Basler Staatsarchiv stellt Bilder ins Internet

Das Basler Staatsarchiv hat damit begonnen, Bilder ins Internet zu stellen, um sie besser zugänglich zu machen. Vorerst sind es 7.000 historische Fotos und Bilder, die via Internet auf dem Computerbildschirm betrachtet und als hochaufgelöste TIFF-Formate per E-Mail bestellt werden können. 

Ein beabsichtigter Nebeneffekt der Digitalisierung des Bildbestands sei auch der Schutz der wertvollen Originale, betonte das Staatsarchiv. Bei Recherchen vor Ort müsse nämlich immer mit den Originalen hantiert werden. Bis Ende des nächsten Jahres sollen schon über 20. 000 Fotos und Bilder im Netz verfügbar sein. Insgesamt hütet das Staatsarchiv über 250. 000 Bilder.

Kontakt:
Staatsarchiv
Kanton Basel-Stadt
Martinsgasse 2
CH-4001 Basel
Tel. ++41 061 267 86 01 
stabs@bs.ch
http://www.staatsarchiv.bs.ch 

Quelle: Klein Report, 30.11.2005

Die NS-Mörder sind noch unter uns

In ganz Westeuropa verübten deutsche Wehrmacht, SS- und Polizeitruppen Massaker an der Zivilbevölkerung. Ortsnamen wie Sant\’Anna di Stazzema, Marzabotto, Vallucciole (Italien), Oradour-sur-Glane (Frankreich), Kragujevac (Serbien), Distomo, Kommeno (Griechenland) stehen hier für diese Politik der verbrannten Erde. 

Die wenigsten Täter wurden bis zum heutigen Tage zur Rechenschaft gezogen. In Italien wurden 700 italienische Ermittlungsakten während des Kalten Krieges aus dem Verkehr gezogen. Der Schrank mit den Ermittlungsakten, der sich in der Generalstaatsanwaltschaft in Rom befand, wurde einfach umgedreht, so dass sich die Schranktüren nicht mehr öffnen ließen. Über 30 Jahre gingen Bedienstete der Staatsanwaltschaft an diesem \“Schrank der Schande\“ vorbei. Erst 1994 wurde nachgeschaut, was sich in diesem Schrank befindet.

Dies erklärt die Zunahme von Prozessen in Italien, die auf Grund der alten, neu aufgetauchten Ermittlungsakten geführt werden konnten. So wurde Erich Priebke 1998 zu lebenslanger Haft verurteilt, weil er an dem Massaker an 335 Menschen, darunter 75 Juden, 1944 in den Ardeatinischen Höhlen bei Rom beteiligt war. Der Prozess zu dem Massaker in Sant\’Anna, der im April 2004 eröffnet wurde, fand in Italien eine große öffentliche Anteilnahme, da die juristische Bewertung für die gesellschaftliche Ächtung des Verbrechens von hoher Bedeutung war. Am 22. Juni 2005 wurden die Urteile gesprochen. Zehn deutsche SS-Offiziere wurden zu lebenslanger Haft und Entschädigungszahlungen verurteilt, da ihnen die Verantwortung am Massaker von Sant\’Anna nachgewiesen werden konnte. Im Urteil wurde erstmals anerkannt, dass es sich um keine militärische Aktion oder eine Aktion gegen Partisanen, sondern um ein Massaker an der Zivilbevölkerung handelte, und es wurden die Täter beim Namen genannt.

Zwei der zehn verurteilten NS-Verbrecher wohnen in Hamburg. Während sich Werner Bruß verantwortlich für das Massaker fühlte und in Italien schriftlich ausgesagt hat, bestreitet der damalige Ranghöchste Gerhard Sommer bis zum heutigen Tage seine Schuld. Dem Fernsehmagazin Kontraste sagte er noch 2002, dass diese Zeit für ihn erledigt sei: \“Ich habe mir keinerlei Vorwürfe zu machen, ich habe ein absolut reines Gewissen\“. Die deutschen Mörder brauchen keine Angst zu haben, dass das Urteil vollstreckt wird, denn Deutschland liefert in der Regel Kriegsverbrecher nicht aus.

