Der Leiter des Stadtarchivs Weimar, Jens Riederer, ist der Verfasser des 4. Rätselteils \“Das redende Blatt\“ der Thüringischen Landeszeitung TLZ:
Am 10. August 1839 ging in der Großherzoglichen Landesdirektion, der obersten Polizeibehörde des Landes Sachsen-Weimar-Eisenach, der Brief eines Mannes ein, der sich um die Verfassung der Stadt Weimar zutiefst sorgte. Zwar bezeichnete er sich darin nach damaliger Gepflogenheit als \“der unterthänigste Bittsteller\“, doch sein Schreiben zeugte von großem Selbstbewusstsein wie auch intimer Kenntnis der weimarischen Kommunalverhältnisse. Die am 28. August 1838 von der Landesdirektion erlassene neue Stadtordnung für Weimar habe ihm Anlass gegeben, eine eigene Schrift über \“die Nachtheile dieser Lokal-Verordnung\“ einzureichen. Über folgende darin heraus gearbeitete Punkte wünsche er Nachverhandlungen mit einem Beauftragten der Behörde:
1. der Oberbürgermeister werde gar nicht mehr gewählt, sondern sei ein vom Landesherr bestellter Staatsbeamter; 2. die ausgedehnten Befugnisse des Oberbürgermeisters machten ihn faktisch zum verlängerten Arm der Landesdirektion;
3. der Stadt werden Aufgaben der Polizeiverwaltung aufgebürdet, die bisher von den großherzoglichen Justizämtern zu leisten waren;
4. überflüssige neue Verwaltungsstellen seien geschaffen worden;
5. das vorhandene Personal werde unnötig hoch bezahlt.
Der Streit um eine Reform der Stadtverfassung von Weimar schwelte schon seit Jahren. Erst 1810 hatte der Herzog Carl August seiner Residenzstadt ein neues Statut nach dem Vorbild der preußischen Städtereform gegeben. Die dabei gehegte Hoffnung, die Weimarer Bürger und ihr Stadtrat könnten mit diesem Instrument eine kommunale Selbstverwaltung gestalten, erfüllte sich nicht.
Das lag nicht nur an einer gewissen Gleichgültigkeit der meisten Bewohner gegenüber städtischen Belangen, sondern vor allem an der überaus strengen Aufsicht, die die Landesdirektion über die Stadtverwaltung führte. Bürgerliche Eigeninitiative und wirtschaftiches Engagement waren oft eher behindert als gefördert worden.
Bereits 1832 hatte unser Bittsteller, als er Stadtverordneter geworden war, bissig bemerkt: \“Unser Stadtrat ist eine Null, ohne Erlaubnis kann er nicht einmal die Ratsstube dielen lassen.\“ Umso größer war die Enttäuschung als die neue Stadtordnung von 1838 die in Aussicht gestellte Stärkung städtischer Autonomie erneut vermissen ließ. Wieder lag der Stadtrat am Gängelband landesherrlicher Oberaufsicht.
Der sich so hartnäckig für die Belange der Stadt ins Zeug legte, war gar kein gebürtiger Weimarer, sondern 1805 aus Mainz gekommen, wo er 1780 geboren worden war. Zuerst als Buchbinder im Bartuchschen Landes-Industrie-Comptoir angestellt, arbeitete er später lange Jahre als selbständiger Buchbindermeister in Weimar. 1836 und 1844 wählten ihn die Bürger zum Stadtältesten. 1840 auch in den Sachsen-Weimar-Eisenachischen Landtag.
Obgleich seine Vorschläge zur Verbesserung der Stadtordnung staatlicherseits abgeschmettert wurden, ließ er sich nicht entmutigen und erwarb sich bis zu seinem Tode im Jahr 1856 besondere Verdienste für die sozialen Einrichtungen der Stadt Weimar.
Die Frage dieses Rätselteils lautet: Wer war der Buchbindermeister, der sich so für Weimars Stadtverfassung einsetzte? Für das Lösungswort ist aus dem Familiennamen der erste Buchstabe zu notieren.
