Pfeddersheim stellt Festbuch vor

Man nehme: Enthusiastische Bürger, ein Stadtarchiv, das sich gerne mitreißen lässt und einen engagierten Ortsvorsteher mit ebensolchem Ortsbeirat. Die Zutaten versprechen Gutes. Im jubilierenden Wormser Stadtteil Pfeddersheim ist das Gute ein opulentes Buch über die Historie des Ortes, das zum Start in den Feier-Marathon und als erstes Highlight zum 1250-jährigen Bestehen vorgestellt wurde. 

Die Präsentation der Festschrift fand in der ausgeschmückten TSG-Turnhalle stand. Zu einem Rundgang lud eine Ausstellung ein, in der Original-Zeichnungen und Fotografien des Buches zu sehen waren. Ortsvorsteher Alfred Haag dankte allen Engagierten, deren konstruktive und problemlose Zusammenarbeit das Erscheinen des Buches möglich gemacht hat. Geschichte und Geschichten seien darin festgehalten, die Chance zum Rück-, aber auch zum Ausblick böten: „Man muss die Vergangenheit kennen, um Gespür für die Erfordernisse der Zukunft zu entwickeln“.

Stadtarchivar Dr. Gerold Bönnen führte als Redaktionsleiter des Jubiläumsbuches inhaltlich in die Chronik ein, Autor Felix Zillien gewährte spannende Einblicke in die Entstehungsgeschichte der Illustrationen – neben Fotos von Angela Carle und Zeichnungen von Ellen Rogler, die auch im Original in der Ausstellung zu bewundern waren, geben historische Aufnahmen des Stadtarchivs und Fotos privater Leihgeber dem Buch sein facettenreiches Gesicht.

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Quelle: Wormser Zeitung, 8.3.2004

Archiv zeigt SPD-Geschichte

Das Geschenk für Willy Brandt gilt Experten als Seitenhieb Erich Honeckers: Der damalige DDR-Staatschef überreichte 1985 dem Besucher aus dem Westen eine Mini-Bibliothek mit 40 Werken, die nun im Archiv der sozialen Demokratie (AdsD) in Bonn stehen. Neben deutschen Klassikern wie Goethes «Faust» oder Werken von Marx und Engels fand sich auch die deutsche Ausgabe von «Decamerone» von Giovanni Boccaccio in der Mini-Bibliothek. Das erotische Werk wird als Anspielung Honeckers auf Brandts angebliche Liebesaffären gewertet, von denen DDR-Spion Günter Guillaume gewusst haben soll.

Honeckers Geschenk ist eines von zahlreichen Stücken im AdsD. Auf 3000 Quadratmetern haben Mitarbeiter der Friedrich-Ebert-Stiftung persönliche Nachlässe und Gaben von mehr als 1000 Persönlichkeiten der Sozialdemokratie und der Gewerkschaftsbewegung zusammengetragen. Neben solchen ungewöhnlichen Exponaten dokumentieren 40 Kilometer Akten, 750 000 Fotos, zehntausende Plakate, tausende Stunden Film sowie zahlreiche Fahnen die Geschichte der Sozialdemokratie und der Arbeiterbewegung seit Mitte des 19. Jahrhunderts.

Für einige Politikgrößen wie Helmut Schmidt, Herbert Wehner oder Willy Brandt haben die 50 Beschäftigten eigens Sonderarchive eingerichtet. Im Brandt-Archiv liegen neben Honeckers Präsent sicher verstaut auch Brandts original Friedensnobelpreis (1971), die Durchschrift seines Rücktrittsschreibens als Kanzler (1974), ein vom Dalai Lama überreichter Seidenschal und Brandts Abiturzeugnis. Das vergilbte Dokument von 1932 bescheinigt Brandt, der damals noch Herbert Frahm hieß, sehr gutes Wissen in Religion und Geschichte und mangelhaftes Können in Latein und Leibesübungen.

«In unserem Archiv bewahren wir nur die persönlichen Geschenke und Dinge der Politiker auf», sagt Archivleiter Michael Schneider. Wenn Brandt oder Schmidt dagegen in ihrem Amt als Kanzler etwas überreicht wurde, dann gehöre das der Bundesrepublik. Das gelte auch für den schriftlichen Nachlass. Dokumente mit dem Bundesadler, also offizielle Schreiben der Kanzler oder Minister, sind nicht in den Bonner Regalen zu finden. Dagegen aber kilometerweise Unterlagen aus der Bundespartei, Landes- und Ortsverbänden oder auch persönliche Briefe.

