berichte im Landesarchiv Berlin verwart. Die Studierenden sollen in dem Projekt "Palastarchiv" schon während ihres Studiums der Geschichte praktische Erfahrungen sammeln. Dieses ist eine großartige Gelegenheit, schon während des Studiums eine Ausstellung zu einem so spannenden Thema, welches sich mit der historisch gewachsenen und verändernden Stadt Berlin auseinandersetzt, zu organisieren. Das Projekt \“Palastarchiv\“ findet im Rahmen der Veranstaltungsreihe \“Angewandte Geschichte\“ unter der Leitung von Alexander Schug am Lehrstuhl von Professor Wolfgang Hardtwig statt. Kooperationspartner unterstützen das Projekt: Das Design der verschiedenen Medien wird von der Best-Sabel Berufsfachschule für Design in Köpenick erstellt. Weitere Sponsoren sind der Berliner Wissenschafts-Verlag, die Wall AG, die Humboldt-Universitätsgesellschaft Berlin. 

Kontakt
Projektgruppe Palastarchiv
Humboldt-Universität zu Berlin
Institut für Geschichtswissenschaften
Lehrstuhl für Neuere Geschichte
Unter den Linden 6
10099 Berlin
palastarchiv@geschichte.hu-berlin.de

Quelle: Humboldt-Universität Berlin, Uni-Protokolle, 1.2.2007

Sammlung Bennertz dokumentiert jüdische Biografien Mülheims

Der Mülheimer Pfarrer i.R. Gerhard Bennertz (69) kam Anfang der 1970er Jahre als junger Lehrer in die Stadt am Fluss. In über dreißig Jahren hat der evangelische Theologe in unzähligen Zeitzeugengesprächen die Lebensgeschichten von rund 600 jüdischen Mitbürgern recherchiert. Allein über dreißig Mal reiste er nach Israel, um von dorthin emigrierten jüdischen Mitbürgern möglichst viel über die Mülheimer Ereignisse vor und nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 zu erfahren. Bennertz\‘ Veröffentlichungen gaben jenen Mülheimern ein Gesicht, die nach 1933 wegen ihres Glaubens verfolgt und ermordet wurden oder ihre Heimatstadt verlassen mussten.

Als die Mülheimer Historikerin Barbara Kaufhold für das Salomon Ludwig Steinheim-Institut in den Jahren 2004 und 2006 zwei Bücher über jüdisches Leben in Mülheim und über Glauben im Nationalsozialismus publizierte, hatte auch sie sich auf die umfangreiche Materialsammlung von Gerhard Bennertz stützen können. Jetzt übergab Bennertz seine Sammlung, die aus zahlreiche Aktenordnern und Zettelkästen mit Zeitzeugenberichten, Briefen, Reden und Fotos besteht, an das Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr.

Stadtarchivar Jens Roepstorff empfindet den Neuzugang als eine enorme Bereicherung und als eine bedeutsame Quelle von Wissen für das Archiv. Roepstorff und seine Kollegin Eva Kniese gehen davon aus, dass die Sammlung Bennertz nach ihrer vollständigen Ordnung und Verzeichnung spätestens gegen Ende des Jahres 2007 für die interessierte Öffentlichkeit vollständig nutzbar sein wird.

Info:
Barbara Kaufhold: \“Jüdisches Leben in Mülheim an der Ruhr". Hg. v. Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte, Duisburg. Mit einem Beitrag von Gerhard Bennertz. Essen, Klartext-Verlag 2004. 350 Seiten, geb., zahlreiche Abb., aktualisierte Namensliste:
Seit fast 500 Jahren leben Juden in Mülheim an der Ruhr, als geduldete Minderheit, als freie oder ihrer Rechte beraubte Bürger. Dieses Buch führt durch die Jahrhunderte – von den ersten Ansiedlungen bis zur Emanzipation und der Blüte der Gemeinde im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. In der Moderne bis 1945 interessieren besonders Themen wie: Bauliche Spuren heute; Diskriminierung und Verfolgung; Persönlichkeiten; Zeitzeugen hier und in aller Welt. Ein packender Überblick mit zahlreichen Dokumenten und Abbildungen sowie einer erweiterten Namensliste.

