Nürnberg (APA/dpa). Eine schwierige Hinterlassenschaft der Nazi-Zeit ruht in den Regalen der Nürnberger Stadtbibliothek: eine Sammlung von mehreren tausend Büchern, die sich mit dem Judentum beschäftigen oder früher Juden gehörten. Zusammengetragen haben sie paradoxerweise die Nationalsozialisten selbst, nämlich der berüchtigte „Frankenführer“ Julius Streicher und sein antisemitisches Hetzblatt „Der Stürmer“. Im Internet suchen die Verantwortlichen der Stadtbibliothek jetzt nach den früheren Eigentümern der Bücher, die heute als „Raubgut“ gelten.
Knapp 9.000 Bände umfasst die bizarre Sammlung, berichtet Christine Sauer von der Abteilung Handschriften und Alte Drucke der Nürnberger Stadtbibliothek. Neben einem Komplex von mehr als 4.000 Schriften zum Judentum „im weitesten Sinne“ sowie zur Freimaurerei enthält sie 4.500 Titel an Schöner Literatur in zahlreichen Sprachen.
Bewegte Geschichte
Soweit sich die seltsame Geschichte dieser Sammlung rekonstruieren lässt, waren die Bücher nach Kriegsende 1945 in den Redaktionsräumen des „Stürmer“ gefunden worden. Hinzu kamen Bücher aus dem Privatgut Pleikershof von Julius Streicher, der 1946 als Kriegsverbrecher hingerichtet wurde. Die amerikanische Militärregierung übergab die Bücher dem damaligen Bibliotheksdirektor.
Erst 1993 identifizierte sich die israelitische Kultusgemeinde (IKG) Nürnberg als Eigentümer und berief sich auf eine mündliche Vereinbarung aus dem Jahr 1945. In diesem Jahr schließlich wurden diese Besitzverhältnisse schriftlich fixiert.
„Geistige Rüstkammer“
Die Sammelschwerpunkte entsprechen nach Sauers Angaben den im „Stürmer“ behandelten Themen: Hetze gegen Juden, Freimaurer, „Bolschewisten“ und die Kirche. „Hinweise nähren die Vermutung, dass die Büchersammlung als geistige Rüstkammer und Nachschlagebestand für die Kampagnen des „Stürmer“ benutzt wurden“, erklärt die Bibliothekarin.
Der größte Teil der „Sammlung IKG„, wie sie heute genannt wird, wurde nach 1957 katalogisiert. Mitte 1997 begann Leibl Rosenberg, ein Kenner des Judentums, mit der Katalogisierung der noch unerschlossenen 1200 Exemplare. In akribischer Kleinarbeit versuchte Rosenberg, Spuren von Vorbesitzern zu finden: Er forschte nach handschriftlichen Besitzeinträgen, Widmungen, Stempeln und Exlibris.
Öffentlich zugänglich
Die identifizierten Besitzeinträge werden nun im Internet weltweit zugänglich gemacht. Mit mehr als 800 Meldungen ist die Nürnberger Stadtbibliothek nach eigenen Angaben der größte Zuträger zur „Lost Art Internet Database“ von Bund und Ländern. Diese seit 2001 existierende Datenbank soll der Dokumentation und Recherche von Kulturgütern dienen, die während der Nazi-Zeit verloren gingen.
Daneben bietet die Bibliothek seit kurzem die Möglichkeit, sämtliche Besitzvermerke in einem für das Internet freigeschalteten Katalog zu recherchieren. „Hier können auch die nicht an Lost Art gemeldeten Bücher gefunden werden“, erklärt Sauer. „Wir versuchen, möglichst viele Bücher an die Eigentümer zurückzugeben.“
Kontakt:
Stadtbibliothek
Sammlung IKG
Egidienplatz 23
90403 Nürnberg
Tel.: (0911) 231 – 27 21
Fax: (0911) 231 – 54 76
E-Mail: Leibl_Rosenberg@stb.stadt.nuernberg.de
http://www.stadtbibliothek.nuernberg.de/
Lost Art Internet Database: http://www.lostart.de/
Quelle: Der Standard, 14.7.2003
Zeitungs-Ausschnittarchiv
Im Unternehmensarchiv der Axel Springer AG wurde jüngst ein Bestand besonderer Art erschlossen, wie man auf H-Soz-u-Kult erfahren konnte: Vom Haus Broschek, dem Verlag des „Hamburger Fremdenblattes“, hat das Verlagshaus Anfang der 1950er Jahre das Zeitungsausschnittsarchiv (sog. Textarchiv) übernommen. Darunter sind große Mengen biografischer Artikelsammlungen aus den Jahren 1908-1954. Die mit Quellenangabe aufgeklebten biografischen Zeitungsartikel von A-Z stammen überwiegend aus deutschen, aber auch aus internationalen Zeitungen.
