Als die städtische Wasserversorgung in Wasserburg am Inn am Drahtseil hing

Die Unterbrechung der städtischen Hauptwasserleitung beim Einsturz der Innbrücke 1929.

Im März 1929 beschädigte ein Eisstoß die Wasserburger Innbrücke schwer und brachte sie teilweise zum Einsturz. Dabei riss auch die städtische Hauptwasserleitung ab, die über die Brücke geführt und die Altstadt mit Quellwasser versorgt hatte. Als Ersatz installierte die Stadt Wasserburg am Inn unmittelbar nach dem Einsturz eine Notwasserleitung. Dazu wurden Feuerwehrschläuche an einem Drahtseil befestigt, das auf einer Länge von 140 Meter über den Inn gespannt wurde. Entgegen aller Befürchtungen erwies sich diese Behelfskonstruktion als äußerst zuverlässig und sicherte für mehrere Monate die Versorgung der Altstadtbewohner mit sauberem Trinkwasser.

Die für die Notleitung verwendeten Feuerwehrschläuche der Marke Tabaria lieferte der Wasserburger Seilermeister Franz Koloseus. Obwohl selbst der Hersteller keine Garantie dafür abgeben wollte, überstanden die Schläuche den mehrmonatigen Dauereinsatz schadlos. Einen besseren Nachweis für die Qualität seiner Ware hätte sich Koloseus vermutlich kaum wünschen können. Entsprechend selbstbewusst trat er einige Monate nach dem Abbau der Behelfskonstruktion auch an die Stadt Wasserburg heran und bat um Bestätigung dieser außergewöhnlichen Leistung. Das Stadtbauamt entsprach seiner Bitte und stellte Ende Januar 1930 ein Zeugnis über die hervorragende Qualität der verwendeten Schlauchleitungen aus.


Abb.: Zeugnis des Stadtbauamtes Wasserburg für den Sailermeister Franz Koloseus, in dem die hervorragende Qualität der Schlauchleitungen bestätigt wurde, die 1929 für mehrere Monate die Wasserversorgung der Stadt Wasserburg sichergestellt hatten (StadtA Wasserburg a. Inn, II1679)

Diese hätten sich „in Bezug auf Dicht- u. Haltbarkeit über alle Erwartungen vorzüglich bewährt, so dass diese Qualität zur Verwendung bestens empfohlen werden kann.“ Es versteht sich von selbst, dass Koloseus dieses Gütesiegel sogleich an prominenter Stelle in die Werbebroschüre seines Spezialgeschäfts für Feuerlösch-Ausrüstungen aufnahm.


Abb.: Zusammenstellung zweier Ausschnitte aus der Werbebroschüre von Franz Koloseus. Auf der Titelseite ist die Behelfsleitung aus vier Feuerwehrschläuchen zu erkennen, die an einem Drahtseil über den Inn gespannt wurde. Auf der Rückseite sind Passagen aus dem Zeugnis des Stadtbauamtes Wasserburg und der Berichterstattung des Wasserburger Anzeigers zur Qualität der Behelfsleitung abgedruckt (enthalten in der Sammlung StadtA Wasserburg a. Inn, VI3937)

In gewisser Weise zog Franz Koloseus damit auch einen Schlussstrich unter eines der markantesten Kapitel der jüngeren Stadtgeschichte. Der Einsturz der Innbrücke im März 1929, der das Leben der Wasserburger Bevölkerung für einige Monate aus den gewohnten Bahnen geworfen hatte, war im Frühjahr 1930 wohl ausreichend überwunden, sodass Koloseus den Blick zurück auf die jüngste Katastrophe nun ganz pragmatisch dafür nutzte, zukünftige Geschäfte anzubahnen. Ob das Zeugnis des Wasserburger Stadtbauamtes ihm wirklich zu besseren Umsätzen verhalf, geht aus den städtischen Akten im Stadtarchiv Wasserburg am Inn nicht hervor. Es eröffnet jedoch eine interessante Perspektive darauf, in welch vielfältiger Weise sich der Einsturz der Innbrücke 1929 auf den Alltag in Wasserburg auswirkte.

Quelle/Ausführlicher hierzu: Johannes Böhm, Unterbrechung der Hauptwasserleitung, publiziert am 22.03.2021 [=Tag der letzten Änderung(en) an dieser Seite]; in: Historisches Lexikon Wasserburg

Kontakt:
Stadtarchiv Wasserburg am Inn
Kellerstraße 10
83512 Wasserburg a. Inn
Tel.: 08071 / 920369
Fax: 08971 / 920371
www.wasserburg.de/stadtarchiv

Quelle: Nachrichten aus dem Stadtarchiv Wasserburg am Inn, Archivalie des Monats März 2021

Illegaler Medikamentenhandel in der Dresdner Friedrichstadt um 1835

Wenn es juckt und brennt, fragen Sie einen Arzt oder Apotheker – aber bitte einen Seriösen!

In Zeiten der anhaltenden Corona-Pandemie richten sich die Fragen zum Umgang mit Krankheiten und den damit einhergehenden Folgen nicht nur an die medizinische Wissenschaft und Forschung, sondern zunehmend auch an den Erfahrungsschatz der Geschichtswissenschaft. Im Zuge von Recherchen nach pandemiebezogenen Quellen im Stadtarchiv Dresden gelang den Mitarbeitern ein kleiner Sensationsfund.


Abb.: Knapp 200 Jahre überdauerten die zwei Päckchen mit Tee und Pulver gegen Krätze als Beweismittel für einen vermeintlich unlauteren Medikamentenhandel in den Akten des Stadtarchivs Dresden (Foto: Elvira Wobst)

Sie entdeckten, dass eine Akte aus dem Ratsarchiv mit dem Titel „Acta von Handel mit Medikamenten“ zwei kleine papierne Faltumschläge enthält. Der Inhalt war durchaus überraschend, handelt es sich doch um eine Teemischung sowie um ein Pulver zur Behandlung von Skabies, umgangssprachlich „Krätze“ genannt. Erste Erkenntnisse zur Erforschung dieser Krankheit gelangen dem italienischen Forscher Giovanni Cosimo Bonomo (1666 bis 1696), der mittels Mikroskop ein kleines Tierchen entdeckte, das sich in der Oberschicht der Haut verbarg und als Verursacher der Beschwerden identifiziert werden konnte. Aus den neuen Informationen eine Behandlungsstrategie abzuleiten, vermochte allerdings erst der Wiener Mediziner Ferdinand von Hebra (1816-1880) um 1850. Bis dahin musste auf Rezepturen zurückgegriffen werden, die bereits seit dem Mittelalter im Umlauf waren und für alle Anbietenden ein gutes Geschäft bedeuteten.

Im vorliegenden Fall verkaufte ein selbsternannter „Ober-Wundarzt“ namens Kämpfe, wohnhaft in der Dresdner Friedrichstadt im Haus Nr. 43 neben der Apotheke, ein Mittel gegen besagte Krätze. Um sich von dem juckenden und quälenden Übel zu befreien, zahlten die Käufer kleine Vermögen, weit über ihre Zahlungsfähigkeit hinaus. Aufmerksam auf diese Machenschaften wurde ein Arzt namens Gustav Friedrich Gruner durch einen medizinischen Notfall in der Weißeritzstraße 64. Nachdem sich die unter Nervenfieber leidende Patientin erholt hatte, berichtete sie Gruner, dass sie Medikamente eingenommen habe, die ihr Ehemann aufgrund seines Krätzleidens von oben benanntem Kämpfe gekauft hatte.