Brandt ist mit seiner Hinterlassenschaft von 400 Metern Akten der Spitzenreiter im Archiv. Danach folgen Brandts Kanzler-Nachfolger Schmidt, Ex-Parteichef Hans-Jochen Vogel und das «SPD-Urgestein» Herbert Wehner. Wehner, der vor allem durch seine bissigen Zwischenrufe im Parlament legendär wurde, überließ neben 250 Meter Akten auch seine Markenzeichen dem Archiv: ein Dutzend Pfeifen plus Tabak und 30 Aktentaschen, die zum Teil noch gepackt in den Kellerräumen lagern.

«Das Hauptinteresse der Besucher gilt momentan Politikern der Nachkriegszeit», berichtet Schneider. Neben politisch interessierten Gästen stöbern vor allem Studenten und Doktoranden in den Hinterlassenschaften der Sozialdemokratie. Hoch im Kurs bei den Forschern stehen auch wichtige Politiker aus der Weimarer und «Vor-Weimarer» Zeit wie Friedrich Ebert oder die KPD-Mitbegründerin Rosa Luxemburg. Die Dokumente des DGB und der IG Metall haben ebenfalls das wissenschaftliche Interesse geweckt.

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Quelle: Glaube aktuell.Net, 7.3.2004

Sonderausstellung „Belagerung von Wil anno 1712“

Das Stadtmuseum Wil verfügt über einen Fundus von mehr als 2.600 Objekten. Die über 600 Oelbilder ab dem 16. Jahrhundert sind dabei ein zentraler Teil. In der nun offenen Sonderausstellung zur „Belagerung von Wil anno 1712“ sind die Bilder aus der Zeit, weitere Objekte aus dem Museumsbestand und Dokumente aus dem Stadtarchiv gemeinsam zu sehen.

Wil hat viele unruhige Zeiten erlebt und vor allem überlebt. Doch im Frühjahr 1712 schien es, als hätte das letzte Stündlein für die Einwohner und die Stadt geschlagen. Die jahrzehntelang schwelenden Konflikte zwischen der Freiheit und Unabhängigkeit suchenden protestantischen Bevölkerung des Toggenburgs und dem Abt von St. Gallen waren bis vor die Tore Wils gedrungen. Schon bevor einige tausend Zürcher und Berner Truppen, unterstützt von 2000 Thurgauern und Toggenburgern vor Wil aufrückten, hatte Abt Leodegar Bürgisser in Wil eine Garnison von 2.500 Mann gelegt, die umgehend an die Verteidigung  gegangen waren.

Bei Rickenbach und auf der Schabegg am Hofberg war schon im April ein Vorwerk mit Schützengraben errichtet worden. Der Friedhof von St. Peter wurde besonders stark befestigt und mit Geschützen bestückt, die Türme und Stadtmauern  ausgebessert und die Toreingänge mit Palisaden versehen. Dabei vergass man aber den Wald im Anmarschgebiet Bergholz zu verschanzen und zu befestigen, was schlimme Folgen haben sollte.

Die Wiler Mannschaften wurden an den strategisch wichtigen Punkten verteilt. Das Banner und 80 Mann unter Schultheiss Dr. Müller standen beim Rathaus, 56 Mann unter Stadthauptmann Bernhard Rütti beim Rickenbachertor, 20 Mann unter Adelrich Müller beim Schützenhaus. Die Bewaffnung war schlecht, waren doch nur 19 Kanonen und etwa 160 Gewehre vorhanden. Die Stimmung der Verteidiger, die unter dem Kommando des ungeliebten äbtischen Obristwachtmeisters Kaspar Felber von Kaiserstuhl stand, war miserabel.