Von besonderer Bedeutung erscheinen die umfangreichen Artikelsammlungen zu prominenten Politikern, Unternehmern, Künstlern und Personen der Zeitgeschichte. Beispielsweise sind zu Adolf Hitler 6 Archivkartons mit Artikeln aus der Presse bis 1954 vorhanden. Bei Joseph Goebbels (von 1933-1954) und Hermann Göring (1932-1954) liegen ebenso umfangreiche Artikelmappen vor. Zu Goebbels und Göring fertigte eine Praktikantin detaillierte Verzeichnisse der Artikel an (vgl. Anhang unten). Daneben gibt es auch große Mengen von Zeitungsartikeln über nicht-prominente Personen, zu denen biografische Recherchen heute schwierig sein können.
Diese biografische Artikelsammlung („Broschek-Archiv“) steht zur wissenschaftlichen Auswertung zur Verfügung. Interessenten können sich beim Unternehmensarchiv der Axel Springer AG (unternehmensarchiv@axelspringer.de) in Hamburg melden. Interessenten müssen allerdings vor Ort Einblick in die Sammlung nehmen (können dabei aber auch kopieren). Seitens des Unternehmensarchivs werden keine Kopien angefertigt und verschickt.
Anhang:
http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/daten/2002/goebbels_1933-54.pdf
http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/daten/2002/goering_1932-54.pdf
Kontakt:
Dr. Erik Lindner
Axel Springer AG
Unternehmensarchiv
Telefon: +49 (0) 40/3 47-2 57 49
Telefax: +49 (0) 40/3 47-2 64 73
erik.lindner@axelspringer.de
Homepage <http://www.axelspringer.de>
Theunissens Blick entgeht kein Riss
Skalpell, Fimo, Bienenwachs und Knetgummi gehören genauso zu seinem Handwerkszeug wie feinstes Japanpapier und gutes Leder. Alles nicht nur gut erreichbar, sondern äußerst sorgfältig bereit gelegt, denn zu Ferdinand Theunissens Arbeit gehört Genauigkeit und feine Abstimmung unbedingt dazu.
Der 64-Jährige ist Restaurator im Stadtarchiv Neuss. Über einen Mangel an Arbeit kann sich der gebürtige Mönchengladbacher, der als Kunstbuchbinder angefangen hat und seit 1983 in Neuss arbeitet, nicht beklagen. Allein von den 120 laufenden Metern des Preußenbestandes (der bis 1945 datiert wird) sind 50 Prozent so stark beschädigt, dass sie unbedingt restauriert werden müssen.
„Alles, was den Archivaren in die Hand fällt“ – beim Durchforsten des Bestandes – landet letzten Endes in der mustergültig aufgeräumten Werkstatt im hinteren Teil des historischen Gebäudes. Dort sind wegen der empfindlichen alten Akten und Bücher Luftfeuchtigkeit und Temperatur genauestens geregelt – und schaffen zudem mit 50 Prozent und 20 Grad ein angenehmes Arbeitsklima -; dort liegen Bücher und Urkunden manchmal für Wochen, bis sie endlich wieder einen Zustand erreicht haben, der die Lagerung für die „nächsten hundert Jahre“ möglich macht.
