Bücher zum Stadtjubiläum in Bergisch Gladbach

Zum 150-jährigen Jubiläum der Stadt Bergisch Gladbach veröffentlicht das Stadtarchiv Bergisch Gladbach mit verschiedenen Kooperationspartnern mehrere Bücher zur Stadtgeschichte. Wichtigste Neuerscheinung ist zweifellos die Bergisch Gladbacher Stadtgeschichte, die am 25. August 2006 ausgeliefert wird und auf 571 Seiten erstmals eine umfassende Geschichte des gesamten Stadtgebietes von der geologischen Formation der Böden bis in die Gegenwart hinein bietet. Zwölf Fachautoren stellen in chronologischen, mit zahlreichen Abbildungen illustrierten Kapiteln die Entwicklung bis hin zur heutigen Stadt Bergisch Gladbach dar. Ein Register erschließt das von der VR-Bank Bergisch Gladbach-Overath-Rösrath und von der Bensberger Bank finanzierte, fest eingebundene Werk, das im Schutzumschlag eine große, ausfaltbare Karte aus dem Jahre 1904 enthält und 25 Euro kostet. Zum Erscheinen der Bergisch Gladbacher Stadtgeschichte werden Bürgermeister Klaus Orth und verschiedene am Entstehen des Buches beteiligte Autorinnen und Autoren am Dienstag, den 5. September 2006 um 19.30 Uhr im Bürgerzentrum Refrath in Haus Steinbreche ein öffentliches Podiumsgespräch führen.

Nicht nur die Stadt feiert Jubiläum, auch das Rathaus am Konrad-Adenauer-Platz wird in diesem Jahr 100 Jahre alt. Zu diesem Anlass wird im großen Sitzungssaal des Rathauses vom 5. bis zum 10. September eine Fotoausstellung zur Geschichte des Rathauses zu sehen sein, die anschließend vom 16. September bis zum 26. Oktober im GeschichteLokal des Bergischen Geschichtsvereins Rhein-Berg an der Eichelstraße in Bensberg gezeigt wird. Der Ehrenvorsitzende des Geschichtsvereins, Hans Leonhard Brenner, hat gemeinsam mit Stadtarchivar Albert Eßer dazu ein 56 Seiten umfassendes, reich illustriertes Heft zur Geschichte des Rathauses Stadtmitte verfasst, das zum Preis von 5 Euro ab Anfang September 2006 in der Ausstellung, im Stadtarchiv an der Hauptstraße 310 und im örtlichen Buchhandel erhältlich ist.

Ebenfalls gemeinsam mit dem Bergischen Geschichtsverein Rhein-Berg gibt das Stadtarchiv den dritten Band der Buchreihe „Das Erbe des Erzes“ heraus, der sich mit den Gruben der Paffrather Kalkmulde beschäftigt. Nachdem Gerhard Geurts, Hans Dieter Hilden, Herbert Ommer und Herbert Stahl in zwei Bänden bereits die Gruben des Bensberger Erzreviers behandelt haben, stellen sie nun auf 176 Seiten die Geschichte der Erz- und Kalkgruben im nördlichen Teil der heutigen Stadt Bergisch Gladbach dar. Der reich illustrierte Band ist ab Mitte August 2006 erhältlich und kostet 12 Euro.

Prunkstück des Stadtjubiläums ist die Ausstellung „Bürgerburg und Musenvilla“ in der Städtischen Galerie Villa Zanders, die dort vom 3. September bis zum 7. Januar des kommenden Jahres Zugänge zu historischen Herrschaftsbauten in Bergisch Gladbach vermitteln will. Zu der vom Galerie + Schloss e.V. getragenen und von der Kreissparkasse Köln finanzierten Ausstellung erscheint ein farbig illustriertes, von Albert Eßer und Wolfgang Vomm herausgegebenes, fest eingebundenes Begleitbuch, das in acht von Fachautoren verfassten Beiträgen die Geschichte, Architektur, Nutzung und Bedeutung des zum Rathaus umgewandelten Alten Schlosses in Bensberg, des heute als Grandhotel genutzten Neuen Schlosses und der zum Kunstmuseum gewordenen Villa Zanders beleuchtet. Der 200 Seiten umfassende Band erscheint Anfang September 2006 in der Rass’schen Verlagsgesellschaft und Band kostet 29,90 Euro. 

Wie der Alltag in Bergisch Gladbach zur Zeit des hundertjährigen Stadtjubiläum 1956, also „Vor 50 Jahren“ aussah, zeigt eine Ausstellung im Haus Buchmühle, die am Sonntag, den 10. September 2006 um 17 Uhr eröffnet wird und bis 27. Oktober läuft. Die Volkshochschule, der Förderverein der VHS und das Stadtarchiv haben unter demselben Titel „Vor 50 Jahren“ bereits Ende des vergangenen Jahres ein reich illustriertes Erinnerungsbuch herausgegeben, in dem auf 144 Seiten Bergisch Gladbacher vom Leben in den fünfziger Jahren erzählen. Der im Heider-Verlag erschienene Band kostet 14,90 Euro. 

Neben den genannten Büchern sei auch noch an die offizielle, aus reinem Feinsilber geprägte Medaille zum Stadtjubiläum erinnert, die zum Preis von 25 Euro in den Filialen der Kreissparkasse erhältlich ist. Zu den Ausstellungen, die das Stadtarchiv zum Stadtjubiläum zeigt, gehört auch die Präsentation von Archivdokumenten zur Geschichte Bergisch Gladbacher Stadtjubiläen in der Archivvitrine.

Kontakt:
Stadtarchiv Bergisch Gladbach
Hauptstr. 310
51465 Bergisch Gladbach
Telefon: 02202-142212
Telefax: 02202-142216
archiv@stadt-gl.de

Jüdische Schulgeschichte in Frankenberg wird aufgearbeitet

Die hundertjährige Geschichte des ehemaligen jüdischen Schulgebäudes in der Hainstraße 31 nahm Stadtarchivar Dr. Horst Hecker zum Anlass, sich näher mit dessen Geschichte zu befassen. Zahlreiche wichtige Archivalien dazu fand er nicht nur im Stadtarchiv Frankenberg (Landkreis Waldeck-Frankenberg), sondern auch im Staatsarchiv Marburg. Aufgrund dieser guten Quellenlage beabsichtigt Dr. Hecker in nächster Zeit,  eine ausführliche Schulgeschichte zu verfassen.

Am 6. August 1906 erfolgte die Einweihung der neuen jüdischen Schule in der Hainstraße. Bei der Feier waren sämtliche Honoratioren der Stadt vertreten und außer Reden und Gesängen wurde ein dreifaches Hoch auf Kaiser Wilhelm II. ausgebracht und die Nationalhymne gesungen. Dieses belegt, dass die jüdische Gemeinde gut in das Stadtleben integriert war.

Mit der Errichtung einer neuen Schule war die jüdische Gemeinde ihrem Ziel, ein geordnetes jüdisches Volksschulwesen einzuführen, ein gutes Stück näher gekommen. Seit 1838 hatte der Unterricht unter beengten  Verhältnissen im Synagogengebäude im Scharwinkel stattgefunden, wo auch der Lehrer untergebracht war. 26 Schüler wurden dort um 1900 unterrichtet. 

Das Gebäude der neuen jüdischen Schule aus dem Jahr 1906 befindet sich heute in Privatbesitz. Aus diesem Grunde weist auch nur eine Tafel auf ihr hundertjähriges Bestehen hin. An das Schicksal des letzten Lehrers und seiner Familie erinnern fünf sog. "Stolpersteine", die im Bürgersteig der Hainstraße vom Kölner Künstler  Gunter Demnig verlegt wurden.