Nachdem der Arzt wenige Tage später erneut in das Haus auf der Weißeritzstraße gerufen wurde, um einen 7-jährigen Jungen gegen ein Hautleiden zu behandeln, kam auch hier das Gespräch auf diese Medikamente. Laut Angabe der Pflegemutter war die Behandlung erfolgreich und der Hautausschlag zurückgegangen, der Gesundheitszustand des Kindes aber kritisch und das Vermögen der Familie aufgebraucht. Die Dame überließ dem Arzt die Tee- und Pulverproben, die Gruner in der hiesigen Apotheke analysieren ließ. Da der Preis für die einzelnen Bestandteile keineswegs gerechtfertigt war, ging Gruner davon aus, dass es sich bei vorliegender Sache um „bedeutenden Wucher“ und „Geldprellerey“ handele. Auch die hohe Qualität machte Gruner skeptisch, sodass der Arzt einen professionellen Hintergrund vermutete, bei dem gut wirksame Medikamente zusammengemischt wurden. Das daraus resultierende Heilmittel als Ganzes aber wurde weit über Wert verkauft.

Zudem stand es keineswegs jedem Arzt oder Apotheker frei, Medikamente in Umlauf zu bringen. Aus diesem Grund formulierte am 13. Januar 1835 der Arzt Gruner beim Dresdner Amtsphysikus, gemeint ist damit ein approbierter Arzt, der auf einer amtlichen Stelle der städtischen Gesundheitsverwaltung tätig war, eine Beschwerde. Damit sich der Amtsphysikus selbst vom dargelegten Tatbestand ein Bild machen konnte, übersandte Gruner die heute noch erhalten zwei Päckchen an den Rat der Stadt Dresden.

Welche Ingredienzen zur Herstellung des erfolgreichen Krätzheilmittels notwendig sind und ob der Beklagte Kämpfe tatsächlich eine Rechtswidrigkeit begangen hat, kann nur ein Blick in die Akte verraten.

Kontakt:
Stadtarchiv Dresden
Elisabeth-Boer-Straße 1
01099 Dresden
Telefon 0351-4881515
Fax 0351-4881503
stadtarchiv@dresden.de

Quelle: Sylvia Drebinger-Pieper, Stadtarchiv Dresden, Archivale des Monats März 2021

ArchivCamp 2021 online – jetzt anmelden!

von Dr. Stephan Schwenke

#closedbutopen war das große Thema, unter dem das Jahr 2020 für viele Archive dank Corona stehen musste. Passend zu den damit verbundenen, teils neuen Herausforderungen möchten wir mit Euch am 29. und 30. April 2021 dem Thema „Archive – Offen für alle?!“ nachgehen.

Gerade unter den im Moment geltenden Einschränkungen hat das Thema Kollaboration und Innovation vor allem im Digitalen auch für Archive neue, größere Bedeutung gewonnen. Als ersten Einstieg in ein digitales Diskussionsformat hat der Arbeitskreis „Offene Archive“ im Verband deutscher Archivarinnen und Archivare sich daher für die Umsetzung des ArchivCamps als digitale Veranstaltung entschieden. Angesichts der aktuellen Veränderungen und gesellschaftlichen Diskussionen freuen wir uns auf Eure Beiträge.

Im vergangenen Jahr musste die deutsche Archivlandschaft auf die üblicherweise alle zwei Jahre stattfindende Konferenz „Offene Archive“ des gleichnamigen Arbeitskreises verzichten. Ebenfalls davon betroffen war das ArchivCamp, das seit 2017 Teil der Veranstaltung ist. Die Konferenz thematisiert aktuelle Entwicklungen von digitalen Kommunikations-, Kollaborations- und Präsentationsmöglichkeiten in Archiven und anderen damit verbundenen Kultureinrichtungen. Das ArchivCamp wurde als niedrigschwelliges Format zum Austausch mit allen an Archiven interessierten Personen eingeführt, um Projekte und Ideen rund um das Konferenzthema, aber auch darüber hinaus, auf Augenhöhe diskutieren und neue Blickwinkel eröffnen zu können. Um das zu gewährleisten, wird das ArchivCamp als Barcamp (Definition und „Regeln“) durchgeführt und hat bereits viele spannende Denkanstöße und Einblicke in die verschiedensten Bereiche archivischer Arbeit ermöglicht.

Das bewusst zeitgleich als Frage und Aufforderung formulierte Thema „Archive – Offen für alle?!“ deckt ein breites Feld ab, das alle Kernbereiche der archivischen Arbeit berührt. Es ermöglicht die Vorstellung von Projekten aus der Überlieferungsbildung, Erfahrungsberichte von Nutzenden in analogen und digitalen Lesesälen sowie die Behandlung neuer Fragen bei Erschließung und Personalakquise. Ihr könnt abgeschlossene, laufende oder geplante Projekte und Projektideen vorstellen, Verbündete finden und Kooperationen anstoßen. Gleichermaßen möchten wir aber auch die Diskussion um Verbesserungsbedarf und Änderungsvorschläge ermöglichen.

Ab jetzt ist die Anmeldung und auch das Einbringen von Session-Vorschlägen unter https://barcamps.eu/archivcamp-2021/ möglich.
Alle Fragen zur Anmeldung und dem Ablauf des Barcamps werden hier (hoffentlich ? ) beantwortet: https://archive20.hypotheses.org/10067

Jedes Barcamp ist nur so gut, wie wir alle uns einbringen, daher freuen wir uns auf Eure Ideen, Projekte und Einblicke.

Skizzenbuch des Gastwirts Ernst Stock im Stadtarchiv Crailsheim

An der frischen Luft unterwegs zu sein war in den letzten Wochen die wichtigste Freizeitaktivität, und das wird es trotz schrittweiser Öffnungen sicherlich noch eine Weile bleiben. Wer sich beklagt, dass sein täglicher Wanderweg bereits Spurrinnen hat, könnte bei wärmeren Temperaturen ja mal prüfen, ob es stimmt, dass in jedem Menschen ein Künstler steckt: Er könnte sich an einem schönen Plätzchen niederlassen und versuchen, seine Umgebung zeichnerisch festzuhalten.

Auf diese Weise ist vor mehr als 100 Jahren Ernst Stock durch Crailsheim und Umgebung gewandert. Dabei hat der damals 80-Jährige ein Skizzenbuch gefüllt – mit Ansichten von Landschaften und Gebäuden, mit Darstellungen von einzelnen oder mehreren Personen oder von Tieren in Feld und Wald. Das Buch wirkt von außen mit seinem beigefarbenen leinenbezogenen Einband eher unscheinbar. Im Inneren sind jeweils auf der rechten Seite die farbenfrohen Bilder zu sehen.

Der Künstler Ernst Stock war kein gelernter Maler, und das sieht man seinen Bildern auch an. Sie wirken oft kindlich-naiv. In der Natur plan liegende Flächen erscheinen manchmal wie hochgeklappt, zudem lässt die starke Betonung der Umrisslinien vor allem die Figuren etwas hölzern wirken. Der besondere Wert des Buches liegt jedoch darin, dass Stock auf manchen Bildern Orte in und um Crailsheim sehr genau und detailreich wiedergegeben hat. Er malte seine Umgebung zu einem Zeitpunkt, als zwar die Fotografie bereits etabliert war, aber dennoch kaum Stadtansichten abgelichtet wurden, sondern überwiegend Personen im Atelier.