Denn für seine Arbeit muss Theunissen nicht nur mit dem Skalpell umgehen können, wenn er zum Beispiel Lücken eines uralten Papierbogens mit feinem Japanpapier schließt, sondern seinen „Patienten“ auch Zeit geben. Ein Buch zu restaurieren zum Beispiel, braucht viele Wochen, weil der Prozess durch ständiges Reinigen, Wässern und Glättern sich in die Länge zieht: „Vor jedem nächsten Schritt muss es vollständig getrocknet sein.“ Doch wenn etwa das fertig restaurierte „Missa Coloniense“, eines der ersten Gutenberg-Drucke, vor einem liegt, lässt sich ermessen, wie wunderbar haptisch ein Arbeitserfolg sein kann.
Wenn er Akten hervorholt wie jene von 1816 – „Auswanderungen betreffend“ -, deren Seiten sich einrollen und Deckel eingerissen sind, ist sein Griff fest und behutsam zugleich. Dass der Restaurator seinen Beruf liebt, ist indes nicht nur seinen ebenso kompetenten wie verständlichen Erklärungen anzumerken, sondern vermittelt sich auch durch sein Engagement für den Nachwuchs: Seit Jahren sitzt Theunissen im Prüfungsausschuss der Handwerkskammer und leitet im Stadtarchiv Praktikanten der Fachhochschule Köln an. – Fimo, Knetgummi und Bienenwachs braucht der Restaurator übrigens, um Siegel nachzuarbeiten.
Kontakt:
Stadtarchiv Neuss
Oberstr. 15
41460 Neuss
Tel.:02131-90-4257
Fax.:02131-90-2433
Quelle: ngz-online, Neuss-Grevenbroicher Zeitung, 4.7.2003 (mit Foto).
Ausstellung zur rheinischen Form des NS-Widerstands
Der 60. Jahrestag des Attentats auf Adolf Hitler steht erst am 20. Juli 2004 an. Doch bereits jetzt bereitet der Meerbuscher Stadtarchivar Michael Regenbrecht mit Hilfe von Material der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin im Stadtarchiv in Büderich eine Ausstellung zum Thema „Widerstand gegen den Nationalsozialismus“ vor.
Die Ausstellung soll am Freitag, 18. Juli, um 12 Uhr eröffnet werden. Eindrucksvoll dokumentieren die Reichstagswahl-Resultate von 1928 bis 1933 den rasanten Machtgewinn der Nationalsozialisten. „Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass die Nazis im Rheinland zwar die Mehrheit, nie aber eine alles überwältigende Übermacht wie in anderen Regionen erringen konnten. Die Zentrumspartei hat hier ihre starke Stellung behaupten können“, heißt es.
Darin zeige sich auch die starke Stellung der katholischen Kirche im rheinischen Raum, deren Klerus sich zudem in Veröffentlichungen vehement gegen die große Gefahr der nationalsozialistischen Bewegung gewandt habe. So spielen Widerstandsströmungen aus den christlichen Lagern in Regenbrechts Ausstellung logischerweise eine Rolle. Beleuchtet werden aber auch die Bestrebungen von Sozialdemokraten, Kommunisten, Liberalen, Konservativen, des politischen Katholizismus, Gewerkschaften und Jugendlichen, das Hitler-Regime zu bekämpfen.
Die Ausstellung hat auch Meerbusch-Bezug. Denn man habe es hier mit einer ganz besonderen, „rheinischen Form des Widerstandes im Kleinen“ zu tun, einer Art bewusster Nonkormität und zivilen Ungehorsams. Beispiel: Den Pfarrgemeinden sei durch die NSDAP-Schikaneure nicht nur die Benutzung der historischen Prozessionswege an Fronleichnam untersagt, sondern auch jeglicher Straßenschmuck verboten worden. Die Gläubigen mussten andere Wege ziehen. Sehr zum Ärger der Nationalsozialisten seien aber selbst die „Umleitungs“-Straßen beflaggt und geschmückt worden.
Kontakt:
Stadtarchiv Meerbusch (Büderich)
Karl-Borromäus-Straße 2a
40667 Meerbusch (Büderich)
Postfach 1664
Tel.: 02132/7696-80
archiv@meerbusch.de
www.meerbusch.de
Vgl. Archiv.Net-Meldung vom 6.5.2003
Quelle: ngz-online, Neuss-Grevenbroicher Zeitung, 2.7.2003
Pfungstadts Goldenes Buch im Archiv
Königsblauer Ledereinband, handgeschöpftes Büttenpapier. Edel sieht das neue Goldene Buch der Stadt Pfungstadt aus. Wie schon sein braunlederner Vorgänger ist es ein Geschenk des Heimatvereins. Das bisherige Goldene Buch hatte der Verein der Stadt am 13. April 1959 geschenkt.
