100 Jahre Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv zu Köln

\“Man muss die Zukunft im Sinn haben und die Vergangenheit in den Akten\“ – diese Feststellung des französischen Staatsmanns Talleyrand (1754-1838) hat auch heute noch uneingeschränkte Gültigkeit und zwar in nicht unerheblichem Maße für die Wirtschaft. Mit dem Wissen der bisherigen Entwicklungen im Hinterkopf können neue Ziele deutlicher gesteckt, können Irrwege vermieden werden. Die Stadt Köln und die Handelskammer Köln erkannten dies schon vor 100 Jahren und gründeten deshalb gemeinsam Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsarchiv (RWWA) als erstes regionales Wirtschaftsarchiv der Welt. Seine vordringlichste Aufgabe war die Sicherung der Quellen der Wirtschaft. Im Jahre 2000 wurde das RWWA in eine Stiftung umgewandelt, die als Serviceeinrichtung für die Unternehmen in der Region tätig ist.

Seit 1906 sichert dass RWWA von der Vernichtung bedrohte Unterlagen, deren Erhalt für die Dokumentation des Wirtschaftsstandortes und seiner Geschichte von Bedeutung ist. Große Unternehmen wie Deutz, Felten & Guilleaume, JTI, Babcock und Stollwerck, aber auch Mittelständler wie Brügelmann, Farina, Johann Wülfing & Sohn, Muelhens und H. P. Kuhlman Söhne haben ihre Akten, Fotos, Filme, Geschäftsbücher und Marketingunterlagen dem RWWA bereits anvertraut. Ehemalige Unternehmen, die in der rheinischen Wirtschaft noch bekannt sind, bleiben so dem Gedächtnis erhalten. Daneben hält das RWWA vielfältige Dokumentationen und Informationen über die Kölner, die rheinische, ja sogar die deutsche Wirtschaft bereit. Hier ist vor allem die Sammlung von über 17.000 Firmenfestschritten zu nennen, die bis in das letzte Quartal des 19. Jahrhunderts zurückreicht.

Das RWWA sichert aber nicht nur die Unterlagen der rheinischen Wirtschaft – rund 14 laufende Regalkilometer – in seinem eigenen Magazin. Es betreut auch Unternehmen, die ihre Geschichte und Tradition selbst bewahren wollen. Dazu gehören Beratung bei der richtigen Wahl der Räume, Hilfestellung bei der Auswahl von Archivmaterial oder -software ebenso wie auch Schulung von Mitarbeitern. Das RWWA lebt dabei keineswegs in der Vergangenheit: Um auch in Zukunft Unternehmen wie wissenschaftlichen Benutzern einen zeitgemäßen Service anbieten zu können wird es im Dezember 2006 als erstes Kölner Archiv Findbücher online präsentieren.

Das RWWA ist eine Institution der Wirtschaft, die Verständnis wecken will für wirtschaftliches Handeln, das Wirken der vielen mittelständischen Unternehmen am Markt und die Kommunikation zwischen Wirtschaft und Gesellschaft. Die Basis dazu legen die Unternehmen, die sich für die Zukunft entscheiden und die Aufbewahrung ihrer historischen Quellen sicherstellen – damit in weiteren 100 Jahren Unternehmer und Unternehmen von heute Inhalt des gesellschaftlichen Diskurses sind.

Kontakt:
Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv zu Köln
p.A. IHK Köln
Direktor Dr. Ulrich S. Soénius
Unter Sachsenhausen 33
50667 Köln
Tel.: 0221/1640 – 800
Fax: 0221/1640 – 829
rwwa@koeln.ihk.de

Quelle: RWWA; Carl. Dietmar, Kölner Stadt-Anzeiger, 13.12.2006

Präsentation der Bozner Musikaliensammlung Toggenburg

Die aus dem 17. bis 19. Jahrhundert stammende Bozner Musikaliensammlung \“Toggenburg\“, die seit kurzem im Südtiroler Landesarchiv verwahrt wird, steht am 14. Dezember 2006, im Mittelpunkt der gemeinsamen Veranstaltung \“Scrinium musices\“ des Landesarchivs und des Instituts für Musikerziehung in italienischer Sprache. Dabei wird das wertvolle Musikgut erstmals öffentlich vorgestellt. 

