Monografie über die »Geburt der Kartei aus dem Geist der Bibliothek«

»Welch ein Versprechen 1929: „Karteien können alles“! Sie erschien in der „Zeitschrift für Organisation“. Dabei hatte das Zettel-Erstellen, das Abtrennen von Informationseinheiten zu einzelnen, beliebig verschiebbaren Elementen bereits eine lange Tradition, der man sich freilich nicht bewusst war oder die man bewusst verschwieg. Krajewski spürt die Traditionslinien auf in den Papierschnipseln Konrad Gessners (1516-1665), die nichts Geringerem dienten als dem Erstellen eines den Wissensstand seiner Zeit abdeckenden, die Inhalte umfassend erschließenden Buchkatalogs. Noch dienten die Zettel als flexible „Zwischenspeicher“ für das eigentlich intendierte Produkt, für die gebundene, linear aufgebaute Publikation.

Erst um 1800 erfolgte die Trennung der Aufgabenbereiche: Zwischenprodukt, Hilfsmittel der Narration, also Exzerptordner einerseits, selbstständiger, auf Dauer angelegter Speicherort strukturierter Informationen andererseits. Dabei erfolgte die Entdeckung des Zettelkastens als Verwaltungsmaschine nicht zufällig im aufgeklärten Österreich Maria Theresias und Josephs II. Hier diente der Zettelkasten als Mittel der Konskription von Soldaten und der Beherrschung der Bücherflut, die nach der Säkularisierung der Klöster in Wien eintraf. Freilich, noch erfolgten die Einträge in der Wiener Hofbibliothek auf großen Blättern, und noch wurden diese in Katalogkapseln aufgehoben, mit dem Ziel, einen gedruckten Katalog zu erstellen. Und nur der schiere Umfang, die Größe und die Weltereignisse sorgten dafür, dass es beim Provisorium blieb.«
vollständige Rezension von Markus Krajewski: Zettelwirtschaft. Die Geburt der Kartei aus dem Geist der Bibliothek (= copyrights; Bd. 4), Berlin: Kulturhaus Kadmos 2002, durch Armin Heinen, Historisches Institut der RWTH Aachen:
http://www.sehepunkte.historicum.net/2003/04/3931659291.html

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