Das komplette Lösungswort ist bis zum 30.9.2004 an die TLZ-Kulturredaktion, Marienstraße 14, in 99423 Weimar zu senden.
Quelle: TLZ, 21.8.2004.
Nachlass einer Prinzessin im Mosigkauer Schloss
Das Archiv im Mosigkauer Schloss zählt mit 25 laufenden Metern Aktenmaterial zu den kleinsten nicht nur in der Region Dessau. Damit ist jedoch nichts über den Wert der Dokumente gesagt. Wertvollster Bestandteil des Archivs sind die Akten zur Bau- und Gartengeschichte des Schlosses Mosigkau und diverse Inventare aus verschiedenen Jahren sowie eine Reihe von Baurissen und Bauplänen zwischen 1756 und 1960. Die Verwaltungsakten des Stifts und der dazugehörigen Güter in Mosigkau, Hohsdorf und Nienburg bilden den Hauptteil des Aktenbestandes.
Im Dokumentationsraum im Schloss befindet sich neben Fotos von Stiftsdamen und alten Bauzeichnungen u.a. die Chronik der Stiftsdamen, in der die Verdienste jeder einzelnen aufgeführt sind. Zum TAG DER ARCHIVE werden die Besucher Gelegenheit haben, in dem dicken, prächtig gestalteten Buch zu blättern – \“vorausgesetzt, sie benutzen dazu die bereitgelegten Handschuhe\“, schränkt Ute Winkelmann ein. Sie ist die Archivarin bei der Dessau-Wörlitzer Kulturstiftung, wo sie vier Archive betreut.
Dass über das hochadlige Fräuleinstift noch heute historische Dokumente zu finden sind, ist übrigens der konsequenten Schlossbesitzerin Anna Wilhelmine zu Anhalt zu verdanken, die in ihrem Testament pedantisch die Zukunft ihrer Güter regelte, ein hochadliges Fräuleinstift gründen ließ und bestimmte, dass die im Stift entstehenden Dokumente eines ordentlichen Archivraumes bedürfen. Jenes Testament gehört heute zu den wertvollsten Dokumenten des Mosigkauer Archivs.
Kontakt:
Kulturstiftung DessauWörlitz
Schloss Großkühnau
06846 Dessau
Hauptverwaltung
Tel: 0340 / 6461 – 50, Fax – 510
Referat Öffentlichkeitsarbeit
Tel: 0340 / 6461 – 541, Fax – 550
ksdw@ksdw.de
Quelle: Annette Gens, Mitteldeutsche Zeitung, 25.8.2004
Kolonialakten in Mikrofilmform für ehemalige Kolonien
Zwei Tage lang, vom 19. bis 20. August 2004, konferierten in Regensburg auf Einladung des Internationalen Archivrates ICA, des Bundesarchivs in Koblenz und des VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V. archivische Fachleute mit führenden Archivaren aus den ehemaligen deutschen Kolonien Burundi, Kamerun, Namibia, Papua-Neuguinea, Ruanda und Tansania mit Zanzibar und Togo.
Es handelte sich um eine internationale Tagung auf dem Weg zum 15. Internationalen Archivtag in Wien, die jenen problematischen Fragen begegnete, die häufig auf internationalen Konferenzen angesprochen werden: die Rückgabe von Dokumenten aus der Kolonialzeit an die ehemaligen Kolonien. Deutschland kam seiner Verpflichtung jetzt durch die Übertragung von Kolonialakten auf Mikrofilme nach. Die ehemaligen Kolonien erhalten zwar nicht die seit langem geforderten Originale, aber – einvernehmlich vereinbart – alle Dokumente auf Mikrofilm, sofern sie in der Lage sind, die Mikrofilme zu lagern und Benutzern zugänglich zu machen.
Auf den Filmen ist u.a. Namibias Kolonialgeschichte dokumentiert, ein besonders brisantes Kapitel der Herrschaft in Deutsch-Südwest-Afrika. Kaiserliche Truppen massakrierten dort ein Nomadenvolk. Nach dem Herero-Aufstand 1904 starben bis zu 75.000 Menschen – 75 Prozent der Herero.