Kontakt:
Stadtverwaltung Frankenberg
Stadtarchiv, Körnerplatz 5
09669 Frankenberg
Tel.: 037206 / 64181 Historisches Archiv 
oder 037206 / 64187 Verwaltungsregistratur
Fax.: 037206/64180

Quelle:  Karl-Hermann Völker, HNA-Online, 10.8.2006

Staatsarchiv Sigmaringen öffnet Magazine für Ferienbesucher

Während der Sommerferien (bis 9.9.2006) bietet das Staatsarchiv Sigmaringen jeden Donnerstag interessierten Besuchern um 16.30 Uhr Führungen durch die sonst verschlossenen Magazine an. Diese werden abwechselnd von den Archivmitarbeitern Birgit Meyenberg und Gebhard Füßler durchgeführt.

Das Staatsarchiv Sigmaringen, untergebracht im alten Teil des 1980 erworbenen Prinzenbaus aus den Jahren 1822 bis 1825, erstreckt sich über sieben Stockwerke und beherbergt 17 Kilometer Akten aus neun Jahrhunderten. Das Staatsarchiv betreut 340 Behörden. Bis auf die Außenmauern ist von dem alten Prinzenbau kaum etwas übrig geblieben, da bei der Riesenmenge an Akten allergrößter Wert auf die Statik gelegt werden musste. Je nach Aktenmaterial kann man davon ausgehen, dass ein Meter Akten zwischen 30 und 50 Kilogramm wiegt. Im Gegensatz dazu blieb der neue Prinzenbau aus den Jahren 1844 bis 1847, nahezu unverändert. Zur Zeit ist dort die Ausstellung "Adel im Wandel – 200 Jahre Mediatisierung in Oberschwaben" untergebracht, die noch bis zum 29. Oktober 2006 besichtigt werden kann.

Ein Höhepunkt der Führungen durch die Magazinräume dürfte wohl der Besuch der Restaurierungswerkstatt sein, wo der Restaurierungstechniker Peter Stratmann demonstriert, wie Risse und Löcher, Mäuse- und Rattenfraß sowie gebrochenes Siegelwachs mit Hilfe von Naturmaterialien ausgebessert werden. Diese haben sich schon über viele Jahre bewährt und richten keinen Schaden an den Urkunden und Akten an. Nach der Anfeuchtung der alten Dokumente mit Wasser oder synthetisch hergestelltem Harnstoff werden sie mit sog. Versatzstücken ausgebessert. Als Klebstoff benutzt Peter Stratmann bei Pergamenten Leim und zwar Hausenblasenleim, der aus der Fischblase gewonnen wird und auch danach riecht. Papier dagegen wird mit einem Kleister aus Weizenstärke geklebt. Für festere Materialien steht  Knochenleim zur Verfügung. Zerbrochene und unvollständige Wachssiegel werden mit passend eingefärbtem Bienenwachs ausgebessert und vervollständigt. Wichtig ist dabei jedoch, dass diese Ergänzungen immer zu erkennen sind.

Kontakt:
Staatsarchiv Sigmaringen
Karlstraße 1+3
72488 Sigmaringen
Postfach 1638 – 72486 Sigmaringen
Telefon: 07571/101-551
Telefax: 07571/101-552
stasigmaringen@la-bw.de 
www.landesarchiv-bw.de

Quelle: Heike Neubrand, Schwäbische Zeitung online, 9.8.2006

Wiener Stadt- und Landesarchiv hilft bei Vatersuche

Gar nicht so selten wissen Menschen nicht ausreichend über ihre Verwandten, mitunter sogar über ihre eigenen Eltern Bescheid. Viele Wienerinnen und Wiener stellen daher oft umfangreiche Nachforschungen an, um sich Klarheit zu verschaffen.

So erging es auch dem Wiener Gemeinderat Volkmar Harwanegg, der nur aus Erzählungen und einem unscheinbaren leeren Kuvert von 1957 aus Familienbesitz von seinem leiblichen Vater wusste. Tatsächlich beschränkte sich sein Wissen auf den bloßen Namen und die Tatsache, dass sein Vater Georg Pitenis Grieche war. Diese geringen Fakten reichten dann aber aufgrund des in Wien praktisch sonst nicht vorkommenden Namens aus, um in den Historischen Meldeunterlagen des Wiener Stadt- und Landesarchivs weitere Angaben über den Mann auszuforschen, der von 1942 bis 1945 in Wien als Zwangsarbeiter gelebt hatte. Ausgestattet mit genauen Daten (Geburtsdatum, Geburtsort, Namen der Eltern von Herrn Pitenis) konnte Gemeinderat Harwanegg in weiterer Folge mit Unterstützung der griechischen Behörden seinen mittlerweile im hohen Alter von 87 Jahren stehenden griechischen Vater tatsächlich ausfindig machen. Während seines Urlaubs auf Korfu erhielt Herr Harwanegg einen Anruf und ein Fax der griechischen Botschaft in Wien, die ihn von den Einzelheiten in Kenntnis setzte, und gleich darauf konnte er seinen Vater in Samarina-Grevenion, einem Bergdorf in Nordgriechenland in 2000 Metern Höhe, wohin der alte Herr während der heißen Zeit des Jahres aus Thessaloniki zieht, zum ersten Mal in seine Arme schließen.

Wieder einmal konnte – in einer diesmal auch menschlich sehr berührenden Weise – demonstriert werden, welche Bedeutung einer exakten Archivführung zukommt. Nur Archive sind in der Lage, authentische, gesicherte Informationen auf Dauer bereit zu halten und damit einen unverzichtbaren Beitrag zum Gedächtnis der Gesellschaft wie auch zur Rechtssicherheit des/der Einzelnen zu erbringen.

Kontakt:
Wiener Stadt- und Landesarchiv
Magistratsabteilung 8 – Wiener Stadt- und Landesarchiv
Gasometer D, Wien 11, Guglgasse 14, Zugang über Gasometer A
Postanschrift: Rathaus, 1082 Wien
Tel. +43-1-4000-84808
Fax +43-1-4000-7238
post@m08.magwien.gv.at
http://www.wien.gv.at/ma08

Quelle: PID Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien, 10.8.2006

Schätze, Schimmel und Sozialgeschichte. Aus dem Alltag eines Bewegungsarchivs

Im Mittelpunkt des folgenden Beitrags[1] von Bernd Hüttner[2] steht ein umfangreicher Zugang an Büchern und Zeitschriften in das Archiv der sozialen Bewegungen Bremen. Im ersten Teil wird anhand der konkreten Bearbeitung dieses Zugangs die Arbeitsweise und die Situation dieses Archivs beschrieben. Im zweiten Teil wird der Zugang inhaltlich dargestellt und vorsichtig versucht, Rückschlüsse auf die politisch-intellektuelle Entwicklung des ehemaligen Besitzers des Zugangs ziehen. 