Die Bozner Musikaliensammlung „Toggenburg“ umfasst etwa tausend Partituren aus dem 17. bis 19. Jahrhundert, darunter auch eine Oper Domenico Cimarosas mit dem Titel \“Amor rende sagace\“. Sie ist damit Spiegelbild des vor allem weltlichen musikalischen Schaffens der Stadt dieser Zeit. Seit kurzem wird das Musikgut, das weiterhin Eigentum der Grafen Toggenburg bleibt, im Südtiroler Landesarchiv verwahrt und ist somit auch öffentlich zugänglich. Eine Bestandsaufnahme der Sammlung haben Tarcisio Chini und Giuliano Tonini durchgeführt, die 1986 in der Musikgut-Katalog-Reihe der italienischen Gesellschaft für Musikologie unter dem Titel \“La raccolta di manoscritti e stampe musicali Toggenburg di Bolzano\“ veröffentlicht wurde. 

Nun ist die Bozner Musikaliensammlung \“Toggenburg“ Gegenstand einer Veranstaltung, zu der das Südtiroler Landesarchiv und das Institut für Musikerziehung in italienischer Sprache um 18 Uhr in den „Vivaldi“-Saal, Pfarrplatz 19, Bozen einladen. In die Veranstaltung werden der Direktor des Südtiroler Landesarchivs, Josef Nössing, der Präsident des Institutes für Musikerziehung in italienischer Sprache „Antonio Vivaldi“, Giacomo Fornari, einführen. Anschließend wird der Historiker Hans Heiss über Stadtgeschichte und Musikkultur Bozens um 1800 sprechen. Tarcisio Chini und Giuliano Tonini werden Einblick in den Katalog des Musikalienbestands geben. Weitere Referenten sind Pater Urban Stillhard und Bianca Maria Antolini. Für die musikalische Umrahmung wurden Kompositionen für Gitarre und Querflöte von Leonhard von Call aus dem Musikalienbestand Toggenburg ausgewählt.

Kontakt
Südtiroler Landesarchiv
Armando-Diaz-Straße 8
I-39100 Bozen
Tel.: 0471 411940
Fax: 0471 411959
Landesarchiv@provinz.bz.it

Quelle: Pressemitteilung Autonome Provinz Bozen, 12.12.2006

Bochum erhält ein Zentrum für Stadtgeschichte

Das Stadtarchiv Bochum wird in den nächsten Monaten in das ehemalige ARAL-Gebäude an der Wittener Straße 47 umziehen. Diesen Umzug nach 22 Jahren am Standort Kronenstraße 47 gilt es in den kommenden Monaten vorzubereiten, was angesichts des großen Umfangs unserer Akten-, Bibliotheks- und Sammlungsbestände keine kleine Aufgabe ist. Zu diesem Zweck ist der Lesesaal seit dem 11. Dezember 2006 bis zur Eröffnung geschlossen. 

Auf 8.000 Quadratmetern Fläche entsteht derzeit das neue, dann zentral gelegene Heim für das Stadtarchiv Bochum. Das \“Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte\“ soll neben dem Archiv auch auch eine 1.800 Quadratmeter große Ausstellungsfläche für thematische Schwerpunkte der stadthistorischen Sammlung, ein Kino, einen Lesesaal, eine Cafeteria und einen Medienraum beherbergen.

Insgesamt kostet der Umbau rund 4,2 Millionen Euro. Das Archiv soll bereits am 5. Juli 2007 wiedereröffnet werden. Während der Schließungszeit ist, außer in Härtefällen, keine Serviceleistung des Archivs möglich. Die Fertigstellung des Gesamtkomplexes ist für 2010 geplant.

Das Stadtarchiv im Gertrudiscenter in Wattenscheid ist vom 12. Dezember 2006 bis zum 30. Juni 2007 jeweils Dienstags und Mittwochs geöffnet. Öffnungszeiten des Stadtarchivs in Wattenscheid, Alter Markt 1, 44866 Bochum-Wattenscheid: Dienstag 12:00 bis 18:00 Uhr, Mittwoch 10.00 bis 17:00 Uhr.