Die seit der Wende 1990 verfilmten und in dieser Form nun übergebenen Akten stammen aus dem Bestand Reichskolonialamt (R 1001), der im Berliner Bundesarchiv lagert. Das Reichskolonialamt regelte bis 1918 alle Fragen, die die deutschen \“Schutzgebiete\“ betrafen. Militär, Gesetzgebung, Eisenbahnbau, Währung: alles, was das Zusammenleben in den deutsch verwalteten Gebieten bestimmte, lässt sich aus den Akten lesen.
Quelle: Marianne Sperr, Mittelbayerische Zeitung, 20.8.2004; Manfred Stuber, Mittelbayerische Zeitung, 21./22.8.2004
Aus ARCHIV.Net wurde AUGIAS.Net
AUGIAS.Net löst seit September 2004 ARCHIV.Net als zentrales Archivportal ab.
Das Archiv-Informationssystem ARCHIV.Net, mit über 15.000 Besuchen im Monat eines der meistgelesenen Internet-Angebote für den Archivbereich, wurde von AUGIAS-Data vollständig neu programmiert. Dipl.-Inf. Christian Haps, der schon die Entwicklung von FINDBUCH.Net durchgeführt hat, erstellte das neue archivische Redaktionssystem, das seit September 2004 fertiggestellt ist.
Nicht nur die technische Grundlage, sondern auch die Internet-Adresse von ARCHIV.Net hat sich damit geändern: Die Inhalte von ARCHIV.Net sind seit 1. September 2004 unter der Adresse www.augias.net zu finden. Für einen Übergangszeitraum bis Ende 2004 wird die alte Adresse www.archiv.net automatisch auf www.augias.net umgeleitet.
Das neue Redaktionssystem verfolgt zweierlei Ziele: Zum einen eine größere Flexibilität in der Darstellung der Inhalte, als es mit dem alten Content-Management möglich war. Die Datenbank, auf die ARCHIV.Net zurückgriff, war den Anforderungen nicht mehr gewachsen. Zum anderen soll allen Archiv-Institutionen, die bislang ihre Periodika als traditionelles Print-Medium veröffentlicht haben, ein einfach zu bedienendes Werkzeug angeboten werden, mit dem eine eigene archivische Internet-Zeitschrift redaktionell betreut werden kann. Die Vorteile solcher Online-Publikationen sind u.a.:
- geringe Kosten
- große Aktualität und hohe Reichweite
- multimediale Präsentation
- direkte Verweisung auf weiterführende Web-Informationen.
Sämtliche Artikel in AUGIAS.Net werden mit festen Adressen versehen, so dass sie wissenschaftlich zitierbar sind. Die Archivierbarkeit älterer Artikel aus ARCHIV.Net sichert ein News-Archiv in PDF-Format.
Zwangsarbeit im Westmünsterland
Auch der Kreis Borken legte jetzt eine Dokumentation über die dortigen Zwangsarbeiter im Zweiten Weltkrieg vor. Bruchstückhaft erhellt diese 378-seitige Bestandsaufnahme das Schicksal der über 10.000 Menschen vor allem aus Polen, Russland, Serbien, den Niederlanden, Belgien und Italien, die allein im Kreis Borken zur Arbeit für die Unterhaltung der Kriegswirtschaft des Dritten Reichs eingesetzt worden sind.
Im April 2000 hatte der Borkener Kreistag beschlossen, die Situation der Zwangsarbeiter im Westmünsterland zu erhellen. Ab August 2000 investierten die beauftragten Fachleute Höting und Grunewald zwei Jahre akribische Materialsammlung in Orts-, Stadt- und Landesarchiven im Gesamtumfang einer Vollzeitstelle in das Forschungsprojekt. Dabei wandte sich Ingeborg Höting dem Altkreis Ahaus zu, Winfried Grunewald beackerte im Wesentlichen den „Altkreis“ Borken, ergänzt durch hinzugekommene Städte und Gemeinden.