Bereits am 22. April 1959 erfolgte der erste Eintrag, als eine Arbeitsgemeinschaft des Hessischen Städtebundes in Pfungstadt tagte. Als letzter trug sich der damalige Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig 2001 nach einem Ortstermin am Baugelände der Umgehungsstraße ein. Dazwischen liegen Eintragungen, die die Stadtgeschichte widerspiegeln mit sportlichen Höhepunkten, etwa als die schon legendären sechs „Atus“ der Freien Turngemeinde (FTG) die deutsche Meisterschaft errangen, mit Zeugnissen für die Pfungstädter Weltoffenheit, wenn etwa Gäste aus den Partnerstädten oder gar aus dem fernen Japan nach Pfungstadt kamen. Neben den Unterschriften der Beteiligten ergänzen Fotos und Zeitungsausschnitte die Eintragungen.
Das alles illustriert zwar die einzelnen Begebenheiten, ist aber nicht ohne Auswirkungen auf die Ansehnlichkeit des Buches geblieben. Hässliche Kleberspuren auf den betroffenen Seiten und Rückseiten sind die Überbleibsel dieser Behandlung. Günter Krämer wünscht sich, dass das Büttenpapierseiten künftig unbefleckt bleibt. „Man kann ja Fotos und Zeitungsausschnitte zu einzelnen Anlässen in einem separaten Buch führen“, so sein Vorschlag.
Das alte Buch kommt nach vierundvierzigjährigem Gebrauch nun ins Stadtarchiv.
Kontakt:
Stadtarchiv Pfungstadt
Stadtverwaltung
Hillgasse 8
64319 Pfungstadt
Tel.: 06157/911952
Quelle: Echo Online, 1.7.2003.
Spionierte Zarah Leander für den KGB?
Wenn es stimmt, was der russische Publizist Arkadij Waxberg im Stockholmer„Svenska Dagbladet“ enthüllte, dann hätte ausgerechnet Zarah Leander (1902-1981), die große Diva des Dritten Reiches, die nach 1945 wegen Kollaboration publizistisch angegriffen wurde, für den russischen Geheimdienst spioniert; ihr Deckname war „Rose-Marie“. Waxberg stützt sich auf erst jetzt zugängliche Dokumente russischer Geheimdienst-Archive und Tonbandaufnahmen mit Erinnerungen des ehemaligen sowjetischen Geheimdienstchefs Pavel Sudoplatov. Die sollen beweisen, dass Zarah Leander schon vor dem Krieg als Agentin angeworben wurde. Dass ihr Name in keinem Agentenverzeichnis stehe, beweise nur, wie bedeutsam sie gewesen sei. Das glaubt der Historiker Göran Elgemyr nicht, der sich jahrelang mit der Diva beschäftigte und ihre Akten des schwedischen Geheimdienstes Säpo kennt. „Sie war politisch völlig naiv. Natürlich kann sie etwas aufgeschnappt haben, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die Russen sie als Spionin benutzten.“ Zarah Leander selbst hatte immer betont, sich „nicht für Politik“ zu interessieren.
In Zarah Leanders schwedischer Heimat wird die Enthüllung nicht recht ernst genommen. Zwar sei tatsächlich in sowjetischen Code-Telegrammen, die in den USA entschlüsselt wurden, von einer Agentin namens „Roz-Mari“ die Rede, berichtet der Sicherheitsforscher Wilhelm Agrell. Doch sei fraglich, ob dies Zarah Leander war. Seltsam auch, dass die 1981 verstorbene Leander in ihren freizügigen Erinnerungen kein Wort über ihre angeblichen Agentendienste berichtete. Hier hätte Zarah Leander ja, die in Schweden nach Kriegsende wegen ihrer Nazi-Kontakte auf der Schwarzen Liste stand, andeuten können, dass sie die Nazis sogar bekämpfte …
Quelle: Der Tagesspiegel, 10.7.2003; FR, 10.7.2003.