Als am 17. Mai 1712 die versammelten Berner, Zürcher und Toggenburger von Bergholz und Rickenbach her den ersten Angriff unternahmen, wurde dieser jedoch von der Garnison zurückgeschlagen. Es folgten Tage der Belagerung unter dauerndem Kanonenbeschuss. Zudem war Oberst Felber mit 1.200 Leuten am Donnerstag, den 19. Mai 1712  aus Wil nach Gossau gezogen, um dort die Verbindung mit St. Gallen zu sichern. Es wurde ernst. Am Samstagabend, den 21. Mai 1712, wurde das Bombardement von 12 Geschützen intensiv geführt, indem mit 54 Pfund schweren Kugeln und auch mit glühenden Kugeln vorgegangen wurde. Einige Häuser in der „Unteren“ Vorstadt und in der Oberstadt gingen in Flammen auf, konnten aber rasch gelöscht werden.

Nach der Rückkehr Oberst Felbers, dem der grösste Teil der Truppe fortgelaufen war, herrschte bis Sonntagmorgen Ruhe. Aber bereits um sechs Uhr begann die Kanonade, heftiger und genauer gezielt als zuvor. Es wurden 200- bis 300-pfündige Kugeln verwendet, die die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzten. Eine der Bomben fiel in das Haus des Ratsherren Müller, eine in das Wirtshaus zum Löwen und zerschlug da die Böden, zerschmetterte alle Fenster und machte die Treppen unbrauchbar. Feuerkugeln rissen neun Scheunen in der „Unteren“ Vorstadt ein und setzten sie in Brand.

Dies genügte den verängstigten Wilern; von älteren Bürgern gebeten, entschloss sich Oberst Felber zur Uebergabe der Stadt. Nachdem die Bedingungen einer Kapitulation in zehn Punkten niedergelegt waren, ritten bereits um zwei Uhr nachmittags die siegreichen Generäle Bodmer aus Zürich und von Wattenwyl für die Berner, auf dem Hofplatz ein. Ganze sechs Jahre, bis am 15. Juni 1718 Abt Josef einen Frieden schloss, blieb Wil unter fremder Besatzung.

Der Rat bezifferte den ganzen Schaden, den die Stadt wegen der Belagerung und der darauffolgenden Entwaffnung erlitten hatte, auf 39500 Gulden, eine hohe Summe, die noch jahrzehntelang den Haushalt belastete. Die Folgen der ausgestandenen Aengste und Nöte der Wiler Einwohner sind zwar nirgends verzeichnet, doch um so deutlicher nachfühlbar.

Die Sonderausstellung im Stadtmuseum im Hof zu Wil,
offen Samstag und Sonntag von 14 bis 17 Uhr, ist ab sofort eröffnet, Dauer bis Ende Mai 2004.

Kontakt:
Stadtmuseum Wil
Marktgasse 88
CH-9500 Wil

Stadtarchiv Wil
Marktgasse 58
CH-9500 Wil
TEL  ++41 71 913 53 72
FAX  ++41 71 913 53 54
stadtarchiv@stadtwil.ch

Quelle: Info Wil, 9.3.2004

Bibliothek der Sammlung Crous öffnet in Aachen

Nach zehn Jahren Aufbauarbeit wird es am Dienstag, 16. März, endlich so weit sein: Die Bibliothek der Sammlung Crous öffnet ihre Türen für den Besucherverkehr. Über 4.000 Druckschriften und rund 700 Grafiken über die Geschichte Aachens umfasst mittlerweile die Sammlung, die in einer Etage im Haus des Aachener Karnevalsvereins (AKV) untergebracht ist.

Helmut A. Crous, langjähriger Lokalchef der Aachener Volkszeitung, hatte direkt nach dem Zweiten Weltkrieg angefangen, die umfassende Sammlung von Büchern, Grafiken, Fotografien und Gemälden zusammenzutragen. «Wir haben hier einige Raritäten, die sonst in Aachen in keinem Archiv und keinem Museum vorhanden sind», sagt Kustodin Dr. Marga van den Heuvel. Zu finden ist zum Beispiel die erste nachweisbare Chronik der Stadt Aachen von 1620 oder ein Lehrbrief der Hutmacher-Innung von 1648.

Interessant ist die neue Bibliothek auch für alle, die sich für den Dom, seinen Schatz und die Heiligtumsfahrt oder für Rathaus und Bäderkultur der Stadt interessieren. «Unsere Sammlung geht aber weit über die Stadtgrenzen hinaus. Crous hat auch viel über den Landkreis, das angrenzende Ausland und das Rheinland gesammelt», so van den Heuvel.

