Nachlass eines Uhrmachermeisters im Stadtarchiv Saarbrücken

Das Stadtarchiv Saarbrücken hat im Frühjahr 2021 den Nachlass des Saarbrücker Uhrmachermeisters Gustav Heinrich Korn (1861-1933), genannt „Meister Hämmerlein“, geschenkt bekommen. Der Nachlass besteht aus handschriftlichen Notizen, Zeitungsausschnitten, Festschriften, Gedichten und zahlreichen von Korn aufgenommenen Fotografien. Zunächst hatte seine Enkelin die Dokumente liebevoll gehütet und dann ihrer Nichte anvertraut, die sie schließlich dem Stadtarchiv geschenkt hat. So trägt der neue Bestand die Bezeichnung „Sammlung Heinrich Korn-Finkler“.


Abb.: Heinrich Korn und seine Ehefrau Emma Frenzel (Foto: Stadtarchiv Saarbrücken)

Heinrich Korn war zu seinen Lebzeiten stadtbekannt, ein Saarbrücker Original. Er kam 1861 als jüngster von drei Söhnen des Saarbrücker Bierbrauers Ludwig Korn und seiner Ehefrau Louise Merz zur Welt. Seine Lehrzeit als Uhrmacher verbrachte Heinrich Korn bei dem Uhrmachermeister Ludwig Meiss und bei G. Krämer in der Saarbrücker Bahnhofstraße. Mit 23 Jahren machte er sich zunächst in Forbach selbständig. 1884 war das kleine Städtchen Teil der Reichslande Elsass-Lothringen. Bereits 1886 zog Korn nach Saarbrücken in die Schloßstraße 3. Weitere Stationen folgten, zuletzt wohnte er in der Sophienstraße 20.


Abb.: Wohnhaus von Heinrich Korn und seiner Frau in der Trierer Straße 15 in Saarbrücken (Foto: Stadtarchiv Saarbrücken)

Korn engagierte sich für seine Stadt. So wartete und reparierte er die Uhr der Basilika St. Johann zu einem sehr entgegenkommenden Tarif, vor allem aber hatte er ein wachsames Auge auf die Missstände des Alltages. Diese brachte er zu Papier und schickte sie der Saarbrücker Zeitung, die sie unter der Rubrik „Eingesandts“ veröffentlichte.

Korn ging mit offenen Augen durch die Stadt und verknüpfte seine Kritik stets mit konkreten Lösungen. Vor allem das Vermeiden von Unfällen war ihm wichtig, und Gefahren am Ufer der Saar und auf den damals schlecht ausgebauten Straßen gab es viele. Dieser Themen nahm er sich an. Auch benachteiligte Mitbürger hatte Heinrich Korn im Blick und setzte sich beispielsweise für die Interessen von Mietern ein. Außerdem hatte er ein Herz für die in der Stadt als Transportmittel noch zahlreich eingesetzten und häufig geschundenen Pferde. Heinrich Korn starb im Februar 1933 an einer Grippe, die damals in Saarbrücken und im Reich grassierte. Am 11. Februar 1933 erfolgte die Beisetzung in einem Ehrengrab der Stadt.

Die „Sammlung Heinrich Korn-Finkler“ (Laufzeit 1843-2005) im Stadtarchiv Saarbrücken enthält neben den handschriftlichen Unterlagen und teilweise selbst aufgenommenen Fotografien des Uhrmachermeisters Heinrich Korn auch Unterlagen der Hofschauspielerin am Wiener Burgtheater und Berliner Schillertheater Herta Frenzel, Schwägerin von Heinrich Korn. – Das Stadtarchiv Saarbrücken ist das älteste Archiv und das größte Kommunalarchiv im Saarland mit entsprechend umfangreichen Beständen. Es verwahrt rund 7.500 laufende Regalmeter Archiv- und Sammlungsgut. Den überwiegenden Teil stellen Akten dar, daneben existieren rund 30 Nachlässe, etwa 500.000 Fotografien, rund 10.000 Plakate, Karten und Pläne sowie 200 laufende Regalmeter Zeitungssammlungen. Die Dienstbibliothek umfasst mehr als 5.000 Medien.

Kontakt:
Stadtarchiv Saarbrücken
Deutschherrnstraße 1
66117 Saarbrücken
Tel. +49 681 905 1546
stadtarchiv@saarbruecken.de
http://www.saarbruecken.de/stadtarchiv

Quelle: Stadt Saarbrücken, Pressemitteilung, 5.5.2021; Saarbrücker Zeitung, 6.5.2021; Die Rheinpfalz, 7.5.2021; Art. Stadtarchiv Saarbrücken, in: Wikipedia, 23.9.2021

Die Wiedereinführung der Kreistage vor 75 Jahren

Ausstellung des Kreisarchivs Gütersloh.

Die aktuelle Ausstellung des Kreisarchivs Gütersloh beschäftigt sich mit einem historisch bedeutsamen Datum für die regionale Demokratie. Denn 1946 nahmen die Kreistage in den damaligen Kreisen Halle in Westfalen und Wiedenbrück nach der erzwungenen Unterbrechung während der NS-Zeit ihre Arbeit wieder auf. Güterslohs Kreisarchivar Ralf Othengrafen hat dies zum Anlass genommen, einen Blick auf die Wiedereinführung der Kreistage vor genau 75 Jahren zu werfen. Schließlich ist dies nach seiner Einschätzung „einer der spannendsten und bemerkenswertesten Aspekte unserer Nachkriegsgeschichte vor Ort“.