Quelle: Birgit Wulf, ak – analyse + kritik – Zeitung für linke Debatte und Praxis, Nr. 500, 18. November 2005

Ausstellung >>Schutzhaft<< in Detmold

Unter dem Titel "Schutzhaft" präsentiert das Landesarchiv NRW Staats- und Personenstandsarchiv Detmold in seinem Foyer in der Zeit vom 25.1.-7.4. 2006 eine Ausstellung anlässlich des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus (27. Januar, Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz). Die Präsentation soll das Rechtsinstitut der \“Schutzhaft\“, ihre Auswirkungen in Lippe und ausgewählte Einzelschicksale illustrieren. Zahlreiche Fotos, Karikaturen, Zeitungsausschnitte, Plakate sowie dreidimensionale Exponate, auch auswärtiger Leihgeber, dienen dabei zur Visualisierung des Problems für einen v.a. jugendlichen Adressatenkreis.

Das Rechtsinstitut der \“Schutzhaft\“, ursprünglich vor allem zum Schutz der inhaftierten Person gedacht – lässt sich bis zum Revolutionsjahr 1848 zurückverfolgen. In der Zeit des Nationalsozialismus (1933-1945) war die "Schutzhaft" eines der schlagkräftigsten Instrumente des Regimes zur Bekämpfung seiner Gegner. Mit Hilfe der "Schutzhaft", deren formaljuristische Grundlage die Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar 1933 bildete, schuf sich die Gestapo einen von jeder rechtsstaatlichen Bindung gelösten Raum staatlicher Willkür. Erste Opfer der \“Schutzhaft\“ waren zunächst vor allem Funktionäre der Arbeiterbewegung sowie Juden, die in Gefängnissen und so genannten wilden Konzentrationslagern z.T. über Wochen und Monate ohne richterlichen Beschluss festgesetzt und teilweise auch misshandelt, ja getötet wurden. Zehntausende von Menschen befanden sich im Sommer 1933 in \“Schutzhaft\“. Im Laufe des Jahres 1933 kamen \“Schutzhäftlinge\“, die länger festgehalten werden sollten und die der NS-Staat als besonders bedrohlich empfand, in die neu errichteten Konzentrationslager wie Dachau. In diesen Lagern, deren Existenz vielen Deutschen bekannt war, drohte den \“Schutzhäftlingen\“ nicht erst während des 2. Weltkrieges die Vernichtung durch Arbeit oder Mord.

Info:
Öffnungszeiten der Ausstellung:
Mo 8-18 Uhr, Di – Do 8-16 Uhr, Fr 8-13 Uhr

Ort
Landesarchiv NRW Staats- und Personenstandsarchiv Detmold
Willi-Hofmann-Str. 2
D-32756 Detmold
Telefon: 05231-766-0
Telefax: 05231-766-114
stadt@lav.nrw.de

vertikult – Service für den Kulturbereich

Für Menschen, die im Kulturbereich arbeiten, ist seit Anfang 2005 das Webportal des Dienstes vertikult zu erreichen. Das Internet-Portal und ein Servicebüro haben die Aufgabe, Arbeitsangebote jeglicher Art entgegen zu nehmen und an Dienstleistungsanbieter und Arbeitssuchende elektronisch zu vermitteln. Dieses Serviceangebot ist kostenfrei.

\"vertikult

Die Jobbörse vermittelt Stellen und projektbezogene Arbeitsangebote. Jedes registrierte Mitglied kann in einem eigenen persönlichen Bereich die eigenen Gesuche oder Angebote und Rechercheergebnisse abspeichern. 

Im Dienstleistungsbereich können detaillierte Angaben zur Person und den eigenen Angeboten gemacht oder Dienstleistungsaufträge eingestellt werden.

