Europa: Angst vor dem Staatenmoloch

Europa wächst und dehnt sich immer weiter aus. Wie es kleine Regionen trotzdem schaffen, ihre eigene Identität zu bewahren und ein eigenständiges Selbstbewusstsein zu entwickeln, nimmt eine international besetzte Tagung Anfang März in der Residenz ins Visier. Am Beispiel von Franken und Tirol wollen die Teilnehmer untersuchen, welche Rolle kleinen Regionen zukommt, wenn Europa zur Kulturgemeinschaft heranwächst. Veranstalter ist der Lehrstuhl für Fränkische Landesgeschichte der Universität Würzburg. \“Regionen im europäischen Einigungsprozess. Zwischen historischem Erbe, Selbstbewusstsein und Suche nach Identität\“: So lautet der Titel der Tagung zum Thema \“Franken – Tirol\“, die vom 1. bis 3. März im Toscanasaal in der Residenz stattfindet. Hintergrund sind die Sorgen der Menschen, in einem expandierenden Staatenmoloch mit überbordender Administration unterzugehen. Europa hat ein Identitäts- und Vermittlungsproblem, das sich nach Meinung der Organisatoren lösen lässt, wenn es sich auf seine vielfältigen und höchst unterschiedlichen Regionen besinnt. Auf der Ebene von Land und Region finden viele Menschen ihr Selbstbewusstsein und ihre Identität, dort leben und arbeiten sie, von dort erfahren sie Europa. Ob Europa zur Kulturgemeinschaft heranwachsen kann, soll an seinen kleinsten Bausteinen untersucht werden. Als Beispiel dafür dienen Franken und Tirol.

Beide Regionen haben eine vielfältige historische Entwicklung hinter sich; beide sind seit jeher bedeutsame Durchgangsregionen in Mitteleuropa, die kulturelle und technische Innovationen absorbierten und weiter verbreiteten; in beiden Regionen leisteten kirchliche Institutionen wesentliche Beiträge zu Urbanisierungsschüben in der Vergangenheit. Neben diesen Gemeinsamkeiten gibt es allerdings auch viele Unterschiede. Die Tagung setzt sich zum Ziel, zwei voneinander entlegene Länder mit unterschiedlicher Siedlungs- und Wirtschaftsentwicklung zu vergleichen und aufeinander zu beziehen, die allerdings in ihren Reaktionen und Handlungsformen gegenüber Vereinheitlichungs- und Zentralisierungsschüben viele Gemeinsamkeiten zeigen. Die Tagungsthemen werden von Vertretern beider Seiten beleuchtet. Für den Blick über den Tellerrand sorgt ein Wissenschaftler aus Oxford: Graham Jones wird die Geschichte der Regionen in England vorstellen. 

Veranstalter der Tagung sind Professor Helmut Flachenecker vom Lehrstuhl für Fränkische Landesgeschichte der Uni Würzburg und Universitätsdozent Hans Heiss, Abgeordneter des Südtiroler Landtages Bolzano-Bozen. Beteiligt sind außerdem das Südtiroler Landesarchiv Bozen/Archivio provinciale di Bolzano, die Forschungsstiftung Bayerische Geschichte und die Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte. Die Tagung findet statt im Rahmen des Würzburger Zentrums für Geschichtswissenschaft. Das ausführliche Tagungsprogramm kann über die Uni Würzburg abgerufen werden. 

Kontakt
Prof. Dr. Helmut Flachenecker
Lehrstuhl für Fränkische Landesgeschichte der Universität Würzburg
Tel.: 0931 / 888 – 5530
helmut.flachenecker@mail.uni-wuerzburg.de 

Quelle: Uni-Protokolle, Julius-Maximilians-Universität Würzburg, 20.2.2007

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