\"Archiv

Bremen, 29. November 2004. Ich bekomme eine E-Mail von Ulrich Duve, dem Leiter des Klaus Kuhnke-Archiv für populäre Musik an der Hochschule für Künste Bremen. Er möchte dem Archiv der sozialen Bewegungen 30 Kartons politische und historische Literatur sowie Periodika überlassen. Sie stammen vom 1988 tödlich verunglückten Namensgeber des Archivs, Klaus Kuhnke. Das Archiv hat nur den in sein Thema \“populäre Musik\“ passenden Buch- und Periodikabestand aus dem Nachlass übernommen, der umfangreiche Rest war seitdem verpackt eingelagert. Das Archiv selbst wurde 1975 damals noch unter dem Namen Archiv für populäre Musik von den Radio Bremen-Musikredakteuren Klaus Kuhnke, Manfred Miller und Peter Schulze gegründet. Mein Archivarsherz schlägt deutlich höher und die Aussicht auf Zugänge an Büchern und Periodika aus den 1960er und 1970er Jahren ist verlockend, besteht doch sehr viel des bisherigen Archivbestandes aus Material aus den 1980er und 1990er Jahren. 

Bald danach besuche ich das klischeehaft im ehemaligen Heizungskeller der Hochschule versteckte Archiv und besichtige das zu übernehmende Material. Es handelt sich um geschätzt 1.500 Bücher und einige Kisten mit Periodika. Ich sage zu, alles zu übernehmen und gegebenenfalls an andere Archive, zu denen ich Kontakte habe, weiterzuleiten. Ich vereinbare den Abholtermin für die erste Ladung und verabschiede mich, tief beeindruckt von den im Kuhnke-Archiv lagernden 80.000 Langspielplatten. Am 6. Dezember 2004 hole ich ca. 24 Umzugskisten ab, acht Tage später weitere neun Kisten.

\"Blick

Dieser Zugang kommt zu einem unpassenden Zeitpunkt. Zum einen ist die Existenz des Archivs der sozialen Bewegungen aktuell nicht gesichert. Das Archiv nimmt den gesamten Keller des Bremer Infoladens ein, dessen Vertrag zum Jahresende 2005 ausläuft. Die Vermieterin, eine teilprivatisierte städtische Wohnungsbaugesellschaft, hat zwar Interesse das Gebäude zu verkaufen, dafür derzeit aber keine InteressentInnen und hat deshalb signalisiert, unter Umständen auch weiter zu vermieten. Da der 100 Quadratmeter große Keller wegen feuchter Wände eigentlich unbenutzbar ist, habe ich erst im November 2004 alle noch im Keller lagernden Bücher des Archivs, circa 1.500 Bände nach oben in einen kleineren, aber trockenen Raum geschleppt, gleichzeitig die dort in einigermaßen Schutz vor Feuchtigkeit bietenden Archivboxen liegenden Zeitschriftentitel mit den Anfangsbuchstaben B bis J in den Keller umgelagert. Die anderen Zeitschriften (mit den Anfangsbuchstaben K bis Z) sind schon länger in diesen Archivboxen relativ geschützt im Keller untergebracht. Bei solchen Umräumaktionen tut mir nach zwei Stunden alles weh, so dass ich aufhören muss. Das große Problem, dass aus verschiedenen Gründen neue Räume für den Infoladen und das Archiv gefunden (und auch finanziert) werden müssen, begleitet das Archiv schon seit über zwei Jahren.

Im Dezember 2004 besteht der Bestand der Archivs aus ca. 2.000 Büchern, der Zeitschriftenbestand zählt ungefähr 800 Titel mit nennenswerten Beständen, sowie vermutlich fast 1.000 Titel, die als Einzelhefte oder in sehr wenigen Exemplaren vorhanden sind. Hinzu kommen circa 150 Archivboxen und Stehordner mit thematisch einigermaßen sortierten Flugblättern und Broschüren sowie Plakate und über weitere 50 Archivboxen mit unsortiertem Material. Ein Umzug wäre eh ein gewaltiges Unterfangen, da kommt es auf zehn oder zwanzig Kartons mit Büchern aus dem Kuhnke-Archiv jetzt auch nicht mehr an.

Sammeln, erhalten, erschließen

Meine Tätigkeit als Bewegungsarchivar ist vielfältig. Zum einen hat Mensch mit sehr unterschiedlichen Menschen zu tun, die Materialien an das Archiv geben wollen. Diese müssen sachgerecht betreut werden. Wollen viele ihre Dinge einfach nur loswerden, sind andere bewusste SpenderInnen und deshalb sehr interessiert, was mit ihren in langen Jahren politischen Aktivismus angesammelten Dokumente geschieht und am Archiv interessiert. Andere klagen, dass sich ihre Erben einmal nicht um ihre Materialien kümmern werden und sie diese gerne jetzt schon gesichert haben wollen. Es gibt sogar Spender, die ihre Materialien anonym während der Öffnungszeiten des Infoladens abgeben, so dass wir nie erfahren, wer sie sind. Die Tätigkeit des Archivierens selbst ist ebenfalls vielfältig. Sie hat etwas von Wühlen im Müll, von Schatzsuche an sich. Gleichzeitig handelt es sich um eine von kaum jemand – weder vom etablierten Archivwesen noch von den aktuellen Bewegungen – honorierte Bewahrung der gesellschaftlichen Überlieferung.

Ungeachtet der ungewissen Zukunft und der parallel laufenden Gespräche mit verschiedenen AkteurInnen über die Raumsituation beginnt die Bearbeitung des \“Kuhnke\“-Zugangs. Das dabei angewandte Verfahren ist bei allen Spenden an das Archiv gleich. Zuerst wird nach Materialart getrennt und in Bücher, Periodika und Sonstiges sortiert. In diesem Fall handelt es sich vor allem um Bücher, sonstiges Material ist wenig dabei. Gleichzeitig erfolgt die Bewertung, also die Entscheidung, was im Archiv verbleibt, was weggeworfen wird und was an andere Archive weitergegeben sollte.

Seit der Gründung des Archivs haben sich inhaltliche Kontakte und ein Austausch von Archivalien mit vergleichbaren Archiven und Bibliotheken u.a. in Oldenburg, Hamburg, Berlin, Köln, Bonn, Jena, Wien, Zürich und Gera ergeben. Materialaustausch zu den Themen Arbeiterbewegung und Nationalsozialismus gibt es mit der Bibliothek des damaligen Instituts für Regional- und Sozialgeschichte (IRSG) an der Universität Bremen[3] und dem ECO-Archiv Arbeiterkultur und Ökologie der Naturfreunde in Hofgeismar. Ich verwende relativ viel Zeit darauf, doppeltes Material weiterzugeben, von zwei Archiven verfüge ich sogar über Bestandslisten, so dass ich genau weiß, welche Zeitschriftenausgaben diese noch nicht haben und sie dementsprechend mit dem in Bremen doppelten Material versorgen kann. Die Buch- und Zeitschriftenbestände des IRSG sind sogar online über das Internet zugänglich. Zur Abgabe an andere Einrichtungen kommt also das Material in Frage, das im Archiv schon vorhanden ist oder das thematisch nicht passt.

Das letzte ist bei dem aktuell zu bearbeitenden Zugang ziemlich oft der Fall: Bücher zur Kulturpolitik der SED, zur SPD vor 1914 und zu vergleichbaren, anderen Themen, die nicht in das Profil des Archivs passen, werden z.B. an das IRSG weitergegeben. Bei den Periodika sind etliche Hefte auch schon im Archiv vorhanden.