Erinnerungskultur im deutschen Sport
Auf der Tagung „Wider das Vergessen – Erinnerungskultur im deutschen Sport“, die am 27. und 28. Juni 2003 vom Deutschen Olympischen Institut in Berlin durchgeführt wurde (Tagungsbericht), präsentierte der Potsdamer Sporthistoriker Hans-Joachim Teichler ein Dokument, dass Zweifel daran aufkommen lässt, dass die Erziehungsziele des Sportfunktionärs Professor Dr. Hermann Altrock (1887-1980) wirklich „stets an seinem Bild von einer harmonischen Menschenbildung geprägt“ waren, wie es in seiner Biographie heißt.
Teichler zitierte aus einer Akte von 1943, in der Altrock als Sturmbannführer der SA bezeichnet und folgendermaßen zitiert wird: „Eine neue Weltanschauung muß von innen her aufgebaut werden, zunächst immer den Menschen aufgezwungen werden. Der SA ist damit auch die Aufgabe gestellt, den deutschen Mann vom Leib aus zu erziehen und neu zu formen. Diese Erziehung gipfelt in dem Bild der hohen kämpferischen Rasse nordischer Prägung.“
Das Zitat stammt aus einem Protokoll von „Wehrkampftagen“ der SA in Leipzig, wo Altrock Professor war. Teichler hält die Diktion für authentisch. Er schlug vor, dass der Deutsche Sportbund (DSB) sein Altrock-Stipendium für Dissertationen demnächst für das Thema Hermann Altrock ausschreibe. Auch Andreas Klages vom DSB sagte, es bestehe Handlungsbedarf. 1976 hatte der Verband Altrock als „besonders verdiente Persönlichkeit“ mit der Carl-Diem-Plakette ausgezeichnet.
Quelle: FAZ, 1.7.2003.
Archivmitteilungen der westfälischen Kirche 2002/03
Als Doppelausgabe 12/13 2002/2003 sind jetzt die „Archivmitteilungen der westfälischen Kirche“ erschienen. In den Beiträgen widmet sich Wolfgang Günther u.a. den Änderungen des neuen Archivrechts, das seit dem 1. Januar 2003 für die Ev. Kirche von Westfalen gilt. Prinzipiell wurde in Westfalen das EKU-Archivgesetz vom Mai 2000 übernommen. Westfälische Spezifika wurden darüber hinaus in verschiedenen Ordnungen geregelt, insb. in der Archivbenutzungsordnung.
Die neuen archivrechtlichen Bestimmungen greifen die jüngsten Entwicklungen in der Rechtsprechung auf. In Bezug auf das Datenschutzrecht bedeutet das beispielsweise, dass das Gegendarstellungsrecht in das Gesetz aufgenommen wurde. Hinsichtlich der Übernahme von Archivgut aus den Beratungsstellen wurde nunmehr die Regelung getroffen, dass diese Unterlagen nur in anonymisierter Form übernommen werden dürfen – wie auch immer sich das in der Praxis und für die Forschung wird umsetzen lassen.
Das neue Archivrecht berücksichtigt jedoch durchaus auch die Wünsche der Historiker, denen vielfach der Zugriff auf v.a. personenbezogenes Archivgut mit dem Hinweis auf Sperrfristen versagt wurde. Diese verkürzte die westfälische Landeskirche um 20 Jahre, was der Regelung des nordrhein-westfälischen Archivrechts für die Staats- und Kommunalarchive entspricht (10 Jahre nach dem Tode bzw. 90 Jahre nach der Geburt).