Abb.: Zwischen den Stadtansichten findet sich auch diese leuchtende Farbstudie „Über dem Nebel“ (Stadtarchiv Crailsheim)

So sind auf seinen Aquarellen Orte gezeigt, die sich heute in einem völlig veränderten Zustand darbieten. Stock hat die Motive genau bezeichnet, ein Bild ist betitelt als „Blick auf den fränkischen Rigi u. Burgberger Wald, Roßfeld u. Sauerbrunnen von den beiden Bahnwarthäuschen aus an der Linie Mergentheim-Nürnberg“. Ein weiteres Bild zeigt den Diebsturm, an den noch der komplette Wehrgang mit mehreren angebauten Schuppen anschließt und hinter dem das stattliche Wohnhaus der Familie Mülberger zu sehen ist.


Abb.: Ernst Christian Stock malte den Diebsturm, wie er heute nicht mehr zu sehen ist: Mit vollständig erhaltenem Wehrgang und der umgebenden Bebauung (Stadtarchiv Crailsheim)

Dass Stock gerne in Nah und Fern unterwegs war, zeigt sich an der weiteren Auswahl seiner Motive, beispielsweise „Heldenmühle und Auhof“, „Schloß Burleswagen und Neidenfels“, „Dinkelsbühl-Rothenburger Tor“„Zwingenberg an der Bergstraße“.

Interessanterweise malte Stock auch Gastwirtschaften, so den „Wildmannkeller“ am Schwanensee, wo sich jetzt das Albert-Schweitzer-Gymnasium befindet, oder den „Rosenwirtsbierkeller“ neben der Villa von Carl Scheef in der heutigen Bergwerkstraße.


Abb.: Die Bergwerkstraße um 1910: Stock zeigt die Villa Scheef und den Rosenwirtsbierkeller (Stadtarchiv Crailsheim)

Kein Wunder: Ernst Christian Stock war selbst Gastwirt, und zwar von 1862 bis 1881 auf der „Sonne“ in der Langen Straße. Er wurde 1837 in Crailsheim als Sohn des Wildmannwirtes Georg Christoph Friedrich Stock geboren.


Abb.: Ernst Christian Stock war Sohn des „Wildmannwirtes“ und hat die elterliche Gastwirtschaft am Schwanensee im September 1907 gemalt (Stadtarchiv Crailsheim)

1863 heiratete er Karoline Christine, Tochter des Konditors Johann Gerg Stock. Das Paar hatte neun Kinder. Aus dem Besitz der Tochter Bertha, die im Jahr 1900 den Malzfabrikanten Friedrich Cron geheiratet hatte, kamen verschiedene Materialien ins Stadtarchiv Crailsheim, so das als Archivale des Monats März vorgestellte Skizzenbuch und ein gemalter Stammbaum der Familie. Auf letzterem wird die Familiengeschichte bis ins Jahr 1700 zurückgeführt, auf den „Bierbrauer und Gastwirth zum Wildmann“ J. H. Stock.

Ernst Stock hatte genügend Zeit, sich der schönen Muße hinzugeben: Nach einem Insolvenzverfahren lebte er weiter als „Privatier“, das heißt, ohne einer Arbeit nachzugehen von seinem Besitz. Nicht allzu schlecht, wie ein Bild in seinem Skizzenbuch beweist, auf dem er das elegante Interieur seiner Wohnung dargestellt hat, inklusive gusseisernem Ofen und einer luxuriösen goldenen Uhr.


Abb.: Ernst Stock in seiner elegant eingerichteten Wohnung (Stadtarchiv Crailsheim)

Stock hat sein „Scizzenbuch mit 32 Blatt prima Schöller’schen Zeichenpapier“ (so auf der Umschlaginnenseite) im Jahr 1907 begonnen, er hat es jedoch nicht zu Ende geführt. Das letzte datierte Bild stammt aus dem Jahr 1910, ein Jahr vor seinem Tod. Zwar sind alle Blätter bemalt, doch einige Bilder im hinteren Teil des Buches sind nur als schwarze Vorzeichnungen ausgeführt, sie wurden nicht mehr farbig ausgearbeitet – mit Ausnahme des letzten Blattes: Hier hat sich der Künstler vermutlich selbst gemalt: mitten in einer Wiese sitzend, den Malblock auf dem Schoß, den Farbkasten zu seinen Füßen, mit Blick auf zwei mächtige Bäume und eine idyllische Dorfansicht im Hintergrund.


Abb.: Glückliche Stunden in der Natur: Der Maler zeigt sich hier vermutlich selbst bei seiner Lieblingsbeschäftigung (Stadtarchiv Crailsheim)

Kontakt:
Stadtarchiv Crailsheim
Folker Förtsch
Marktplatz 1 (Gebäude: Arkadenbau)
74564 Crailsheim
Tel.: 07951 / 403-1290
www.stadtarchiv-crailsheim.de

Quelle: Stadtarchiv Crailsheim, Aktuelles, Archivale des Monats März 2021

Neue Leiterin des Stadtarchivs Rüsselsheim am Main

Die Rüsselsheimer Stadtgeschichte in Museum und Archiv hat engagierte Verstärkung bekommen. „Wunderbar, dass wir keine langen Vakanzen zu überbrücken hatten und die neuen Mitarbeiterinnen sich für ihre neuen Aufgaben erst einmal intensiv einarbeiten konnten“, freut sich Rüsselheims Bürgermeister und Kulturdezernent Dennis Grieser. Nun sind mit Friederike Witek als Archivleiterin und Conny Zeitler als stellvertretender Museumsleiterin zwei versierte Fachfrauen für ihr jeweiliges Gebiet in der Festung am Start.


Abb.: von links: Friederike Witek (Archivleiterin) und Conny Zeitler (stellvertretende Leiterin des Stadt- und Industriemuseums (Foto: Stadt Rüsselsheim am Main)

Nach dem Studium der Fächer Mittlere und Neuere Geschichte, Kulturanthropologie / Europäische Ethnologie und Umweltgeschichte in Göttingen und Wien, das sie mit Magister Artium im Jahr 2010 abgeschlossen hat, war Friederike Witek in verschiedenen Archiven und für wissenschaftliche Projekte sowie im Bildungs- und Kulturbereich tätig. Dabei verschlug es die gebürtige Hessin unter anderem nach Marburg, Weimar, Berlin und zuletzt nach Stuttgart.

Neben der Sicherung, Erschließung und Zugänglichmachung der Bestände warten im Stadtarchiv Rüsselsheim weitere vielfältige Aufgaben auf die Historikerin. Das Verwaltungshandeln der Stadt in den Beständen abzubilden, gehört ebenso dazu wie die Überlieferung von Firmen, Vereinen oder Privatpersonen zu erhalten, um die ganze Bandbreite städtischen Lebens auch für künftige Generationen nachvollziehbar zu machen. Eine der zentralen Herausforderungen wird es sein, das Stadtarchiv Rüsselsheim ins digitale Zeitalter zu überführen. Nur so wird die geschichtliche Überlieferung Rüsselsheims auch zukünftig in all ihren Facetten Forschenden, Bürgerinnen und Bürgern und für städtische Projekte zugänglich sein.