In einem relativ kurzen Zeitfenster war es den Verantwortlichen gelungen, unter schwierigen Bedingungen nahezu reibungslos wieder Wahlen auf kommunaler Ebene zu organisieren und den Demokratisierungsprozess ‚von unten‘ erfolgreich einzuleiten. Die Ausstellung begleitet auf 15 Bannern diesen Prozess, die Vorbereitung der Wahlen und die Zulassung von Parteien. Sie dokumentiert die Eingriffe der britischen Militärverwaltung, die nicht immer zufrieden mit den Fortschritten war. Und sie würdigt das demokratische Engagement der Männer (und einer Frau) der ersten Stunde.

Die Kreistage Halle und Wiedenbrück kamen zwar schon seit 1827 zusammen, waren aber 1933 durch die Nationalsozialisten entmachtet worden, die gemäß dem ‚Führerprinzip‘ alle Kompetenzen auf die Landräte übertrugen. Als die britischen Militärbehörden nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges die staatliche Gewalt im nunmehr nordrhein-westfälischen Gebiet übernahmen, konzentrierten sie sich zunächst auf den Aufbau einer funktionsfähigen deutschen Kommunalverwaltung. In einem zweiten Schritt richteten sie ihr Augenmerk dann auch auf die Kreistage, die Anfang 1946 das erste Mal zusammentraten. Waren es zunächst noch Kreistage, deren Mitglieder von den britischen Militärbehörden ernannt wurden, so konnten bald auch die ersten Kreistagswahlen abgehalten werden.

Major Kelly von der britischen Militärregierung sagte damals zum Kreistag Wiedenbrück: „Die Regierung des Kreises ist jetzt aus den Händen der Beamten genommen und in Ihre Hände gelegt worden. Sie sind hier, um das Volk zu vertreten; Sie sind […] die Diener des Volkes“.

Info:
Die Ausstellung „Die Wiedereinführung der Kreistage vor 75 Jahren“ ist noch bis zum 11. Februar 2022 im Kreisarchiv Gütersloh zu sehen. Es gelten die 2G-Regeln für den Besuch der Ausstellung. Eine Voranmeldung ist erforderlich.

Kontakt:
Kreisarchiv Gütersloh
Moltkestraße 47
33330 Gütersloh
Tel.: 05241-852003
archiv@kreis-guetersloh.de
www.kreis-guetersloh.de/archiv

Quelle: Kreis Gütersloh, Pressemitteilung, 6.12.2021; Kreisarchiv Gütersloh, Aktuelles, 6.12.2021; Gütsel Online, 6.12.2021

Der Tod der Erzherzogin Maria Elisabeth in Bozen Ende 1856

Archivale des Monats des Südtiroler Landesarchivs.

Am 25. Dezember 1856 verstarb in Bozen im Alter von 56 Jahren Erzherzogin Maria Elisabeth von Österreich, eine geborene Prinzessin von Savoyen-Carignan. Sie war die Witwe des vier Jahre zuvor verstorbenen Erzherzog Rainer, der bis 1848 Vizekönig von Lombardo-Venetien gewesen war. Nach der Revolution hatte sich das Paar in Bozen niedergelassen, wo es in der Mustergasse ein herrschaftliches Gebäude – das aktuelle Palais Campofranco – erwarb und hier wegen seines vielfältigen karitativen Wirkens hohes Ansehen erwarb: Erzherzog Rainer hatte unter anderem das nach ihm benannte Rainerum, ein Institut für bedürftige Knaben, gegründet, während das Elisabethinum, das sich der Erziehung armer Mädchen widmete, von Erzherzogin Elisabeth ins Leben gerufen wurde.

Nach dem Ableben ihres Mannes lebte die Erzherzogin zurückgezogen, 1855 musste sie den Tod ihrer Tochter Maria Adelheid, der Ehefrau des späteren ersten Königs des vereinigten Italiens Viktor Emanuel II., beklagen. Als in jenem Jahr 1855 in Bozen zudem eine Cholera-Epidemie ausbrach, versuchte Maria Elisabeth die Not durch Spenden zu lindern. Auch stand die 1853 durch einen Frauenverein gegründete Kleinkinder-Bewahranstalt, Südtirols erster Kindergarten, unter ihrem Protektorat. Gerade dorthin begab sich die Erzherzogin kurz vor Weihnachten 1856 in einer Kutsche, um Geschenke für die Kinder zu übergeben, als sie sich eine schwere Lungenentzündung zuzog, der sie am Weihnachtstag erliegen sollte.


Abb.: Hof-Trauer für Erzherzogin Maria Elisabeth (Südtiroler Landesarchiv, Archiv Toggenburg, Nr. 1121_1)

Die minutiöse Planung der Trauerfeier lag in den Händen des erzherzoglichen Dienstkämmerers, sie wurde schon wenige Tage später gedruckt und an die Würdenträger der Stadt verteilt. Diese mussten vom 26. Dezember bis 10. Jänner schwarze Kleidung und Trauerdegen tragen, d.h. einen Degen aus angelaufenem, nicht glänzendem Stahl und mit schwarzem Griff. Der Leichnam der Erzherzogin wurde nach habsburgischem Hofbrauch einbalsamiert, während ihr Herz in eine silberne Büchse und ihre Eingeweide in ein kupfernes Behältnis gegeben wurden.


Abb.: Programm der Beerdigung von Erzherzogin Maria Elisabeth (Südtiroler Landesarchiv, Archiv Toggenburg, Nr. 1121_4)

Am 31. Dezember 1856 wurde die Tote unter Teilnahme aller in Bozen anwesenden Mitglieder des Erzhauses sowie aller Offiziere, geheimen Räte und Kämmerer in die Nikolauskirche überführt. Dort wurde sie zwei Tage aufgebahrt, zahlreiche Seelenmessen wurden gelesen, verschiedene Damen und Herren aus Bozner Honoratiorenfamilien hatten abwechselnd Betstunden zu halten. Am 2. Jänner 1857 fand die aufwändige Beisetzung in der Familiengruft in der Marienpfarrkirche statt, wo auch ihr Mann im Chorumgang seine letzte Ruhestätte gefunden hatte.

