Nach 16 Jahren tiefer Blick in die Lüner Geschichte

Zum 50-jährigen Bestehen des Stadtarchivs Lünen präsentiert sich die Einrichtung im Rahmen eines \“Tages der offenen Tür\“: Am 19. April lässt sich Stadtarchivar Fredy Niklowitz wieder in die Schränke schauen – in neue Schränke, wohlgemerkt. Denn nach der zweiwöchigen Schließung wegen Arbeiten an Magazinen und modernen Rollregalen brauche das Stadtarchiv einen kleinen Wachrüttler aus dem Dornröschenschlaf.

Den ganzen Tag liegen die Bücher offen. Niklowitz präsentiert den eigenen Alltag, garniert mit einem Schuss mehr Öffentlichkeitsarbeit als an normalen Tagen. Nach 16 Jahren ist es nun der erste Tag der offenen Tür, nachdem das Stadtarchiv auch am 2. bundesweiten TAG DER ARCHIVE im letzten September nach seinem innerbehördlichen Umzug aus Personalgründen nicht hatte teilnehmen können. 

\“Die wenigsten wissen, dass wir mittlerweile viele Arbeiten mit dem Internet erledigen und längst von Historikern in ganz Deutschland als Anlaufstelle genutzt werden\“, wirbt der Archivar ein halbes Jahrhundert nach der Eröffnung für die Institution im Rathaus und führt ein Beispiel an. Für die TV-Dokumentationsreihe \“Heimkehrer\“ nutzten Wissenschaftler und Journalisten die Bestände in Lünen. Greifbar wird die Geschichte der Stadt zu den Jubiläumsaktionen durch ein Exponat wie das rote Buch, einer Chronik, die bis ins 18. Jahrhundert Historikern als Quelle diente und in den vergangenen Jahren restauriert wurde.

Kontakt:
Stadtarchiv Lünen
Willy-Brandt-Platz 1
44532 Lünen
Tel.: (02306) 104 – 1526
Fax: (02306) 104 – 1460
fredy.niklowitz.85@luenen.de

Quelle: WAZ, 7.4.2005

Ausstellung zum Kriegsende in Peine

Ein gerahmtes Porträt von Hitler über’m Schreibtisch in einer Amtsstube im Peiner Rathaus, US-Panzer auf dem Marktplatz, GIs, die dort deutsche Waffen kontrollieren: Sensationelle Fotos und Dokumente, nie zuvor gesehen, bilden jetzt den Rahmen für die Ausstellung "60 Jahre Kriegsende", die am Sonntag im Peiner Kreismuseum um 11.30 Uhr eröffnet wird.

Man spürt den April 1945, man geht zurück in jene furchtbare Zeit. Man erlebt die Niederlage hautnah, kann das Geschehen nachträglich erfassen: Einiges davon ist zwar bekannt, aber nie wurden die Ereignisse vor exakt 60 Jahren so konkret beschrieben, wie es Karl-Heinz Heineke aus Hämelerwald, Oberstleutnant der Panzertruppe, tat: Bilder, flankiert von Beschreibungen und Erläuterungen, sind auf Kartons gezogen, geben detaillierten Aufschluss über jene schicksalhaften Tage, werfen Schlaglichter auf das Geschehen.

So auf die Truppenbewegung der 5. US-Panzerdivision auf die Fuhsestadt zu, an der sie eigentlich vorbei marschieren sollte, die Hintergründe für den geänderten Befehl: Sie werden transparent auf Karten und Stellungsmarkierungen. Der Einmarsch der Amerikaner am 9. April 1945 in Peine – dem Vergessen entrissen. Als Angehöriger des Heeresamtes II in Köln und Koordinator der internationalen Zusammenarbeit des Heeres mit den US Army Battle Laboratories hatte Heineke Zugang zu dem im Archiv in Maryland gelagerten Material.

Und man braucht Stunden, um es zu sichten, lohnenswert genug, dem Museum mehr als einen Besuch abzustatten, zumal es durch das Peiner Stadtarchiv ergänzt wird. Dessen Leiter Michael Utecht ist begeistert, geht von Bild zu Bild, gerät ins Schwärmen über die unbekannte Dokumentation jenes Tages: "Einfach phänomenal." Relikte der Zeit sind auch – nun vergilbt – die letzten Ausgabe der Zeitungen jenes Tages.