Der Dreiklang „Gedächtnis“ der Stadt, Servicestelle und Bildungseinrichtung soll auch zukünftig die Arbeit bestimmen. Zudem bietet die räumliche und organisatorische Nähe zum Stadt- und Industriemuseum viele Möglichkeiten für eine bürgernahe und kooperative Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Akteurinnen und Akteuren und Projekten.

Kontakt:
Stadtarchiv Rüsselsheim am Main
Hauptmann-Scheuermann-Weg 4
65428 Rüsselsheim am Main
Tel.: 0614 / 83-2960
Fax: 0614 / 83-2965
stadtarchiv@ruesselsheim.de

Quelle: Stadt Rüsselsheim, Pressemeldung, 10.03.2021

Historisches im virtuellen Lesesaal des Stadtarchivs Münster

Aufbau eines „Scan-on-demand“-Services

Auch Bibliotheken und Archive bekommen die Auswirkungen der Corona-Pandemie zu spüren. Das Stadtarchiv Münster macht da keine Ausnahme. Ein guter Grund, sich um Fördermittel aus dem Förderprogramm „WissensWandel“ zu bewerben, das Teil des Rettungs- und Zukunftsprogramms „Neustart Kultur“ des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) ist. Erfolgreich, wie die Bewilligung von 45.000 Euro aus dem Projekt „Digitalize it! Einführung eines virtuellen Lesesaals (inklusive Scan-on-Demand-Dienst)“ zeigt.

Abb.: Projektförderer des Münsteraner Scan-on-Demand-Services

Das Geld wird jetzt in die digitale Weiterentwicklung des Serviceangebots investiert. Ein Spezialscanner und studentische Hilfskräfte, die die geplante Digitalisierung auf Bestellung und technische Arbeiten im nächsten halben Jahr unterstützen, können davon bezahlt werden. Die vor Corona übliche Beratung im Lesesaal wird ins Internet verlagert. Eine Projektkraft verfasst Erläuterungstexte zu historischen Quellengruppen und beantwortet Fragen.

„Unsere Idee ist es, Archivalien gezielt nach den Wünschen der Nutzerinnen und Nutzer zu digitalisieren und online zu stellen“, beschreibt der Leiter des Stadtarchivs Münster, Dr. Peter Worm, die angestrebte Realisierung des Scan-on-Demand-Dienstes mit dem Ziel, gewünschtes Archivgut einfacher und bestenfalls digital zur Verfügung zu stellen.

Wie läuft nun der Scan-on-Demand-Dienst ab? Nutzerinnen und Nutzer finden zum Beispiel in den Online-Findbüchern eine Akte, die sie einsehen möchten, und teilen dem Stadtarchiv diesen Wunsch per E-Mail, Telefon oder Brief mit. Bevor das Scanteam loslegen kann, wird geprüft, ob rechtliche Hindernisse (Schutzfristen oder Urheberrecht) gegen eine Online-Stellung sprechen. Rund die Hälfte der im Stadtarchiv verwahrten Bestände unterliegt keinen solchen Einschränkungen. Ist das Archivgut gemeinfrei, kommen Archivalienscanner zum Einsatz, die auch die empfindlichsten Schriftstücke schonend digitalisieren.


Abb.: An einem Scan-Arbeitsplatz digitalisiert eine Mitarbeiterin des Stadtarchivs Münster ein historisches Dokument. (Foto: Stadtarchiv Münster)

Für die Digitalisierung von Archivgut, das gemeinfrei ist und somit online gestellt werden kann, fallen während der Projektlaufzeit keine Kosten an. Geplant ist eine rasche Bearbeitung aller Digitalisierungsaufträge möglichst innerhalb einer Woche. Sobald ein Archivale online steht, erhält der / die Anfragende eine E-Mail. Die digitalen Archivalien werden über den DFG-Viewer als Standardviewer im Portal „Archive in NRW“ genutzt. Die Bilder des Archivguts werden hier in ihrem inhaltlichen Zusammenhang präsentiert. Der DFG-Viewer erlaubt das komfortable Vergrößern und Verkleinern der Ansicht, das Drehen und Blättern in den digitalisierten Akten. Über die Druckfunktion des Browsers ist es möglich, Bilder und -ausschnitte passgenau auszugeben.

Die Digitalisierung des gesamten Archivgutes steht nicht auf der Agenda. „Das würde geschätzt rund fünf Millionen Euro kosten und viele Terrabyte an Daten unnötig erzeugen“, winkt der Leiter des Stadtarchivs ab. Zumal für aktuelle Forschungsthemen immer nur ein kleiner Teil der Unterlagen benötigt wird.

Das Münsteraner Stadtarchiv verwahrt schriftliche Unterlagen von Rat und Stadtverwaltung aus den vergangenen 800 Jahren und macht sie Interessierten zugänglich. Bisher wurden 219 Findbücher online durchsucht, in denen mehr als 93.000 Akten, Urkunden, Karten und Fotos aufgeführt sind. Wer die sehen wollte, musste bisher in den Lesesaal des Archivs in der Speicherstadt kommen. Mit dem Projekt „Digitalize it!“ sollen Wege verkürzt werden.

Der Startschuss des Scan-on-Demand-Projektes erfolgt voraussichtlich am 1. Mai und endet am 31. August 2021. Ab sofort können bereits Digitalisierungswünsche an das Stadtarchiv geschickt werden. Wer die Digitalisierung einer Akte oder einer Urkunde bestellen möchte, kann eine E-Mail unter Angabe von Bestand und Signatur senden oder die Bestellfunktion im Archivportal NRW.Archive nutzen. Der Zusatz „Digitalisierungswunsch“ sollte dabei jeweils angegeben werden.

Im Rahmen des Projekts digitalisierte Archivalien und die quellenkundlichen Beiträge bleiben dauerhaft online abrufbar. Der neue Scan-on-Demand-Service soll möglichst nach Projektende ab September 2021 fortgesetzt werden. Bei guter Nachfrage und positivem Feedback will sich das Stadtarchiv Münster für eine Verstetigung des Service einsetzen.

Kontakt:
Stadtarchiv Münster
An den Speichern 8
48157 Münster
Tel.: 02 51 / 4 92-47 01
Fax: 02 51 / 4 92-77 27
archiv@stadt-muenster.de

Quelle: Stadt Münster, Pressemeldung, 10.03.2021; Stadtarchiv Münster, Service & Angebote, Aufbau eines „Scan-on-demand“-Services

Kreisarchiv Verden stellt Leben und Wirken von Frauen im Landkreis vor

Zwei Beiträge des Kreisarchivs Verden beschäftigen sich mit Frauen, die im Landkreis Verden lebten und wirkten oder aus ihm stammten. Der erste Beitrag „Anerkennung der Bezeichnung ‚Frau‘ statt ‚Fräulein‘“ stammt aus der Reihe „Aus den Magazinen des Kreisarchivs“, wo das Kreisarchiv Verden historische Dokumente aus seinen Beständen bekannt machen möchte. Anlass dafür kann ein historisch wichtiger Gedenktag sein – oder auch, dass den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Archivmagazinen ein besonders schönes oder interessantes Original begegnet oder im Archiv neue Unterlagen zur Benutzung bereit stehen. In regelmäßigen Abständen soll deshalb Unbekanntes, Merkwürdiges, Schönes oder Nachdenkliches vorgestellt werden, um einen kleinen Einblick in die reichen Bestände des Kreisarchivs zu gewinnen.