Kontakt:
Stadtarchiv Bochum
Telefon: (0234) 910-6537
Telefax: (0234) 910-6539
stadtarchiv@bochum.de

Quelle: Forum Geschichtskultur, 7.12.2006

Pforzheim Moments – Originalfilme aus dem Stadtarchiv

Die jetzt im Handel befindliche DVD "Pforzheim Moments" wurde der Öffentlichkeit am 7. Dezember 2006 durch Christian Groh vom Stadtarchiv Pforzheim vorgestellt. Der Filmbestand des Stadtarchivs, der im vergangenen Jahr aus Erhaltungsgründen in die Landesfilmsammlung Baden-Württemberg (Haus des Dokumentarfilms) eingegangen ist, gehört zu den landesweit umfangreichsten städtischen Sammlungen bewegter Bilder. Bei den mehr als 100 Filmen aus den Jahren 1935 bis 1995 handelt es sich überwiegend um Zeitdokumente über den Wiederaufbau. Aber auch letzte Aufnahmen des \“alten\“ Pforzheim sind enthalten.

In Kooperation mit Studierenden der Hochschule Pforzheim (FB Gestaltung) und großzügiger Unterstützung durch die Filmförderung Baden-Württemberg geben das Stadtarchiv Pforzheim und das Haus des Dokumentarfilms Stuttgart nun eine Edition auf DVD heraus, die einige der interessantesten Aufnahmen von den 1930er bis in die Mitte der 1970er Jahre zum Teil erstmals öffentlich zugänglich macht. Die DVD, die für zwölf Euro zu erwerben ist, enthält neben fast 180 Minuten Originalfilmen interaktive Elemente sowie erläuternde Textpassagen und stellt eine neuartige und ansprechende Präsentation von Archiv- und Filmgut dar. Als Diashow oder Bilderrätsel lassen sich die Inhalte der DVD thematisch oder chronologisch ansteuern. Kulturreferentin Isabel Greschat sah die DVD als gutes Beispiel dafür an, dass das kreative Potenzial der Hochschule Pforzheim auch von anderen Institutionen genutzt werden kann. Des weiteren hob sie die gelungene Vernetzung mit der Kultur hervor.

Kontakt
Stadtarchiv Pforzheim
Kronprinzenstr. 28
75177 Pforzheim 
07231-39 2899 
07231-39 1674 
archiv@stadt-pforzheim.de

Quelle: Pforzheimer Zeitung, 8.12.2006; Pressemitteilung Stadt Pforzheim, 7.12.2006

Dokumentation über Nationalsozialismus in Leinfelden-Echterdingen

Die Zeit von 1933 bis 1945 wurde in den älteren Heimatbüchern der vier Stadtteile Leinfelden, Echterdingen, Stetten und Musberg nur sehr stiefmütterlich behandelt. Deshalb war es höchste Zeit, die vorhandenen Lücken zu schließen. Im Jahr 2003 begann Stadtarchivar Dr. Bernd Klagholz damit, die noch ausstehende Geschichte in der Zeit des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945 aufzuarbeiten. Zuvor waren bereits in einigen zeitgeschichtlichen Projekten des Stadtarchivs Leinfelden-Echterdingen Teilaspekte des Nationalsozialismus, wie etwa der Luftkrieg, das Kriegsende und die Besetzung bearbeitet worden. Auch in das neue Projekt zum Nationalsozialismus wurden wiederum die Bürgerinnen und Bürger, die die Zeit von 1933 bis 1945 miterlebt haben, einbezogen. Diese Zeitzeugen ließen ihr Wissen in das Projekt einfließen. Denn ein Schwerpunkt der Arbeit liegt darin, wie der Alltag der Menschen ausgesehen hat und wie sie die Auswirkungen des Nationalsozialismus vor Ort erlebt haben. Weitere spannende Fragen sind, ob die nationalsozialistische Herrschaft in den vier Ortsteilen Leinfelden, Echterdingen, Stetten und Musberg unterschiedliche Ausprägungen erfahren hat und wie es überhaupt zum \“Dritten Reich\“ kommen konnte. Dabei wurde die Endphase der Weimarer Republik mit ihren großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten – insbesondere die große Arbeitslosigkeit – in das Gesichtsfeld miteinbezogen. 

Außer der intensiven Zeitzeugenbefragung konnte Dr. Bernd Klagholz auch auf umfangreiches Aktenmaterial aus dem heimischen Stadtarchiv, dem Pfarrarchiv Musberg, dem Landeskirchlichen Archiv Stuttgart und dem Landesarchiv Ludwigsburg zurückgreifen. Die Ergebnisse sind nun im Rahmen der Schriftenreihe des Stadtarchivs in dem 145 Seiten umfassenden Buch \“Der Aufstieg des Nationalsozialismus" veröffentlicht worden. Es deckt die Zeit zwischen 1918 und 1933 ab. Der zweite Band, der sich mit der Zeit von 1933 bis 1939 beschäftigt, wird voraussichtlich Ende 2007 erscheinen. Ergänzend zu der Dokumentation gibt es auch eine begleitende Ausstellung im Stadtarchiv.