Fotos vom Hof Hansen in Rosenthal belegen den Beginn des kurzen Prozesses der Übergabe der Stadt, andere die offizielle durch Bürgermeister Dr. Wiard Bronleewe – und die Zeit, die eine Uhr an der Wand für immer und ewig still stehen lässt: 9.53. Ein weiteres zeigt einen ausgebrannten Panzer, der noch bis 1948 das Dorfbild Wipshausens prägte.

Berichte von Augenzeugen hat Heineke angefügt, die im Gasthof zur Linde mit überlebenden Amerikanern gesprochen hatten: Sie waren in ihrem Jagdpanther über Alvesse abgeschossen worden. Da ist die erschütternde Tagebuchaufzeichnung eines damals 15-Jährigen, seine Angst vor den Panzern, die von Hämelerwald durch Dollbergen über Edemissen nach Peine rollten, das Erlebnis mit dem ersten Kaugummi.

Einzigartig und ebenfalls nie gesehen, die Peiner waren ja nicht eingeladen, wie ein russischer General ausgezeichnet wird und samt seiner Delegation der großen Siegesparade beiwohnt mit Salut aus 18 Panzerhaubitzen auf dem Schützenplatz – Peiner Freischießen einmal anders.

Bis einschließlich Sonntag, 1. Mai, ist die Ausstellung zu sehen.

Quelle: Iris N.Masson, newsclick.de, 7.4.2005

Ausstellung zum Kriegsende in Menden

Im Rahmen der "Langen Nacht der Kultur" wird Bürgermeister Rudi Düppe am Samstag, 30. April, die Ausstellung "Die Amis kommen!" eröffnen. Diese von Peter Müller, Franz Rose und Andreas Reiser zusammengestellten Schau zeigt die letzten Tage des 2. Weltkriegs im hiesigen Raum. Besucher erhalten Einblick, wie es vor 60 Jahren in Menden ausgesehen hat (wir berichteten). Bei der Eröffnung, die im alten Ratssaal in der Bücherei stattfindet, wird Peter Müller einiges zur von unserer Zeitung präsentierten Ausstellung erzählen, die vom 30. April bis zum 31. Mai im ersten Obergeschoss und im Stadtarchiv der Dorte-Hilleke-Bücherei zu sehen sein wird. Büchereileiterin Veronika Czerwinski weist darauf hin, dass Führungen für Schulklassen gebucht werden können – und dies auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten der Bücherei. Außderdem gibt es auch eine Broschüre zu der Ausstellung, die ebenfalls den Titel "Die Amis kommen!" trägt. Sie kann ab dem 30. April in der Bücherei oder im Stadtarchiv erworben werden.

Quelle: Mendener Zeitung, 7.4.2005

3.Triennale der Photographie unter dem Motto \“Archiv der Gegenwart\“

Marilyn Monroe im aufgeplusterten weißen Kleid, Albert Einstein mit ausgestreckter Zunge, Jimi Hendrix in Woodstock: Noch haben wir sie, die original Negative unserer Foto-Ikonen – eingefroren bei 20 Grad minus, 70 Meter unter der Erde von Pennsylvania, wo sie Bill Gates in einem Bergwerk vor dem fortschreitenden Verfall bewahren will. Aber wie lange noch? Zu welchem Preis? Und was sind die Alternativen?

Zentrale Fragen der 3. "Triennale der Photographie", die sich vom 14. April an unter dem Motto "Archiv der Gegenwart" mit der Bewahrung von Bildern als Teil des universellen Gedächtnisses befasst. Am 29. April werden möglicherweise auch schon die ersten Antworten auf die Kernfragen zu hören sein. Dann spricht Ken Johnston, Chef-Archivar von Bill Gates und Hüter der legendären, 11 Millionen Bilder umfassenden Bettmann-Kollektion auf einem Symposium in den Deichtorhallen.

