Entwurf für das Stadtarchiv Essen (II)

Das \“Haus der Essener Geschichte\“ nimmt Form an: Das Essener Architekturbüro Ahlbrecht überzeugte mit Ideen für die Luisenschule. In das teilweise denkmalgeschützte Gebäude wird die Historie Essens einziehen: Das Stadtarchiv wird seinen Sitz von der Alten Synagoge an den Bismarckplatz verlegen. Zudem werden in dem Gebäude neben dem Schulbetrieb des Burggymnasiums stadtgeschichtliche Bücher der Bibliothek ihren Platz finden und Teile des Ernst Schmidt-Archivs des Ruhrlandmuseums.

Die historischen Akten des Stadtarchivs im Umfang von über 15 Regalkilometern, so Kulturdezernent Oliver Scheytt, werden derzeit an verschiedenen Stellen unzureichend gelagert. Ein neuer Anbau ohne Fenster und mit idealer Temperatur und Luftfeuchtigkeit soll als Archiv dienen.

Für dieses Magazin sowie für Büros oder Werkstätten schrieb die Stadt nach einem Ratsbeschluss Mitte 2004 einen Wettbewerb aus – mit über 800 Teilnehmern. Das Architekturbüro Frank Ahlbrecht an der Cäcilienstraße belegte den ersten Platz. Seine Vision von dem \“Haus der Essener Geschichte\“ sieht einen fünfstöckigen Bau mit Flachdach an der Bert-Brecht-Straße vor.

Die Architekten konnten mit einem Budget von 5,4 Millionen Euro planen. Nun wird die Empfehlung mehrere Gremien durchlaufen. Scheytt räumt diesem Projekt eine hohe Priorität ein. In drei bis vier Jahren soll das Haus fertiggestellt sein.

Das Archiv, die Bibliothek und der Lesesaal soll allen Bürgern zur Verfügung stehen. Zudem wird es eine neue Ausstellung geben: Die Dokumentation \“Widerstand und Verfolgung in Essen\“ in der Alten Synagoge wird erweitert. \“Essen im Nationalsozialismus\“ beleuchtet dann zusätzlich die Weimarer Republik, den Bombenkrieg oder die Zwangsarbeit. In dem alten Gebäude selbst arbeiteten im Zweiten Weltkrieg rund 350 Zwangsarbeiter, so Scheytt.

Den Besuchern wird empfohlen, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen. Denn Pläne, wie das Parkplatzproblem vor Ort gelöst werden könnte, sieht das Konzept nicht vor. Die Vorschläge der Wettbewerbsteilnehmer werden in einer Schau im Forum für Kunst und Architektur am Kopstadtplatz gezeigt. Der Zeitpunkt dafür wird noch bekannt gegeben.

Quelle: WAZ, 11.2.2005; siehe auch www.augias.net/art_archiv_net_4310.html vom 3.2.2005

Eröffnung des Archivs der Anti-Atomkraft-Bewegung in Weisweil

Am 25. Februar wird in Weisweil ein Archiv eröffnet, das die Geschichte der Anti-Atomkraft-Bewegung dokumentiert.

Vor 30 Jahren rückte der Ortsname "Wyhl" ins politische und mediale Rampenlicht Deutschlands. Ende Februar jährt sich ein Ereignis von großer Ausstrahlung: Die Platzbesetzung im Rheinauewald, die am 20. Februar 1975 begann, markierte seinerzeit einen Aufsehen erregenden Höhepunkt im Kampf gegen das dort vorgesehene Atomkraftwerk.

Seit ihren Erfolgen auf der politischen und juristischen Front ist es um die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen ruhiger geworden. Herausgebildet haben sie sich – ebenso wie die legendäre "Volkshochschule Wyhler Wald" – als direkte Folge der Atomkraftwerkspläne im Rheinwald zwischen Wyhl und Weisweil. Nachdem der Standort Breisach nicht durchsetzbar war, wollte das damalige Badenwerk dort bauen. Die CDU-Landesregierung unter Hans Filbinger unterstützte dieses Projekt vehement. Die ganze Region geriet in Aufruhr. Die Bevölkerung am Rhein, im Breisgau und im Kaiserstuhl spaltete sich in der Frage der Atomkraft. Den Befürwortern standen entschiedene Gegner gegenüber, die immer mehr wurden und schließlich das zuerst Undenkbare schafften: die Landesregierung erklärte sich nach Jahren der Auseinandersetzung bereit, im Wyhler Wald kein Atomkraftwerk zu bauen. Die Erleichterung war groß – und "Cleverle" Lothar Späth, der sich in den "Offenburger Vereinbarungen" hervorgetan hatte, wurde Ministerpräsident.