Abb.: Antrag auf Anerkennung der Bezeichnung “Frau“ statt “Fräulein“ (Kreisarchiv Verden)

Anerkennung der Bezeichnung „Frau“ statt „Fräulein“

Sprache und Welterschließung sind untrennbar miteinander verbunden. Manche Ausdrücke sind hart erkämpft, andere unterliegen subtileren Veränderungsprozessen oder verlieren an alltäglicher Nutzung, bis sie unbemerkt aus dem Sprachschatz verschwunden sind. Sprache ist und war dabei jedoch immer ein Instrument der Diskriminierung, der Ab- und Ausgrenzung. Insbesondere im behördlichen Kontext konstruiert Sprache Kategorien, in die Menschen zwecks Verwaltungsarbeit eingeordnet werden – mit unabsehbarer gesellschaftlicher Rückkopplung. Die Akte ‘Anerkennung der Bezeichnung “Frau“ statt “Fräulein“‘ [Signatur: KreisA Ver 1/50e] aus dem Kreisarchiv Verden erfasst einen besonderen sprachlichen Wandel. Denn was heute als selbstverständlich gilt, war einst Privileg: Die allgegenwärtige Anrede ‘Frau‘.

In der Zeit vor dem 19. Jahrhundert diente ‘Frau‘ als Bezeichnung für eine Adelige – die unstandesgemäße Nutzung war ein sprachliches Tabu. Das Diminutiv ‘Fräulein‘ bezeichnete dabei die Fürstentochter. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts etablierte sich zunehmend die Bezeichnung ‘Fräulein‘ für junge, berufstätige Frauen, die gleichzeitig unverheiratet waren, da eine Berufstätigkeit nach der Eheschließung strikt untersagt war. Ein berühmtes Beispiel hierfür ist das sogenannte ‘Lehrerinnenzölibat‘, das die Unvereinbarkeit von Ehe und Beruf für Lehrerinnen im Deutschen Reich bezeichnete. Erst am 11. August 1919, mit der Unterzeichnung der Weimarer Verfassung, endete diese Praxis zumindest auf dem Papier, da der zugrunde liegende Ministerbeschluss von 1880 aufgehoben wurde [Balbierer, Thomas: „Außereheliche Sexualität war ein No-go“, 11.08.2019, Süddeutsche Zeitung Online (Abgerufen: 08.07.2020)].

Nur wenige Wochen zuvor, am 13. Juni 1919, [Schenke, Kerstin: Das Fräulein im Amt. 40 Jahre Runderlass des BMI “Führung der Bezeichnung Frau“, Bundesarchiv (Abgerufen: 08.07.2020)] änderte der preußische Landesminister Wolfgang Heine (1861-1944) eine Verfügung des Ministers des Inneren Friedrich zu Eulenburg vom 31. Juli 1869: Hier galt, dass das Prädikat ‘Frau‘ als Titel oder königliche Gunstbezeugung verliehen werden sollte. Heine befand zu Recht, dass eine solche Praxis nicht mehr zeitgemäß sei, da sich die Lebensumstände geändert hätten (M.B. 298) [Bundesarchiv: Signatur B 106/82879]. Unverheiratete Frauen durften sich fortan im alltäglichen Leben offiziell als Frau bezeichnen.

Die im Kreisarchiv Verden verwahrte Akte enthält die Anträge zweier Einwohnerinnen aus Achim und Verden, ihre Anrede behördlich von ‘Fräulein‘ zu ‘Frau‘ ändern zu lassen. Sie stammen aus den Jahren 1944/45.

In Nazi-Deutschland galt zur Zeit der Antragsstellung eine Ausnahmeregelung, die es unverheirateten Müttern erlaubte, auf Antrag die Anrede ‘Frau‘ zu führen. Beide Frauen wollten ausdrücklich die Bezeichnung ‘Frau‘ erwirken und beiden wurde stattgegeben, wie aus der Akte hervorgeht [KreisA Ver 1/50e fol. 4, KreisA Ver 1/50e fol. 8]. Die Frauen erhielten eine Bescheinigung, die es ihnen erlaubt, die Anrede zu führen. Dennoch: Der Aufwand war vergleichsweise groß, der Erfolg der Antragsstellung an Bedingungen geknüpft.

Erst deutlich später, am 16. Januar 1972, verfügte das Bundesinnenministerium unter Hans-Dietrich Genscher (1927-2016), dass der Gebrauch von ‘Fräulein‘ in Bundesbehörden gänzlich zu unterlassen sei und stattdessen die Anrede ‘Frau‘ genutzt werden soll. Dieser Erlass ist bis heute gültig.

Die erhoffte Rückwirkung der Verwaltungsregelung in die Gesellschaft ist auch nach 48 Jahren nicht eindeutig bewertbar, denn immerhin wird der ein oder andere Streit bezüglich des ‘Fräuleins‘ sogar juristisch geführt. Doch eine stetige Ablehnung der Anrede führte dazu, dass ‘Fräulein‘ heute kaum noch genutzt wird. Nicht zuletzt trägt sicherlich auch eine allgemeine Sprachsensibilisierung dazu bei, die darauf achtet, keine Diskriminierungskategorien zu reproduzieren.

Kreisgeschichte weist bedeutende Frauen auf

Im zweiten Beitrag stellt Kreisarchivar Dr. Florian Dirks Frauen vor, die im Landkreis Verden wirkten oder aus ihm stammten und durch ihr Wirken Einiges erreichten. Der Internationale Frauentag, der jedes Jahr am 9. März begangen wird, erinnert an den Kampf der Frauen um Gleichberechtigung und das Wahlrecht für Frauen. Frauen haben sich dafür stark gemacht. „Doch die Geschichte Verdens und unserer Region hat zahlreiche weitere interessante Frauen zu bieten, die bedeutende Dinge geleistet haben“, weiß Kreisarchivar Dr. Florian Dirks. Teilweise aber bestehe noch großer Forschungsbedarf.

Abb.: Gefährtinnen im Verband für Frauenstimmrecht, von links nach rechts: Anita Augspurg, Marie Stritt, Lily von Gizycki, Minna Cauer und Sophia Goudstikker, Fotografie des Atelier Elvira, München um 1896 (Selbstauslöser Sophia Goudstikker?) – www.frauenmediaturm.de/dossier_augspurg.html

Einige historische Frauenpersönlichkeiten sind bereits intensiv erforscht und bekannt, wie die 1857 in Verden geborene Anita Augspurg oder die 1943 von den Nationalsozialisten hingerichtete Cato Bontjes van Beek.

Beiden ist jeweils – auf Initiative des Landesfrauenrates Niedersachsen – ein frauenOrt gewidmet, der durch das Land Niedersachsen gefördert wird. Bekannt und geschätzt sind auch die Künstlerinnen aus Fischerhude, darunter Catos Mutter und Schwester Olga und Mietje Bontjes van Beek sowie die Bildhauerinnen Amelie Breling und Clara Westhoff-Rilke.

Bereits vor gut 500 Jahren waren auch Frauen an der Entwicklung dieser Region beteiligt, auch wenn sie in der durch Männer dominierten Geschichtsschreibung eher als schmückendes Beiwerk auftauchen, denn als starke Macherinnen – es sei denn frau war zufällig schwedische Adelige und trug den Namen Königin Christina (1626-1689).