In dem Zugang finden sich Bücher zu Arbeiterkultur und -bildung, aus Literaturwissenschaft, Ästhetik und Volkskunde, zur Kinotheorie, zur kritischen Theorie, zur Sozialgeschichte, zur Geschichte der Arbeiterbewegung (vor allem der Weimarer Zeit), zur Kulturarbeit und -politik in der DDR. Sowie natürlich Bücher von und über Marx, Mao, Lenin, aus und über China, Albanien etc. pp., aber auch von Adorno, Benjamin und Lukacs, ferner Veröffentlichungen zweier sog. K-Gruppen, des Kommunistischen Bundes Westdeutschland und der Kommunistischen Partei Deutschland (KPD bzw. anfangs KPD/AO). Erstaunlich ist die inhaltliche Breite, es finden sich sehr viele Titel aus der DDR, bzw. von DDR-nahen AutorInnen, aber auch von anderen Strömungen (dazu näheres unten).

Ich sortiere zwei Kartons mit Büchern für das IRSG aus, die Hefte von drei DDR-Literaturzeitschriften schenke ich dem linken Antiquariat, mit dem wir öfter Material austauschen und habe so den Buchbestand bald auf zehn Kartons zusammengedämpft. Diese stehen nun in Flur – und werden dort noch lange stehen bleiben, zumindest bis neue und hoffentlich groß genug gestaltete Räume gefunden sind.

Zeitgeschichtliche Schätze in mieser Umgebung

Wie wird nun mit den separierten Periodika verfahren? Die Hefte der Periodika mit Titeln mit den Anfangsbuchstaben N bis Z werden, sofern nicht schon vorhanden, in Kartons verpackt und sofort ins Regal gestellt. Die Titel mit den Anfangsbuchstaben A bis M werden zuerst in unsere Zeitschriftendatenbank eingegeben. Doppelexemplare landen nach Abgleich mit den Bestandslisten in den dementsprechenden Ablagen für die Archive in Oldenburg, Jena, Bonn oder das IRSG an der Universität Bremen. Was nun an Periodika noch übrig ist, biete ich in einer Email dem Archiv der Jugendkulturen in Berlin und dem ECO-Archiv an, die beide mit Freude zugreifen. Am 10. Januar 2005 sind alle Periodika aus dem Zugang Kuhnke verarbeitet, nur noch ein kleiner Stapel an Dubletten wartet auf einen Abnehmer. Warten muss ich auch, bis das Computernetzwerk des Infoladens, das das Archiv mitbenutzt, wieder läuft. Das bedeutet die Berge an Zeitschriftenexemplaren, die noch in die Datenbank eingegeben werden müssen, müssen erst einmal zwischengelagert und dementsprechend markiert werden. In der Zeitschriftendatenbank sind Anfang 2005 circa 400 Zeitschriften eingegeben. Da ich ehrenamtlich im Archiv engagiert und mit allen anderen Tätigkeiten mehr als ausgelastet bin, ist nicht absehbar, wann diese Datenbank fertiggestellt und im Internet erreichbar sein wird.

Bei den Periodika handelt es sich um über zwei Dutzend Titel: Zum einen um auffallend viele Titel aus der DDR (Jahrbuch für Volkskunde und Kulturgeschichte, Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Marxismus Digest, Einheit), darunter auch Kultur- und Literaturzeitschriften (Sinn und Form, Weimarer Beiträge, Neue Deutsche Literatur), sowie Titel aus westdeutschen, aber DDR-nahen Verlagen (Kürbiskern, Marxistische Blätter). Zum anderen Titel aus der westdeutschen APO-Zeit (Kursbuch, Rote Pressekorrespondenz, alternative) und den verschiedenen Spektren der Nach-APO-Linken: Ästhetik und Kommunikation, Das Argument, Sozialistische Politik, Die Rote Nelke, Theorie und Praxis des Kommunismus, Autonomie, ID-Informationsdienst zur Verbreitung unterbliebener Nachrichten, Befreiung, Berliner Hefte, SPUREN. Überraschenderweise komplett vorhanden sind die Bibliographie zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung und die Internationale Wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, zwei Projekte, die fest dem sozialdemokratischen Milieu zuzuordnen sind, ferner einige Ausgaben des Archiv für Sozialgeschichte, die wie die Bibliographie von der Friedrich-Ebert Stiftung herausgegeben wird. Zu erwähnen sind noch einige kleinere Literaturzeitschriften, wie Linkskurve, ostwind oder Werkstatt, das Mitteilungsorgan des Werkkreis Literatur der Arbeitswelt.

Dann sind da die Zeitschriften bei denen Kuhnke Redakteur war, oder (vermutlich) anderweitig mitgearbeitet hat und die deshalb meist mehrfach vorhanden sind: Die Sozialistische Zeitschrift für Kunst und Gesellschaft, erschienen von 1970 bis 1977; Kuhnke war dort laut Impressum von Juni 1971 bis Dezember 1974 Redakteur. Kämpfende Kunst. Zeitschrift der ISK (Initiative zur Gründung einer Vereinigung sozialistischer Kulturschaffender ), dieses KPD-nahe Periodikum erschien von 1975 bis 1977. Die Berliner Hefte, die von 1976 bis 1981 erschienen und bei denen Kuhnke nur im ersten Heft als Redakteur genannt ist. Schließlich Anschläge, die von Kuhnke und wenigen anderen gegründete und getragene und vom Archiv für populäre Musik selbst herausgegebene Zeitschrift, erschienen 1978 bis 1981. Der Überlieferungszeitraum der Periodika umfasst 1956 bis 1992, der Großteil stammt aus den 1970er Jahren, auffallend wenig ist aus den letzten Jahren vor Kuhnkes Tod überliefert[4].

Ich mache mir den Spaß nachzusehen, wie oft einige, teilweise bisher noch nicht genannte Titel in der Zeitschriftendatenbank der deutschen Bibliothek (ZDB) verzeichnet sind. Einige Titel aus dem Zugang, die nun bei uns lagern, sind nur an einer oder zwei Bibliotheken in der Bundesrepublik vorhanden, andere in vier Bibliotheken, von denen wiederum drei in Berlin beheimatet sind. Dies zeigt deutlich die Bedeutung der Bewegungsarchive und -bibliotheken für die Sicherung der Zeugnisse der neuen sozialen Bewegungen, die ja wiederum wichtiger Bestandteil der nichtstaatlichen gesellschaftlichen Überlieferung sind. Sammeln die Bewegungsarchive dieses Material nicht, tut es niemand oder kaum jemand und sie gehen verloren, bzw. sind nur schwer zugänglich. Die Chance für jemanden, diese Titel aber bei uns zu finden sind nahezu Null, ist doch das Archiv nicht der ZDB angeschlossen und wann die Datenbank – die potentielle RechercheurInnen ja dann auch erst einmal finden müssten – online gestellt wird, steht wie gesagt in den Sternen.

Gerade die sog. Erschließung ist unter ehrenamtlichen Bedingungen, unter denen die meisten Bewegungsarchive arbeiten, kaum zu leisten. Sie ist sehr zeitintensiv – um einen Titel in die Datenbank einzugeben, braucht man zwischen zehn und zwanzig Minuten, und bei uns sind grob geschätzt noch 1.000 Zeitschriftentitel aufzunehmen  – und Erschließungstätigkeiten werden auch, so ist immer wieder zu hören, durch Projektförderung nicht finanziert.