Museen, Kunstvereine, Galerien – insgesamt 75 Häuser in und um Hamburg beteiligen sich an dem Riesenfestival. Verständlich, dass einige Institutionen da nach halbwegs brauchbaren Bildern suchen, um auch noch auf den Triennale-Zug aufzuspringen. Schließlich wollen alle vom großen Werberummel profitieren – und das Motto ist ja auch dehnbar.

Die meisten großen Häuser jedoch bleiben eng am Thema und zeigen historische Meisterwerke des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. So startete im Januar bereits das zum Altonaer Museum gehörige Jenisch Haus die Schau "Das Land der Griechen mit der Seele suchen", eine exquisite Ausstellung aus den Anfängen europäischer Reisefotografie (bis 15.5.). Die Kunsthalle folgte mit "Begierde im Blick" (bis 29. 5.), einer spannenden Schau über die Fotografie des Surrealismus\‘, die neben Stars wie Dalí und Man Ray auch Entdeckungen parat hält, beispielsweise die wunderbaren Arbeiten der jüdischen Französin und Widerstandskämpferin Claude Cahun.

Das neue Haus der Photographie stellt den nur in Fachkreisen bekannten Ungarn Martin Munkàcsi der Öffentlichkeit vor, das Museum für Kunst und Gewerbe zeigt Robert Capas "Faces of History" (22.4.-31.7.) und die Griffelkunstvereinigung das Werk des Bildjournalisten Erich Salomon (1.5.-1.6.).

Gut möglich, dass diese Namen, die auf Auktionen längst hoch gehandelt werden, bald ähnlich geschätzt werden, wie Alte Meister oder die Klassiker der Moderne. Nach Ansicht von Triennale-Geschäftsführerin Henriette Väth-Hinz ist die Fotografie erst jetzt, durch die neuen Medien, zur Kunst geworden: "Bei der digitalen Fotografie gibt es keinen Vintage-Print mehr, aber gerade er zählt bei den Galerien." Einer der Gründe, warum sie glaubt, dass der Fotografie ein gewaltiger Boom bevorsteht. Der andere ist die zunehmende Gefahr der "schwarzen Löcher". "Heute schon kann man nicht mehr die Speichermedien der 80er und frühen 90er Jahre lesen. Wenn die Dateien nicht ständig umgespeichert werden, ist in absehbarer Zukunft alles verloren. Einfach, weil die Medien sich so rasend schnell weiterentwickeln."

Höchste Zeit also, zu diskutieren, was aus der Bilderflut für die Ewigkeit archiviert werden soll. Aber wer entscheidet letztlich? "Früher war das ganz einfach, da hat solche Entscheidungen der Monarch getroffen", sagt Väth-Hinz. Und heute? "Da trifft sie Bill Gates."

Quelle: Hamburger Morgenpost, 6.4.2005

Familienforschung bei der Genealogischen Gesellschaft Hamburg

Einst war sie eine Angelegenheit des Adels und der Großbürgerfamilien. Inzwischen ist die Suche nach den eigenen Wurzeln zur Sache für alle geworden. \“Es interessieren sich sogar zunehmend auch jüngere Leute für ihre Familiengeschichte\“, bestätigt Ulf Bollmann (38), Diplom-Bibliothekar und Vorsitzender der Genealogischen Gesellschaft Hamburg e.V. Verstärkt wird diese Entwicklung durch die sogenannten modernen \“Patchwork-Familien\“, durch Scheidungen, alleinerziehende Eltern und durch Kriegskinder aus ungeklärten Verhältnissen. Rund 1500 Besucher verzeichnet Bollmann pro Jahr im Archiv der Gesellschaft. \“Die Menschen wollen wissen, wer ihre Vorfahren waren und wie sie gelebt haben.\“

In den Archivräumen im Souterrain an der Alsterchaussée Nummer 11 ist es kühl – die gekachelten Wände zeugen davon, daß hier früher die Küche des einst herrschaftlichen Einfamilienhauses war. Heute stehen die Wände voller Regale, türmen sich Zettelkästen, Ahnentafeln, Stammbäume, Geschlechterbücher, Register und Bücher zur Heimatgeschichte Norddeutschlands bis zur Decke. Dennoch, so Bollmann, wird der Computer immer mehr zum beherrschenden Medium der Familienforschung: \“Computergenealogie ist besonders reizvoll für jüngere Menschen.\“ In den USA steht das Thema Genealogie bei der PC-Nutzung bereits an zweiter Stelle.