Die Materiallage stellte sich von Ort zu Ort als sehr unterschiedlich heraus. Dennoch markieren die Kommunal- und Gesamtergebnisse einen bedeutenden Fortschritt. So fanden die Autoren heraus, dass eine Großzahl der Zwangarbeiter noch sehr jung war, zwischen 15 und 25 Jahre alt, und die Anzahl der Männer die der Frauen weit stärker überwog als angenommen. Aus der Gesamtheit der geschätzten weit über 10.000 Betroffenen konnten 8.200 Personen mit Namen, Geburtsdaten, Einsatzorten, Arbeitgebern und Tätigkeiten erfasst werden. Die Namensliste, die sich im Kreisarchiv Borken befindet, stellt eine große Erleichterung bei Anfragen ehemaliger Zwangsarbeiter/-innen dar, die einen gesetzlichen Entschädigungsanspruch aus Mitteln der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ haben.
Info:
Interessierte können das Buch „Zwangsarbeit im Westmünsterland. Dokumente, Akten, Aussagen“ zum Preis von fünf Euro zuzüglich Versandkosten beim Kreis Borken, Fachbereich Schule, Kultur und Sport, Burloer Staße 93, 46325 Borken, telefonisch unter 02861/821350 oder per Email: t.wigger@kreis-borken.de bestellen.
Kontakt:
Kreisarchiv Borken
Kreishaus in Borken
Etage 3D/9D
Burloer Str. 93
46325 Borken
Telefon: 02861/82 13 50
Fax: 02861/82 13 65
Quelle: Ursel Beier, WAZ, 22.8.2004
Doppelspitze für die Außenstelle des Deutschen Kabarettarchivs in Bernburg
Mit einer Doppelspitze soll der Außenstelle des Deutschen Kabarettarchivs in Bernburg auf die Beine geholfen werden. Wie die Stadt Bernburg und die Stiftung Deutsches Kabarettarchiv e.V. (Mainz) bekannt gaben, wird der Leiter des Bernburger Stadtarchivs zusätzlich mit den Arbeiten im hiesigen Kabarettarchiv betraut.
Dem 21-jährigen Christian Brenk, der seine Ausbildung an der Bibliotheksschule Sondershausen absolviert hat, wird über einen projektbezogenen Teilzeitvertrag mit Jürgen Klammer ein erfahrener Mann zur Seite gestellt. Der 60-jährige gelernte Finanzwirtschaftler und Informatiker aus Berlin hat sich speziell mit der Geschichte des DDR-Kabaretts befasst. Klammer will vor allem dafür sorgen, dass mehr Material über die Berufskabaretts der DDR in Bernburg gesammelt wird. Der gegenwärtige Bestand der so genannten „Bernburger Sammlung“ besteht zu 80 Prozent aus Unterlagen über die ehemaligen Amateur-Kabaretts. Die 15 bis 20 Berufskabaretts wie die „Distel“ oder die „Pfeffermühle“ sind hingegen kaum vertreten.
Das Kabarettarchiv in Mainz wurde in diesem Sommer nach einem Umzug zu einer repräsentativen Adresse ausgebaut. Auf 900 Quadratmetern finden sich dort Erinnerungen an die ganz Großen der Branche. Die Idee, auch in Bernburg einzelne Kabarettisten gezielt heraus zu stellen, ist Bestandteil des Gesamtkonzepts.
Kontakt:
Stiftung Deutsches Kabarettarchiv e.V.
Neue Universitätsstr. 2
55116 Mainz · Deutschland
Telefon: +49 (0) 6131 – 14 47 30
Telefax: +49 (0) 6131 – 23 16 75
info@kabarettarchiv.de
Quelle: Paul Spengler, Mitteldeutsche Zeitung, 18.8.2004
Stadtarchiv Werne mit einer neuen Internetseite
Mit einer neuen Internetseite präsentiert sich dieser Tage das Stadtarchiv Werne. Da das Informationsmaterial sehr vielfältig ist, musste die ursprüngliche Archivseite systematischer angelegt werden, um auch bei den Ergänzungen den Überblick zu behalten. Die neue Internetpräsentation war zugleich willkommener und seit längerem notwendiger Anlass, die gesamte Bestandsgliederung zu überarbeiten.