Dass aber auch in der Region Verden aufgewachsene Frauen in spätmittelalterlichen Konflikten eine tragende Rolle spielen konnten – ganz anders als das langläufige Klischee der gewalttätigen Männer in Rüstung es suggeriert – zeigt ein Protokoll der Landtagsabschiede des Erzbistums Bremen.

Die Frau des Ritters Iwo/Iwan von Borch nämlich hatte sich im Streit ihrer Familie mit den übrigen Burgmannen der Horneburg bei Stade stark engagiert und wurde auf dem Bremen-Verdener Landtag im September 1436 durch Gerichtsverhandlung auf Unterlassen verklagt.

Im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert waren es vielfach junge Lehrerinnen, die sich gesellschaftlich engagierten. Unter anderem verfasste Gertrud Schädla mit ihren Tagebüchern eine heute wertvolle Quelle zur Geschichte der Region zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Verdener Frauengeschichte hat aber auch eine traurige, dunkle Seite: Eine ganze Reihe Frauen wurde beispielsweise durch die Nationalsozialisten verfolgt, weil sie die Linie des Regimes nicht unterstützen wollten oder nicht in das Schema der sogenannten „Volksgemeinschaft“ passten oder passen wollten. Aktiv im Widerstand war Berta Schäfer (1902-1977).

Als Mitglied in der KPD wurde sie mehrfach in sogenannte „Schutzhaft“ genommen und 1942 wegen Hörens von Nicht-NS-Radiosendern in ein Arbeitslager des Frauen-Zuchthauses Lübeck verschleppt, aus dem sie fliehen konnte. Berta Schäfer lebte nach 1945 eine Zeit lang in Verden. Das Kriegsende erlebte sie mit ihren Kindern außerhalb Verdens. Ende 1946 gehörte sie wenige Monate dem neu begründeten Hannoverschen Landtag an. In Verden war sie Vorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) und engagierte sich gegen die Rückkehr der NS-Anhänger in Ämter und Behörden. Sie ist nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Widerstandskämpferin Berta Schäfer aus Gera.

Auch die zweite niedersächsische Frauenministerin kommt aus dem Landkreis Verden. Christina Bührmann, die in Etelsen lebt, war von 1994 bis 1998 für die Belange der Frauen im ganzen Land zuständig und konnte daneben auch in Stadt und Kreis Verden die Gleichstellung voranbringen.

Auch die Gleichstellung von Frau und Mann ist ein Kreisverdener Thema, denn von Verden aus wurden nicht nur die zuvor erwähnten frauenOrte mitbegründet, auch die Initiative zur Einrichtung eines Kreisfrauenrats sowie von Frauen- und später Gleichstellungsbeauftragten in Kommunalverwaltungen ging von hier aus. Vor mehr als 25 Jahren initiierte Karin Labinsky-Meyer den Kreisfrauenrat beim Landkreis Verden, dessen erste Vorsitzende sie wurde – ein seltenes und zugleich erfolgreiches Gremium.

Kontakt:
Landkreis Verden
Fachdienst Kultur
Kreisarchiv
Dr. Florian Dirks
Lindhooper Straße 67
27283 Verden (Aller)
Tel.: 04231 15-200
Fax: 04231 1510-200
Florian-Dirks@landkreis-verden.de
kreisarchiv@landkreis-verden.de

Quelle: Joseph Kretzschmar, Aus den Magazinen des Kreisarchivs Verden; Landkreis Verden, Pressemitteilung, 01.03.2021

Auflösung der Graslitzer Gedenk- und Erinnerungsräume in Aschaffenburg

Sudetendeutsche Sammlung wird dauerhaft in München verwahrt

Die für die Stadt Graslitz (heute: Kraslice, Egerland/Tschechien) und die umliegenden 24 Gemeinden zusammengetragene Heimatsammlung ist in die fachliche Obhut der Sudetendeutschen Stiftung (München) übergegangen. Dort werden die musealen Objekte, darunter Gemälde, Zeichnungen, Stickereien, Schnitzereien und zahlreiche historische Musikinstrumente, in den Depots des neuen Sudetendeutschen Museums gelagert, während die schriftlichen Zeugnisse der Graslitzer Geschichte (Fotos, Dokumente, Briefe usw.) in das Sudetendeutsche Archiv am Bayerischen Hauptstaatsarchiv überführt werden.


Abb.: Blick in die Graslitzer Räume im Schönborner Hof (2019, Foto: Charlotte Heß, Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg)

Seit 1976 hatte sich die Sammlung des Heimatverbands der Graslitzer e.V. im Schönborner Hof in Aschaffenburg befunden. Einige ausgewählte Objekte verbleiben am bayerischen Untermain, unter anderem bei den Museen der Stadt sowie dem Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg.


Abb.: Musikinstrumente aus der bisherigen Ausstellung (2019, Foto: Charlotte Heß, Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg)

In Graslitz, heute eine Grenzstadt zu Sachsen (Vogtlandkreis) mit knapp 7.000 Einwohner*innen, hatte der Musikinstrumentenbau lange Zeit große Tradition – was sich auch in den Beständen des Gedenkraums spiegelt.

Seit dem Jahr 1958 hat die Stadt Aschaffenburg die Patenschaft über die im Jahr 1945 vertriebenen Graslitzer inne, wie Oberbürgermeister Jürgen Herzing betont: „Aschaffenburg hat den Heimatverband der Graslitzer seit Jahrzehnten gerne unterstützt und ihm die Räumlichkeiten im Schönborner Hof zur Verfügung gestellt. Auch nach der fachlich sinnvollen Verbringung nach München fühlt sich Aschaffenburg seiner Patenschaftsrolle weiter verbunden.“

Der Heimatverband der Graslitzer hatte sich zum Jahresende 2018 aufgelöst, war aber noch maßgeblich an der Überführung nach München beteiligt, wie Christine Uschek (Karlstein) unterstreicht: „Den Vertretern des Heimatverbands der Graslitzer e. V. war es wichtig, die umfangreiche Sammlung möglichst komplett in fachliche Hände zu geben. Dies ist mit Hilfe aller beteiligten Institutionen gelungen. Unser Dank gilt der Patenstadt Aschaffenburg mit ihren Oberhäuptern für die jahrzehntelange Unterstützung und Verbundenheit im Gedenken an die verlorene Heimat.“

Eric Leiderer, für das Stadt- und Stiftsarchiv zuständiger Bürgermeister, weist darauf hin, dass „die Objekte und Archivsammlungen der Graslitzer von München aus für Ausstellungen ausgeliehen werden können, beispielsweise auch nach Kraslice selbst. Die Archivsammlungen werden im Lesesaal des Bayerischen Hauptstaatsarchivs für Interessierte kostenfrei verfügbar sein.“

Die „Zentralisierung“ und Zusammenführung der zahlreichen sudetendeutschen Erinnerungsräume läuft schon seit einigen Jahren, getragen durch das im Bayerischen Hauptstaatsarchiv angesiedelte Sudetendeutsche Archiv sowie die Sudetendeutsche Stiftung. „Die Zusammenfassung in München bietet den großen Vorteil, dass auch übergreifende und überregionale Forschungsfragen zur sudetendeutschen bzw. deutsch-tschechischen Geschichte besser bearbeitet werden können“, führt Dr. Joachim Kemper, Direktor des Stadt- und Stiftsarchivs, aus. „Beiderseits der bayerisch-tschechischen Grenze ist mittlerweile viel Verständnis für die gemeinsame Vergangenheit vorhanden, was sich auch im seit vielen Jahren laufenden Projekt „Porta Fontium“ des Freistaats Bayern mit Tschechien spiegelt.“