Der Einstieg in die Forschung beginnt oft ganz harmlos, mit der Bedeutung des Nachnamens. Gut zwei Meter Literatur hat das Archiv allein dazu. Müller ist ein einfacher Fall. Bei Lehmann oder Scherzberg wird es schon schwieriger. Dann steigt die Neugier. Und die Sucht. Der durchschnittliche Familienforscher ist um die 60 Jahre alt und kann einige Zeit in sein Hobby investieren. Bollmann selbst hat in seiner Freizeit schon 2000 seiner Ahnen erforscht, gelangte bis ins 17. Jahrhundert. \“Gesicherte Daten gibt es nur aus den Zeiten, als bereits Kirchenbücher geschrieben wurden\“, erklärt er. Das war ab etwa 1600 nach Christi Geburt. \“Es gibt Leute, die ihren Stammbaum bis zu Karl dem Großen zurückführen. Aber das ist wissenschaftlich dann nicht gesichert.\“

Derzeit sitzt Bollmann daran, Musterungslisten aus Hamburg aus dem Jahr 1710 zu sichten und in die Datenbank einzugeben. 2500 Männer wurden damals für die Garnison Hamburg gemustert, ihre Lebensumstände dokumentiert. Bollmann: \“Es gibt immer noch ungehobene Schätze in den Archiven, beispielsweise Waisenhauslisten, Gefangenenlisten, Steuerlisten.\“ Durch diese Dokumente erfahren die Familienforscher mehr über ihre Vorfahren als aus den einfachen Heirats- oder Melderegistern: \“Die historische Einbindung, Wissen über den Alltag der Vorfahren machen die Forschung noch interessanter.\“ Deshalb auch die zahlreichen heimatkundlichen Bände in dem Archiv. Manchmal gibt\’s auch eine Überraschung: Wenn der Urururahn gar nicht nach Amerika ausgewandert ist, wie die Familienlegende es will, sondern einige Jahre im Gefängnis verbrachte.

Wer sich über Familienforschung informieren möchte: Am kommenden Freitag (15-19 Uhr) und Sonnabend (12-17 Uhr) werden die Genealogische Gesellschaft und die Buchhandlung Thalia (Spitalerstraße) das Thema Familienforschung vorstellen und bei der Beantwortung der Fragen helfen. eli

Quelle: Hamburger Abendblatt, 5.4.2005

Schüler verzeichnen Akten für Stadtarchiv Worms

Während einer Projektwoche hat eine Schülergruppe des Rudi-Stephan-Gymnasiums mit tatkräftiger Unterstützung des Stadtarchivs die Aktenbestände der Schule aus der Zeit vor 1945 gesichtet und verzeichnet. Die Akten wurden dann dem Stadtarchiv übergeben, um damit eine wissenschaftliche Erforschung der Schulgeschichte in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts zu ermöglichen.

Diese Mühe hat nun erste Früchte getragen. Margit Rinker-Olbrisch vom Stadtarchiv hat ein Findbuch zusammengestellt, das jedem Interessenten einen leichten Zugang zu diesen einzigartigen Quellen der Schulgeschichte des Rudi-Stephan-Gymnasiums ermöglicht, und Schulleiter Dr. Burkard Keilmann hat daraus eine Schulgeschichte für die Jahre 1900 bis 1933 verfasst.

Beide Arbeiten sind in einem reich bebilderten Buch erhalten, das vom Stadtarchiv mit großzügiger Unterstützung des Altertumsvereins und des RSG-Fördervereins herausgegeben wird.

