ICA erklärt seine Solidarität mit ukrainischer Archivszene

Der Internationale Archivrat (ICA) drückt angesichts des kriegerischen Überfalls Russlands auf die Ukraine seine Solidarität mit den ukrainischen Archivarinnen und Archivaren aus. Der ICA fordert die Regierung Russlands auf, allen im Land verbleibenden Kulturerbe-Fachleuten keinen Schaden zuzufügen und plädiert mit Hinweis auf die Haager Konvention vom 14. Mai 1954 zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten von der Zerstörung von Schrift- und Kulturgut abzusehen.

Das ICA arbeitet eng mit den nationalen Archiven in den Nachbarländern Polen, Litauen, Lettland und Estland zusammen, um die sich schnell verändernde Situation zu überwachen und den Kolleginnen und Kollegen vor Ort so viel Unterstützung wie möglich zu gewähren und um gefährdete Archive zu schützen.

Archive seien ein unersetzliches Kulturerbe und müssten zusammen mit dem engagierten Personal, das ihre Bedeutung, Struktur und Nutzung versteht, geschützt werden, so der ICA in seiner Erklärung vom 25.2.2022 weiter.

Die Erklärung im Wortlaut:

Solidarity with Ukrainian Archives and Records Professionals

The International Council on Archives wishes to express its solidarity with Ukrainian archives and records professionals during this difficult time. The ICA calls on the Government of Russia to not harm any documentary or cultural heritage professionals that remain in country, as well as refrain from destroying documentary and cultural heritage in respect of the 1954 Convention for the Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict.

The ICA is working closely with the national archives in the neighbouring countries of Poland, Lithuania, Latvia and Estonia to monitor this fast-moving situation and provide what assistance it can to colleagues on the ground and to safeguard at risk archives.

Archives are irreplaceable cultural heritage and must be protected, along with the dedicated personnel who understand their importance, organization, and use.

Links:
Convention for the Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict with Regulations for the Execution of the Convention (Den Haag, 14.5.1954)

Liste ukrainischer Archive (engl.)

Staatlicher Archivdienst der Ukraine: Webseite https://archives.gov.ua/en/

Der Internationale Archivrat („International Council on Archives“) ICA ist eine 1948 gegründete nichtstaatliche Organisation mit Sitz in Paris, die sich dem Archivwesen widmet. Im ICA sind nationale Archivverwaltungen, Fachverbände von Archivarinnen und Archivare, Kommunal- und Stadtarchive, Archive anderer Organisationen sowie einzelne Archivarinnen und Archivare vereinigt. Er hat rund 1.500 Mitglieder aus 195 Ländern und Territorien.

Kontakt:
ICA International Council on Archives
60 rue des Francs-Bourgeois
75003 Paris
France
Tel : +33 (0)1 81 70 55 62
Fax : +33 (0)1 81 70 55 61
ica@ica.org
https://www.ica.org/

Quelle: ICA, Position Statement, 25.2.2022; Art. ICA, in: Wikipedia, 27.7.2021

Offener Brief des VdA zum Ampel-Koalitionsvertrag

Mit einem Offenen Brief vom 24.2.2022 bezieht der VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V. aus archivfachlicher Sicht Stellung zum Ende 2021 ausgehandelten Koalitionsvertrag der Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP („Mehr Fortschritt wagen. Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“).