Sie hat seit 1996 mit Hilfe von Studenten und Ehrenamtlichen die Sammlung Crous nicht nur gesichtet, überarbeitet und katalogisiert, sondern auch weiter ausgebaut. «Gerne nehmen wir auch Schenkungen an – alles, was mit der Geschichte Aachens zu tun hat, interessiert uns», appelliert van den Heuvel an mögliche Spender.

Der zeitliche Schwerpunkt der Grafiken liegt im 17., 18. und 19. Jahrhundert. «Die älteste ist allerdings schon von 1492», erklärt die Kustodin. Druckschriften sind aus der Zeit von 1521 bis heute zu finden. «Da ist es wichtig, auch immer wieder neue Publikationen aufzunehmen, die den neuesten Stand der Forschung wiedergeben.»

Doch nicht nur für Forscher und Kuratoren wollte van den Heuvel die neue Präsenzbibliothek interessant machen: «Es soll ein Ort der Kommunikation sein. Deshalb ist in einem unserer Räume Platz für Gespräche und Erfahrungsaustausch der Besucher. Hier werden wir auch im dreimonatigen Wechsel Ausstellungen aus der Sammlung konzipieren.»

Info:
Die Sammlung Crous, Kurhausstraße 2c, ist immer dienstags und donnerstags von 14 bis 16 Uhr für den Besucherverkehr geöffnet. In dieser Zeit kann auch die jeweilige Ausstellung besichtigt werden. Es ist ein Präsenzbestand, kann also nicht ausgeliehen werden.

Quelle: Aachener Zeitung, 9.3.2004

Stadt Leer kann Historikerin nicht mehr bezahlen

Die vorbeugende pädagogische Arbeit gegen rechtsradikale Tendenzen ist in Leer eingestellt worden. Die Suche nach Fördergeldern blieb ergebnislos. „Es ist eine Katastrophe, dass die archivpädagogische Arbeit von Menna Hensmann nicht fortgesetzt werden kann.“ Martina Belling, Lehrerin an den Berufsbildenden Schulen der Stadt Leer (BBS II), steht mit ihrer Meinung nicht alleine da. Viele Leeraner bedauern, dass der Vertrag der Historikerin und Journalistin mit der Stadt nach zweimaliger Verlängerung zum 31. Dezember 2003 ausgelaufen ist. Bis Ende vergangener Woche hat die Jemgumerin noch die Anne-Frank-Ausstellung im „Zollhaus“ betreut. Jetzt ist sie arbeitslos.

Die 46-Jährige Menna Hensmann hat die Zeit des Nationalsozialismus in Leer aufgearbeitet und die Ergebnisse, unter anderem ausführliche Interviews mit Zeitzeugen, in der Dokumentation „Leer 1933 – 1945“ veröffentlicht. Parallel dazu entwickelte sie ein pädagogisches Modell, wie Jugendliche Geschichte unmittelbar erfahren können, indem sie deren Auswirkungen direkt vor Ort in ihrer Lebenswirklichkeit begreifen. Dazu gehörten unter anderem Stadtführungen auf den Spuren vertriebener jüdischer Bürger, die Einweisung von Schülern in die Arbeit im Archiv und die Organisation von Wanderausstellungen, die sich mit der nationalsozialistischen Thematik beschäftigen.

Phänomene wie Ausgrenzung oder Verleumdung blieben durch diese Form der Vermittlung keine leeren Begriffe, sondern wurden mit Inhalt und Erleben gefüllt. „Wir haben intern sehr intensiv nach Fördermitteln geforscht, um die sehr anerkannte, bundesweit ausstrahlende Arbeit von Frau Hensmann fortsetzen zu können. Leider ohne Ergebnis“, bedauert Stadtsprecher Erich Buß. Aufgrund der finanziellen Misere sei die Stadt gezwungen, Abstriche zu machen und Personal einzusparen. Zunächst müsse man freiwillige Leistungen beschneiden. Dazu zählen unter anderem die Öffnungszeiten der Stadtbibliothek, die seit 15. Februar mittwochs immer geschlossen hat, und die stark eingegrenzten Nutzungszeiten des Stadtarchivs auf dienstags von 15 bis 17 Uhr und freitags von 9 bis 13 Uhr.