In Kürze erhalten vertikult-Mitglieder, die ein Jobgesuch oder ein Dienstleistungsangebot in das Portal eingestellt haben, eine Information, wenn im Portal ein neues Arbeitsangebot in ihrer Kultursparte eingestellt wird.

Auch eine Kooperationsbörse ist in vertikult integriert. Diese dient zur Anbahnung strategischer Partnerschaften im Kulturbereich (beispielsweise für Förderprojekte) und bringt vertikult-Mitglieder zusammen, die gemeinsam neue Projekte in Leben rufen möchten. 

Das Portal bietet zudem eine breite Palette an nützlichen Informationen rund um den Kulturbereich und das Thema Arbeit: Beiträge zu Weiterbildungsangeboten, Förderungen und Kulturwirtschaft sind hier redaktionell speziell für Kulturschaffende aufbereitet. Ein Newsletter wird monatlich versandt. Im November 2005 berichten wir über Internet-Archive im Kulturbereich. Im Dezember begeben wir uns auf den Weg der Visionen und informieren über neue Formen der Arbeit in Kultur und Wissenschaft. Der Januar 2006 ist dem Thema Förderung gewidmet. 

Das angegliederte Servicebüro gibt Hilfestellungen bei der Nutzung des Portals. 

vertikult wendet sich an Kulturschaffende in allen öffentlichen und privaten Einrichtungen sowie an alle Personen, die im Kulturbereich Dienstleistungen anbieten.

Das Portal ist unter www.vertikult.de aufrufbar. Das Servicebüro ist erreichbar unter Tel: 07931-56 36 373, Fax: 0721-151 532301 oder E-Mail k.prinz@vertikult.de; Ansprechpartnerin: Karin Prinz.

Umbau des Ulmer Schwörhauses hat begonnen

Bis vor anderthalb Jahren spielte im Ulmer Schwörhaus noch die publikumsintensive Stadtbibliothek die erste Geige. Das Archiv war (und ist) nur über einen Seiteneingang zu erreichen gewesen. Nach dem Auszug der Stadtbibliothek hat nun aber der Umbau des noch allein vom Stadtarchiv Ulm genutzten Schwörhauses begonnen. Spätestens am Schwörmontag 2007 soll dann das Schattendasein des Stadtarchivs endgültig ad acta gelegt sein.

Der mit zwei Millionen Euro veranschlagte Umbau des Gebäudes auf historischem Boden wird das Stadtarchiv in ein "offenes Haus der Ulmer Stadtgeschichte", so Stadtarchivar Dr. Michael Wettengel, verwandeln. Von den insgesamt 2.800 Quadratmetern Fläche, die sich im Schwörhaus über fünf Stockwerke verteilen, werden nunmehr 1.500 für das Stadtarchiv umgebaut. Der Umbau erfolgt unter laufendem Betrieb. Die unterschiedlichen Arbeitsbereiche für die Archivangestellten und die Dienstleistungsbereiche für die Archivbenutzer werden auf den verschiedenen Etagen des Gebäudes nach dem Prinzip eingerichtet: "Alles aus einer Hand auf einer Etage\“, fasst Wettengel den Plan bündig zusammen.

Bemerkenswert: Weil die Haustechnik aus den 1950er Jahren komplett erneuert werden muss, beträgt das Verhältnis der Bau- zu den Technikkosten 50 zu 50. Gewöhnlich liegt es bei 60 zu 40.

Kontakt:
Stadtarchiv Ulm
Schwörhaus
Weinhof 12
89073 Ulm 
Telefon 0731/161-4200 
Telefax 0731/161-1633 
stadtarchiv@ulm.de

www.stadtarchiv.ulm.de 

Quelle: Hans-Uli Thierer, Südwest Presse, 28.11.2005

Garbsen – Neue Mitte am Rand?