Abb.: Die Graslitzer-Objekte sind am 12. März 2021, gut verpackt und gesichert, durch eine Spedition nach München transportiert worden (Foto: Justyna Baumgart, Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg)

Ingrid Sauer vom Sudetendeutsches Archiv freut sich auf den Neuzugang: „Die Bestände des Graslitzer Gedenkraums stellen eine wertvolle Ergänzung zu den bereits hier vorhandenen Unterlagen dar. Damit wird die Forschung zu Graslitz erleichtert, da Interessierte alles in einem Haus verwenden können – vielen Dank der Stadt Aschaffenburg und dem Heimatkreis!“

Dr. Klaus Mohr von der Sudetendeutschen Stiftung nimmt die Sammlung in München „mit einem weinenden und einem lachenden Auge entgegen“, wie er sagt: „Schade, dass der Gedenkraum aufgelöst werden musste, aber gut, dass die wertvollen Stücke nun einen dauerhaften Platz im Depot des Sudetendeutschen Museums gefunden haben. Sie werden hier neu inventarisiert und stehen dann für künftige Ausstellungen zur Verfügung.“

Links:

Kontakt:
Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg
Wermbachstraße 15
63739 Aschaffenburg
Tel. 06021 / 456105-0
stadtarchiv@aschaffenburg.de
https://stadtarchiv-aschaffenburg.de/

Quelle: Stadt Aschaffenburg, Pressemitteilung, 17.3.2021

Jüdisches Leben in Bingen

Vor wenigen Wochen fand in der Kölner Synagoge der Festakt zum Auftakt des Jubiläumsjahres 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland statt. Wie in vielen Städten entlang des Rheins ist auch in Bingen jüdisches Leben seit vielen Jahrhunderten präsent.

Zurzeit lagern die Binger Akten der Zeit vor 1800 noch im Landesarchiv Speyer, darunter auch die mittelalterlichen Urkunden. Daher datiert das älteste Schriftstück zur jüdischen Geschichte im Binger Stadtarchiv aus der Zeit danach.


Abb.: Das bislang älteste Verwaltungsschriftstück im Binger Stadtarchiv zur jüdischen Geschichte. Es wurde 1826 geschrieben (Stadtarchiv Bingen)

Aus dem Jahr 1826 ist das älteste Schriftstück zur jüdischen Geschichte im Binger Stadtarchiv. Das Dokument ist Teil der Akte „Israelitische Schulen und Religionsunterricht“ (StA Bingen, Bestand 13, Nr. 295). Sie beinhaltet Verwaltungsgut aus der Zeit von 1826 bis 1921, vorwiegend aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das Schriftstück von 1826 betrifft den „Unterricht der israelitischen Jugend“, wie in den ersten drei Zeilen am linken Rand dieses Stadtratsprotokolls vermerkt ist.

10 wichtige Ereignisse der jüdischen Geschichte Bingens

1160: älteste Überlieferung mit Erwähnung der jüdischen Gemeinde in Bingen durch den Reisenden Benjamin von Tudela

1254: älteste Überlieferung mit Erwähnung der Judengasse (heute Rathausstraße)

1368: älteste Erwähnung einer Judenschule in Bingen

1403: Bei einem Großbrand in der Stadt werden 75 Prozent der Häuser zerstört – die Judengasse ist betroffen (Auch weitere Großbrände – 1490 und 1540 – betreffen diese Straße)

1602: aus diesem Jahr ist der älteste Grabstein auf dem jüdischen Friedhof in Bingen

1689: älteste Erwähnung einer Synagoge in Bingen, die an der Stelle der früheren errichtet wurde: heutige Rheinstraße 4 (heute KUZ).


Abb.: Die Synagoge in der Rheinstraße, später Casino Royal, heute KUZ (undatierte Aufnahme) (Stadtarchiv Bingen)

1789: Zerstörung der Synagoge durch einen Brand. Ein Relikt, der sogenannte Hochzeitsstein, befindet sich heute im Jerusalemer Israel-Museum. Wiederaufbau der Synagoge, die heute als Alte Synagoge bezeichnet wird.

1905: Bau einer zweiten Synagoge für die zweite, liberale jüdische Gemeinde in der Rochusstraße (Neue Synagoge)


Abb.: Fotografie vom Innenraum der neuen Synagoge samt Altar, Jahr unbekannt (Stadtarchiv Bingen)

1938: Zerstörung beider Synagogen am 10. November


Abb.: Der Altar der neuen Synagoge nach der Zerstörung 1938 (Stadtarchiv Bingen)

1970: die Bruchstücke der zerstörten Synagoge in der Rochusstraße werden erst jetzt beseitigt.

Eine Frage, die immer wieder gestellt wird: Wieso gab es in Bingen zwei Synagogen? – Das Judentum kennt wie die anderen Religionen verschiedene Ausrichtungen, ähnlich der Konfessionen im christlichen Glauben. Darunter auch orthodox-gläubige und liberale.

In Bingen gab es ab 1875 die Israelitische Religionsgesellschaft, die sich von der bestehenden Israelitischen Religionsgemeinde abspaltete, da sie ihnen zu liberal in der Ausrichtung war: Einführung einer Orgel, stärkere Einbeziehung von Frauen und Predigten in deutscher Sprache. Diese Anpassung der jüdischen Kultur an die christliche Kultur Deutschlands begann in allen deutschen Ländern im Laufe des frühen 19. Jahrhunderts.

Es war die Zeit der Haskala und der Akkulturation der jüdischen Deutschen: Sie waren gläubige Juden und Deutsche gleichermaßen. Die alte Synagoge blieb bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts das Bethaus der orthodoxen Israelitischen Religionsgesellschaft. Die Synagoge in der Rochusstraße wurde von der liberalen Israelitischen Religionsgemeinde errichtet.


Abb.: Die Synagoge in der Rochusstraße, Fotografie von 1924 (Stadtarchiv Bingen)

Genau in diese Zeit fällt allerdings auch der Beginn des Antisemitismus: Während vor 1800 Gewalt gegen Juden vor allem aus christlichen Motiven geschah, war es nun das stärker aufkeimende national-patriotische Gedankengut. Vor 1800 war es die Periode des Antijudaismus: Juden wurde vorgeworfen, Christliches zu vergiften und zu entweihen. Ab 1800, getragen durch den beginnenden Nationalismus in Deutschland, mutierte es in einen Antisemitismus: Man verwehrte jüdisch gläubigen Deutschen die Zugehörigkeit zu ihrem Land, da sie sich gleichermaßen als jüdisches Volk bezeichnen

Diese exkludierende Haltung und die bewusste Verwischung von Religion und Nationalität durch das Wort Volk ist typisch für den Antisemitismus. Auch die aus der Rheinromantik bekannten Clemens Brentano und Achim von Arnim („Des Knaben Wunderhorn“) gehörten dazu. Von Arnim war Mitbegründer der „christlich-deutschen Tischgesellschaft“, der auch Brentano angehörte. Die Gruppe traf sich wöchentlich zum Biertrinken und hielt dabei Reden. Eine der bekanntesten Tischreden ist Arnims „Über die Kennzeichen des Judentums“ von 1811, in der er gar die körperliche Stigmatisierung der Juden und „die Auflösung der Juden in ihre Bestandteile“ forderte.