Zudem werden durch die neue Gliederung die Aufgaben des Stadtarchivs transparenter. Kernaufgabe ist die Bestandspflege und darin die die alten und neuen Akten der Stadtverwaltung Werne selbst, die der ehemaligen Amtsbezirke und darüber hinaus die für die Geschichte der Stadt so wesentlichen Bestände der Firmen, Vereine und privaten Häuser. Darüber hinaus verfügt das Archiv über sogenannte Sammlungen, zu denen ganz wesentlich die Zeitungen, Karten, Fotos und auch die Bibliothek gehören.
An die Bestandsnutzung können sich eine Vielzahl von weiteren Angeboten des Archivs anschließen. Die Archivarin Susanne Maetzke erhofft sich durch diese nun bessere Präsenz des Archiv bessere Nutzungsmöglichkeiten der Bürger und Bürgerinnen. Im Verlauf des Jahres sollen die Bestände auch online einsehbar werden. Als nächster Schritt werden dann die bisher noch nicht erfassten Bestände des 19. und 20. Jahrhunderts in die Datenbank integriert. Auch dafür wird die Bestandsneuorganisation eine Voraussetzung sein.
Kontakt:
Stadtarchiv Werne
Bahnhofstraße 8
59368 Werne
Telefon: 02389/71538
Telefax: 02389/71524
s.maetzke@werne.de
Quelle: Westfälischer Anzeiger, 19.8.2004
Kreisarchiv Enzkreis ordnet Salmbachs Aufzeichnungen
Die heutige Gemeinde Engelsbrand im Landkreis Enzkreis entstand durch Zusammenschluss der bislang selbständigen Gemeinden Engelsbrand, Grunbach und Salmbach zum 1. Januar 1975. Auch in den Archiven dieser vergleichsweise kleinen Ortschaften sind Spuren großer Politik zu finden.
Das Salmbacher Archiv hatte allerdings einiges zu überstehen: 1989 war durch Blitzeinschlag Feuer im Dachstuhl ausgebrochen, die dort gelagerten Akten wurden teilweise angesengt. Der durch das Löschwasser in den nassen Akten entstandene Schimmelpilz musste 2003 durch Begasung mit Ethylenoxid sterilisiert werden. Derzeit sind besonders wertvolle Bände bei der Restaurierung.
Viele Meter historischer Akten und Bände im Archiv der Gemeinde Salmbach haben jetzt aber Mitarbeiter des Kreisarchivs Enzkreis sichten und verzeichnen können. Dabei sind die wesentlichen Inhalte beschrieben worden. Das detailliert erschlossene Archiv sucht nach Einschätzung von Kreisarchivar Konstantin Huber nur noch einen Autor, der die Erkenntnisse in einer Ortschronik aufarbeitet, die Salmbach noch fehlt.
Ein wichtiges Thema im Salmbacher Archivbestand sei Bildung, erläutert Konstantin Huber gegenüber der Pforzheimer Zeitung. Außer den auf dem Rathaus entstandenen Akten sei auch Schriftgut aus der örtlichen Schule enthalten. Beispielsweise sei überliefert, wie man dort nach dem Zweiten Weltkrieg politische Themen behandelte. So existieren Berichte des Lehrers Herbert Gengenbach von 1958/60 über die Ausgestaltung des Unterrichts zum Antisemitismus und Neonazismus sowie zum 17. Juni.
Einen großen Teil des Bestandes erschloss bereits vor Jahren Matthias Grotz im Rahmen seiner Ausbildung für den gehobenen Archivdienst. Ursula Reister, Mitarbeiterin im Kreisarchiv, ordnete in den vergangenen Monaten die bis dahin noch unbearbeiteten Rechnungen der Gemeindeverwaltung Salmbach. Derzeit laufen die Abschlussarbeiten für das Findbuch.