Das Archiv ist als Geschichtsprojekt Teil einer eher theoriefeindlichen und geschichtslosen Szene, der radikalen undogmatischen Linken (Hüttner 2005). Öffentlichkeitsarbeit und Kontakte in ein linksliberales Milieu sind nur durch aktives Handeln herzustellen, was in Bremen passiert. So wird neben einer umfangreichen website immer wieder öffentlich über die Situation des Archivs berichtet, in Bewegungszeitschriften, aber auch in historischen Fachorganen (Hüttner/Vennebusch 2004) für die Anliegen der Bewegungsarchive geworben (Hüttner 2004). Stütze des Archivs ist aber immer noch, jenseits des schwankenden Elans seiner wenigen Mitarbeiter, die Bereitschaft des Infoladens einen Teil seiner Räume umsonst zur Verfügung zu stellen. Modelle, die – für separate Räume – auf der Bezahlung einer Miete durch einen Förderkreis beruhen, wären erst noch zu entwickeln.

Klaus Kuhnke – Fragmente einer intellektuellen Biographie

Klaus Kuhnke wurde 1944 in Rerik an der Ostsee geboren, wuchs in Hamburg auf und  studierte dort Germanistik und Philosophie. Er arbeitet schon ab 1969 als Herausgeber (dazu und zum folgenden Klaus Kuhnke Archiv o.J.). Unter anderem ist er der Herausgeber der berühmten Kinderliedersammlung Baggerführer Willibald, die es von 1973 bis 1979 auf fünf Auflagen brachte. 1969 gab er in typischer APO-Manier das kleine Heftchen Garstige Weihnachtslieder von Hamburg linksliterarisch heraus, in denen umgedichtet klassische Weihnachtslieder erschienen. Anfang der 1970er Jahre veröffentlichte er als Herausgeber einige Bände, die sich der Dokumentation und Popularisierung aufrührerischen Liedgutes widmeten (u. a Die alten bösen Lieder – Lieder und Gedichte der Revolution von 1848, erschienen 1969, oder Lieder der Arbeiterklasse: 1919 – 1933, erschienen 1971). Er arbeitet später als Rundfunk- und Fernsehjournalist, als Mitautor der über 100-teiligen Radiosendereihe \“Roll Over Beethoven\’\‘ (Radio Bremen/Westdeutscher Rundfunk) und der zehnteiligen Fernsehreihe \“Rock\’n Roll Music\’\‘ (Norddeutscher Rundfunk). 1975 ist er Mitgründer des Archiv für populäre Musik. Viel mehr ist mir über seinen Lebenslauf nicht bekannt. Genauere Aussagen über Klaus Kuhnke sind deshalb fast nicht möglich, es ist hier nur möglich ihn über die Zusammensetzung seiner Bibliothek zu beschreiben. Viele Quellenarten, aus denen sonst Erkenntnisse und Schlüsse gewonnen werden, wie etwa Briefe, persönliche Aufzeichnungen oder auch Tageszeitungen sind nicht überliefert. Eine Detailuntersuchung, welche Bücher Kuhnke tatsächlich auch gelesen hat, welche Unterstreichungen er gemacht hat, erfolgte (bislang) nicht. Es kann also nicht darum gehen, eine intellektuelle Biographie von Kuhnke zu schreiben, dazu ist (mir) zu wenig über ihn bekannt. Es kann hier nur darum gehen, ihn als Angehörigen der sog. 1968er Generation zu beschreiben, an dem einiges bemerkenswert ist.

Folgt mensch Kraushaar (2001), so sind aus der sozialen Revolte von 1968 vier politische Spektren entstanden. Das reformistische, das gemeinhin mit den Jungsozialisten (und auch der SPD) assoziiert wird, zweitens das am Politikmodell der DDR orientierte, das sich um die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) organisierte, drittens die marxistisch-leninistische Strömung, die normalerweise in der Form der kommunistischen Parteien und Bünde und ihrer Vorfeldorganisationen auftritt, und viertens das undogmatisch-neomarxistische, das sich eher um Intellektuelle gruppiert (eine typische Einrichtung dieses Spektrums wäre das Sozialistische Büro mit seiner einflussreichen Zeitschrift links).

Schon bei einer ersten Durchsicht des Kuhnke-Zuganges fällt der Umfang und die thematische und politische Breite des überlieferten Bestandes auf. Sie zeigt, dass Kuhnke über diesen vier Idealtypen steht und diese Einteilung vielleicht auf der Ebene von Organisationen oder organisierten Diskursen hilfreich, aber der Ebene von einzelnen Personen nicht so eindeutig ist.

Ich setzte jetzt voraus, dass Kuhnke die Bücher in seinem Nachlass auch gelesen hat, dies ist sehr vielen Exemplaren auch anzusehen und er nicht zu den Menschen gehörte, die Bücher kauften – aber nicht lasen. Kuhnke hat gelesen, und zwar viel. Er war als Leser Teilnehmer am Markt für Marx (von Saldern 2004) – und auch als Produzent. Die Erstauflage des Buches Baggerführer Willibald betrug z.B. aus heutiger Sicht unerhörte 20.000 Stück. Er schrieb und publizierte auch selbst und war vielfältig publizistisch tätig und – er war Leser. Ich schätze, dass Kuhnke über 1.500 Bücher hinterlassen hat.

Noch bemerkenswerter ist die politische Vielfalt der hinterlassenen Bücher und Periodika. Wie schon erwähnt, rezipierte Kuhnke Periodika aus den letzten drei der angeführten Spektren, und hatte noch zwei wichtige Periodika des ersten, des sozialdemokratischen Spektrums zur Verfügung. Für die 1960er Jahre sind vor allem die Druckerzeugnisse des DKP- und DKP-nahen Spektrums auffällig, es findet sich auch sehr viel in der DDR hergestellte Literatur. Zur Mitte der 70er Jahre macht sich dann eine gewisse Abwendung bemerkbar und eine Annäherung an die KPD bemerkbar (Bacia 1986, Karl 1976). Wie Kuhnke, der zu dieser Zeit immerhin schon für die \“Kulturindustrie\“ arbeitete und dort Blues, Pop und Rock´n Roll kritisch und musikhistorisch aufarbeitete, dazu kam, sich mit einer politischen Organisation auseinanderzusetzen, wenn nicht sogar zu identifizieren, die mit Avantgardeanspruch und unter Bezugnahme auf Lenin, Stalin und Mao das westdeutsche und das ostdeutsche Proletariat \“und die unterdrückten Schichten des Volkes in den Kampf gegen die Bourgeoisie zu führen\“ gedachte, muss hier leider ungeklärt bleiben.

Kuhnke hatte über einen längeren Zeitraum gleichzeitig Zugang zu DDR-Literatur und zu der der KPD, die einen strikt antisowjetischen Kurs verfolgte. Er hatte z.B. 1976 gleichzeitig u.a. das DDR-Jahrbuch für Volkskunde und Kulturgeschichte, das Zentralorgan der Spontis, den Informationsdienst zur Verbreitung unterbliebener Nachrichten (ID) und das Theorieorgan der KPD zur Verfügung. Diese Tatsache zu interpretieren fällt schwer. Zum einen könnte er z.B. als aktiver KPD-Intellektueller die Organe der \“feindlichen\“ Strömungen nur zum Zwecke der Beobachtung – ohne innere Identifikation – gelesen haben. Die dokumentierbare Tatsache seiner Mitarbeit zumindest an der Gründung der Zeitschrift Berliner Hefte lässt aber schon auf eine Abwendung von der KPD schließen, die auch anhand einiger überlieferter Bücher plausibel ist. Eine Mitarbeit an der Zeitschrift Befreiung lässt sich leider nicht belegen, ist aber möglich. Vielleicht war er auch nur vielfältig interessiert und versuchte verschiedene Debatten mitzuverfolgen, anstatt sich nur einer der Strömungen zuzuordnen, was der Regelfall gewesen sein dürfte – und auch der Organisationslogik der einzelnen Gruppierungen entsprach.