Die Blütezeit jüdischen Lebens in Bingen

„Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Binger Juden auf ein halbes Jahrhundert stetigen Aufstiegs zurückblicken konnten. […] Die wirtschaftlichen Bedingungen in Bingen müssen in französischer Zeit [1793-1813] so gut gewesen sein, dass den jüdischen Händlern eine erhebliche Verbesserung ihrer materiellen Lage gelang. Allerdings konnten nicht nur sie von dieser Situation profitieren, auch die christlichen Händler verzeichneten mehrheitlich ein Anwachsen ihres Vermögens. Die weitere Entwicklung in hessischer Zeit zeigt zudem, dass für die Binger Juden aus konjunkturellen Gründen kein Grund bestand, ihr angestammtes Berufsfeld zu wechseln. Während sich im Handelssektor eine zunehmende Spezialisierung feststellen ließ, die vor allen bei den Wein- und Ellenwarenhändlern [Stoffhändlern] zu einer Zunahme führte, erhöhte sich dagegen die Zahl der jüdischen Handwerker nur unwesentlich.“.

Zu dieser Feststellung kam Matthias Rohde, der die jüdischen Gemeinden in Rheinhessen im frühen 19. Jahrhundert untersuchte (Quelle: Rohde, Matthias: „Tief unter den christlichen Staatsbürgern“?, S. 27). Jürgen Krome untersuchte für den zweiten Stadtgeschichte-Band über die Binger Neuzeit unter anderem die jüdischen Gemeinden in Bingen und stellte fest, dass der Anteil von jüdischen Binger*innen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts recht konstant bei 7-8 Prozent und damit prozentual noch vor Mainz und Worms lag. Bis 1905 ging der Anteil auf 2,5 Prozent zurück – und dennoch: Bingen war 1905 damit wahrscheinlich jene deutsche Kleinstadt mit dem höchsten jüdischen Bevölkerungsanteil. Anfang des 20. Jahrhundert ging der Anteil nur leicht zurück – bis letztendlich die Nationalsozialisten mit ihrer systematischen Verfolgung und Ermordung dem jüdischen Leben in Bingen zunächst ein Ende setzten. #NieWieder

Aber es war kein Ende für immer: Heute leben wieder jüdisch gläubige Menschen in Bingen. In Deutschland wird dieses Jahr 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland gefeiert. Mehr zum Jubiläumsjahr bietet die Homepage des Vereins „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“. Die Gemeindearchive der beiden jüdischen Gemeinden in Bingen sind im CAHJP (Central Archives for the History of the Jewish People) in Jerusalem überliefert.

Neuere weiterführende Literatur zur jüdischen Binger Geschichte

Aus der Reihe Binger Stadtgeschichte, herausgegeben von der Stadtverwaltung Bingen

  • Ebeling, Dietrich: Bingen in der Geschichte des 19. Jahrhunderts (1815-1870/71). Vom Ende der napoleonischen Zeit bis zum Beginn des Kaiserreichs (= Bingen – Geschichte einer Stadt am Mittelrhein 3.1). Bad Kreuznach 2017.
  • Krome, Jürgen: Bingen 1871-1918. Kaiserreich, Gründerboom und Erster Weltkrieg (= Bingen – Geschichte einer Stadt am Mittelrhein 3.2). Bad Kreuznach 2019.
  • Bernard, Birgit: Bingen 1930-1945. Die Zeit des Nationalsozialismus und ihre Vorgeschichte (= Bingen – Geschichte einer Stadt am Mittelrhein 3.4). Bad Kreuznach 2021.

Aus den Binger Geschichtsblättern der Historischen Gesellschaft Bingen

  • Schmandt, Matthias (Hg.): Bingen im Nationalsozialismus (= Binger Geschichtsblätter 28). Bad Kreuznach 2018.

Aus der Buchreihe des Arbeitskreises Jüdisches Bingen

  • Giesbert, Brigitte/Goetz, Beate/Götten, Josef: Juden in Bingen – Beiträge zu ihrer Geschichte (= Buchreihe Arbeitskreis Jüdisches Bingen 1). 2. Auflage, Bingen 2015.
  • Schmandt, Matthias: Lebensbilder Binger Juden aus dem Mittelalter (= Arbeitskreis Jüdisches Bingen 4). Bingen 2014.
  • Rohde, Matthias: „Tief unter den christlichen Staatsbürgern“? Zur Geschichte der Binger Juden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (= Arbeitskreis Jüdisches Bingen 5). Bingen 2015.
  • Eyß, Hans-Josef von: Geschichte der Juden in Bingen von den Anfängen bis 1905. (= Arbeitskreis Jüdisches Bingen 3). 2. Auflage, Bingen 2017.

Kontakt:
Stadtarchiv Bingen
Herterstraße 35
55411 Bingen-Bingerbrück
Tel.: 06721 / 184-354
Fax: 06721 / 184-35

Quelle: Stadtarchiv Bingen, Archivalien erzählen Geschichte(n), März 2021

Historische Ansichtskarte des Fürst Styrum-Hospitals in Bruchsal

Als Archivale des Monats März 2021 hat das Stadtarchiv Bruchsal eine historische Ansichtskarte ausgewählt, die den historischen A-Bau des Bruchsaler Krankenhauses zeigt.


Abb.: Fürst Styrum-Hospital in Bruchsal (Stadtarchiv Bruchsal)

Mit der Präsentation der Ansichtskarte soll an den Namensgeber der Klinik erinnert werden, dessen Geburtstag sich im März zum 300. Mal jährt: August von Limburg-Stirum. Der dritte und zugleich vorletzte Bruchsaler Fürstbischof erblickte am 16. März 1721 das Licht der Welt. Als Nachgeborener war er wohl schon früh für eine geistliche Laufbahn bestimmt. Das sollte auch kein Problem sein, war er doch ein Neffe des einflussreichen Kirchenfürsten Damian Hugo von Schönborn.


Abb.: Gemälde Damian August Philipp Karl von Limburg-Stirum (Original im Besitz der Bruchsaler Pfarrei St. Peter, fotografiert von Roland Sand)

Und so wurde August von Limburg-Stirum 1770 dessen Nach-Nachfolger und herrschte bis zu seinem Tod im Jahre 1797 über sein kleines Reich. Laut Zeitgenossen war er ein oftmals mürrischer und jähzorniger Mensch, was vielleicht auch auf die schweren Depressionen zurückzuführen war, die ihn immer wieder heimsuchten. Gleichwohl war er laut seinem Biografen Jakob Wille auch „ein Schenker im großen Stil“. So stiftete er beispielsweise 1777 für die Bruchsaler Bevölkerung ein Spital, das bis auf den heutigen Tag existiert und den Namen „Fürst-Stirum-Klinik“ trägt. Darüber hinaus sind in Bruchsal auch noch eine Schule und eine Straße nach ihm benannt.

Kontakt:
Stadtarchiv Bruchsal
Otto-Oppenheimer-Platz 5
76646 Bruchsal
Tel.: 07251 / 79-708
stadtarchiv@bruchsal.de

Postanschrift:
Stadtarchiv Bruchsal
Postfach 2320
76613 Bruchsal

Quelle: Stadtarchiv Bruchsal, Archivale des Monats März 2021