Kontakt:
Stadtarchiv Leer
Rathausstraße 1 (Erdgeschoß, Zimmer 11)
26789 Leer
Telefon: 0491-9782411
Telefax: 0491-9782247
archiv@leer.de

Quelle: Ostfriesen-Zeitung, 9.3.2004

Kerber bleibt in Siegen ein Thema

Die Einrichtung der städtischen Zentralbibliothek im alten Kaufhof (Kaufhaus Kerber) am Siegener Markt bleibt auch nach den jüngsten Sparforderungen der Kommunalaufsicht Thema für den Siegener Rat. Bürgermeister Ulf Stötzel übersandte den Mitgliedern des Hauptausschusses jetzt eine Vorlage, in der er einen Planungsauftrag für das Gebäude erteilt bekommen will. Gemäß den Verhandlungen der Stadt mit dem Düsseldorfer Ministerium berichtet, in denen sowohl Zuschussmöglichkeiten als auch der „vorzeitige Maßnahmebeginn“ ausgelotet worden waren, will die Stadt das 1. und das 2. Obergeschoss mit Zentralbibliothek und Volkshochschule füllen, während die anderen Stockwerke privatwirtschaftlich genutzt werden sollen. In Düsseldorf hatte es von Seiten der Stadt Hinweise gegeben, dass eine Investorengruppe für die Nutzung der anderen Stockwerke bereit steht.

Einen Kostenbeitrag erwartet man sich aus dem Verkauf von freiwerdenden Häusern, etwa dem, in dem derzeit Volkshochschule und Stadtarchiv untergebracht sind. Auch für das Stadtarchiv wird eine neue Bleibe gesucht. In dem Planungsauftrag sollen Fragen der Fassade, der Statik, des künftigen Gemeinschaftseigentums und der Stellplätze geklärt werden. – Die Stadt hatte schon vor Monaten eine Projektgruppe „Reaktivierung Kerber“ ins Leben gerufen, die bisher aber noch nicht getagt hat.

Kontakt:
Stadtarchiv Siegen
Oranienstraße 15 • 57072 Siegen
Postfach 100352 • 57003 Siegen
0271 / 404-3901
0271 / 404-3900
l_burwitz@siegen.de

Quelle: Westfalenpost, 8.3.2004

UB Marburg gibt Bücher an NS-Opfer zurück

Die Marburger Uni-Bibliothek durchforstet in einem aufwändigen Projekt ihren Bestand nach Büchern, die im Dritten Reich beschlagnahmt wurden. – „Ich habe immer gedacht, die Bücher wären damals verbrannt worden“: Mit diesen Worten reagierte der 97-jährige Frankfurter Egon Alfhart, als ihm Dr. Bernd Reifenberg von der Marburger Uni-Bibliothek das Buch „Dem jungen Morgen zu“ von Martin Andersen-Nexö zurückgab, das in der UB im Zuge des Recherche-Projekts als NS-Raubgut erkannt wurde. Im Jahr 1934 war der 1923 verfasste Bericht einer Reise nach Russland neben rund 20 weiteren sozialistischen Büchern bei einer Razzia der Nazis in der Wohnung Alfharts beschlagnahmt worden. Aus Dank für das Interesse und die Buch-Rückgabe von seiten der Bibliothek schenkte er der UB fünf Bücher des Göttinger Philosophen und Sozialisten Leonard Nelson.

Alfhart arbeitete damals in der von des jüdischen und sozialistischen Fabrikbesitzer Max Wolf geleiteten Dreiturm-Seifenfabrik in Steinau und verteilte noch nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Januar 1933 als Mitglied im Internationalen Sozialistischen Kampfbund illegale Flugblätter. „Die Razzia war ein Schlag gegen die Firma. Die haben mich mitgenommen und die Bücher bei mir beschlagnahmt“, erinnert sich Alfhart. Alfhart überlebte die Verfolgung durch die Nationalsozialisten und die Kriegswirren: nach einem mehrmonatigen Aufenthalt in mehreren Konzentrationslagern kam er frei.