Kontakt
Stadtarchiv Leinfelden-Echterdingen
Schönaicher Sträßle 4
70771 Leinfelden-Echterdingen
Tel.: 0711/9975409
Fax: 0711/ 9975410
b.klagholz@le-mail.de

Quelle: Stuttgarter Wochenblatt, 7.12.2006; Stuttgarter Wochenblatt, 7.12.2006; Stadtarchiv Leinfelden-Echterdingen

Hornburger Chronik wieder aufgetaucht

Eine seit über siebzig Jahren vermisste Chronik über Hornburg an der Ilse wurde vor kurzem anonym Stadtdirektor Andreas Memmert übergeben. Die Chronik wurde 1865 von den damaligen Bürgermeister Schulz begonnen und bis 1914 fortgeschrieben. Unterbrochen durch den Ersten Weltkrieg beginnen die Aufzeichnungen wieder 1918 und enden 1943. 

Dr. Sibylle Heise, die ehrenamtlich im Stadtarchiv Hornburg arbeitet, hat nun damit begonnen, sich intensiv mit der Chronik zu beschäftigen und Nachforschungen über die dort erwähnten Menschen anzustellen. Dafür zieht sie nicht  nur Akten und Kirchenbücher heran, sondern auch Karten und Pläne sowie Steuer- und Militärlisten. Dabei stößt sie immer wieder auf interessante Details. Deshalb hat sich Dr. Sibylle Heise auch vorgenommen, die von ihr gesammelten Informationen niederzuschreiben und zu veröffentlichen.

Kontakt
Stadtarchiv Hornburg, Heimatmuseum
38315 Hornburg
Tel.: 05334-1507

Quelle: Stephanie Peißker, newsclick, 7.12.2006

Familiengeschichte in russisch-amerikanisch-deutscher Kooperation

Für eine Woche war Dr. Michael Katin-Jartzew aus Moskau in Deutschland. Hauptanziehungspunkte für den jungen Historiker: Das Kreisarchiv des Enzkreises und das Archiv der Gemeinde Ölbronn-Dürrn. Das Thema: Die Geschichte der Familie Haberstroh. „Für mich ist das ein bemerkenswertes Beispiel grenzüberschreitender Zusammenarbeit in der Familienforschung,“ sagt Kreisarchivar Konstantin Huber, der den Wissenschaftler unterstützte. 

Dr. Katin-Jartzew, der sehr gut Deutsch spricht, beschäftigt sich schon viele Jahre mit der Auswanderung der Deutschen nach Osteuropa. Deshalb bat ihn ein Bekannter namens Sergej Gabestro, den Spuren seiner Vorfahren zu folgen – der Familie Haberstroh, die aus Dürrn stammt. Dort ist sie schon fünf Jahrhunderte nachweisbar und bis heute im Raum Pforzheim verbreitet. „Der Kontakt zu uns kam interessanterweise über einen in Bonn lebenden Amerikaner zustande, der sich selbst schon intensiv mit den Haberstrohs befasst hat – Dr. Bob Haberstroh,“ so Archivar Huber. Mit Hilfe der Archive von Kreis und Gemeinde, die er vor Jahren besucht hatte, habe der Deutsch-Amerikaner umfangreiche Stammfolgen der Familie zusammengestellt: „Bob Haberstrohs Vorfahren sind um 1790 von Dürrn nach Diefenbach gezogen und dann um 1850 in die USA ausgewandert.“

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Abb.: Auf den Spuren der Familie Haberstroh: Bei seinen Forschungen bekommt der Moskauer Historiker Dr. Michael Katin-Jartzew auch Hilfe von Ölbronn-Dürrns Bürgermeister Adalbert Bangha und Kreisarchivar Konstantin Huber (v.l.n.r.). (Foto: Bianca Schempf)