Zur Vorstellung des neuen Bandes laden die Herausgeber für Donnerstag, 7. April, um 18.30 Uhr ins Foyer vor dem Lehrerzimmer des alten Gymnasiums am Rhein am Barbarossaplatz (heute: Ernst-Ludwig-Schule) ein. Der Bau aus dem Jahr 1905 wird in wenigen Monaten seinen 100. Geburtstag feiern. Er beherbergte für mehr als 70 Jahre (1905-1977) das heutige Rudi-Stephan-Gymnasium. Im Anschluss an die Buchvorstellung wird im alten Lehrerzimmer bei Wein und Brezeln Gelegenheit sein, das Buch zu einem Vorzugspreis zu erwerben.

Quelle: Wormser Zeitung, 6.4.2005

Ausstellung zum Kriegsende in Greifswald

Greifswald erinnert Ende April an die kampflose Übergabe der Stadt an die Rote Armee und an das Ende des Zweiten Weltkrieges vor 60 Jahren. Im Theater Vorpommern ist eine Gedenkveranstaltung geplant, wie das städtische Kulturamt am Mittwoch mitteilte.

Oberbürgermeister Arthur König (CDU) wird am Grab des damaligen Stadtkommandanten Rudolf Petershagen sowie am russischen Ehrenmal Kränze niederlegen. Das Stadtarchiv Greifwald präsentiert eine neu gestaltete Ausstellung über Greifswald in den Jahren 1945/46.

Im Dom ist am 8. Mai ein Gedenkgottesdienst geplant. Die Pommersche Evangelische Kirche will außerdem ihrer Pastoren und anderer Kirchenmitglieder gedenken, die von den Nationalsozialisten verfolgt worden waren. Eine Gruppe um den Stadtkommandanten Petershagen hatte am 30. April 1945 Greifswald kampflos an die Rote Armee übergeben. Dadurch wurde die Stadt von Zerstörung verschont.

Quelle: MVregio, 6.4.2005

Neue Leitung im Bach-Archiv Leipzig?

Das am 29. April beginnende Bachfest 2005 lässt sich prächtig an: Zwei Drittel der Karten verkauft oder reserviert, 64 Prozent der erwarteten 400.000 Euro Einnahmen aus dem Verkauf bereits in der Kasse. Auch das Leipziger Bach-Archiv, das das Musikfestival veranstaltet, steht gut da: Steigende Besucherzahlen im Museum, steigende Umsätze im Shop und steigendes Spendenaufkommen ermutigen Geschäftsführer Bernhard Heß zu dem Schluss, dass dass Bach-Archiv so gut dastehe wie nie. Wer auch immer den Laden übernehme, er bekomme ihn aufgeräumt übergeben.

Dazu könnte es bereits zum 1. Januar kommen. Denn die Stelle von Bernhard Heß, 43, verheiratet, zwei Töchter, ist neu ausgeschrieben. 1998 hat der Manager und gelernte Musiker seinen Job am Thomaskirchhof angetreten, mit einem Fünfjahres-Vertrag ausgestattet. 2003 ist der verlängert worden – allerdings nur um drei Jahre und nur gegen Widerstände im Stiftungsrat. Georg Girardet, Kulturbeigeordneter der Stadt Leipzig und Vorsitzender des Rates: Es sei äußerst schwierig für ihn gewesen, die Verlängerung für wenigstens drei Jahre zu bewirken. Aber damals sei schon klar gewesen, dass es zu einer weiteren Verlängerung nicht kommen würde. Und Christoph Wolff, der das Bach-Archiv gemeinsam mit Heß leitet, ergänzt, dass das Verhältnis zwischen Bernhard Heß und dem Stiftungsrat bereits vor seinem Dienstantritt im Januar 2001 leider getrübt gewesen sei. Über die Einzelheiten wüßte er wenig, aber die 2003 erfolgte Verlängerung seines Zeitvertrags sei nicht zuletzt ein Entgegenkommen des Stiftungsrates ihm gegenüber gewesen, der er angesichts einer abrupten Veränderung nicht im Regen stehen wollte.

Was vor 2001 zur Zerrüttung zwischen Heß und dem Stiftungsrat geführt hat, ist so leicht nicht mehr zu klären. Girardet: "Es gab am Anfang durchaus Defizite, auch ein Haushaltsproblem. Aber das ist mittlerweile ausgeräumt." Das "Haushaltsproblem" war zum ersten Bachfest 1999 aufgetreten. Heß: "Es fehlten damals 100.000 Mark. Das ist wahr. Aber das Problem habe ich alleine gelöst – und es ist kein Schaden entstanden."