Kontakt:
Südtiroler Landesarchiv
Armando-Diaz-Straße 8/B
39100 Bozen
Italien
Tel. +39 0471 411940
Fax +39 0471 411959
landesarchiv@provinz.bz.it

Quelle: Südtiroler Landesarchiv, Archivale des Monats Dezember 2021, 2.12.2021

60 Jahre deutsch-türkisches Anwerbeabkommen

Virtuelle Ausstellung des Stadtmuseums Ludwigshafen.

Die seit dem 3.12.2021 online präsentierte Ausstellung mit dem Kurztitel „anı / Erinnerung“ erinnert an den 60. Jahrestag des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens, das am 30. Oktober 1961 geschlossen wurde. Gewidmet ist die neue virtuelle Ausstellung des Stadtmuseums Ludwigshafen all jenen, die seit 1961 als „Gastarbeiter“ nach Ludwigshafen kamen. Doch diese sind längst keine „Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter“ mehr. Viele von ihnen sind in Deutschland geblieben, haben Familien gegründet, Freundinnen und Freunde gefunden und sich ein Leben in Ludwigshafen aufgebaut.

Die digitale Ausstellung möchte diesen Prozess beleuchten und dokumentieren. Denn Erinnerung heißt Anerkennung. In diesem Fall bedeutet das die Anerkennung der Leistungen von „Gastarbeitenden“ und ihren Familien, die Würdigung ihres Beitrags zum Wohlstand, dem Aufbau Nachkriegsdeutschlands und schließlich auch die Entwicklung einer friedlichen, demokratischen Gesellschaft. Allzu oft werden diese Geschichten in der deutschen Erinnerungskultur vergessen. „Gastarbeitsgeschichte“ ist ein wichtiger Teil der deutschen Arbeits- und Sozialgeschichte und damit für Ludwigshafen von großer Bedeutung.

Zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Türkei war durch Notenwechsel vom 30. Oktober 1961 eine Vereinbarung zur Regelung der Vermittlung türkischer Arbeitnehmer nach der Bundesrepublik Deutschland getroffen worden, die rückwirkend am 1. September 1961 in Kraft getreten ist.

Die Vereinbarung kam nicht nur deshalb zustande, weil Deutschland dringend Arbeitskräfte suchte. Auch außenpolitische Gesichtspunkte gehörten dazu: Die Türkei war bereits ein wichtiger Handelspartner für Deutschland und als Mitglied der NATO ein strategisch bedeutendes Land in Südosteuropa. Die Beschäftigung war zunächst für längstens zwei Jahre vorgesehen. Doch trotz Rotationsprinzip nahm die Zahl der Arbeitsmigranten stark zu.


Abb: 1980, Spielenachmittag mit dem Spielmobil im Hemshofpark an der Hartmannstraße in Luwigshafen. Der Hemshof war in Ludwigshafen besonders attraktiv für „Gastarbeitsfamilien“, denn die Mieten dort waren günstig. Zu tun hatte das vor allem mit dem schlechten Zustand der Wohnungen (Foto: Stadtmuseum Ludwigshafen). 

Durch ein zweites Abkommen mit der Türkei vom 30. September 1964 wurde die Beschränkung des Aufenthalts auf zwei Jahre gestrichen. Die angeworbenen Arbeitskräfte wurden in Deutschland „Gastarbeiter“ genannt. Das Bildungsniveau der angeworbenen türkischen Arbeitsmigranten war keineswegs so niedrig, wie oft angenommen wird. Der Anwerbestopp für ausländische Arbeitnehmer wurde am 23. November 1973 von der Bundesrepublik verhängt. Bis zum Anwerbestopp kamen rund 867.000 Türkinnen und Türken nach Deutschland. Zurückgekehrt sind in diesem Zeitraum rund 240.000 Personen.

Kontakt:
Stadtmuseum Ludwigshafen am Rhein
Postfach 21 12 25
67012 Ludwigshafen

Leitung Dr. Regina Heilmann
Telefon: 0621 504-2580
stadtmuseum@ludwigshafen.de
https://stadtmuseum.ludwigshafen.de

Quelle: Stadtmuseum Ludwigshafen, Pressemitteilung, Dez. 2021; Bundeszentrale für politische Bildung: Anwerbeabkommen mit der Türkei, 24.10.2011; Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg: 60 Jahre Anwerbeabkommen mit der Türkei, Okt. 2021

Stadtarchiv Preußisch Oldendorf zieht nach Lübbecke um

Das Stadtarchiv Lübbecke wird in Kürze neben seinen eigenen und den Beständen der Gemeinde Stemwede auch das archivarische Vermächtnis der Stadt Preußisch Oldendorf beherbergen. Das ist die Essenz einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung nach dem Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit, die die Bürgermeister Marko Steiner und Frank Haberbosch jetzt unterzeichnet haben. Sie wird mit der erwarteten Genehmigung und Bekanntmachung durch die Aufsichtsbehörde wirksam werden und ab dem 1.1.2022 ein neues Kapitel der Zusammenarbeit der beiden Städte aufschlagen.