Das Buch von Andersen-Nexö hatte sich wie weitere Bände des Fabrikbesitzers Max Wolf aus der Werksbibliothek in einer Lieferung des Landratsamts Schlüchtern befunden, die der Uni-Bibliothek Marburg in der Nazi-Zeit zum Kauf angeboten wurde. Bereits im November 2001 waren von der UB nach dem ersten Erfolg in dem Recherche-Projekt zum NS-Raubgut sechs Bücher aus dieser Lieferung an den Sohn des nach England emigrierten Max Wolf zurückgegeben worden.

Nur mit Hilfe von langer und detektivischer Kleinarbeit gelang es UB-Öffentlichkeitsreferent Dr. Reifenberg, nun den ersten noch lebenden Besitzer von NS-Raubgut zu ermitteln. Er fand in dem Buch, das seinen Recherchen zufolge zu derselben Lieferung des Landratsamtes Schlüchtern gehörte, den handschriftlichen Namenszug „E. Alfhart“. Daraufhin entdeckte er den Namen Egon Alfhart in dem Register eines Buches der Historikerin Christine Wittrock, die diesen als Zeitzeugen interviewt hatte.

Im Anschluss an die Konferenz über Vermögenswerte aus der Zeit des Holocausts im Jahr 1998 in Washington verabschiedeten Bund, Länder und Gemeinden eine „Erklärung zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts“. Nicht nur Kunstsammlungen und Archive, sondern auch Bibliotheken sollen in ihren Beständen nach NS-Raubgut suchen und diese an ihre rechtmäßigen Besitzer zurückgeben.

Die Marburger Bibliothek ist laut Reifenberg die erste und einzige öffentliche Bibliothek, die ihre Bestände systematisch nach diesen „Beute-Büchern“ durchforstet. Es geht dabei um rund 10.000 Bände, die in der Zeit zwischen 1933 und 1950 von der Bibliothek aus zweiter Hand erworben wurden. Dabei muss jedes einzelnes Buch angeschaut werden. Bisher wurden rund 5.000 Bücher auf Besitzvermerke, Exlibris und andere Herkunftsspuren untersucht. Alle Ergebnisse werden in einer Datenbank erfasst, die demnächst auch per Internet abrufbar sein wird.

Kontakt:
Universitätsbibliothek Marburg
Wilhelm-Röpke-Str. 4
35039 Marburg
Telefon: (06421) 28-21321
Fax: (06421) 28-26506

Quelle: Oberhessische Presse, 8.3.2004

Streit über die Vergangenheit eines PDS-Wahlmannes

Im Streit zwischen der PDS und dem Magazin «Focus» um die Entsendung des Wahlmannes Hans Lauter haben beide Seiten ihre Juristen in Stellung gebracht. Der «Focus» forderte am Montag von der Partei einen Widerruf des Vorwurfs der Geschichtsfälschung. Die PDS drohte im Gegenzug damit, von einem Gericht feststellen zu lassen, dass sie den Begriff «elende Geschichtsfälschung» weiter im Zusammenhang mit der Berichterstattung des Magazins über Lauter und dessen Rolle bei der Sprengung der Leipziger Paulinerkirche 1968 verwenden darf. Der 89-jähriger Hans Lauter, der für die PDS am 23. Mai in der Bundesversammlung den Bundespräsidenten mitwählen soll, erklärte, er sei niemals Urheber der Sprengung der Kirche gewesen.

Der «Focus» hatte der PDS vorgeworfen, mit Lauter entsende sie einen «Altkommunisten» in die Bundesversammlung, der Ende der 60er Jahre großen Anteil an der Sprengung der Kirche gehabt habe. PDS-Bundeschef Lothar Bisky und der Vorsitzende der PDS-Fraktion im sächsischen Landtag, Peter Porsch, sprachen daraufhin von einer «elenden Geschichtsfälschung», da Lauter aufgrund seiner reservierten Haltung zur Kirchensprengung später aus der Bezirksleitung der SED abberufen worden sei. In der jüngsten Ausgabe veröffentlicht das Magazin indes ein von Lauter unterzeichnetes Dokument von 1964 aus dem Sächsischen Staatsarchiv, in dem dieser in einem so genannten Maßnahmenplan die Vorbereitung und die Pressebegleitung der Sprengung aufzeichnet.