Quelle: Badische Zeitung, 5.2. und 12.2.2005; Kontakt: Badisch-Elsässische Bürgerinitiativen, c/o Lore Haag, Hauptstr. 53, 79367 Weisweil, Tel.: 07646-286

Führten baskische Mönche ein ETA-Archiv?

Wegen mutmasslicher Kontakte zur baskischen Untergrundorganisation ETA sind Benediktinermönche in den Pyrenäen ins Visier der Justiz geraten. Zwei Mönche wurden vorübergehend verhaftet.

Sie hätten der ETA als Kuriere gedient, berichtete das spanische Fernsehen. Den Mönchen werde zudem vorgeworfen, dass sie Verbindungen zum mutmasslichen obersten ETA-Anführer Mikel Albizu Iriarte alias Antza hatten, der im Oktober in Frankreich gefasst worden war.

Fahnder bestätigten, dass die Razzien mit der Verhaftung Iriartes im Zusammenhang stünden. Festgenommen wurde der Klosterbibliothekar des nordspanischen Klosters Lazkao.

Er habe ein umfangreiches ETA-Archiv geführt, hiess es in Fernsehberichten. Mitglieder des Ordens wiesen die Anschuldigungen gegen den 75-Jährigen zurück. Der Bibliothekar wurde später wieder freigelassen.

Quelle: news.ch, 11.2.2005

Restaurierung von Sergei Eisensteins »Panzerkreuzer Potemkin«

Der Münchner Filmhistoriker Enno Patalas, der schon Fritz Langs „Metropolis“ und „M“ restaurierte, hat jetzt die vollständigste Fassung von Sergei Eisensteins „Panzerkreuzer Potemkin“ vorgelegt. Seine Arbeit beschreibt er in der WELT.

Ein Ruf wie Donnerhall: Es geht um ein Werk, das wie kein anderes die Vorstellungen geprägt hat, die das 20. Jahrhundert sich vom Film „als Kunst“ machte. Mit „Panzerkreuzer Potemkin“ fand er zu seiner Identität als technisches Medium: ein Konstrukt aus fotografierten und montierten Realitätspartikeln, Mensch (Masse) und Maschine – Triebkräfte ein und desselben dynamischen Prozesses.

Der „Potemkin“ war nie ein „verlorener“ Film. 1958 wählten hundert Filmhistoriker aus aller Welt ihn zum „besten Film aller Zeiten“. Zu sehen war er damals in einer Tonfassung von 1950, in der ein paar Dutzend Einstellungen fehlten oder umgesetzt waren, mit Lenin-Zitaten vorneweg und im Schlußkommentar. In der Bundesrepublik wurden wiederum die Titel ersetzt durch einen Text von Friedrich Luft, der die künstlerischen Meriten des Films pries und seine historischen Implikationen kleinredete.

Anfang 1926, kurz nach seiner Moskauer Premiere, wurde „Potemkin“ erstmals in Berlin gezeigt. Der Regisseur Piel Jutzi hatte aus Eisensteins fünf Akten sechs gemacht, das Drama so zur Chronik verflacht. Kein „Kettenglied der revolutionären Arbeiterbewegung Rußlands“, sondern „eine irgendwie zufällige, untypische Meuterei mit historisch neutralem Hintergrund“, fand Eisenstein.