Barbara Kaufhold: Glauben unter dem Nationalsozialismus in Mülheim an der Ruhr, hrsg. vom Salomon Ludwig Steinheim-Institut. Essen: Klartext Verlag 2006. ISBN 3-89861-626-6. 384 Seiten. 19.90 Euro: 
Nach der Reformation evangelisch geprägt, entwickelte sich in Mülheim ein reges religiöses Leben, bereichert durch eine jüdische Gemeinde und ungewöhnlich zahlreiche Freikirchen und freie Werke. Nach der Machtübernahme 1933 begann der NS-Staat massiven Druck auf die Kirchen auszuüben. Christen jüdischer Herkunft wurden durch die Nürnberger Gesetze zu Juden erklärt; die Kirchen sollten von allem \“Jüdischen befreit\“ werden. In den evangelischen Mülheimer Gemeinden entbrannte ein erbittert geführter Kirchenkampf: NS-konforme Deutsche Christen kämpften gegen Vertreter der Bekennenden Kirche. Selbst nach dem Krieg nahm der Kirchenkampf in Mülheim kein Ende. Zeitzeugenberichte und Dokumente bereichern die bewegende Darstellung der evangelischen Kirche unter dem Nationalsozialismus. Der Band beschreibt auch die Situation der übrigen religiösen Gemeinschaften von den Zeugen Jehovas bis zur katholischen Kirche unter dem Nationalsozialismus. 

Aktueller Vortrag:
Mittwoch, 28. Februar 2007, 19.00 Uhr, Kunstmuseum Alte Post, Mülheim/Ruhr, Foyer, Eintritt frei
Vortrag mit Lichtbildern von Dr. Barbara Kaufhold: \“Herausforderung der Christen in Mülheim durch die nationalsozialistischen Machthaber\“

Kontakt:
Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr
Aktienstr. 85 
D-45473 Mülheim an der Ruhr
Telefon: 0208-455-4260
Telefax: 0208-455-4279
stadtarchiv@stadt-mh.de

Quelle: Thomas Emons, NRZ, 5.2.2007

Fotosammlung fürs Stadtarchiv Bonn

Schon 1986 hatte Ernst Linderoth einen ersten Teil seiner Fotosammlung ans Stadtarchiv Bonn verkauft. In 18 großen Alben im Format von Tapetenmusterbüchern findet sich seine Dokumentation der Bonner Innenstadt – in eigenen Fotos und zahlreichen Reproduktionen historischer Aufnahmen. An seinem 91. Geburtstag machte der Heimatforscher Linderoth seiner Heimatstadt nun ein weiteres Geschenk: rund 18.000 Fotos, fein säuberlich nach Themen in Ordnern sortiert. Stadtarchivar Dr. Norbert Schloßmacher und sein Team nahmen das Material erfreut entgegen. „Ein Schatz für uns, für alle heimatgeschichtlich Interessierten und die Denkmalpflege“, dankte Schloßmacher. 

Der gelernte Orgelbauer Linderoth arbeitete als Möbeltischler in der Rheinischen Landesklinik für Hirnverletzte in Bonn. In seiner Freizeit fotografierte er. Bevorzugt Kirchen, Häuser, Straßen und Plätze. „Bei Personen war ich eine Null“, bekannte der Jubilar frei heraus. 1937 konnte er sich seine erste Kamera leisten, eine Zeiss Ikon Nettar. Das Fotomaterial war allerdings zu teuer. Erst als ihm seine Schwiegermutter eine Praktika-Kleinbildkamera schenkte und er sich im Garten sein eigenes Fotostudio einrichten konnte, gab Ernst Linderoth seiner Leidenschaft richtig nach und wurde hinter der Fotolinse zum leidenschaftlichen Beobachter seiner Heimatstadt. Zudem reproduzierte er zahlreiche ältere Aufnahmen, die nun für das Stadtarchiv Bonn perfekt konserviert sind. Denn auch in der Dunkelkammer hat Ernst Linderoth perfekte Arbeit geleistet: Die Abzüge ließ er mindestens zwei Stunden lang wässern, so dass nicht eins seiner Fotos vergilbt ist. Dennoch bleibt für Sabine Krell und Ingrid Gans von der stadtgeschichtlichen Dokumentation noch genug Arbeit, bis die Linderothsche Sammlung katalogisiert ist. Zumal weitere Exponate in Aussicht stehen: „Haben Sie den Mietvertrag für die Rheinbrücke?“, fragte Ernst Linderoth beim Stadtarchivar nach. „Nein? Ich schon, den schenk´ ich Ihnen.“ 

Kontakt
Stadtarchiv Bonn
Berliner Platz 2
53103 Bonn
Tel.: 0228 / 77 – 2410
Fax: 0228 / 77 – 4301