Außer beim Stiftungsrat – und ganz besonders bei Michael Tietmann, als Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien im Gremium, der seither Heß\‘ Ablösung betreibt und sich schon 2003 gegen die Verlängerung stemmte. Im November 2004 nun saß der Rat, dem derzeit unter Girardets Vorsitz als zweiter Bundesvertreter noch Herbert Begri, für die Stadt Leipzig Jochen Müller Berndorff, für den Freistaat Sachsen Rodica Tines vom Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst und für die Neue Bachgesellschaft Martin Petzoldt angehören, erneut zusammen und beschloss zwei Personalien: Die Verlängerung des Vertrags von Christoph Wolff und die Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses von Bernhard Heß. Und, wie Begri unterstreicht: "Die Beschlüsse sind einvernehmlich gefallen, bei beiden Verträgen." Im übrigen seien die Vorgänge intern, vertraulich.

Ganz so weit scheint es indes mit der Einvernehmlichkeit nicht her gewesen zu sein. Denn Girardet räumt ein, er hätte mit der Doppelstimme des Vorsitzenden auch einen anderen Abstimmungsausgang erzwingen können – auch schon vor drei Jahren, als es um die erste Verlängerung ging. In beiden Fällen hat er sich bewusst dagegen entschieden: "Das wäre tödlich gewesen für die Arbeit in einem solchen Gremium."

Wer die Zahlen besieht, kommt allerdings zu dem Schluss, dass es Girardet nicht nur um die künftige Harmonie im Sitzungszimmer ging: Der Bund kommt für 40 Prozent des Jahresetats von vier Millionen Euro auf, mit dem das Bach-Archiv jährlich ausgestattet ist. Immerhin, sagt Girardet, habe er in beiden Fällen "Kompromisse" erreicht: "Heß wurde zunächst um drei Jahre verlängert. Und jetzt darf er sich wieder bewerben." Aber, schränkt Begri ein: "Selbst wenn Bernhard Heß sich jetzt wieder durchsetzen sollte – also ganz hypothetisch gesprochen: Nach weiteren zwei Jahren ist dann auch Schluss. Denn länger als zehn Jahre darf keiner auf diesem Posten bleiben. Wir sind beileibe nicht unzufrieden mit seiner Arbeit. Aber das Übergeordnete ist wichtiger. Man darf dem Neuen nicht im Weg stehen und muss auch durch personellen Wechsel den inhaltlichen ermöglichen." Im Übrigen sei "das Bessere des Guten Feind". Und auch Wolff befindet: "Über allem Bedauern dessen, was sicher besser hätte laufen können, sehe ich die Angelegenheit prinzipiell positiv: Der Stiftungsrat möchte die Dinge in Bewegung halten und strebt darum keine bequemen Dauerlösungen an." Bernhard Heß wird dennoch seinen Hut wieder in den Ring werfen: "Ich liebe diese Arbeit und würde mich gern weiter für die Sache Bach in Leipzig einsetzen."

Am 26. April besichtigt die Findungskommission sechs ausgewählte Bewerber. Girardet: "Es sind sehr interessante Persönlichkeiten dabei – aus sehr interessanten Positionen." Wenn wenige Tage später das Bachfest beginnt, kann die Kommission das getrost als die Bewerbungsmappe des Bernhard Heß sehen – er gehört zu den wesentlichen Architekten des Erfolgs von Leipzigs wichtigstem Festival.

Quelle: Peter Korfmacher, Leipziger Volkszeitung online, 6.4.2005

Findbuch zum Bestand \“Rheinische Linoleumwerke Bedburg\“ im RWWA fertig

„Ja, ja, ja, dafür waren die Holtkotts bekannt“, kommentiert Edgar Ackermann von der Verwaltung eine Eintragung aus dem Jahre 1938. „Strafsache wegen verspäteter Steuerabgabe“ lautet die Überschrift der Akte, die im Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchiv Köln lagert. Die haben die Steuern immer erst Ende des Jahres und dann auf den allerletzten Drücker bezahlt, so weiß Ackermann aus Erzählungen von mittlerweile pensionierten Kollegen. Dafür sei das Unternehmen bei der Stadtverwaltung bekannt gewesen.