Im März 1926 verbot die Filmprüfstelle den Film, im April gab sie ihn frei mit 14 Schnittauflagen. Die Änderungen wurden im Originalnegativ des Films vorgenommen, das Goskino dem linken Berliner Verleih Prometheus verkauft hatte. In diesem Zustand kam das Negativ nach Moskau zurück. Die russische Fassung von 1950, mit von Stumm- auf Tonfilmnorm gestreckter Bildfrequenz und einer neuen Musik, respektierte die deutsche Bearbeitung. Zwischentitel wurden neu aufgenommen. Die „Jubiläumsfassung“ von 1976, von Sergej Jutkewitsch, war der bislang bemühteste und gelungenste Versuch, dem Eisensteinschen Original nahezukommen. Dessen Einstellungsfolge wurde wiederhergestellt, Mängel des Gosfilmofond-Materials wurden behoben durch Rückgriffe auf das Duplikatnegativ des New Yorker Museum of Modern Art (MoMA), dem der Eisenstein-Schüler Jay Leyda in den Dreißigern eine Kopie verschafft hatte.

Für die Sicherung des Films in seiner ursprünglichen Form brachte das Jubiläum nichts. 1986 konfrontierte die Frankfurter Junge Deutsche Philharmonie uns im Münchner Filmmuseum mit dem Wunsch, für Aufführungen eine Kopie bereitzustellen. Wir schnitten eine Gosfilmofond-Kopie um, ergänzten sie in großer Eile mit Duplikaten aus dem Londoner National Film Archive und versahen sie mit deutschen Titeln. Das Ergebnis war ein Kompromiß zwischen Eisenstein- und Jutzi-Fassung. Unvergeßlich ist mir der Effekt, den bei der Aufführung in der Münchner Philharmonie das Finale des dritten Akts machte – wenn die von Hand rot gefärbte Fahne am Mast hochsteigt.

Mit der „Berliner Fassung“ bekommt jetzt die Geschichte des „Potemkin“ ein neues Kapitel. Zwar erwies sich die Hoffnung, auf das in Moskau verwahrte Kameranegativ zurückgreifen zu können, als illusorisch – Gosfilmofond befand es für nicht mehr kopierbar. Doch fielen Tests des Bundesarchivs, Abteilung Filmarchiv mit zunächst nur als Ergänzung gedachten Londoner Kopien positiv aus. Das waren vor allem die zwei Kopien der ersten Generation, also direkt vom Kameranegativ gezogen – eine Ende der zwanziger Jahre aus Deutschland importierte und die dem Londoner Archiv vom MoMA überlassene Kopie.

Insgesamt kommt die neue „Berliner Fassung“ auf 1335 Einstellungen, 15 mehr als die bisher vollständigste, die „Jubiläums-Fassung“, 45 mehr als die Gosfilmofond-Überlieferung. Dazu die 146 Vorspann- und Zwischentitel; die 13 in der MoMA-Kopie fehlenden ließen sich nach Moskauer Quellen rekonstruieren, darunter das legendäre Trotzki-Motto: „Der Geist der Revolution schwebte über dem russischen Lande. Irgendein gewaltiger und geheimnisvoller Prozeß vollzog sich in zahllosen Herzen: die Individualität, die eben erst sich selbst erkannt hatte, ging in der Masse und die Masse in dem großen Elan auf.“ Die Sätze könnten Eisenstein das Konzept für seinen Film eingegeben haben.

Quelle: Enno Patalas, WELT.de, 12.2.2005

Schelllack-Schätzchen wieder hörbar

Der Zahn der Zeit macht auch vor historisch wertvollen Tonaufnahmen nicht halt. Reden von Kaiser Wilhelm II., Fonograf-Erfinder Thomas Edison oder Abraham Lincoln liegen in den Archiven zwar noch auf Schellacks und in Wachszylinder geprägt vor, doch die sind ­zerkratzt, verbeult und schmutzbedeckt, sodass ein Abspielen das Tonmaterial weiter zerstören würde.

Vitaliy Fadeyev und Carl Haber vom Lawrence Berkeley National Lab der Universität von Kalifornien haben eine Methode entwickelt, wie sich der Inhalt der alten Medien wieder abspielen lässt, ohne sie weiter zu beschädigen. Die beiden Physiker hatten die Idee, mit einem hochpräzisen Mikroskop, dem Smart Scope, das normalerweise in der Teilchenphysik zum Einsatz kommt, den Rillenverlauf auf der Plattenoberfläche zu ­scannen. Einzelbilder zerbrochener oder beschädigter Platten können genauso digital wieder ­zusammengesetzt werden.