Inhalt:
Vorwort (3)
Beiträge
Silke Busch
11. Arbeits- und Fortbildungstagung für Westfälische Kirchenarchivare – Ein Tagungsbericht (4)
Jens Murken
40 Jahre Landeskirchliches Archiv Bielefeld (9)
Jens Murken
Kurz vorgestellt: Neue Literatur zum Thema „Zwangsarbeit und die Kirche“ (15)
Archivpflege in der Praxis
Wolfgang Günther
Das neue Archivrecht in Westfalen (21)
Wolfgang Günther
Neues Kirchenbuchrecht in Westfalen (30)
Harri Petras
„Es ist ein Jammer…“ – Erfahrungsbericht eines Kreissynodalarchivpflegers (33)
Ulrich Althöfer
„Wir haben doch nichts…“? Zum Stand der Inventarisation des kirchlichen Kunstgutes in der EKvW (38)
Jens Murken
„Die katholische Kirche ist uns in diesem Punkt ja schon seit langem weit voraus.“ Die Entstehungsgeschichte des Pfarrerbuchs (44)
Matthias Rickling
Ehmann – Gerstein – Wilm. Ein Arbeitsbericht über die Ausstellungen des Landeskirchlichen Archivs Bielefeld (53)
Geschichte
Hartmut Hegeler u. Hans-Jürgen Kistner
Anton Praetorius (1560-1613) – Ein früher Kämpfer gegen Hexenwahn und Folter war Rektor in Kamen (73)
Vicco von Bülow
Spuren des Patronats – auch in westfälischen Archiven (83)
Jens Murken
Impulse für die europäischen Kirchen. Präses Wilm – ein Pionier der Verständigung (94)
Geschichte in Quellen
Silke Busch
„Das Gleichnis von der königlichen Hochzeit“ – Ein Konfirmand erzählt (106)
Aus den Archiven
Übersicht über die verfilmten Kirchenbücher im Landeskirchlichen Archiv, Teil 1 (107)
Neue Findbücher in der Evangelischen Kirche von Westfalen (128)
Neue Bücher (141)
Nachrichten – Recherchen – Personalia (144)
Kontakt:
Landeskirchliches Archiv der Ev. Kirche von Westfalen
Altstädter Kirchplatz 5
33602 Bielefeld
0521/594-158 (-164)
archiv@lka.ekvw.de
Kriegswirtschaft in Worms
Wie waren die Arbeitsbedingungen während des Zweiten Weltkriegs in Worms? – Unter anderem dieser Frage geht Volker Brecher in seiner Buchvorstellung am Mittwoch, 19. Juli, um 19 Uhr in der alten Turbinenhalle von EWR (Klosterstraße 23) Worms nach.
Brecher ist Autor des neuen Buchs „Kriegswirtschaft in Worms“, das vom Stadtarchiv herausgegeben wurde. In seinem Werk beleuchtet er die Arbeitsbedingungen in der Nibelungenstadt von 1939 bis 1945. Dabei geht er auch auf den Einsatz von Zwangsarbeitern ein.
Volker Brecher hat sich bereits in seiner im Juni 2002 eingereichten Qualifikationsarbeit an der Universität Mainz (Volker Brecher, Arbeitsbedingungen in den Wormser Lederwerken Heyl-Liebenau 1939-1945 unter besonderer Berücksichtigung der Zwangsarbeiterproblematik [Staatsexamensarbeit Universität Mainz, 2002, masch. 248 S., 27 Abb., 17 Tabellen]) mit dem Thema befasst und grundlegende neue Erkenntnisse zu Fragen der Wormser Lederindustrie im Kriege und zur Frage der Beschäftigung und Arbeitsbedingungen der Fremdarbeiter gewinnen können. Brecher weitete die Bearbeitung des Themas auf weitere Wirtschaftszweige sowie die Frage des Schicksals der Kriegsgefangenen für das Stadtgebiet aus und recherchierte in den Akten der nach Worms eingemeindeten Vororte. Im Zuge dieser Arbeit, von der die Beantwortung der Anfragen einzelner Betroffener nach wie vor erheblich profitiert, wurden weitere melderechtliche Fragen betreffende
Unterlagen vor allem der Vororte verzeichnet und eine vorläufige Erschließung der in Abt. 180/2 (Lederwerke Cornelius Heyl AG) vorhandenen Archivalien aus dem Zeitraum ca. 1935 bis 1957 vorgenommen, die eine Nutzung der Akten ermöglicht.