Die Stadt Garbsen ist, obwohl erst einige Jahrzehnte jung, eine der 15 größten Städte Niedersachsens und ein wichtiges Nebenzentrum Hannovers. Als \“Mitten am Rand\“ prägen Städte wie Garbsen heute die Gestalt vieler Stadtregionen. Als Kinder der Gebietsreform sind sie zugleich darum bemüht, ihr Zentrum zu finden – etwa durch den Aufbau von \“Neuen Mitten\“ mit Rathaus und Shopping-Mall.

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Foto, von links: Rose Scholl, Leiterin des Stadtarchivs, Autor Dr. Christian Heppner, Prof. Dr. Adelheid von Saldern, wissenschaftliche Betreuerin der Arbeit

Am Beispiel Garbsens untersucht Christian Heppner, wie in den fünfziger und sechziger Jahren die Grundlagen solcher Stadtgründungen geschaffen wurden und eine neue Phase der (Sub-)Urbanisierung begann. Flüchtlingszustrom und \“Wirtschaftswunder\“, Automobilisierung und \“Flucht ins Grüne\“, Sozialer Wohnungsbau und politische Reformbereitschaft bildeten den Hintergrund für drei zentrale Projekte, die nicht nur Garbsens Geschichte kennzeichnen: eine neue Großsiedlung als Initiationskern der Stadtgründung, ein Freizeitheim als Ansatz für eine kulturelle Stadtmitte und die Gebietsreform, deren Ergebnisse die komplexe Identität der neuen Kommune zwischen Stadt und Land bis heute bestimmen. – Themenfelder wie diese behandelt Christian Heppner in seiner spannenden, zeitgeschichtlichen Untersuchung, die im Sommer von der Universität Hannover als Dissertationsschrift angenommen wurde.

Info:
Christian Heppner:
Garbsen – Neue Mitte am Rand? Die Entstehung einer Stadt im suburbanen Raum 1945-1975.
Hannover 2005. 456 Seiten. ISBN 3-93876802-5 (ecrivir – die textmacher)
Subskriptionspreis: 28,60 € (bis zur Präsentation am 6.12.2005)
Verkaufspreis ab 7.12.2005: 34,90 €.
Bestellungen über den Buchhandel oder über die u.a. Adresse des Stadtarchivs Garbsen.

Buchvorstellung:
Das Stadtarchiv Garbsen lädt ein zur Präsentation der Dissertation "Garbsen – Neue Mitte am Rand?" mit Vortrag des Autors Christian Heppner am Dienstag, 6. Dezember 2005, 19.30 Uhr im Rathaus Garbsen.

Kontakt:
Rose Scholl
– Stadtarchivarin –
Stadtarchiv Garbsen
Lehmstraße 1
30826 Garbsen
Tel. 05131/4544-25, 26; Fax -27
stadtarchiv-garbsen@t-online.de 

Lottofee beschenkt das Archiv für Agrargeschichte

Das 2002 gegründete "Archiv für Agrargeschichte" in Zollikofen sichtet historisch wertvolle Quellen zur Agrargeschichte in der Schweiz, erschließt sie und übergibt die Bestände bestehenden Archiven, damit sie dort aufbewahrt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können (Liste der erschlossenen Bestände). Für seine Arbeiten im Zeitraum von 2005 bis 2007 hat das virtuelle Archiv für Agrargeschichte, das selbst keine Quellen aufbewahrt, um finanzielle Unterstützung bei den Kantonen nachgesucht.

Der Regierungsrat des landwirtschaftlich geprägten Kantons Thurgau leistet diesem Wunsch nun Folge und unterstützt das Archiv für Agrargeschichte für die fachgerechte Erschließung thurgauischer Archivbestände zur Agrargeschichte mit einem Betrag aus dem Lotteriefonds in Höhe von 19. 200 Franken. 