Erstmals meldete sich Montag offiziell die Hauptperson des Streits, Hans Lauter, zu Wort. In einer zweiseitigen Erklärung gab er an, mehrfach gegen den Plan der SED zur Sprengung der Kirche Einwände erhoben zu haben. Zu dem vom «Focus» veröffentlichten und von ihm unterzeichneten Dokument erklärte der 89-Jährige, es gebe möglicherweise keine anderen Dokumente mehr, die seine Ablehnung belegten und so könnte der Anschein entstehen, er sei Urheber des Kirchenabrisses. «Das war ich nie», erklärte Lauter.

Quelle: Freie Presse Online, 8.3.2004

Bundestag verweigert Fortzahlung der Archiv-Zuschüsse an die Rosa-Luxemburg-Stiftung

Die Bundestagsverwaltung hat der Rosa-Luxemburg-Stiftung die Zuschuesse für die Aufbereitung von Archivalien der aus dem Parlament ausgeschiedenen PDS-Fraktion gestrichen. Die Stiftung sieht darin einen Präzedenzfall.

In dem seit einem Jahr schwelenden Streit zwischen der PDS-nahen Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Bundestagsverwaltung um eine Finanzierung des Archivs der einstigen PDS-Bundestagsfraktion sind alle Bemühungen um eine Lösung erfolglos geblieben. Das zuständige Haushaltsreferat hatte bereits im Februar 2003 entschieden, kuenftig keine Fördermittel mehr an das „Archiv des Demokratischen Sozialismus“ zu überweisen. Einer Weiterfinanzierung, so die Bundestagsverwaltung, stehe das Ausscheiden der PDS-Fraktion aus dem Bundestag entgegen. Auch mehrfache Interventionen der Stiftung blieben erfolglos.

Konkret geht es um rund 104.000 Euro aus dem Etat des Bundestages, die der Luxemburg-Stiftung bislang zur „Aufbereitung und Erhaltung zeitgeschichtlich bedeutsamer Archivalien“ gewaehrt wurden. Im Bundeshaushalt werden fuer diese Arbeit der politischen Stiftungen seit Jahren rund 2,2 Millionen Euro bereitgestellt. Eine gesetzliche Finanzierungsregelung besteht zwar nicht. Allerdings galt bisher eine gemeinsame Erklaerung der wichtigsten parteinahen Stiftungen als Grundlage. In dem auch von der Luxemburg-Stiftung unterstuetzten Papier ist u.a. die Ausschuettung von Projektmitteln wie jenen zur Finanzierung des PDS-Archivs vereinbart.

Entsprechende Gelder sollten auch nach dem Ausscheiden einer Partei aus dem Bundestag „mindestens fuer die Dauer einer Wahlperiode“ weitergewaehrt werden, heisst es in dem Papier. Diese Vereinbarung werde mit der Verweigerung von Projektmitteln fuer die 2002 als Fraktion aus dem Bundestag ausgeschiedene PDS torpediert, kritisiert Evelyn Wittich vom Vorstand der Luxemburg-Stiftung die Entscheidung der Bundestagsverwaltung und warnte vor einem Praezedenzfall. Bei der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung bedauerte man zwar den Vorgang, sah allerdings „keine Moeglichkeit einer weiteren Intervention“.

Offenbar, so Wittich, bestehe seitens der Parlamentsbehoerde kein Interesse mehr an den PDS-Unterlagen, die Luxemburg-Stiftung werde behandelt „wie eine Stiftung in Abwicklung“. Wie die Arbeit des als wissenschaftlich wertvoll eingeschaetzten Stiftungsarchivs in Zukunft finanziert werden soll, steht nun in den Sternen – zumal die eingelagerten Fraktionsunterlagen mit 337 von insgesamt rund 400 laufenden Regalmetern den weitaus ueberwiegenden Teil der Dokumente umfassen.

Von den Bestaenden der Wahlperiode 1998 bis 2002 hat man bislang lediglich einige der Akten des Ex-Fraktionschefs Gregor Gysi aufbereitet, der groesste Teil harrt in Kisten verpackt seiner Bestimmung. Fuer eine erfolgreiche Fortsetzung der bislang mit den Bundestagsgeldern finanzierten Archivarbeit hofft die Vorstaendlerin nun auf Spenden und die ehrenamtliche Hilfe durch interessierte Archivare.