Die hochauflösende Aufnahme wird von einer speziellen Software verarbeitet, die aus den vielen kleinen Wellen im Rillenverlauf den eigentlichen Ton rekonstruiert. Durch die hohe Auflösung beim Scannen erhalten die Forscher dabei mindestens zehnmal mehr Informationen, als die Nadel eines Plattenspielers ­abtasten kann. So stehen die ­Chancen für eine Rekonstruktion schadhafter Stellen gut. Ähnlich wie bei heute für den Heimbereich zur Überspielung von Langspielplatten auf CD-ROM verfügbarer Software rechnet das Programm dabei störende Kratzer heraus.

Die Datei, die eine digitale Kopie der Platte darstellt, kann auch der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Das erste Werk, das durch die neue Technik wieder hörbar gemacht wurde, ist die Cover-Version von \“Goodnight Irene\“ der Gruppe The Weavers aus dem Jahr 1950.

Interesse und Fördergelder für die Entwicklung hat die Konservierungsabteilung der Library of Congress in Washington angemeldet, die 128 Millionen Tonaufnahmen auf verschiedenen Medien in ihrem Archiv beherbergt, darunter auch Wachszylinder, auf denen Töne vor 1902 aufgezeichnet wurden. Die Hälfte dieser Zylinder ist zerbrochen. Erste Erfolge in der Rekonstruktion dieses Mediums verzeichneten John McBride und Christian Maul an der Southampton-Universität, die einen Wachszylinder einscannten und von den Kollegen in Berkeley in eine Sounddatei transformieren ließen.

Die Forscher sehen es als Anreiz, Stimmen von Queen Victoria, Florence Nightingale oder sogar von Abraham Lincoln wieder hörbar zu machen. Laut Fadeyev und Haber wird es aber noch mindestens ein Jahr dauern, bis sie ein schnelleres und kompakteres Gerät entwickeln, das problemlos in den Archiven und nicht nur im Labor eingesetzt werden kann.

Quelle: diepresse.com, 12.2.2005

Neue Dauerausstellung im Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes

Das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW) sammelt seit Jahrzehnten Material über Rechtsextremismus in Österreich. Die Stadt Wien stiftet Geld für die in die Jahre gekommene Einrichtung.

Die antiquierten Räumlichkeiten mit Dauerausstellung und Archiv sind im Neuen Rathaus in der Wipplingerstraße untergebracht. Die 400.000 Euro der Stadt werden für drei Hauptzwecke verwendet: Man möchte die Ausstellung erneuern, Infobroschüren für Schulen anfertigen und die Information am Computer abrufbar machen.

Das neue DÖW wird am 26. Oktober eröffnet. Es gibt einen Überblick über den Widerstand in der Nazizeit bietet zahlreiche Zeitzeugenberichte. Auch über aktuelle rechtsextremistische Strömungen wird genau geforscht.

Quelle: wienweb.at, 10.2.2005

Benutzung im Archiv des Rhein-Erft-Kreises

Wer im Archiv der Kreisverwaltung in Bergheim auftaucht, wird vom Besucher zum "Benutzer" und als solcher registriert. Deshalb kann Herbert Berger auch genau sehen, dass im vergangenen Jahr 270 Besucher als "Benutzer" bei ihm Platz nahmen, die meisten für ein paar Stunden oder einen Tag, eine junge Frau, die an ihrer Diplomarbeit schrieb, für drei Wochen.

Berger sitzt im Keller des Kreishauses. Alles hat seine Ordnung, alles seine Ordnungsnummer, alle Lebensbereiche sind erfasst. Auch der Zweite Weltkrieg, dessen Ende auch den Untergang des Tausendjährigen Reiches des Führers Adolf Hitler bedeutete – nach zwölf Jahren. Von 1939 bis 1945 herrschte Krieg: Deutschland gegen 60 Länder aus allen Erdteilen.