45 Meter Regalboden füllen die Akten über die Firmengeschichte der Rheinischen Linoleumwerke Bedburg im Wirtschaftsarchiv Köln. Dessen Direktor, Dr. Ulrich Soénius, überreichte der Stadt jetzt ein so genanntes Findbuch, in dem zu den Nummern der Akten eine kurze Zusammenfassung des Inhalts verzeichnet ist. Das ermögliche Interessierten, gezielt eine Akte in den Lesesaal des Archivs zu bestellen und einzusehen, erklärt Soénius den Zweck des 460 Seiten starken Werks. In mühevoller Arbeit hat die Historikerin Julia Caun das Findbuch erstellt. Einträge zu den Familien, die das Unternehmen fast 100 Jahre führten, zur Produktion, zu Grundstücken, dem Ein- und Verkauf und eben auch Strafverfahren finden sich in den Unterlagen, zu denen das Findbuch eine Übersicht bietet.

Wohl keine andere Firma hatte einen solch großen Einfluss auf die Entwicklung der Stadt Bedburg wie die Linoleumwerke mit 900 Beschäftigten. 1897 gründete Adolf Silverberg die Rheinischen Linoleumwerke Bedburg, kurz RLB. Neben der ebenfalls durch die Initiative Silverbergs entstandenen Bedburger Wolle entwickelte sich die Linoleumproduktion schnell zu einem wichtigen Wirtschaftszweig in der Region, der die Stadt zur Blüte brachte und zahlreiche Neubürger anzog. In der Zeit von 1861 bis 1910 stiegen die Einwohnerzahlen von Bedburg, Lipp, Blerichen und Broich durch die industrielle Entwicklung von unter 1500 auf 3912, so Stadtarchivar Uwe Depcik.

Geprägt wurden die RLB durch die Familie Holtkott. 1899 übernahm Richard Holtkott die Leitung der Firma. Die Söhne Alfred und Walter folgten in den 20er Jahren in die Geschäftsführung. Neben Linoleum produzierten die RLB Linkrusta, ein abwaschbares Tapetenmaterial, sowie einen Fußbodenbelag aus Wollfilz. Vor dem Zweiten Weltkrieg arbeiteten 1000 Menschen in dem Bedburger Werk. Es gab Zweigniederlassungen in Berlin und Wien.

Durch Kriegsschäden und die starke Einschränkung der Produktion fiel die Zahl der Beschäftigten bis 1945 auf 50 Mitarbeiter. Aber schon in den 50er Jahren gehörte das Bedburger Unternehmen wieder zu den größten Linoleumherstellern Deutschlands. In den 60ern griffen die Holtkott-Söhne einen neuen Trend auf: Sie ließen hochwertiges PVC produzieren.

Dennoch war der Niedergang unaufhaltsam. Anfang der 70er Jahre wurde die Produktion des mittlerweile unpopulären Linoleums eingestellt. Die allgemeine Auftragslage verschlechterte sich. Kurz vor Eröffnung des Konkursverfahren 1978 hatten die RLB noch 250 Mitarbeiter. Das Werksgelände wurde 1979 abgerissen. Zunächst als Stellplatz für eine Autofirma, später von einer Firma für Boden- und Wandbeläge genutzt, kaufte die Stadt das Grundstück 1991 auf. Heute befindet sich das Gewerbegebiet Adolf Silverberg auf dem Gelände.

Das Findbuch kann im Stadtarchiv, das im Rathaus Kaster untergebracht ist, eingesehen werden.

Quelle: Stephanie Wickerath, Kölner Stadt-Anzeiger, 6.4.2005

Archiv des Oral-History-Projekts «Archimob»

Das Projekt «Appenzeller Dorfgeschichte» befasst sich vorwiegend mit Sozial-, Wirtschafts- und Alltagsgeschichte. Es sind schon Männer und Frauen interviewt worden, die die bewegten Zeiten der 1920er- bis 1940er-Jahre miterlebt haben. Vor allem geht es in erster Linie darum, die Erinnerungen von Zeitzeugen für die Nachwelt festzuhalten. Es werden weitere Zeitzeugen gesucht.