Kontakt:
Landratsamt Enzkreis – Kreisarchiv
Zähringerallee 3
75177 Pforzheim
Telefon (07231) 308-423
Telefax (07231) 308-837
Kreisarchiv@enzkreis.de
Quelle: Pforzheimer Zeitung, 19.8.2004
Wiesbaden sucht Erinnerungsstücke zum Luftangriff vor 60 Jahren
Der schwerste Luftangriff auf Wiesbaden im Zweiten Weltkrieg, am 2. Februar 1945, forderte über 500 Todesopfer und fast 400 Verletzte, 28.000 Menschen wurden obdachlos geworden, rund ein Drittel der Wiesbadener Innenstadt lag in Trümmern.
Die Zerstörungen wurden von einem Wiesbadener Bürger im Bild festgehalten: In hunderten von Fotos hat der Fotograf Willi Rudolph Wiesbadens Kriegsschäden dokumentiert. Von Mai 1941 an, als die erste Bombe detonierte, zeichnete Rudolph die Spuren der Verheerung nach, fotografierte Menschen im Luftschutzkeller, beobachtete die Wiesbadener mit seiner Kamera bei ihren Aufräumungsbemühungen und hielt am Ende die zurückgebliebenen freien Flächen und Trümmerwüsten im Bild fest. Auch der Wiener Maler und Dokumentarzeichner Hermann Ulrich hat die Folgen der Bombardements in zwölf Aquarellen aus dem Juli 1945 dokumentiert.
Eine Auswahl der Fotos von Willi Rudolph sowie die Aquarelle von Ulrich sollen, 60 Jahre nach dem Luftangriff vom Februar 1945, in einer Ausstellung des Stadtarchivs Wiesbaden unter der Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters präsentiert werden. Diese Dokumentation, die durch Informationstafeln, Zeitungsberichte, Briefe und Tagebuchnotizen ergänzt wird, soll möglichst noch durch weitere zeitgenössische Exponate angereichert werden. Melden sich schon jetzt viele Bürger im Stadtarchiv, die das eine oder andere beizutragen haben, so bittet Oberbürgermeister Hildebrand Diehl die Bevölkerung um weitere Mithilfe. Gesucht werden Briefe oder schriftlich fixierte Eindrücke aus der Zeit des Bombenkriegs, aber auch Ausrüstungsgegenstände oder Hinweisschilder aus Luftschutzkellern, Erste-Hilfe-Koffer, Kleidungsstücke oder auch Möbel, die aus Munitionskisten gefertigt wurden.
Kontakt:
Stadtarchiv Wiesbaden
Im Rad 20
65197 Wiesbaden
Telefon: 0611 / 31-3219, 31-3747, 31-3420
Fax: 0611 / 31-3977
stadtarchiv@wiesbaden.de
Quelle: Wiesbadener Tagblatt, 21.8.2004
Neue Leiterin des Landeskirchlichen Archivs Nürnberg
Das Landeskirchliche Archiv Nürnberg (LKAN) der bayerischen Landeskirche wurde 1930 von der Landessynode gegründet und nahm ein Jahr später seine Arbeit auf. Die Archivbestände, insgesamt 12 Regalkilometer Material, gliedern sich in drei Gruppen: vor Gründung des Königreichs Bayern (bis 1806), bis zur Trennung von Kirche und Staat (1806-1920), selbständige evangelisch-lutherische Kirche in Bayern (ab 1920).
Das LKAN verwahrt Archivgut der kirchenleitenden Organe, kirchlicher Dienststellen und Nachlässe von Persönlichkeiten des kirchlichen Lebens sowie Sammlungen von Bildern, Filmen, Zeitungsausschnitten. Darüber hinaus pflegt es Archive und historische Buchbestände in den über 1300 bayerischen evangelischen Gemeinden.
Zum LKAN gehört eine 120.000 Bände starke Amts- und Spezialbibliothek für bayerische Kirchengeschichte, Landes- und Ortsgeschichte, Ökumene und Kirchenrecht und die Sondersammlungen »Deutschsprachige Gesangbücher« und »Kirchenkampfliteratur«.
Andrea Schwarz (48), bisher Archiv-Oberrätin am Staatsarchiv München und Vertrauensfrau in der Münchner Dekanskirche St. Markus, ist ab 1. September neue Direktorin des Landeskirchlichen Archivs in Nürnberg. – Im Sonntagsblatt wurde sie von Heinz Brockert befragt:
Nach welchen Kriterien werden heute Archive geführt?