Michael Katin-Jartzew nun interessiert sich besonders für die Lebensgeschichte des Webers Georg Adam Haberstroh, der 1763 in Dürrn geboren wurde und 1817 in das Schwarzmeergebiet auswanderte. In alten Kauf- und Güterbüchern im Gemeindearchiv entdeckte der Historiker Georg Adams Spuren und entzifferte die Einträge über den Kauf und Verkauf seiner Güter. Im Lauf zweier Studientage im Kreisarchiv fand er sogar noch weitere Russland-Auswanderer namens Haberstroh aus Dürrn, die ihm bislang nicht bekannt waren. Anhand von Mikrofilmen alter Lagerbücher aus dem Generallandesarchiv Karlsruhe konnte Katin-Jartzew feststellen, dass schon 1565 mehrere Haushaltsvorstände Haberstroh in Dürrn lebten, deren Namen teilweise Haberstrow und Haberstrauw geschrieben wurden. Der bislang älteste Nachweis eines „Steffan Haberstro“ stammt gar aus dem Jahr 1512. 

Doch der Moskauer Historiker will mehr wissen als nur nackte Daten und Zahlen: „Ich möchte dem genealogischen Skelett auch Informationen über die Lebensumstände hinzufügen. Wie war der Alltag der Dürrner Einwohner? Warum ist man von dort aus in verschiedene Teilen der Welt ausgewandert? Wie hat das Dorf damals ausgesehen – und wie sieht es jetzt aus?“ Dazu erfuhr er einiges vom Ölbronn-Dürrner Bürgermeister Adalbert Bangha, der den Besucher im Dürrner Rathaus begrüßte, in dem auch das Gemeindearchiv untergebracht ist. 

Anschließend führte Archivar Huber Dr. Katin-Jartzew durch den Ort. Gemeinsam besichtigten sie neben Rathaus, Kirche und Friedhof die wunderschönen Fachwerkhäuser des Straßenangerdorfes. Besonderes Interesse zeigte Katin-Jartzew an den Hausinschriften. Im Unterdorf fand er an einem Haus die Jahreszahl 1617 und daneben den Namen „Heinrich Haberstrumpf“ – auch dies sicher ein Mitglied der Familie Haberstroh! Huber, der momentan an einer Ortsgeschichte für Dürrn arbeitet, hat seinen Moskauer Kollegen gebeten, weitere Informationen aus russischen Archiven über die ausgewanderten Dürrner zusammenzustellen, um diese exemplarisch in die Dürrner Chronik aufzunehmen – eine Bitte, der Katin-Jartzew gerne nachkommen will. Er hat sich auch bereit erklärt, ein kleines Kapitel über die Russland-Auswanderung für dieses Buchprojekt zu schreiben. Bevor er wieder nach Moskau zurückfliegt, wird der Historiker nun noch Dr. Bob Haberstroh in Bonn besuchen und mit ihm die neugewonnenen Erkenntnisse über die Dürrner Familie austauschen und diskutieren.

Kontakt:
Landratsamt Enzkreis – Kreisarchiv
Zähringerallee 3 
75177 Pforzheim
Telefon: (07231) 308-423 
Fax: (07231) 308-837 
Kreisarchiv@enzkreis.de

Quelle: Enzkreis, Pressemitteilung 337/2006. 

Südtirol und der Abessinienkrieg

In Abessinien, dem heutigen Äthiopien, kämpften Südtiroler Soldaten erstmals im italienischen Heer. 70 Jahre nach diesem letzten Kolonialkrieg großen Stils hat das Südtiroler Landesarchiv das Buch „Zwischen Duce und Negus“ herausgegeben. Die italienische Geschichtsschreibung hat die Eroberung Äthiopiens durch Mussolinis Armeen lange Zeit verdrängt. Das faschistische Italien hat diesen ersten „modernen Massenkrieg“ brutal geführt und damit die Legende vom „humanen“ italienischen Kolonialismus widerlegt. Im Mai 1936, nach Eroberung der Hauptstadt Addis Abeba, rief Mussolini das damit neu entstandene faschistische „impero“ aus. Abessinien und Südtirol bildeten ab diesem Zeitpunkt dessen Grenzen. Etwa 1.200 Südtiroler standen in Ostafrika in italienischer Uniform im Einsatz, während Hunderte desertierten bzw. sich durch Flucht über die Grenze dem Einberufungsbefehl entzogen. An den Abessinienkrieg erinnern in Südtirol heute der „Kapuzinerwastl“ in Bruneck ebenso wie die weniger bekannte, 1938 eingeweihte Siegessäule hinter dem Siegesdenkmal in Bozen. \“Das Buch „Zwischen Duce und Negus. Südtirol und der Abessinienkrieg 1935–1941\“ ist die erste eingehende und reich mit zeitgenössischem Bildmaterial ausgestattete Untersuchung und Dokumentation für Südtirol zum Thema. Der Band wird am Dienstag, 12. Dezember 2006 um 11 Uhr im Landesdenkmalamt, Ansitz Rottenbuch, A.-Diaz-Straße 8 in Bozen vorgestellt. Die Vorstellung des Bandes übernimmt der Herausgeber, Gerhard Steinacher vom Südtiroler Landesarchiv, eine Einführung in die Gesamtproblematik des Abessinienkriegs bietet der renommierte und im deutschen Sprachraum führende Experte Aram Mattioli von der Universität Luzern. Landesrätin Sabina Kasslatter Mur wird – sofern es die Haushaltsdebatte im Landtag zulässt – bei der Buchvorstellung ebenso dabei sein wie ihre Ressortdirektorin Berta Linter, Landeskonservator Helmut Stampfer und Landesarchivar Josef Nössing.