Der in Appenzell lebende Joseph Fritsche ist Initiator und Gestalter des Projekts. Er hat in Zürich an der Universität allgemeine Geschichte studiert, befasst sich heute beruflich aber mit etwas ganz Anderem, der Vermögensverwaltung. Doch er weiss zu berichten, dass sich Erfahrungen der Geschichte auch hier gut anwenden lassen. Vor einigen Jahren konnte er sich aus Familienbesitz im Ried ein Haus erwerben. In seiner Freizeit betätigt er sich auch mit der Befragung von aufmerksamen, älteren Zeitzeugen aus dem Dorf und vor allem auch dem Ried-Quartier. Er hält somit persönliche Erinnerungen fest, die mit kollektiv geteilten Verstellungen über die Vergangenheit verschmelzen können. Es geht ihm weniger darum herauszufinden, was genau früher passiert ist, als vielmehr darum, welche Aspekte der Vergangenheit von einer bestimmten Vergangenheit hervorgehoben und welche verdrängt werden.

In seinen Forschungen bedient sich Fritsche der Methode der so genannten Oral History. Als Zweig der Geschichtswissenschaft beruht sie auf der Befragung von Zeitzeuginnen oder Zeitzeugen. Das Verfahren ist so alt wie Homer und hat sich heute international durchgesetzt. In der Schweiz ist die Methode hingegen bis vor einigen Jahren noch kaum verwendet worden. Die Holocaust-Debatte hat vieles bewegt, aber auch viele Gemüter erregt. Mit dem umfangreichen Oral-History-Projekt «Archimob» gibt es nun auch ein Archiv, wo die Erinnerungen der Aktivdienst-Generation aufgehoben sind. Auch andere inte-ressante Aspekte gehen der Geschichtswissenschaft unwiederbringlich verloren, die für Zweige wie Kultur- und Alltagsgeschichte wertvoll sein können. Ausserdem lassen sich durch die Beschäftigung mit Erinnerungen neue Einsichten gewinnen in die Prozesse, mittels deren Geschichtsbilder konstruiert werden. Eines zeigt sich dabei rasch. Wahrheit ist ein Plural, tatsächliches Geschehen und persönliches Erleben sind zwei Währungen.

Durch Interviews mit Beteiligten, Betroffenen und zeitnahen Beobachtern historischer Prozesse wird Erlebtes und Berichtetes aufgearbeitet. Auf die Zuhilfenahme eines Tonbandgerätes wird verzichtet, es werden nur in Stichworten Notizen gemacht. Im Unterschied zu anderen Bereichen der Geschichte sind hier die Quellen nicht unmittelbar zugänglich, da sie durch das lebensgeschichtliche Interview erst erstellt werden und sie sich der Historiker somit erst im persönlichen Gespräch erarbeiten muss. An einem detaillierten Fragebogen wird nicht festgehalten; es handelt sich demnach nicht um ein strukturiertes Interview. Joseph Fritsche geht davon aus, dass durch einen unbefangenen wechselseitigen Dialog die Vergangenheit lebendiger und zuverlässiger erinnert und aufgearbeitet wird als bei formal ausgearbeiteten Detailfragen.

Zeitmaschinen sind heute zum Leidwesen vieler Leute noch nicht erfunden worden. Um dennoch Interessantes aus dem Appenzeller Dorfleben der 1920er- bis 1940er-Jahre in Erfahrung zu bringen, ist mittels Homepage ein Aufruf erlassen worden. Die Adresse der Homepage lautet http://www.ainet.ch/appenzellergeschichte (E-Mail: appenzellergeschichte@ainet.ch). Wer mit einem interessanten Beitrag aufwarten kann, soll sich an folgende Adresse wenden: Joseph Fritsche, Wührestrasse 3, 9050 Appenzell. […]

Quelle: Achilles Weishaupt, Appenzeller Zeitung, 6.4.2005