Kuhnke war nicht zuletzt auffällig historisch interessiert. Er interessiert sich sehr für die politische Debatte in der historischen sozialistischen und kommunistischen Bewegung, für kulturellen Avantgardismus im Arbeiterfilm und -theater, für die Geschichte der ArbeiterInnen, ihrer Kultur und ihrer Organisationsversuche. Überraschenderweise sind kaum Exemplare der für die APO und Nach-APO-Zeit charakteristischen Raubdrucke in dem Zugang zu finden. Für die letzten Jahre vor seinem Tod 1988 finden sich kaum noch Periodika, so dass Aussagen über die Interessen oder gar politischen Positionen für diesen Zeitraum leider nicht zu treffen sind. Für die 1970er Jahre ist dies – bei allen Einschränkungen – etwas einfacher. Kuhnke, der 1968 ja 24 Jahre alt war und vermutlich mitten im Studium steckte, neigte während seines Studiums politisch eher den DDR-fokussierten Sichtweisen sozialistischer Politik zu. Zu Mitte der 1970er Jahre nahm er eine gewisse Distanz dazu ein, was vor allem an den überlieferten Druckerzeugnissen der strikt antisowjetischen KPD abzulesen ist, ferner können Periodika wie Befreiung oder auch die Berliner Hefte kaum als SED-freundlich bezeichnet werden, die Befreiung gilt sogar als eher nationalneutralistisches Organ. Von den beginnenden neuen sozialen Bewegungen, von Ökologie oder Feminismus, oder auch zum bewaffneten Kampf findet sich – nichts. Kuhnke war – soweit dies möglich ist zu beurteilen – ein typischer städtischer linker Mann, der in der Kulturindustrie arbeitete, und dies auch nach dem Aufkommen der neuen sozialen Bewegungen blieb.

Geschichtsarbeit und aktuelle Fragestellungen

Das Bremer Archiv der sozialen Bewegungen begreift sich als Teil der politischen Protestbewegungen, wie viele andere, wenn auch lange nicht alle Archive sozialer Bewegungen. Es gibt dort den Umständen entsprechend eine gewisse Prioritätensetzung. Da dies unter ehrenamtlichen Bedingungen in einem so kleinen Team nicht möglich ist, wird nicht so viel Zeit auf die ordnungsgemäße Erschließung noch des letzten Kreisrundbriefes der Grünen oder jedes oberschwäbischen Antifa-Infos gelegt. Vorrangig weil eher praktikabel ist es vielmehr, sich darauf zu konzentrieren, Dokumente zu sammeln, und sie halbwegs zu sichern und zu sortieren. Weiter gilt es abzuwarten und die Dokumente aufzubewahren bis vielleicht ein neues Interesse an der Geschichte vergangener Kämpfe und Konflikte dem Archiv neue MitstreiterInnen und mehr NutzerInnen zuführt. Politisch fruchtbarer ist eh die Vernetzungsarbeit unter den Bewegungsarchiven und die publizistische Befassung mit der Geschichte und Geschichtsschreibung sozialer Bewegungen.

Was können uns denn die Dokumente überhaupt sagen? Michael Koltan, langjähriger Mitarbeiter des Freiburger Archiv der sozialen Bewegungen in Baden stellt die für jedes Bewegungsarchiv ketzerische These auf, \“dass das gedruckte Wort allein die Geschichte der Bewegungen nicht nur nicht ausreichend repräsentiert, sondern geradezu verfälscht\“ (Koltan 2003:1). Mensch steht also immer wieder davor, die Dokumente zu interpretieren und politisch mit ihnen zu arbeiten. Dabei kann es nicht naiv darum gehen, die Geschichte der VerliererInnen zu schreiben, im Sinne einer geschichtswissenschaftlich mehr als überholten \“Darstellung wie es eigentlich gewesen ist\“ – denn dieses \“eigentlich\“, diese Realität gibt es nicht. Wichtig sind die Fragen, die heute gestellt werden – und die werden vom aktuellen politischen Standpunkt und Interesse des/der Fragenden bestimmt.

Literatur

  • Bacia, Jürgen, 1986: \“Die Kommunistische Partei Deutschlands [Maoisten]\“, in: Richard Stöss (Hrsg.): Parteien-Handbuch, Bd. 3 EAP-KSP, Opladen, S. 1810-1830.

  • Hüttner, Bernd, 2004: \“Reflexionen zum Verhältnis von staatlichen, kommunalen und ´alternativen Archiven´\“, in Archiv-Nachrichten Niedersachsen. Mitteilungen aus niedersächsischen Archiven 8, S. 131-134.

  • Hüttner, Bernd, 2005: \“Täglich grüßt das Murmeltier\“, in Richard Heigl, Petra Ziegler, Philip Bauer (Hg.): Kritische Geschichte. Perspektiven und Positionen, Leipzig, S. 115-132

  • Hüttner, Bernd / Vennebusch, Bernd, 2004: \“Fünf Jahre Archiv der sozialen Bewegungen Bremen\“, in Arbeiterbewegung und Sozialgeschichte 13/14 (Dezember 2004), S. 79-82

  • Karl, Frank D., 1976: Die K-Gruppen. Entwicklung, Ideologie, Programme; Bonn

  • Klaus Kuhnke Archiv, o.J.: Klaus Kuhnke Archiv für Populäre Musik, Selbstdarstellungsfaltblatt (nach 1998)

  • Koltan, Michael, 2003: \“Unkonventionelle Materialien benötigen unkonventionelle Herangehensweisen\“, online unter http://www.soziologie.uni-freiburg.de/asb/pdf/alexandria.pdf (21.05.2005)

  • Kraushaar, Wolfgang, 2001: \“Denkmodelle der 68er-Bewegung\“, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 22-23/2001, S. 14-27

  • von Saldern, Adelheid, 2004: \“Markt für Marx. Literaturbetrieb und Lesebewegungen in der Bundesrepublik in den Sechziger- und Siebzigerjahren\“, in Archiv für Sozialgeschichte 44 (Die Siebzigerjahre. Gesellschaftliche Entwicklungen in Deutschland), 2004, S. 149-180


Anmerkungen

[1] Leicht korrigierte Online-Version eines im Mai 2005 abgeschlossenen Beitrages aus dem Buch: 

[2] Autoreninfo
Bernd Hüttner, geboren 1966, Politikwissenschaftler. 2 Kinder. Mitarbeiter der Rosa-Luxemburg-Initiative Bremen. Gründer und unbezahlter Mitarbeiter im Archiv der sozialen Bewegungen Bremen. Verfasser von Archive von unten. Bibliotheken und Archive der neuen sozialen Bewegungen und ihre Bestände, Neu-Ulm 2003. Mit Gottfried Oy und Norbert Schepers (als Hg.): Vorwärts und viel vergessen. Beiträge zur Geschichte und Geschichtsschreibung neuer sozialer Bewegungen, Neu-Ulm 2005. Seit 2006 Koordinator des bundesweiten Gesprächskreis Geschichte der Rosa-Luxemburg Stiftung und kooptiertes Mitglied der Historischen Kommission beim Bundesvorstand der Linkspartei.PDS. Artikel und Rezensionen in verschiedenen Bewegungs- und Geschichtszeitschriften. Seit 1993 Autor in CONTRASTE, der Monatszeitung für Selbstorganisation. Mitbegründer des Webportal www.kritische-geschichte.de. Blogger bei www.linkslog.de und in der Rubrik \“Archive von unten\“ bei Archivalia.