Immer bei runden Jahreszahlen – 40 Jahre nach dem Kriegsende, 50, 60 Jahre danach – wächst die Zahl der Besucher im Kreisarchiv, die sich Klarheit verschaffen oder persönliche Erinnerungen auffrischen wollen. Mal geht es um die Reichspogromnacht (November 1938), häufig um den Luftkrieg und Luftbilder, um Schanzarbeiten der Hitlerjugend 1944 in der Eifel oder um Informationen über Häftlingsentschädigungen.

Auch in den nächsten Wochen – 60 Jahre ist das Kriegsende jetzt her – erwarten die Leiterin des Archivs, Gabriele Scholz, und ihre Mitarbeiter wieder mehr "Betrieb". Verdienstvoll muss man das Engagement des Kreisarchivs von 1998 nennen, als für die Schüler des Kreises ein Wettbewerb zum Thema Reichspogromnacht ausgeschrieben wurde. Partner des Kreises waren die Geschichtsvereine Bedburg und Bergheim. Als Ergebnis konnte schließlich eine Broschüre vorgelegt werden, die viele Details enthält und den Lesern Einblicke in den scheußlichen Überfall der Nazis auf jüdische Geschäfte am 9. September 1938 gewährt.

Das Dritte Reich, darauf macht Scholz, aufmerksam, ist häufig Thema von Senioren, die für die Buchreihe "Erlebte Vergangenheit" Beiträge geliefert haben. Seit dem Start in den 90er Jahren sind neun Bände erschienen. Wer die hier und da in den Kommunen erscheinenden Seniorenkuriere liest, stößt auf bekannte Namen unter den Buchautoren. Sie erzählen gern etwas aus den erlebnisreichen Jahrzehnten ihres langen Lebens und hoffen, dass nicht alles untergeht und in Vergessenheit gerät.

Wer Glück hat im Kreisarchiv, darf einen Blick in den "Giftschrank" werfen. Aus den literarischen Schätzen dieses gesicherten Schranks ragt, in dickes Leder eingebunden und mit Schloss versehen, ein stattlicher Wälzer heraus: "Die Bibel", ein ebenso prachtvolles wie teures Stück, Jahrgang 1600. Schade eigentlich nur, dass dieses Archiv nicht noch mehr lokales Textmaterial über das Dritte Reich vorweist, das den jüngeren Jahrgängen erklären könnte, was damals passiert ist und warum.

Quelle: Willy Kreitz, Kölner Stadt-Anzeiger, 10.2.2005

Neue Regale fürs Stadtarchiv Gevelsberg

Im Vermögenshaushalt sind die Gelder für größere Investitionen aufgelistet. Einige der geplanten Projekte, die Kämmerer Andreas Saßenscheidt bei der Einbringung des Etats nannte, und die Finanzlage stellen wir in diesen Tagen vor.

Die Beratungen des städtischen Etatentwurfs 2005 beginnen am Montag, 21. Februar, in den Fachausschüssen. Am 8. März befasst sich dann der Hauptausschuss mit dem Zahlenwerk, am 17. März soll der Haushalt vom Stadtrat verabschiedet werden.

Der Vermögenshaushalt umfasst Einnahmen und Ausgaben in Höhe von 16,5 Millionen Euro – gut 3,2 Mio. Euro mehr als im Vorjahr. Zunächst finden sich dort Ausgaben für die EDV im Rathaus: mehr als 220 000 Euro.

Das Stadtarchiv Gevelsberg leidet seit Jahren darunter, das Archivgut teilweise nicht sachgerecht lagern und nur unzureichend erschließen zu können. Eine Erweiterung des Regalsystems soll Abhilfe zu schaffen. Benötigt werden 17 500 Euro, das Land gibt einen 30prozentigen Zuschuss.