Schwarz: Man muss ständig bewerten, was für die Zukunft interessant sein könnte. Es gibt das Schlagwort »Das Archiv ist das Gedächtnis eines Landes«. Und da hat der Archivar eine große Verantwortung. Den gesunden Menschenverstand und das historische Vorwissen muss man natürlich einfließen lassen, aber es gibt auch Kriterienkataloge dafür, was von Bedeutung sein könnte und was nicht.
Worüber sollen wir uns also unterhalten? Über die Vergangenheit oder die Gegenwart?
Schwarz: Der Archivar hat einen sehr modernen Beruf. Die Gegenwart ist die Vergangenheit der Zukunft, wenn man so will. Der Archivar muss seinen persönlichen Geschmack weit gehend aussperren. Bei meiner bisherigen Tätigkeit interessierten mich persönlich beispielsweise Dokumente über die Entwicklung des Kinos auf dem Lande mehr als Dokumente über heutige Altöl-Beseitigung, aber ich musste natürlich beides mit gleichem Ernst archivieren.
Geht das überhaupt, eine so komplexe Sache wie unsere Gegenwart in einem Archiv zu bewahren?
Schwarz: Man kann sie natürlich nicht eins zu eins abbilden. Trotzdem müssen wir eine große Breite archivieren, damit der Forscher von morgen der Wirklichkeit unserer Tage auf die Spur kommt.
Sammeln Sie privat gerne? Können Sie wegwerfen? Was heben Sie auf?
Schwarz: Ich hebe meine gesamte Korrespondenz auf. Jede Postkarte, jede Glückwunschkarte, die ich bekommen habe, besitze ich noch. Jedes Zettelchen von meinem Mann habe ich aufgehoben.
Wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen?
Schwarz: Nach dem Geschichtsstudium und der Promotion habe ich den Referendarkurs auf der bayerischen Archivschule besucht. 1987 habe ich das zweite Staatsexamen gemacht und war dann 14 Jahre im Bayerischen Hauptstaatsarchiv tätig, zehn Jahre in der so genannten »Alten Abteilung«, Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert. Danach war ich in der Zeitgeschichtlichen Abteilung und habe viel Beratung gemacht, beispielsweise über Archivmaterialien aus der Weimarer Republik. Die letzten drei Jahre war ich im Staatsarchiv München mit Schwerpunkt Aktenaussonderung.
Kann eigentlich jeder ins Landeskirchliche Archiv kommen?
Schwarz: Ja, man muss dazu nicht Wissenschaft betreiben. Heimatforscher, Familienforscher, Journalisten sind willkommen, aber auch jeder evangelische Christ, der nach seinen Wurzeln sucht. Im Landeskirchlichen Archiv lagern Dokumente der Kirchengemeinden und Dekante, Bauakten, Papiere der Kirchenleitung. Man kann sich die Frage neu beantworten: Was war und ist eigentlich der Protestantismus in Bayern? Es gibt eine große Sammlung zur Geschichte der evangelischen Kirche im Nationalsozialismus, aber auch Bestände, die weit in die Vergangenheit zurückreichen.
Sie haben als Kirchenvorsteherin die bayerische Landeskirche hautnah erlebt. Produziert die Kirche derzeit genug, was aufhebenswert ist?
Schwarz: Als Archivarin muss ich natürlich auch Zeiten des Übergangs und der Verunsicherung gut dokumentieren. Ich hoffe aber, dass die Protestanten in späteren Zeiten rückblickend sagen werden: »Durch die Verunsicherung sind wir durch, wir sind jetzt wieder selbstbewusster.«
Kontakt:
Landeskirchliches Archiv Nürnberg
Postfach 25 04 29, 90129 Nürnberg
Besuchsadresse: Veilhofstraße 28, 90489 Nürnberg
Telefon: +49 911 58869-0
Telefax:: +49 911 588 69 69
LKANuernberg@t-online.de
Quelle: Sonntagsblatt (Fragen: Heinz Brockert), 22.8.2004