Quelle: Stadt Bonn, Pressemeldung, 2.2.2007

Chemnitzer Fasching wissenschaftlich aufgearbeitet

Um die Freude am Wiederaufbau der Stadt Chemnitz zu dokumentieren, wurde in den 1950er Jahren der Fasching staatlich organisiert. Die Stadtverordneten sorgten dafür, dass es einen Rosenmontagsumzug in der Straße der Nationen gab. Stadtarchivarin Gabriele Viertel, selbst Faschingsfan, hat sich eingehend mit dem Chemnitzer Fasching beschäftigt und dessen Spuren bis ins Mittelalter zurückverfolgt. Dabei erforschte sie nicht nur Dokumente aus dem Stadtarchiv, sondern konnte für ihr Forschungsprojekt auch zahlreiche Fotos und Erinnerungsberichte verwenden, die Chemnitzer Bürger beisteuerten. Sie würde sich allerdings freuen, wenn sie noch weitere Zeitzeugen zu diesem Thema befragen könnte. Gabriele Viertel plant, die Ergebnisse ihrer Recherchen noch in diesem Jahr als Buch oder als CD zu veröffentlichen. Um allen Interessierten einen Überblick über ihren bisherigen Forschungsstand zu vermitteln, hält Gabriele Viertel bereits am 7. Februar 2007 um 18 Uhr einen Vortrag zu diesem Thema im Stadtarchiv Chemnitz. Außerdem wird ein Film des Faschingsumzugs von 1955 gezeigt.

Kontakt
Stadtarchiv/Historisches Archiv Chemnitz
Aue 16
09112 Chemnitz 
Tel.: 0371 / 488 – 4702
Fax: 0371 / 488 – 4799
stadtarchiv@stadt-chemnitz.de

Quelle: Mandy Schneider, sz-online, 5.2.2007

Stadtarchiv Mönchengladbach digitalisiert sein Bildarchiv

Fotos erzählen Geschichten und Geschichte; das gilt vor allem für das Stadtarchiv, in dem die Historie der Stadt auf Fotopapier gebannt und wissenschaftlich dokumentiert ist. Vor rund zwei Jahren hat sich das Archiv an die Arbeit gemacht, um die historischen Aufnahmen zeitgemäß und den heutigen technischen Möglichkeiten entsprechend im PC zu digitalisieren und zu archivieren. Inzwischen sind bereits 43.000 der insgesamt 80.000 Fotos erfasst und mit dem Scanner auf Festplatte gebannt. Damit hat das \“Gedächtnis der Stadt\“, wie sich das Stadtarchiv Mönchengladbach selbst bezeichnet, den Großteil seiner Zielsetzung erreicht, schließlich sollen insgesamt 50.000 Fotos erfasst werden. \“Der Rest sind Zweit- oder Drittbilder von bekannten Motiven, die in großen Mengen vorliegen und nicht unbedingt alle digitalisiert werden müssen\“, erläutert Dr. Christian Wolfsberger, Leiter des Stadtarchivs. \“So liegen uns beispielsweise zahlreiche Fotostrecken von Blumenkorsos aus den siebziger Jahren vor. Die besten Aufnahmen haben wir fürs digitale Archiv ausgewählt\“. 

In mühevoller Kleinarbeit hat das Team um den Archivleiter die bei 19 Grad und 50 Prozent Luftfeuchtigkeit im klimatisierten Raum aufbewahrten Fotos gesichtet und im Computer nach Suchbegriffen archiviert. Ein Mausklick und die Aufnahme erscheint nach der Eingabe des Suchbegriffs. In zahlreichen Regalen sollen die Original-Aufnahmen, aufrecht in Pappkladden aufbewahrt und für die Nachwelt erhalten, auch weiterhin im Archiv behütet werden. \“Anders als früher, geben wir heute allerdings aus konservatorischen Gründen das Original nicht mehr an die Nutzer weiter\“, betont Dr. Wolfsberger. Dafür wird die Aufnahme zur sofortigen Mitnahme auf CD gebrannt. Der Vorteil: die zum Teil wertvollen Aufnahmen sind nicht weiter dem Verfall preis gegeben, und der Archivnutzer erhält für nur 2,50 Euro pro CD und weitere 2,50 Euro pro Bild seine ausgewählten Fotos. 