Quelle: Westfalenpost, 9.2.2005

Holocaust-Memorial in Paris

Das bedeutendste europäische Holocaust-Dokumentationszentrum, das sich auf dem Gelände des Pariser Holocaust-Memorials (Mémorial de la Shoah) befindet, ist seit dem Gedenktag zur Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz dem Publikum in geschmackvoll renovierten Gebäuden zugänglich. Anlässlich des internationalen Gedenktages wurde am gleichen Ort die neu errichtete Namen-Mauer (aus hellem Jerusalem-Stein) der Öffentlichkeit übergeben. Die Namen und das Geburtsjahr der 76.000 aus Frankreich deportierten Juden sind in die am Eingang des Holocaust-Memorials positionierte Mauer eingraviert.

Das Holocaust-Memorial ist kein Museum (es gibt bereits ein Museum der Kunst und Geschichte des Judaismus in Paris), sondern eine globale Erinnerungsstätte, deren erstes Mahnmal bereits seit 1956, unter dem Namen "Mémorial du martyr juif inconnu" (Denkmal des unbekannten jüdischen Märtyrers), in einer schmalen Straße im Pariser Viertel Marais existiert. Im Marais befindet sich seit 900 Jahren das Herz der jüdischen Gemeinde. Von 1942 bis 1944 wurde dort eine große Anzahl der jüdischen Deportierten festgenommen.

Die Gebäude hinter der Namen-Mauer, die einen ganzen Häuserblock einnehmen, enthalten das umfangreiche Dokumentationszentrum, ergänzt durch Ausstellungssäle, wo auf 1000 Quadratmetern die Geschichte der europäischen und der französischen Juden anhand von Daten, Zahlen, Foto-, Film- und Originaldokumenten dargestellt wird.

Das Pariser Shoah-Dokumentationszentrum, dessen Archivumfang nur mit dem Holocaust Museum in Washington und dem Yad Vashem in Jerusalem vergleichbar ist, geht auf die Initiative von jüdischen Widerstandskämpfern in Grenoble zurück, die bereits am 28.4.1943 beschlossen, ein zeitgenössisches jüdisches Dokumentationszentrum zu gründen. Sie retteten noch während der deutschen Besatzung wichtige Papiere mit Unterschriften der Hauptverantwortlichen der Judenverfolgung sowie der Kollaborateure.

Während der Nürnberger Prozesse dienten sie als entscheidendes Beweismaterial. Heute umfasst das Archiv mehr als eine Million Dokumente, die am Ort oder per Internet konsultierbar sind. Darunter 60.000 Archivfotos, eine Bibliothek mit 50.000 Werken über den Holocaust und die Geschichte der jüdischen Gemeinden in zehn Sprachen. Es wird seit mehr als 60 Jahren laufend ergänzt – z.B. wurde kürzlich ein Teil des Archivs des internationalen Roten Kreuzes aus der Schweiz erworben.

Quelle: derStandard.at, 10.2.2005

Liebesbriefe im Archiv

Zwischen "Mein liebes liebes Muckelchen!" (1903) und "Miriam, Du brichst mir mein Herz!" (2005) liegt gut ein Jahrhundert, doch verbindet diese beiden Anreden das wohl wichtigste Gefühl der Menschheit: Liebe. Seit es Menschen gibt, versuchen diese, ihre Zuneigung in Worte zu fassen. 5.000 Liebesbriefe aus einem Schweizer Archiv bieten die Grundlage für eine ungewöhnliche akustische Ausstellung, die jetzt im Petersburger "Baltischen Haus" Premiere hat.

Weil Liebesbriefe so bedeutend sind für unser Leben, hat die Schweizer Linguistin Eva Lia Wyss über Jahre diese intimen Schreiben gesammelt und so ein Archiv aus inzwischen über 5000 Stück aufgebaut. Ein Teil dieser Briefe wurde von dem Theaterwissenschaftler Mats Staub vertont . Nach dem das Projekt in der Schweiz gut ankam, geht es jetzt mit einigem ins Russische übersetztem Material in Russland auf Tournee.