Dem Kanton erscheint die Aufarbeitung der Quellen durch das Archiv für Agrargeschichte in enger Zusammenarbeit mit dem Staatsarchiv Thurgau als sinnvoll. Das vorhandene Material zur kantonalen Agrargeschichte ist bisher noch wenig aufgearbeitet und gerade die kaum erschlossenen privaten Quellenbestände drohen verloren zu gehen.

Kontakt:
Archiv für Agrargeschichte
Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft
Längasse 85
CH-3052 Zollikofen b. Bern 
Tel. +41 +31 910 22 38
Fax. +41 +31 910 22 95
peter.moser@shl.bfh.ch

Quelle: St. Galler Tagblatt, 28.11.2005

Das Wolfsburger Modell einer reflexiv-konstruktiven Archivdidaktik

Das Stadtarchiv Wolfsburg wurde Ende der 1970er Jahre zu einem funktionsfähigen Kommunalarchiv ausgebaut. Die 1938 zur Produktion des Volkswagens gegründete \“Stadt des KdF-Wagens\“, so ihr Name bis 1945, hatte damals gerade die 100.000er-Einwohner-Grenze zur Großstadt überschritten. Das Wolfsburger Stadtarchiv umfasst heute rund 12.000 historische Akten; ein Zwischenarchiv und umfangreiche Sammlungsbestände ergänzen das Archiv, in dem zwei Vollzeitkräfte (Leitung und Historische Dokumentation), drei halbe Kräfte sowie zwei Magaziner tätig sind.

\"Videoclip:

Die besonders kurze und zugleich besondere Geschichte Wolfsburgs als "NS-Reißbrettidyll" mag ausschlaggebend dafür sein, dass das Stadtarchiv Wolfsburg andere Prioritäten in seinen Betätigungsfeldern setzen kann als andere Archive. "Vermitteln geht vor Verzeichnen!" lautet zugespitzt die Herangehensweise des Stadtarchivs. Das Archiv versteht sich damit – wohl im Unterschied zur Mehrheit in der archivischen Zunft – "in erster Linie als Bildungszentrum", wie es in der anregenden Publikation "\’Ran an die Quellen!\‘ Theorie und Praxis der Archivdidaktik – Das Wolfsburger Modell" heißt, die die Wolfsburger Stadtarchivleiterin Birgit Schneider-Bönninger unter Mitarbeit von Anita Placenti in diesem Jahr herausgegeben hat und die dokumentiert, warum Wolfsburg zum Austragungsort der nächsten ANKA-Jahrestagung (28./29.3.2006) gekürt worden ist (siehe Bericht vom 26.6.05).

In Wolfsburg stellt der "archivdidaktische Service" Schwerpunktbereich und Kernaufgabe der stadtarchivischen Praxis dar. Engagiert und selbstbewusst vertreten die Autorinnen das "Wolfsburger Modell", das auf mittlerweile fünfjährigen Erfahrungen fußt, die mit problemorientiertem Unterricht und durch Versuche der Förderung von reflektiertem Geschichtsbewusstsein gemacht werden konnten. Karl-Ernst Jeismann, Wolfgang Klafki und Uwe Uffelmann stehen nachweislich Pate für die Wolfsburger Konzeption einer "reflexiv-konstruktiven Archivdidaktik", die die Selbstorganisation der Lernenden zum Prinzip erklärt und letztlich das "Demokratie-Lernen" ermöglichen soll. Der Feldversuch des "aktiven didaktischen Archivs" habe bereits mehr als 10.000 Kinder und Jugendliche für die lokalgeschichtliche Spurensuche motiviert. Der Erfolg ermuntert die Stadtarchivleiterin Schneider-Bönninger zu einem Plädoyer für eine "didaktische Wende im Archivwesen".

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Das "didaktische Primat" im Aufgabenkanon des Stadtarchivs Wolfsburg stellt sich als Erfolgsgeschichte dar, die der Einrichtung nicht nur einen "enormen Imagegewinn" einbrachte, sondern auch Besucherrekorde, einen Zugangsboom im Bereich der Sammlungen und Nachlässe, eine hohe Akzeptanz im städtischen Bildungsbereich, einen hohen Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad in der Öffentlichkeit sowie zusätzliche interne und externe Fördermittel und Sponsoren.