Kontakt:
Rosa-Luxemburg-Stiftung
Franz-Mehring Platz 1
10243 Berlin

Telefon: +49-(0)30-44310221
Fax: +49-(0)30-44310222

Quelle: Neues Deutschland, 28.2.2004

Aktives Museum Spiegelgasse dokumentiert deutsch-jüdische Stadtgeschichte

Das Aktive Museum Spiegelgasse wurde 1988 in Wiesbaden gegründet. Es diente ursprünglich der Rettung des Gebäudekomplexes Spiegelgasse 9 bis 11. Das „wertvollste noch erhaltene Zeugnis jüdischen Lebens in Wiesbaden“ beherbergte im 18. und frühen 19. Jahrhundert ein jüdisches Badehotel, die Rabbinerwohnung, einen Betraum und lange Zeit das rituelle Bad, wie Dorothee Lottmann-Kaeseler, Vorsitzende des Museums, erläutert.

Das kleine Haus mit der Nummer 11 wurde 1735 erbaut und ist damit das drittälteste Wohnhaus Wiesbadens. Seit Sommer 1999 nutzt der Verein das im Jahr zuvor sanierte Gebäude zu Ausstellungszwecken. Die Büros, das Archiv und die Bibliothek sind in der Spiegelgasse 7 untergebracht. Größere Veranstaltungen, wie die Eröffnung von Teofila Reich-Ranickis Ausstellung am 17. März, finden im Rathaus statt. „Sonst platzt unser kleines Häuschen aus den Nähten“, erklärte Dorothee Lottmann-Kaeseler.

Als „Ort des lebendigen Erinnerns“ richtet das Museum den Blick auf die jüdische Geschichte der Stadt und dabei vor allem auf Verschüttetes aus der NS-Zeit. Im Kampf gegen das Vergessen bedient sich der Verein vielfältiger Mittel. Dazu gehören eigenproduzierte Broschüren und Filme ebenso wie geführte Stadtrundgänge und Ausstellungen. Das Zeitzeugenprogramm bringt Schüler der Klassen acht bis 13 zu Gesprächen mit Menschen zusammen, die das Dritte Reich noch selbst erlebt haben. Desweiteren organisiert der Verein Fortbildungen für Lehrer und andere Berufsgruppen. Die Bibliothek ist einmal wöchentlich (donnerstags von 16 bis 18 Uhr) geöffnet. Eine Dauerausstellung im Wiesbadener Rathaus informiert multimedial und interaktiv über Orte, an denen sich Spuren der Stadtgeschichte finden lassen. „Wir bemühen uns außerdem um die Kennzeichnung historischer Stätten in der Stadt.“ Die Installation „Fragmente“ am Michelsberg beispielsweise rekonstruiert den Grundriss der 1938 zerstörten Synagoge.

Wie die meisten sozialen und kulturellen Einrichtungen sei auch das Aktive Museum von den Kürzungen nach dem „Rasenmäher-Prinzip“ betroffen. „Wir bangen um unseren Zuschuss von knapp 50.000 Euro“, so Lottmann-Kaeseler. Ohnehin lasse diese Summe keinen Spielraum für Projekte, „das Geld geht für Miete, Material und Technik drauf“. Die Arbeit werde zu 99 Prozent ehrenamtlich geleistet, lediglich Dorothee Lottmann-Kaeseler erhalte ein „geringfügiges Honorar für meine 60-Stunden-Woche“. „Wenn der Zuschuss wegfällt, können wir die Miete nicht mehr bezahlen“, fürchtet die Vorsitzende. Sponsoren seien nur schwer für die Thematik zu begeistern. Die Menschen wollten mit der Vergangenheit nicht „belästigt“ werden, wie die Hohmann-Debatte sehr deutlich gezeigt habe. Das gelte besonders für „unbequeme“ Vorträge wie den von Dieter Schenk, der im Januar über die „braunen Wurzeln des BKA“ referierte. Aber auch für unverfängliche Kunstprojekte fänden sich kaum Geldgeber.

Kontakt:
Aktives Museum Spiegelgasse
für Deutsch-Jüdische Geschichte in Wiesbaden e.V.
Spiegelgasse 7
65183 Wiesbaden
Spiegelgasse@web.de
Tel: +49 611 30 52 21
Fax: +49 611 30 56 50
http://www.am-spiegelgasse.de/

Quelle: Wiesbadener Kurier, 6.3.2004