Abb.: Die Bürgermeister beider Städte unterzeichneten die öffentlich-rechtliche Vereinbarung. Lübbeckes Stadtarchivarin Christel Droste, eingerahmt von den Bürgermeistern Marko Steiner (Pr. Oldendorf, re.) und Frank Haberbosch in einem der Magazinräume des Stadtarchivs Lübbecke, das zukünftig neben den eigenen und den Beständen der Gemeinde Stemwede auch das Preußisch Oldendorfer Archiv beherbergen wird (Foto: Stadt Lübbecke).

Mit Beginn des kommenden Jahres sollen die Preußisch Oldendorfer Archivbestände ihr neues Zuhause am Wiehenweg in unmittelbarer Nachbarschaft der Lübbecker Stadtschule finden. Bis dahin gibt es für alle Beteiligten noch eine Menge zu tun. Rund 330 laufende Meter Archivalien, die aktuell noch im historischen Bürgerhaus am Oldendorfer Kirchplatz sowie in einem Außenmagazin an der Spiegelstraße untergebracht sind, müssen den Umzug antreten. Weil die nötigen Vorbereitungsarbeiten im laufenden Betrieb nicht zu gewährleisten wären, muss das Stadtarchiv ab dem 20.12.2021 vorläufig für den Publikumsverkehr schließen.

Bereits seit 2011 nimmt die Stadt Lübbecke die Archivaufgaben für die Gemeinde Stemwede wahr. Diese Zusammenarbeit hat sich als für beide Seiten überaus vorteilhaft herausgestellt, und das gemeinsame Archiv hat sich einen hervorragenden Ruf erarbeitet, wie auch das LWL-Archivamt für Westfalen und der Kreisheimatpfleger bestätigen. Schon in den Folgejahren hatte es Gespräche mit weiteren Nachbarkommunen über eine mögliche Zusammenarbeit gegeben, die aber zunächst ohne Ergebnis blieben.

Neue Bewegung kam Anfang des Jahres in die Sache, als die Preußisch Oldendorfer Verwaltung erneut Interesse bekundete. Hintergrund ist, dass die fachlichen und räumlichen Anforderungen mit der Novelle des NRW-Archivgesetzes von 2014 so gestiegen sind, dass sie mit den vorhandenen räumlichen Kapazitäten und durch ehrenamtliche Kräfte kaum noch zu bewältigen waren. Vor allem mit der digitalen Langzeitarchivierung stehen kommunale Archive vor einer neuen Herausforderung, die nur mit fachlich qualifiziertem Personal und guter technischer Ausstattung zu leisten ist. Zudem eröffnet die gemeinsame Aufgabenerledigung erhebliche Synergieeffekte und Einsparpotenziale und ist nicht zuletzt aufgrund der vielfältigen historischen Beziehungen und Gemeinsamkeiten der benachbarten Städte auch archivarisch interessant, wie Christel Droste betont. „Für historisch Interessierte wie für die drei Kommunen selbst ergeben sich viele Vorteile durch den Zusammenschluss“, ist sich die Lübbecker Stadtarchivarin sicher.

Nachdem Lübbecke seine grundsätzliche Bereitschaft zu einer Zusammenarbeit erklärte, beschloss der Rat der Stadt Preußisch Oldendorf im Mai 2021, die Archivaufgaben zum nächstmöglichen Termin auf das Stadtarchiv Lübbecke zu übertragen. Mit Beschluss des Lübbecker Rats vom 23.9.2021 schließlich wurde endgültig der Weg frei, eine vertragliche Vereinbarung abzuschließen und die erforderlichen personellen Ressourcen bereitzustellen.

Räumlich bestehen am Wiehenweg ausreichende Kapazitäten, um die zusätzlichen Archivalien aufzunehmen. Sie werden künftig rund zehn Prozent des Gesamtbestandes ausmachen, der durch die Zusammenlegung auf etwa 3.380 laufende Meter anwächst. Davon entfallen rund 550 Meter auf die Gemeinde Stemwede. Für die digitale Langzeitarchivierung und die Betreuung des Archivgutes wird eine weitere Fachkraft für Medien- und Informationsdienste eingestellt. Die Kosten werden verursachungsgerecht zwischen den Vertragspartnern aufgeteilt.

Das Archivteam, das tatkräftig von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern unterstützt wird, freut sich auf die Zusammenarbeit und die künftigen Nutzerinnen und Nutzer der Bestände. Historisches Erbe sicher zu verwahren, sei eine wichtige Aufgabe, aber eben nicht die einzige, betont die Stadtarchivarin. „Wir wollen diese Schätze zugänglich machen und die aktive Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte fördern“, so Diplom-Archivarin Christel Droste, die bereits seit 2004 im Lübbecker Stadtarchiv arbeitet und dieses seit Mitte 2013 leitet. Das Stadtarchiv Lübbecke ist montags bis donnerstags von 8:00 Uhr bis 11:30 Uhr und nach Vereinbarung geöffnet.

Kontakt:
Stadtarchiv Lübbecke
Frau Christel Droste
Wiehenweg 33
32312 Lübbecke
Telefon: 05741 276-411
Fax: 05741 276111
c.droste@luebbecke.de

Quelle: Stadt Lübbecke, Pressemitteilung, 9.12.2021; Westfalen-Blatt, 9.12.2021; Hallo Lübbecke. Nachrichten für Lübbecke und Umgebung, 6.6.2013

Comma,-Sonderausgabe zum Thema »Archive und Klimawandel«

Call for Papers.

Steigende Temperaturen, Verschiebung der Klimazonen, extreme Wetterereignisse: Der Klimawandel stellt eine große Bedrohung für Menschen und Ökosysteme dar. Neben vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen und Institutionen sind auch Archive und Archivare von diesen Veränderungen bedroht. Sie werden das dokumentarische Erbe der Menschheit nur dann langfristig sichern können, wenn die globale Erwärmung gestoppt und der Temperaturanstieg umgekehrt wird. Business as usual ist nicht möglich, auch nicht für Archivare.