Info:
Birgit Schneider-Bönninger unter Mitarbeit von Anita Placenti:
"Ran an die Quellen!" Theorie und Praxis der Archivdidaktik – Das Wolfsburger Modell,
Herausgeber: Stadt Wolfsburg, Stadtarchiv
Herstellung: Ruth Printmedien GmbH, Braunschweig; 36 Seiten; © 2005 Stadt Wolfsburg

Kontakt:
Stadtarchiv Wolfsburg
Dr. Birgit Schneider-Bönninger (Leiterin des Stadtarchivs)
Goethestraße 10a
38440 Wolfsburg
Tel. 05361/2757-39
Fax 05361/2757-57
birgit.schneider-boenninger@stadt-wolfsburg.de

(Abbildungen aus dem bespr. Band, Seite 32f.)

Neue Quellen zur Frauengeschichte im Stadtarchiv Karlsruhe

Das Stadtarchiv Karlsruhe kann eine wertvolle Ergänzung seiner Bestände durch den Nachlass der Schriftstellerin, Politikerin und Frauenrechtlerin Marie Schloß verbuchen. Deren in der Schweiz lebende Enkelin schenkte dem Stadtarchiv im Frühjahr 280 Briefe aus den Jahren 1900 bis 1952, die nun bearbeitet und der Öffentlichkeit zugänglich sind.

Marie Schloß, geb. Haas, wurde am 31. März 1872 in Freiburg im Breisgau geboren. Nach dem Tod ihres Mannes, des Zigarettenfabrikanten Adolf Schloß, im Jahr 1907, lebte sie von 1908 bis 1912 mit ihren Söhnen in Karlsruhe in der Karlstraße 90 und in der Akademiestraße 40. Wie ihr Bruder, der spätere badische Innenminister und Reichstagsabgeordnete Ludwig Haas, engagierte Marie Schloss sich in der linksliberalen Fortschrittspartei. Sie gehörte einem Kreis gebildeter Frauen des Bürgertums an, die in fortschrittlichen Organisationen mitarbeiteten, so z.B. im Verein für Frauenstimmrecht oder in der unentgeltlichen Rechtsauskunftsstelle für Frauen und Mädchen. Marie Schloß war zeitweise auch Redakteurin beim Badischen Landesboten, der Karlsruher Zeitung der Fortschrittlichen Volkspartei. Hier redigierte sie die Rubrik \’Was die Frauen angeht\‘ und schrieb selbst Artikel über alle in der Frauenbewegung diskutierten Fragen. Marie Schloß und Sonja Kronstein waren zwei der Karlsruherinnen, die häufig öffentlich auftraten und bei politischen Versammlungen auch in den Diskussionen das Wort ergriffen.

Bei den 280 Dokumenten des Briefnachlasses von Marie Schloß handelt es sich zum größten Teil um Korrespondenz in Form von Briefen, Briefkarten, Postkarten oder Mitteilungen auf Visitenkarten. Unter den Korrespondenzpartnern von Marie Schloß waren Persönlichkeiten wie die Schriftstellerin Helene Christaller, der Schriftsteller Detlev von Liliencron, die Schweizer Kunstmalerin Bertha Züricher, die Juristin und Frauenrechtlerin Anita Augspurg und die schwedische Schriftstellerin Ellen Key. Mit dem Schwarzwälder Kunstmaler Karl Bartels und der Schweizer Kunstmalerin Bertha Züricher (Foto) unterhielt Marie Schloß den umfangreichsten Schriftverkehr, gefolgt von dem Maler und langjährigen Direktor der Kunsthalle Karlsruhe Hans Thoma.