Am Anfang stand das Habilitationsprojekt der Sprach- und Medienwissenschaftlerin Wyss. Sie wollte Liebesbriefe des 20. Jahrhunderts analysieren. Deshalb rief sie 1997 ihre Mitbürger in Zeitungen auf, Liebesbriefe einzuschicken: Alte oder neue, selbst geschriebene oder erhaltene, Briefe aus dem Nachlass der Großtante oder beim Stöbern auf dem Speicher gefundene. Erstaunlich viele Leute aus der Schweiz und auch aus Österreich und Deutschland schickten daraufhin ihre Briefe: Sei es nun aus Stolz über so schöne Liebesbekundungen, aus der Erleichterung, zur Last gewordene Korrespondenz endlich loszuwerden, ohne sie selbst wegschmeißen zu müssen, oder sei es der bloße Wunsch nach Archivierung, also quasi der Verewigung seiner Gefühle.

Mats Staub nutzte die so entstandene Sammlung für sein Projekt, das er zunächst für das Theater Neumarkt in Zürich arrangierte. Er wählte aus den Unmengen an Liebesbekundungen die schönsten und traurigsten Briefe aus, eben die, die eine interessante Geschichte zu erzählen haben. Am Ende hatte er ein Sortiment von über 600 Briefen aus insgesamt 80 Briefwechseln beisammen. Diese stammen aus allen Zeiten des letzten Jahrhunderts und sind vorgelesen zwischen zwei und 30 Minuten lang. Fast alle sind ungekürzt, jedoch wurden die Namen der Briefeschreiber, und in heiklen Fällen auch die Ortsnamen, geändert.

Als Tonträger entschied sich Staub für Kassetten. Er wollte, dass die Besucher sich wirklich mit den Stücken auseinandersetzen müssen. Dass das Anhören "ein richtiger Vorgang" ist, bei dem man nicht einfach schnell weiter skippen kann, wenn man ungeduldig wird. Passend zu dem inzwischen fast veralteten Medium Kassette wählte Pulli, die für die Raumausstattung zuständig war, nostalgisch anmutende schlichte Kassettenspieler. Je eines dieser Geräte montierte sie in den 15 gemütlichen, gepolsterten Sitzecken, die sie samt dazugehöriger Tischchen aus hölzernen Transportkisten gebaut hatte.

Nach dem Erfolg in der Schweiz ist Staub mit seinem Projekt jetzt in Russland. Mit seiner hiesigen Kollegin Swetlana Marchenko hat er die "Audiobar" im Baltischen Haus aufgebaut. Das Raumkonzept – die Theke und die 15 Sitzecken mit Tischchen und Kassettenrekordern – ist das gleiche geblieben, nur hat sich die Auswahl an Liebesbriefen verändert. Zum einen ließ Staub 30 der 50 deutschen Kassetten ins Russische übersetzen. Bei dieser Übersetzung musste ein Mittelweg zwischen guter russischer Sprache und der Authentizität der originalen deutschen Texte gefunden werden. Zum anderen begann er, hier in Russland ebenfalls Liebesbriefe der Bürger zu sammeln. Und wieder fanden sich viele Menschen, die bereit waren, etwas zu dem Projekt beizusteuern. Diesmal sprachen Mitarbeiter des Baltischen Hauses – erneut Schauspieler wie Laien – die Briefe auf Band.

So kann man bei der "Audiobar" in St. Petersburg nicht nur studieren, wie sich die Art der Briefwechsel über die Jahrzehnte verändert hat, oder wie ältere Schreiber im Vergleich zu jüngeren formulieren. Hier kann man nun auch Vergleiche zwischen russischen und deutschen Liebesbekundungen ziehen – sofern man der russischen Sprache mächtig ist. Denn die russischen Briefe wurden bislang nicht ins Deutsche übersetzt.

Für die Zukunft plant Staub noch einiges mehr. Zunächst ziehen die 5.000 Liebessbriefe nach Moskau (8. bis 12. März) und Nowgorod (April). Und im Februar 2006, wieder pünktlich zum Valentinstag, wird man vielleicht im Stadttheater Stuttgart den Liebesbriefen lauschen können. Angespornt von den bisherigen Erfolgen würde Staub das Projekt gerne erweitern, wünscht sich Liebesbriefe aus England, Frankreich und Italien, um eine europaweite Sammlung von Liebesbekundungen aufzustellen.

Quelle: Sophie von Merten, sanktpetersburg.ru, 9.2.2005; Weitere Informationen: www.5000liebesbriefe.ch