Um den Klimawandel zu bekämpfen und klimaschädliche Emissionen zu vermeiden, müssen auch Archivare ihren Beitrag leisten. Energieeffiziente Gebäude und der Einsatz von erneuerbaren Energien sowie von natürlichen und wiederverwertbaren Materialien unterstützen den Klimaschutz. Technische Einrichtungen und fachliche Standards müssen die Nachhaltigkeit fördern. „Grüne Archive“ arbeiten im Einklang mit den ökologischen Erfordernissen, agieren klimabewusst und ressourcenschonend und reduzieren ihren ökologischen Fußabdruck.

Bei ihren Kernaufgaben, wie der Bewertung und Auswahl von Unterlagen zur dauerhaften Aufbewahrung, können Archivare auf klima- und umweltrelevante Informationen achten. Künftige Generationen sollen die Ursachen, Folgen und (hoffentlich erfolgreiche) Eindämmung des Klimawandels erforschen können. In den Archiven bereits vorhandene klimageschichtliche Informationen können gezielt für die umweltgeschichtliche Forschung zur Verfügung gestellt werden. Durch Ausstellungen, Konferenzen und Online-Aktivitäten lassen sich historische Ursachen und Folgen von Umweltverschmutzung und Klimawandel deutlich machen.

Gleichzeitig ist es wichtig, die Archive an den Klimawandel anzupassen und Vorsorge für Katastrophen zu treffen. Überschwemmungen, Brände oder extreme Stürme können Archive und ihre Bestände beschädigen oder zerstören. Durch die Verschiebung der Klimazonen können auch neue Tierarten und Mikroorganismen auftreten, die das Archivgut gefährden. Die möglichen Veränderungen und Gefahren sind von Region zu Region unterschiedlich. Im Extremfall müssen Archive verlagert und ihre Dokumente anderweitig gesichert werden. Nationale und internationale Zusammenarbeit kann hier helfen.

Um diese wichtigen Themen weiter zu erforschen, bittet die Zeitschrift Comma des Internationalen Archivrates um Artikelangebote für eine Sonderausgabe zum Thema „Archive und Klimawandel“. Erwünscht sind Beiträgen darüber, wie Archivare weltweit mit den Herausforderungen des Klimawandels umgehen und dabei Beispiele geben, die auch in anderen Regionen angewendet werden können.

Vorschläge für Texte mit einer kurzen Zusammenfassung sollten bis zum 28. Februar 2022 an den Sonderredakteur dieser Ausgabe, Frans Smit, E-Mail: comma@ica.org, geschickt werden.

Die Artikel können bis zu 6.000 Wörter umfassen. Comma begrüßt Texte in einer der sieben Sprachen der Zeitschrift: Arabisch, Chinesisch, Englisch, Französisch, Deutsch, Russisch und Spanisch. Die Richtlinien für die Einreichung von Artikeln finden Sie auf Englisch und Französisch.

Link: Download des CFP auf deutsch

Englische Version: https://www.ica.org/en/call-for-papers-for-special-issue-of-comma-on-archives-and-climate-change

(Dank an Dr. Jörg Ludwig, Dresden)

80 Bände der Mescheder Zeitung ans Stadtarchiv übergeben

Das sei „ein unglaublicher Schatz, was in diesen Bänden steht“, strahlt Franz Drees. Die Begeisterung merkt man dem Mescheder an: „Darin habe ich sehr oft geblättert“, sagt er und streicht über den Einband der ersten Ausgabe. 80 Bände mit Ausgaben des Mescheder Kreisblattes und der Mescheder Zeitung aus den Jahren 1841 bis 1933 hat er nun dem Stadtarchiv Meschede zur Nutzung zur Verfügung gestellt.


Abb.: Den Depositalvertrag, in dem festgelegt ist, dass Franz Drees Eigentümer bleibt, die Bände aber im Stadtarchiv Meschede lagern und dort genutzt werden dürfen, unterzeichneten Bürgermeister Christoph Weber (rechts im Bild) und Franz Drees (li.) in den Räumen des Stadtarchivs in Grevenstein. Stadtarchivar André Algarve (m.) freut sich über den Neuzugang, der ein ganzes Regal füllt: „Das ist eine sehr schöne Ergänzung und bietet einen guten Einblick in die Alltagsgeschichte.“ (Foto: Stadt Meschede)

Ab sofort kann jeder Interessierte im Stadtarchiv Meschede in den alten Zeitungen recherchieren. „Der Bestand ist komplett in einer Datenbank verzeichnet und kann ab sofort genutzt werden“, erläutert André Algarve. Bürgermeister Christoph Weber freut sich über die Leihgabe: „Es ist schön, dass dieser Schatz nun für alle Interessierten im Stadtarchiv für Recherchen zur Verfügung steht.“

Jede Seite liefert einen tiefen Einblick in das Leben der Mescheder. Neben den Artikeln zu verschiedenen Themen aus aller Welt und der Region findet man darin Anzeigen für örtliche Geschäfte und Dienstleister. Auch amtliche Bekanntmachungen wurden darin abgedruckt – denn Meschede bekam erst 1975 ein eigenes Amtsblatt.

Für Franz Drees ist es auch ein großes Stück Familiengeschichte, die er ins Stadtarchiv gebracht hat. „Nicht nur der Druck, auch die Redaktion fand immer im Haus Drees statt“, erklärt er. Als Redakteur ist zum Beispiel in der Mescheder Zeitung vom 2. Dezember 1921 Franz Drees genannt – einer seiner Vorfahren, für die Zeitungmachen noch Handwerk war. Die erste Ausgabe des Mescheder Kreisblattes erschien am 3. Juli 1841 – damals noch einzeln gedruckt, mit äußerst niedriger Auflage. Einmal pro Woche erschien die Zeitung. Politisch konservativ angesiedelt, fiel das Kreisblatt 1870/71 in Ungnade. Die Zeitung bekam einen neuen Namen: „Mescheder Zeitung“.