Die bislang spärlichen Quellen zu einer der ersten in Karlsruhe tätigen Politikerinnen und Frauenrechtlerinnen werden durch den Nachlass in sehr willkommener Weise ergänzt. 

Kontakt:
Institut für Stadtgeschichte
– Stadtarchiv –

Markgrafenstraße 29
76133 Karlsruhe
Tel: 0721/133-4223
Fax: 0721/133-4299
archiv@kultur.karlsruhe.de

Du bist Deutschland gab\’s schon

Die Ende September 2005 gestartete Kampagne deutscher Medienunternehmen \“Du bist Deutschland\“ plädiert für Weltoffenheit, Engagement und Optimismus. Ausgerechnet der Slogan fand aber schon mal Verwendung: als Agitationsspruch der Nazis. Aus dem Stadtarchiv Ludwigshafen tauchte ein Foto einer NS-Kundgebung von etwa 1934 auf. Motto: \“Denn Du bist Deutschland\“. 

Das Pressebüro der aktuellen Initiative \“Du bist Deutschland\“ ist davon nicht begeistert. In einer Stellungnahme zur Debatte um den Slogan vom 24.11.2005 heißt es: "Der Begriff \’Deutschland\‘ darf nicht für die Vergangenheit reserviert sein. Die Kampagne verurteilt aufs Schärfste Nationalsozialismus, Rassismus und neonazistisches Gedankengut. Wir begrüßen und unterstützen die Aufarbeitung der deutschen Geschichte und verstehen die Kampagne als antifaschistisch, weil wir auf die Leistung und Persönlichkeit jedes Einzelnen und die Zivilgesellschaft setzen. Im TV-Spot belegen wir mit Bildern wie dem am Holocaust-Denkmal oder der Geschwister-Scholl-Szene, dass wir für Werte wie Menschenwürde, Demokratie, Respekt vor der Persönlichkeit und Pluralismus eintreten und uns der deutschen Vergangenheit stellen – ohne uns der Zukunft zu verschließen. Deutschland ist nur mit aufrichtigem Geschichtsbewusstsein und Weltoffenheit zukunftsfähig". 

Das Anstoß erregende Bild ist abgedruckt in dem 1999 erschienenen und längst vergriffenen Buch \“Ludwigshafen – ein Jahrhundert in Bildern". Die seltsame Ähnlichkeit zu der \“Du bist Deutschland\“-Kampagne ist dem Autor des Buches, dem Historiker und Stadtarchivar von Ludwigshafen Stefan Mörz, schon vor einiger Zeit aufgefallen. Die Aufnahme stammt aus den Jahren zwischen 1933 und 1935. \“Das Foto wurde bei einer Veranstaltung auf dem größten Platz der Stadt, dem Ludwigsplatz, gemacht\“, sagte Mörz gegenüber Spiegel Online. Weitere Aufnahmen vom selben Tag belegen, dass Nazi-Größen wie Hermann Göring und Joseph Goebbels anwesend waren.

Der sicherlich nicht mit Blick auf die Nazi-Propaganda, sondern wohl in Anlehnung an den BILD-Titel vom 20.4.2005 nach der Papstwahl Joseph Ratzingers entstandene Kampagnenslogan wird von Jörg Blumtritt (Betty TV, München) gar noch fortgeschrieben: \“Nachdem, ich laut \’Bild\‘ schon Papst bin, freue ich mich jetzt, Deutschland zu sein – und nächstes Jahr werde ich dann Weltmeister\“. Aber das gab\’s ja auch schon mal …

Link: http://www.du-bist-deutschland.de 

Kontakt:
Stadtarchiv Ludwigshafen
Rottstraße 17
67061 Ludwigshafen am Rhein 
Tel. 0621/504-3047 und 504-2047
Fax 0621/504-2433
Stadtarchiv.Ludwigshafen@t-online.de

Quelle: Berliner Kurier, 25.11.2005, Friederike Freiburg / Daniel Haas, SPIEGEL ONLINE, 24.11.2005