Info:
Volker Brecher: Kriegswirtschaft in Worms,
Verlag Stadtarchiv,
Einführungspreis 20 Euro, Verkaufspreis 25 Euro.
Weitere Informationen unter der Telefonnummer (0 62 41) 853 4701.
Kontakt:
Stadtarchiv Worms
Leitung: Dr. Gerold Bönnen
Telefon: (0 62 41) 8 53 – 47 00
Telefax: (0 62 41) 8 53 – 47 10
E-Mail: gerold.boennen@worms.de
Sekretariat: Marianne Sauer
Telefon: (0 62 41) 8 53 – 47 01
Telefax: (0 62 41) 8 53 – 47 10
E-Mail: marianne.sauer@worms.de
Archiv
Margit Rinker-Olbrisch
Magdalena Kiefel
Telefon: (0 62 41) 8 53 – 47 02
Telefax: (0 62 41) 8 53 – 47 10
E-Mail: stadtarchiv@worms.de
Martin Geyer
Telefon: (0 62 41) 8 53 – 47 03
Telefax: (0 62 41) 8 53 – 47 10
E-Mail: martin.geyer@worms.de
Fotoabteilung
Anneliese Dauphin
Ingeborg Abigt
Christina Kleber
Elvira Harbauer
Telefon: (0 62 41) 8 53 – 47 05 bzw. – 47 06
Telefax: (0 62 41) 8 53 – 47 10
E-Mail: fotoarchiv@worms.de oder fotolabor@worms.de
Jüdisches Museum/Synagoge
Telefon: (0 62 41) 8 53 – 47 07
Telefax: (0 62 41) 8 53 – 47 10
E-Mail: stadtarchiv@worms.de
Quelle: Wormser Zeitung / Main-Rheiner, 30.6.2003
Neue Quellensammlung des Historischen Museums Bielefeld
Geschichte selbständig erarbeiten – das ist die Grundidee von Lehrer Axel Jürgens aus Enger. Jetzt stellte er mit Schülern eine Quellensammlung zum Thema Industrialisierung in Bielefeld zusammen. Die fünf Arbeitsmaterialien gibt es im Historischen Museum. Sie stehen allen Lehrenden für Schulprojekte zur Verfügung.
„Der Geschichtsunterricht soll selbständiges Lernen fördern. Ein Besuch im Historischen Museum lohnt isch für jede Altersklasse“, sagt Jürgens aus eigener Erfahrung. Vor 13 Jahren haben er und seine Kollegen des Widukind-Gymnasiums in Enger den Blockunterricht eingeführt, in dem die Unterrichtsstunden einzelner Fächer für ein Quartal zusammen gelegt werden. Über diese Möglichkeit freut sich auch die Museumsleiterin Cornelia Foerster, da ansonsten viele Projekte aus organisatorischen Gründen zum Scheitern verurteilt wären. Die neue Quellensammlung sei bestens geeignet, um den Museumsbesuch zu einem pädagogisch wertvollen Erlebnis zu machen.
Die Arbeitsmaterialien gliedern sich in folgende fünf Aspekte:
- Leinengewerbe in Bielefeld vor der Industrialisierung
- Streit der Familie Delius
- Gründung von Fabrikanlagen
- Arbeits- und Lebensbedingungen
- Nachfolgeindustrien
Mit der neuen Quellensammlung haben die Mitarbeiter des Historischen Museums ihr museumspädagogisches Material verbessert. Zwei neue Führungsbläter – „Erlebte Geschichte“ und „Geschichte zum Mitmachen“ – weisen auf Kinderspiele, Führungen und Arbeitsbögen hin.
Kontakt:
Historisches Museum der Stadt Bielefeld
Ravensberger Park 2
33607 Bielefeld
www.historisches-museum-bielefeld.de
Weitere Info:
Cornelia Foerster: Das Historische Museum Bielefeld. Geschichtsdarstellung zwischen Rekonstruktion und Inszenierung, in: Fachgruppe Stadt- und Heimatgeschichtliche Museen im Deutschen Museumsbund: Zur Struktur der Dauerausstellung Stadt- und Heimatgeschichtlicher Museen, Frankfurt/M. 1998.
Quelle: Neue Westfälische, 2.7.2003.