Erst während des Ersten Weltkrieges wurde die Erscheinungsweise verändert: Drei Mal in der Woche konnten die Mescheder ab 1914/18 das Neueste aus ihrer Stadt lesen. Doch nicht nur das: Auch Lieder und Gedichte wurden abgedruckt. Beliebt waren Kurzgeschichten und Fortsetzungsromane. Das örtliche Leben spiegelte sich: Es gab Ankündigungen für kulturelle Veranstaltungen, Aktivitäten von Vereinen und Clubs. 1933 war dann Schluss – die NSDAP wünschte keine eigenständigen Zeitungen.

Franz Drees liegt das Thema immer noch sehr am Herzen. Die 80 Bände waren immer im Familienbesitz. Er hat oft hineingeschaut, in dieses Abbild der Historie seiner Heimatstadt. „Das macht unglaublich Spaß, darin zu blättern“, sagt er. Über den Vertrag mit dem Stadtarchiv freut er sich sehr: „Ich bin froh, dass die Zeitungen in guten Händen sind.“ Und dass die Bände nun im Magazin verstauben, denkt er nicht: „Ich glaube, dass es einige Leute geben wird, die sich dafür interessieren werden.“ Er selbst hat das oft und gern getan: „Allein die lange Geschichte der Eisenbahn im Sauerland zu verfolgen, bis dann endlich die ersten Schienen verlegt wurden – das macht richtig süchtig.“

Bis auf 13 Bände sind die Zeitungen komplett. Einige davon schlummern vermutlich noch als Leihgabe in privaten Haushalten. Familie Drees und das Mescheder Stadtarchiv würden sich über eine Rückgabe freuen.

Kontakt:
Stadtarchiv Meschede
Schadesche Wiese 3
59872 Meschede-Grevenstein
Tel. 0291 / 205 412
stadtarchiv@meschede.de

Quelle: Stadt Meschede, Pressemitteilung, 6.12.2021

Erste Ausgabe der Archiv- und Museumszeitschrift für Heppenheim

Das Stadtarchiv Heppenheim und das Museum Heppenheim haben „respectamus“, die gemeinsame Archiv- und Museumszeitschrift der Stadt Heppenheim, entwickelt. Der Titel der Zeitschrift respectamus stammt aus dem Lateinischen und bedeutet ‚wir blicken zurück‘. Er verweist auf die Intention, auf der diese Zeitschrift basiert: auf Ereignisse und Zeitzeugnisse der Stadtgeschichte zurückzublicken und damit identitätsstiftend auf die Gegenwart und Zukunft zu wirken.

Abb.: Die respectamus wird vorgestellt von Luisa Wipplinger (Museumsreferentin, links) und Katrin Rehbein (Stadtarchiv Heppenheim) (Foto: Stadt Heppenheim)

In der jährlich erscheinenden Zeitschrift werden Heppenheimer stadtgeschichtliche Themen diskutiert, archivische und museale Verfahren erläutert und Inhalte der Bestände des Stadtarchivs und des Museums präsentiert. Der Inhalt der respectamus orientiert sich dabei stets an den Schlüsselwörtern bewahren, erschließen, vermitteln, die der Archiv- und Museumsarbeit zu Grunde liegen. Interessante Fachbeiträge zu den unterschiedlichsten Themen aus der wechselvollen Stadtgeschichte Heppenheims, die auf intensiver Quellenbearbeitung basieren, fördern das Bewusstsein und das Verständnis für unsere Historie.

Abb.: respectamus. Archiv- und Museumszeitschrift der Stadt Heppenheim, herausgegeben vom Magistrat der Kreisstadt Heppenheim, 2021

Die erste Ausgabe der respectamus befasst sich unter anderem mit dem Heppenheimer Zunftwesen, einem Ehrenbürger Heppenheims, einer Verwaltungs- sowie einer Gebietsreform und einem Gefolgsmann Hitlers in Heppenheim. In einem Gastbeitrag von Mitgliedern des Vereins „Stolpersteine Heppenheim e. V. – Erinnern für die Zukunft“ wird die Familiengeschichte ehemaliger Heppenheimer jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger, für die im kommenden Jahr Stolpersteine verlegt werden sollen, anschaulich dargestellt.

respectamus 2021 – Inhalt
Grußwort (2)
Vorwort (3)

Rückblick
Die kommunale Gebietsreform in Hessen und ihre Auswirkungen auf Heppenheim (5)
Ferdinand Heinrich Koob (11)
200 Jahre Landratsbezirk Heppenheim (12)

Aus der Stadtgeschichte
Machtdemonstrationen – Entrechtung – Befreiung (15)
Werner Goerendt (20)

Gastbeitrag
Friedmann, Meyer, Goldblum und die Heppenheimer Stolpersteine (26)

Aus der Archiv- und Museumsarbeit
Archiv – nur totes Papier? (32)
Geschichte erlebbar machen! (34)

Aus den Beständen
Von Handwerkern und Zünften (36)
Literatur- und Quellenverzeichnis (41)
Abbildungsverzeichnis (44)