Kontakt:
Südtiroler Landesarchiv
Armando-Diaz-Straße 8
I-39100 Bozen
Tel.: 0471 411940
Fax: 0471 411959
Landesarchiv@provinz.bz.it 

Quelle: Pressemitteilung Autonome Provinz Bozen, 5.12.2006

Neues aus der Geschichte Ostfilderns

Rechtzeitig vor Weihnachten legt das Stadtarchiv den 7. Band seiner Schriftenreihe vor. „Aus der Geschichte Ostfilderns“ heißt das 304 Seiten dicke Buch. Neun Aufsätze beleuchten interessante Aspekte der Ortsgeschichte. Die Beiträge sind bunt und vielfältig: Sie zielen auf einzelne Stadtteile oder richten einen übergreifenden Blick auf Ostfildern. Der Betrachtungszeitraum reicht vom ausgehenden Mittelalter bis in die jüngste Vergangenheit. So dürfte für (fast) jedes historische Interesse etwas dabei sein. Im Mittelpunkt steht die Geschichte der alten Gasthäuser in Ostfildern, die von der Volkshochschul-Projektgruppe „Geschichte vor Ort“ erarbeitet wurde. Es ist ein ausführliches Nachschlagewerk zur lokalen „Wirtschaftsgeschichte“ entstanden, garniert mit Anekdoten und einigen Kochrezepten der Nellinger Kronenwirtin aus dem Jahr 1896.

Rolf Bidlingmaier erläutert in seinem genealogischen Aufsatz „Kemnater Familien im Wandel der Jahrhunderte“, wann die alten Kemnater Familien in den Ort kamen und wie sie sich verzweigten. Übersichtlich gegliedert und mit einigen Stammtafeln versehen, wird der Beitrag sicherlich ein Standardwerk zur Kemnater Familiengeschichte. Familiengeschichte beleuchtet auch der bislang unveröffentlichte Beitrag des in Nellingen unvergessenen Rektors Albert Maier über „Hausnamen im alten Nellingen“. Diese Beinamen waren notwendig, um die vielen namensgleichen Einwohner und ihre Familien zu unterscheiden. 40 Hausnamen werden aufgezählt und erklärt.

Jochen Bender, Leiter des Stadtarchivs Ostfildern, hat anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Justinus-Kerner-Schule die stürmische Ruiter Schulgeschichte seit der Nachkriegszeit untersucht. Viele Ruiter werden sich dabei an die eigene Schulzeit erinnern. Werner Maier zeichnet in seinem Aufsatz die Biografie des Scharnhauser Pfarrers Johann Philipp Kauffmann (1661-1748) nach. Es war ein bewegtes Leben, und die biografischen Quellen geben auch interessante Einblicke über die damaligen Verhältnisse in Scharnhausen. Als Großvater von Philipp Matthäus Hahn hatte Kauffmann großen Einfluss auf dessen Kindheit. Um eine Nachfahrin Philipp Matthäus Hahns geht es im Beitrag von Gretel Gustorff über Beate Paulus und die Ruiter Puppenspielertreffen. Die im Jahr 2000 verstorbene Bürgerin der Parksiedlung ist vielen noch im Gedächtnis. Mit ihren Puppenspielertreffen machte sie Ostfildern weithin bekannt.