Der lange Prozess der Digitalisierung, der Genauigkeit und wissenschaftliche Sorgfalt erfordert, hat auch einige \“Schätzchen\“ ans Tageslicht befördert: So tauchte unter anderem die älteste Aufnahme aus dem Jahr 1868 wieder auf, die den damaligen Bürgermeister von der rund 20.000 Seelen zählenden Stadt Alt-Gladbach, Johann Josef Rottländer, im Innenhof des Rathauses Abtei zeigt. Zusammen mit seiner nur 20köpfigen Verwaltung hat sich der Erste Bürger zum 50jährigen Dienstjubiläum der Verwaltung ablichten lassen. Die neuesten Fotos sind dagegen gerade mal sechs Wochen alt. \“Wir dokumentieren – heute mit der Digitalkamera – natürlich permanent Zeitgeschichte und aktuelle Entwicklungen\“, erwähnt Wolfsberger und nennt als Beispiele die zurückliegende Hockey-Weltmeisterschaft und die derzeitige Umwidmung des früheren Schauspielhauses in das Museum X. \“Das dürfte für nachfolgende Generationen sicherlich interessant sein\“, vermutet der Archivexperte. Nicht selten werden dem Stadtarchiv auf der Suche nach Motiven aus der Gegenwart auch Fotos zugetragen. \“Für solche Unterstützung sind wir natürlich besonders dankbar\“, sagt er. 

Vom Brauchtums- und Heimatverein über Schützengesellschaften bis zu Experten bestimmter Sachthemen oder Studenten, Autoren und Wissenschaftlern spannt sich der Kreis derjenigen, die den Service des Stadtarchivs in Anspruch nehmen. \“Auch zahlreiche Privatleute kommen zu uns in der Hoffnung, bestimmte Motive zu finden. Fotos zu runden Geburtstagen, wie etwa zum Sechzigsten oder Siebzigsten mit Motiven des früheren Geburtshauses oder der Schule sind natürlich ganz besonders beliebt\“, so Wolfsberger weiter. Ein Trend, den der Historiker in den letzten Jahren ausmacht, sind Biografien und Privatchroniken, die für nachfolgende Generationen im Familienkreis angefertigt werden. \“Offensichtlich beschäftigen sich die Menschen im Zeitalter der Schnelllebigkeit wieder mehr mit ihrer eigenen Person\“, vermutet er. \“Auch dafür ist unser Archiv gut\“, ergänzt er. 

Kontakt
Stadtarchiv Mönchengladbach
Aachener Str. 2
41050 Mönchengladbach
Tel.: 02161-253241
Fax: 02161-253259
stadtarchiv@moenchengladbach.de 

Quelle: Stadt Mönchengladbach, Pressemitteilung, 2.2.2007

Robert Schumann und die französische Romantik

Im Gegensatz zu Clara war Robert Schumann nie selbst in Paris. Dennoch pflegte er enge Kontakte zu französischen Musikern und Komponisten. Der gegenseitige Austausch wirkte befruchtend für beide Seiten. Schumann ebnete durch seine musikschriftstellerische Tätigkeit nicht nur Frédéric Chopin, sondern auch Hector Berlioz den Weg in Deutschland. Der seit 1823 in Paris lebende Franz Liszt setzte sich umgekehrt als einer der Ersten für die Anerkennung Schumanns in Frankreich ein. Vom 19. Januar bis zum 8. April 2007 präsentiert das Robert-Schumann-Haus in Zwickau in einer Sonderausstellung Kostbarkeiten aus seinem Archiv zu diesem grenzüberschreitenden Thema. Gezeigt werden Porträts, Briefhandschriften, Tagebücher, Zeitungskritiken, Notendrucke und andere Dokumente. 

Erstmals wird dabei die herkömmliche Form einer Vitrinenausstellung ergänzt durch eine Tafelausstellung. In ihr werden Leben und Werk von Hector Berlioz in Wort und Bild präsentiert. Dessen berühmter Symphonie fantastique widmete Robert Schumann seine insgesamt umfangreichste Rezension. Zum Thema passend ist sie zweisprachig auf Deutsch und Französisch gestaltet. Sie entstand in Zusammenarbeit mit dem französischen Musée Hector Berlioz in La Côte-Saint-André, mit dem das Robert-Schumann-Haus seit 2005 kooperiert. Der Transport der Tafel-Ausstellung nach Zwickau wurde möglich durch die Unterstützung der Bayer Kulturabteilung Leverkusen. In Verbindung mit dieser wird am 18. März auch ein begleitendes Konzert zur Ausstellung im Robert-Schumann-Haus stattfinden. 

Link: www.schumannzwickau.de

Kontakt:
Robert-Schumann-Haus 
Hauptmarkt 5 
08056 Zwickau 
Tel.: 0375 / 81 88 51 16 
Fax: 0375 / 28 11 01 16
schumannhaus@zwickau.de 

Quelle: Kunststiftung Sachsen-Anhalt, Pressemitteilung, 2.2.2007