Heppenheims Bürgermeister Rainer Burelbach legt in seinem Grußwort zur neuen Zeitschrift dar, dass Archive und Museen keine „fertige Geschichte“ präsentieren würden, sondern Fragmente zu deren Rekonstruktion böten. „Diese Archiv- und Museumszeitschrift präsentiert die Ergebnisse intensiver Quellenbearbeitung und fördert damit ein kritisches Bewusstsein für unsere Stadtgeschichte. In ihr werden Fragmente der Vergangenheit wie Mosaiksteinchen zu einem Gesamtbild zusammengesetzt. Das hierbei entstandene Bild ist allerdings nicht statisch zu verstehen. Es spiegelt stets den Standpunkt und Fokus des Schaffenden einerseits und des Wahrnehmenden andererseits wider. Denn setzt man die Mosaiksteinchen in einer anderen Form zusammen, kann ein völlig anderes Bild entstehen.“

Die Zeitschrift ist kostenlos erhältlich beim Stadtarchiv Heppenheim, dem Museum Heppenheim und der Tourist Information. Außerdem können Anmeldungen für ein kostenfreies Abonnement der Printausgaben der respectamus unter Angabe des Namens und der Postanschrift an respectamus@stadt.heppenheim.de gesendet werden. Die Ausgaben der Zeitschrift stehen auf der städtischen Homepage unter zum Download zur Verfügung.

Kontakt:
Stadtarchiv Heppenheim
Frau Katrin Rehbein
Postanschrift:
Großer Markt 1
64646 Heppenheim
Dienstgebäude:
Gräffstraße 7 – 9 (Erdgeschoss)
Telefon: 06252 13-1241
Telefax: 06252 13-1233
archiv@stadt.heppenheim.de

Museum Heppenheim
Kurmainzer Amtshof
Frau Luisa Wipplinger
Amtsgasse 5
64646 Heppenheim
Telefon: 06252 69112
Telefax: 06252 69162
museum@stadt.heppenheim.de

Quelle: Stadt Heppenheim, Pressemitteilung, 3.12.2021

Stadtarchiv Zwickau ab Januar 2022 umzugsbedingt geschlossen

Ab 1.1.2022 bleibt das Stadtarchiv Zwickau am Standort Lessingstraße in Vorbereitung des Umzugs in das Gebäude der Sparkasse, Crimmitschauer Straße 1, für den Nutzerverkehr geschlossen. Auch schriftliche Anfragen können nur im begründeten Ausnahmefall bearbeitet werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Archivs bitten darum, dies v.a. im Zusammenhang mit Forschungsprojekten zu berücksichtigen. Die Bereiche „Personenstandsregister“ und „Bauakten vor 1990“ sind derzeit von diesen Einschränkungen nicht betroffen. Hier erfolgt die Bearbeitung zu einem etwas späteren Zeitpunkt.


Abb.: Unzählige Bücher und Akten müssen für den Umzug des Stadtarchivs Zwickau vorbereitet werden (Foto: Stadt Zwickau).

Das Stadtarchiv Zwickau, welches eng verknüpft ist mit der Arbeit des städtischen Rates seit dem 13. Jahrhundert, befindet sich seit 1921 im Gebäude der heutigen Kunstsammlungen. Wie es in der Natur eines Archivs liegt, wuchsen und wachsen die Bestände kontinuierlich an. Schon mit den Eingemeindungen von Planitz und Oberhohndorf 1944 war das vorhandene Platzkontingent aufgebraucht. Immer wieder verwiesen die Archivare darauf, dass ein neuer Standort gefunden werden muss, um das „Gedächtnis der Stadt“ zu sichern und Erweiterungsmöglichkeiten zu schaffen. Um eine Entlastung zu erreichen, wurden mehrere Außenstellen eingerichtet, die bei einem überschaubaren Personalbestand und auseinandergerissenen Einzelbeständen ein effektives und im Sinne der Bestanderhaltung und Benutzerfreundlichkeit erforderliches Arbeiten sehr schwierig machen. Nun scheint eine Lösung in sichtbarer Nähe zu rücken. Der Stadtrat hat auf seiner Sitzung im Mai 2020 beschlossen, das unter Denkmalschutz stehende Gebäude der Sparkasse Zwickau an der Crimmitschauer Straße anzumieten und als neuen Archivstandort umzubauen. Der Umzug des Stadtarchivs ist für 2024 vorgesehen.

Bis dahin gilt es ca. 6 Kilometer Schrift-, Archiv- und Sammlungsgut für den Transport vorzubereiten. Zu dem Bestand gehören kaiserliche und kurfürstliche Urkunden seit dem 13. Jahrhundert, das wertvolle Stadtrechtsbuch aus dem Jahr 1348, Ratsprotokolle ab 1510, Ratsrechnungen seit dem 15. Jahrhundert, Stadtbücher ab 1375, Dokumente und Akten zur Stadt- Sozial-, Handwerks- und Reformationsgeschichte, umfangreiche audiovisuelle Sammlungen (Foto-, Ansichtskarten, Filme, Tonaufzeichnungen), Gemeindebestände, Nachlässe, Bauakten, Personenstandsregister, aber auch aktuelles Verwaltungsschriftgut und eine umfangreiche Bibliothek.


Abb.: Die Eröffnung des neuen Stadtarchivs Zwickau im ehemaligen Sparkassengebäude ist 2024 vorgesehen (Foto: Stadt Zwickau).