Andrea Stegmaier del Prado und Jochen Bender erforschten den Weg einer Gruppe aus Nellingen und Ruit, die 1852 nach Chile auswanderte, um dort ein besseres Leben zu finden. Der Bogen spannt sich von den hiesigen Lebensverhältnissen um 1850 über die Schiffsreise und das Leben in Chile bis zu den späteren Kontakten in die alte Heimat. Dr. Hans Smettan beschreibt in seinem Aufsatz „Mäusekalamitäten und Maikäferjahre“ die Schädlinge und ihre Bekämpfung auf den Fildern im 19. und 20. Jahrhundert. Es ist ein ungewöhnlicher, aber spannender Beitrag zur lokalen Geschichte der Fauna. Um die Natur geht es auch in Jochen Benders Aufsatz über die östlichen Filder als Ausflugsziel seit dem spätern 19. Jahrhundert. Die Städter machten sich sonntags auf, um die unberührte Filderlandschaft zu genießen: „Lieblich wie kein Land ist dies – hier, hier ist das Paradies“, reimte 1919 ein Ausflügler euphorisch. 

Kontakt
Stadtarchiv Ostfildern
Nellingen, Klosterhof
Tel.: 0711 3404-287 
Fax: 0711 3404-9287
J.Bender@Ostfildern.de

Quelle: Pressemeldung Stadt Ostfildern, 8.11.2006; Stuttgarter Wochenblatt, 7.12.2006

Bauhaus-Archiv zeigt Schachspiel von Josef Hartwig

Josef Hartwig war Werkmeister der Bildhauerei am Weimarer Bauhaus. Seine Tochter Dora Hartwig hat dem Bauhaus-Archiv 2003 in einer großzügigen Schenkung nicht nur den von ihrem Vater für sein berühmtes Bauhaus-Schachspiel entworfenen Spieltisch übereignet, sondern auch eine Vielzahl bedeutender Kunstwerke aus seinem Besitz. Darunter sind äußerst seltene Druckgraphiken seiner Bauhauskollegen Feininger, Kandinsky, Klee und Schlemmer sowie ein umfangreiches Konvolut von Zeichnungen und eine Skulptur von Gerhard Marcks. Von ganz besonderer Bedeutung ist ein Josef Hartwig gewidmetes Exemplar der \“Apokalypse\“ von Max Beckmann, der bis zu seiner Entlassung 1933 gemeinsam mit Hartwig an der Frankfurter Kunstschule lehrte. Das mit handkolorierten Lithographien illustrierte Buch wurde im Kriegsjahr 1943 unter Umgehung der nationalsozialistischen Zensur in kleinster Auflage hergestellt. 

Im Zentrum der Sonderausstellung \“Schenkung Dora Hartwig" steht Josef Hartwigs legendäres funktionalistisches Schachspiel, das er 1922 bis 1924 am Bauhaus entwickelte. Die Form der Spielfiguren ist hier nicht mehr durch historische Vorbilder, sondern allein durch ihre Funktion im Spiel bestimmt. Jedem, auch dem Anfänger, sollen sich dadurch die Regeln des Spiels leicht erschließen. \“Die neuen Spielsteine\“, so Josef Hartwig, \“sind gebildet aus den stereometrischen Grundformen: Würfel und Kugel. Einzeln oder kombiniert geben sie durch ihre Form die Gangart, durch ihr Volumen den Wert an. Der Bauer und der Turm ziehen winkelrecht zum Brettrand, ausgedrückt durch den Würfel. Der Springer bewegt sich rechtwinklig in Hakenform, rechtwinklige Würfelanordnung. Der Läufer zieht diagonal zum Brettrand: ein aus dem Würfel geschnittenes Schrägkreuz. Der König zieht winkelrecht und diagonal: ein kleiner Würfel übereck auf einem größeren. Die Dame, die beweglichste Figur, besteht aus Würfel und Kugel.\“ Das Spiel wurde in zahlreichen Form- und Materialvarianten ausgeführt, die hier erstmals im Zusammenhang zu sehen sind – von den frühen Einzelstücken bis zum seriell und preiswert produzierten \“Gebrauchsspiel\“. Zur Ausstellung, die vom 6.12.2006 bis 5.2.2007 zu besichtigen ist, erscheint eine Publikation über das Bauhaus-Schachspiel.

Kontakt
Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung
Klingelhöferstraße 14
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Tel.: +49 30 – 25 40 02 0
Infoline: +49 30 – 25 40 02 78
Fax: +49 30 – 25 40 02 10
bauhaus@bauhaus.de

Quelle: Bauhaus-Archiv, Presseinformation