[3]  Diese Bibliothek firmiert seit September 2005 als Bibliothek für Sozial- und Humanwissenschaften und wieder unter der alleinigen Verantwortung der Stiftung für Sozialgeschichte (www.stiftung-sozialgeschichte.de).

[4]  Laut Auskunft von Ulrich Duve, Leiter des Klaus-Kuhnke Archiv (www.kkarchiv.de), ist es unwahrscheinlich, dass gedrucktes Material existierte, das nicht in den Nachlass und damit in das Archiv gelangt ist. Eine am 20. Dezember 2004 gestartete Kontaktaufnahme zu einem Mitbegründer des Kuhnke-Archivs führte erst am 15. Juni 2005 zu einem Interview mit Peter Schulze zur Geschichte des Archiv und zum Leben von Kuhnke. Dessen Ergebnisse fanden aber keine Aufnahme mehr in diesen Beitrag.

Ehrenamt in Gütersloh hoch im Kurs

Ohne das große Engagement zahlreicher ehrenamtlicher Kräfte würde die Arbeit im Stadtarchiv Gütersloh sicher nicht immer so problemlos verlaufen. Ihnen ist es zu verdanken, dass viele Dinge, die sonst liegen blieben, erledigt werden. Archivleiter Stephan Grimm ist froh über diese tatkräftige Unterstützung. Er kann zum Beispiel auf einen Computerfachmann zählen, der nicht nur Eingabe- und Suchmasken erstellt, sondern sich auch um die Archivprogramme und die Datenbanken kümmert. Ein Hobbyfotograf ist zuständig für das Reproduzieren von Fotos und für das Fotografieren lohnenswerter Motive im Stadtbereich. Außerdem kennen sich beide als ehemalige Eisenbahner bestens mit der Geschichte der beiden Gütersloher Bahnhöfe aus.

Aber auch Arbeiten in der Werkstatt des Archivs, wie Abstauben, Zurechtschneiden und Bügeln von Akten werden gerne übernommen. Ständiger Pflege bedarf darüber hinaus auch das umfangreiche Zeitungsarchiv, nach dem große Nachfrage herrscht. Mit Hilfe der Eingabe- und Suchmasken können die Zeitungsartikel sogar mit Schlagwörtern versehen werden. Die Betreuung der Pläne und Karten erfolgt ebenfalls durch eine Fachkraft – nämlich eine gelernte Bauzeichnerin.

Kontakt:
Stadtarchiv Gütersloh 
Hohenzollernstr. 30a 
33330 Gütersloh 
Tel.: 05241-822302 
Fax: 05241-822032 
stephan.grimm@gt-net.de

Quelle: Die Glocke, 10.8.2006

Nachlass des Ehepaars von Schaller im Stadtarchiv Lüdenscheid

Irene Mertens wurde am 27.8.1908 in Essen-Bredeney geboren. Nach dem Abitur 1929 studierte sie neben Germanistik und Romanistik vor allem Kunstgeschichte und -pädagogik in Bonn, Jena und Münster. Schließlich erwarb sie die Lehrbefähigung für Kunstgeschichte, Deutsch und Französisch. Es folgte ein längerer Aufenthalt in Paris, der den Besuch der Sorbonne einschloss. In dieser Zeit lernte sie auch ihren zukünftigen Ehemann, den 1919 geborenen Österreicher Georg von Schaller kennen, den sie 1945 heiratete. 1951 zogen die beiden nach Lüdenscheid, wo Irene von Schaller 1955 zunächst am Zeppelin-Gymnasium, dann von 1956 bis zu ihrer Pensionierung 1967 am Geschwister-Scholl-Gymnasium Deutsch, Französisch und vor allem Kunst unterrichtete. Sie weckte in vielen ihrer Schüler Verständnis und Interesse für die bildende Kunst – einige von ihnen wurden später selbst namhafte Künstler.

Ihre eigenen Werke wurden 1979 und 1989 in der Lüdenscheider Galerie Dalichow, 1981/82 in der Städtischen Galerie und 1989 in den Museen der Stadt Lüdenscheid, sowie 1992 in der Stadtgalerie Altena ausgestellt. Noch kurz vor ihrem Tod am 14.1.2003 besuchte Irene Mertens von Schaller eine Ausstellung Lüdenscheider Künstler in der hiesigen Stadtbücherei, in der auch Bilder von ihr ausgestellt waren.

Gemeinsam mit ihrem Mann Georg von Schaller, einem seinerseits sehr in der Kunsterziehung engagierten Realschullehrer und großen Norwegenkenner, gab sie 1985 das Buch \“Herz steig in den Morgen – Gedichte und Briefe eines großen Liebenden\“ mit Texten des 1944 verstorbenen Grazer Dichters Friedrich Mankowski heraus, eine erweiterte Ausgabe des von ihnen bereits 1946 herausgegebenen Buches. Dafür wurden sie 1986 mit dem \“goldenen Ehrenzeichen für besondere Verdienste um das Land Steiermark\“ ausgezeichnet. Weitere vielbeachtete Veröffentlichungen waren z.B. \“Eine Deutsche erlebt Paris\“ (1938), und \“Der Baum in der Kunst des 20. Jahrhunderts\“. 

Der Nachlass der von Schallers fiel nach dem Tod der Erblasser einer Erbengemeinschaft zu und sollte ursprünglich aus Lüdenscheid fortgebracht werden. Vor allem dem Engagement der langjährigen Freunde des Ehepaars von Schaller, dem ehemaligen Leiter des Stadtarchivs Dieter Saal und dem Chronisten der Lüdenscheider Kunstszene Helmut Pahl, ist es zu verdanken, dass sich die Erbengemeinschaft darauf einigte, den Nachlass als Depositum im Stadtarchiv Lüdenscheid unterzubringen.

Hier wird er zunächst ungeordnet eingelagert um in den nächsten Monaten von den Erben inventarisiert zu werden. Er ist dann – nach den Vorschriften des Archivgesetzes – für die Forschung und interessierte Öffentlichkeit nutzbar – womit die Erinnerung an die Eheleute Schaller in Lüdenscheid wach gehalten werden wird.

Auch die Hinterlassenschaften vermeintlich weniger bedeutsamer Lüdenscheider Bürger können übrigens für das Stadtarchiv sehr interessant sein. Dies gilt auch für die Unterlagen aus dem Arbeits- und Geschäftsleben, von Firmen und Fabriken. Wer auf Keller oder Dachboden \“alte Schätzchen\“ entdeckt, für die man selbst keine Verwendung mehr hat – oder die einem so sehr am Herzen liegen, dass man sie im klimatisierten Magazin des Stadtarchivs vor dem Zahn der Zeit geschützt aufgehoben wissen möchte, kann sich jederzeit gern an die Mitarbeiter des Stadtarchivs wenden. 

Auch persönliche oder vertrauliche Unterlagen sind im Archiv gut aufgehoben. Schon das Archivgesetz sieht Sperrfristen vor, während derer niemand entsprechende Unterlagen einsehen kann. Diese können auch individuell angepasst werden. Erst wenn der nötige zeitliche Abstand eingetreten ist, ist schließlich ernsthafte geschichtswissenschaftliche Arbeit möglich. Auch dazu gibt es im Stadtarchiv nähere Informationen. 