Hierfür müssen die einzigartigen Bestände auf Vollständigkeit und Erhaltungszustand geprüft und unverzeichnete Akten dem jeweiligen Bestand zugeführt werden, was nicht nur physisch, sondern auch elektronisch über eine Archivierungssoftware erfolgt. Jede Urkunde und Akte, jedes Amtsbuch, jeder historische Stadtplan, aber auch jedes Foto muss in die Hand genommen, mögliche Schäden durch frühere unsachgemäße Benutzung und Lagerung erfasst und zumindest grob vom z.T. jahrzehntealtem Schmutz gereinigt werden. Geplant ist zudem, jede Archivalie mit einem Barcode zu versehen, der u.a. eine elektronische Bestandsübersicht und Magazinverwaltung ermöglicht. Obwohl der Großteil des Bestandes bereits in Kartons untergebracht ist, entsprechen diese nicht mehr den heutigen archivfachlichen Anforderungen. Deshalb müssen die Archivalien am Ende neu verpackt werden – in Archivkartons, die der neuesten DIN-Norm entsprechen und den bestmöglichen Schutz vor äußeren Einflüssen, wie Schmutz, Feuchtigkeit, aber auch schädliche Stoffen aus der Atmosphäre bieten. Das ist eine große Herausforderung und eine Menge Arbeit, die vor den sieben Archivaren steht, die aber notwendig ist, um alles gut, sicher und v.a. vollständig und unversehrt an den neuen Standort zu bringen – so, wie man es mit dem eigenen Haushalt bei einem Umzug auch tun würde.

Geplant ist, das Stadtarchiv Zwickau am neuen Standort voraussichtlich 2024 zu eröffnen und die historischen Quellen unter modernen Bedingungen für die öffentliche Nutzung wieder zugänglich zu machen. Dann werden alle Bereiche des Stadtarchivs unter einem Dach vereint sein, was sowohl für Nutzerinnen und Nutzer als auch für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine wesentliche Verbesserung der Arbeit bedeutet.

Kontakt:
Stadtarchiv Zwickau
Lessingstraße 1
08058 Zwickau
Telefonnummer: +49 375 834701
Fax: +49 375 834747
silva.teichert@zwickau.de

Quelle: Stadt Zwickau, Kulturamt, Pressemitteilung, 30.11.2021

Älteste überlieferte Urkunde der Stadt Osnabrück 850 Jahre alt

Die älteste im Archiv der Stadt Osnabrück überlieferte Urkunde, die im Niedersächsischen Landesarchiv Abt. Osnabrück aufbewahrt wird, feierte im November 2021 Geburtstag. Eine Reproduktion der Urkunde befindet sich in der Schatzkammer im Rathaus der Stadt Osnabrück, die früher das Archiv beherbergte.

Die Urkunde ist älter als das Rathaus, aber jünger als der Osnabrücker Dom. Als die Urkunde entstand war Friedrich I. Kaiser des Heiligen Römischen Reichs. Eben dieser Kaiser Friedrich I., in Anspielung auf seinen roten Bart auch Barbarossa genannt, unterzeichnete die älteste überlieferte Urkunde der Stadt Osnabrück am 23. November des Jahres 1171 – die Urkunde ist also genau 850 Jahre alt.


Abb.: Das Privileg de non evocando (NLA OS, Dep 3 a 1, I Nr. 1)

Mit dem sogenannten Privileg de non evocando erkennt der Kaiser die Gerichtshoheit der Stadt Osnabrück an und verbietet Osnabrücker Bürger vor auswärtige Gerichte zu laden, sofern der Fall nicht vorher in der Stadt Osnabrück vor der Obrigkeit der Stadt oder vor dem Kaiser selbst nach Osnabrücker Gewohnheitsrecht verhandelt worden ist (ius de non evocando).

Zusammen mit dem bereits zuvor erteilten Markt, Münz- und Zollrecht (vor 1002 [889?]) und dem ebenfalls unter Barbarossa erteilten Privileg zum Bau einer Stadtmauer (um 1180) gewann Osnabrück den Charakter einer Stadt im Rechtssinn. Die Entwicklung zur Stadt war also eher ein Prozess und kann nicht mit einem festen Datum in Verbindung gebracht werden.

Die Kaiserurkunde ist in lateinischer Sprache in der damals üblichen Urkundenschrift, der diplomatischen Minuskel, auf Pergament geschrieben. Als Beglaubigungsmittel findet sich an der Urkunde das Siegel des Kaisers aus Wachs an Seidenfäden. Friedrich I. war übrigens der einzige mittelalterliche Kaiser, der Osnabrück persönlich besuchte. Dieser Besuch fand allerdings bereits im Jahr 1157 statt. Das kaiserliche Privileg wurde erst 14 Jahre später in Goslar ausgestellt.

In der Abteilung Osnabrück des Niedersächsischen Landesarchivs, in der das Archiv der Stadt Osnabrück verwahrt wird, ist die Urkunde unter der Signatur NLA OS, Dep 3 a 1, I Nr. 1 verzeichnet. Ein Regest (inhaltliche Zusammenfassung) der Urkunde sowie ein Abdruck des Urkundentextes finden sich in dem ersten Band des Osnabrücker Urkundenbuchs. Eine Übersetzung der Urkunde ist in der Chronik der Stadt Osnabrück von Ludwig Hoffmeyer zu finden.

Literatur:

  • Friedrich Philippi, Osnabrücker Urkundenbuch. Die Urkunden der Jahre 772-1200, Osnabrück 1892, Nr. 328, S. 264/265
  • Ludwig Hoffmeyer, Chronik der Stadt Osnabrück, 6. Auflage, Belm 1995, S. 51ff.

Kontakt:
Niedersächsisches Landesarchiv
Abteilung Osnabrück
Schloßstr. 29
49074 Osnabrück
Telefon: (+49) 541 33 162 0
Fax: (+49) 541 33 162 62
Osnabrueck@nla.niedersachsen.de

Quelle: Stadt Osnabrück, Pressemitteilung, 23.11.2021; Niedersächsisches Landesarchiv, Neuigkeiten (Abruf: 2.12.2021).