Kontakt:
Stadtarchiv Lüdenscheid
Kerksigstr. 4
58511 Lüdenscheid
Telefon: 02351/17-1388
Telefax: 02351/17-1310
stadtarchiv@luedenscheid.de

Quelle: Stadtarchiv aktuell, Pressemitteilung der Stadt Lüdenscheid, 10.8.2006 

Schriftstellerkreis übergibt Akten ans Kreisarchiv Stormarn

Der langjährige Sprecher des Stormarner Schriftstellerkreises Joachim Wergin übergab acht Aktenordner des Stormarner Schriftstellerkreises an den Leiter des Stormarner Kreisarchivs, Dr. Johannes Spallek, der sich über die wichtige neue Dokumentation freute. 

In den Aktenordnern ist weitgehend chronologisch geordnet in Zeitungsausschnitten, verschiedenen Korrespondenzen, Einladungen und Material über Lesungen das vielfältige Aktionsprogramm des Stormarner Schriftstellerkreises dokumentarisch seit 1949 eingefangen. Die Sammlung wurde von den jeweiligen Sprechern des Stormarner Schriftstellerkreises oder von einzelnen Mitgliedern im Auftrage der Sprecher angelegt. Zwei Ordner enthalten die Biografien mit Angaben zu verschiedenen Arbeiten von Mitgliedern, akribisch angelegt von Erich Katschke aus Reinfeld, der Mitglied des Stormarner Schriftstellerkreises war und langjähriger Museumsleiter des städtischen Reinfelder Museums. 

Der Stormarner Schriftstellerkreis wurde am 9. Juni 1948 begründet: „Der drückenden materiellen Not der Zeit nicht nachgeben, sondern auf geistiger Ebene eine Brücke schlagen zu den ideellen Werten des Lebens“, so die Motivation der Gründungsväter. Der Trittauer Cäsar Jörß hatte alle im Kreis Stormarn wohnenden Schriftsteller eingeladen „zwecks gegenseitigen Kennenlernens“ ins Hotel Deutsches Haus nach Bad Oldesloe. Mitglieder der ersten Stunde waren Martin Kihl aus Reinfeld, Pastor Martin Clasen, Reinfeld, Durt Plessing, Rümpel und Heinrich Gahl aus Reinfeld.

In den ersten Jahrzehnten hat der Stormarner Schriftstellerkreis in erster Linie dem internen Gedanken- und Erfahrungsaustausch gedient. Erst 1974 trat er zum ersten Mal mit einer öffentlichen Lesung in Stormarn auf. Seitdem sucht er auch die Öffentlichkeit. Hiervon zeugen auch die Buchveröffentlichungen, die der Schriftstellerkreis herausgab. Dazu zählen zwei Anthologien „Schwanenfedern“ und die Bände mit Erzählungen und Lyrik „Auf dem Weg zu Matthias Claudius“ zum 250. Geburtstag des Dichters im Jahre 1990 und der Sammelband „Dieses Land Stormarn“, die im M+K Hansa Verlag, Hamburg, erschienen. Heute zählt der Stormarner Schriftstellerkreis 21 Mitglieder, die sich regelmäßig monatlich zum konstruktiven Gedankenaustausch treffen.

Kontakt:
Kreisarchiv Stormarn
Mommsenstr. 14
23843 Bad Oldesloe
Fon: (04531) 160-691
Fax: (04531) 160-536
kreisarchiv@kreis-stormarn.de
www.kreisarchiv-stormarn.de

Quelle: Pressemeldung Kreis Stormarn, 8.8.2006

Gerichtsprotokolle und Unterpfandbuch für Vaihinger Stadtarchiv

Die Stadt Vaihingen an der Enz, die sich aus neun Stadtteilen zusammensetzt, sammelt sämtliche historische Dokumente aus den einzelnen Ortsarchiven in ihrem Stadtarchiv. Archivleiter Lothar Behr muss aber immer wieder feststellen, dass die Quellenlage zu den einzelnen Orten teilweise ziemlich lückenhaft ist. Dieses trifft vor allem für den Ort Enzweihingen zu. Dieses ist unter anderem auf die umfangreiche Aussonderung und Vernichtung wichtiger Unterlagen ohne Rücksicht auf bestimmte Aufbewahrungsfristen zurückzuführen. Laut Behr spielte hierbei die Nähe des Enzweihinger Rathauses zur Papiermühle am Strudelbach eine große Rolle, so dass viele alte Bücher und Akten dort zu neuem Papier recycelt wurden. Des weiteren wurden bei einem Brand im Enzweihinger Rathaus im Jahre 1978 wichtige Unterlagen ein Raub der Flammen.

Deshalb bezeichnete es Lothar Behr auch als einen großen Glücksfall, dass ihm nun das Unterpfandbuch aus dem 18. Jahrhundert und die Gerichtsprotokolle aus dem 19. Jahrhundert von einem Enzweihinger Bürger übergeben wurden. Das Unterpfandbuch, in dem alle aufgenommenen Hypotheken verzeichnet sind, beginnt 1786 und endet 1801. Die Gerichtsprotokolle beziehen sich auf die Jahre 1817 bis 1819. In ihm sind sämtliche Verhandlungen und Beschlüsse des Enzweihinger Magistrats protokolliert. Verhandelt wurde nicht nur über die Besetzung einzelner Ämter, sondern die Richter hatten auch über Handgreiflichkeiten, Vormundschaften sowie über die Bewässerung von Wiesen zu entscheiden. 

Kontakt:
Stadtarchiv Vaihingen an der Enz
Spitalstr. 8
71665 Vaihingen an der Enz
Fon: (07042) 98100
Fax: (07042) 18200
stadtvaih@aol.com
www.Vaihingen.de

Quelle: Rüdiger Marggraf, Bietigheimer Zeitung, Boennigheimer Zeitung, 9.8.2006

Millionraub aus russischem Staatsarchiv

Vor einer Woche wurde bekannt, dass mehr als 220 Kunstwerke im Gesamtwert von rund vier Millionen Euro aus den Beständen der Eremitage in St. Petersburg gestohlen wurden. Nun teilte die russische Kulturorganisation Rosochrankultura in Moskau mit, dass auch aus dem russischen Staatsarchiv für Literatur und Kunst Zeichnungen im Wert von mehreren Millionen Euro verschwunden sind. Es handelt sich bei der Diebesbeute um Bilder des russischen Architekten Jakow Tschernichow (1889-1951). Tschernichow ist für seine architekonischen Graphiken aus den 1920er und 1930er Jahren berühmt. Die Arbeiten enthalten Elemente des Konstruktivismus, Rationalismus, Suprematismus und Expressionismus. Das gesamte schöpferische Werk umfasst mehr als 50 theoretische Arbeiten und über 17.000 graphische Kompositionen und Entwürfe.

Die genaue Anzahl der nunmehr gestohlenen Zeichnungen ist noch nicht bekannt. Bisher sollen aber bereits 274 Stücke im Wert von wahrscheinlich einer Million Euro auf russischen Antikmärkten sichergestellt worden sein. Sie wurden über Monate hinweg aus dem Russischen Staatlichen Archiv für Literatur und Kunst entwendet. Die Diebstähle fielen auf, nachdem neun vermisste Zeichnungen im Juni vom britischen Auktionshaus Christie\’s versteigert wurden. 

Niedrige Gehälter der Mitarbeiter und veraltete Sicherheitssysteme sorgen immer wieder für Diebstähle unter den Angestellten der chronisch unterfinanzierten Museen Russlands.

Quelle: ORF, 8.8.2006; RIA / russland.RU.