Der VdA begrüßt, dass dem Archivwesen im Ampel-Koalitionsvertrag eine gewichtige Rolle beigemessen wird, „da authentische Informationen in unserer Gesellschaft zunehmend an Bedeutung gewinnen und damit die grundgesetzlich gebotene Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Regierungs- und Verwaltungshandeln gestärkt wird.“

Der deutsche Fachverband der Archivarinnen und Archivare appelliert zugleich daran, bei der Umsetzung der Vorhaben „fachliche Erfahrungen und Erfordernisse zu berücksichtigen.“ In seiner Stellungnahme hebt der VdA insbesondere folgende Aspekte der Regierungsvereinbarung hervor:

  • Weiterentwicklung der Informationsfreiheitsgesetze zu einem Bundestransparenzgesetz (S. 11)
  • Stärkung von Open Access und Open Science (S. 24)
  • Weitere Aufarbeitung des NSU-Komplexes (S.107)
  • Nachrichtendienste und Bundesarchivgesetz (S. 110)
  • Aufbau einer zentralen digitalen Themenplattform zur Wiedergutmachung von NS-Unrecht (S.110)
  • Anerkennung der Opfer der „Euthanasiemorde“ und Zwangssterilisation (S. 125)
  • Weiterentwicklung der ehemaligen Stasi-Zentrale in Berlin zum Campus für Demokratie (S.125)

Hinsichtlich des geltenden Urheberrechts weist der VdA auf die Verlegenheit von Archiven hin, immer wieder legitime Nutzungsanliegen aus archivrechtlicher Sicht untersagen zu müssen. Dies betreffe auch die Anliegen öffentlicher Stellen, wollen diese beispielsweise archivierte Bilder oder Filmausschnitte in ihren Social-Media-Kanälen verwenden.

Link: Stellungnahme des VdA zum Koalitionsvertrag der Bundesregierung (24.2.2022)

Kontakt:
VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V.
Wörthstraße 3
36037 Fulda
Telefon: +49 661 29109-72
info@vda.archiv.net
https://www.vda.archiv.net/

Quelle: VdA, Meldung, 24.2.2022

Der Industrielle und Sozialreformer Max Bahr (1848-1930)

Ausstellung des Brandenburgischen Landeshauptarchivs und des Museums Viadrina in Frankfurt (Oder).

Das Brandenburgische Landeshauptarchiv in Potsdam und das Museum Viadrina in Frankfurt (Oder) zeigen vom 25. Februar bis zum 15. Mai 2022 im Museum Viadrina – Junkerhaus die Sonderausstellung „Jute, Häuser, Republik. Der Industrielle und Sozialreformer Max Bahr (1848–1930)“. Die zweisprachige Ausstellung (deutsch-polnisch) thematisiert das unternehmerische und soziale Wirken von Max Bahr, der das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben in der Frankfurter Partnerstadt Gorzów maßgeblich prägte.


Abb.: „Jute, Häuser, Republik“. Der Industrielle und Sozialreformer Max Bahr (1848-1930) aus Landsberg an der Warthe.

Max Bahr aus Landsberg an der Warthe (heute Gorzów Wielkopolski) hat auch die Geschichte Brandenburgs um die Wende zum 20. Jahrhunderts mitgeprägt. Als Kaufmann baute er die Herstellung von Jute-Produkten aus. Ab 1905 war er mit seiner Jutefabrik einer der größten Arbeitgeber der Region. Seine geschäftlichen und persönlichen Kontakte reichten in alle Welt und brachten Bahr bis nach Amerika und Indien.

Max Bahr baute Hunderte Arbeiterwohnungen, ein Volksbad und das Volkswohlfahrtshaus als Zentrum des gesellschaftlichen Lebens. Als Sozialreformer setzte er sich für die Verbesserung der Lebensbedingungen seiner Arbeiterinnen und Arbeiter, für mehr Chancengleichheit und für die gesellschaftspolitische Förderung von Frauen ein.

Von 1919 bis 1924 wirkte Max Bahr als Abgeordneter des Wahlkreises Frankfurt (Oder) für die sozialliberale Deutsche Demokratische Partei (DDP) in der Weimarer Nationalversammlung und im deutschen Reichstag. Bis zu seinem Tod 1930 blieb er ein entschlossener Verteidiger der Republik.


Abb.: Blick in die Ausstellung

Die Ausstellung „Der Industrielle und Sozialreformer Max Bahr (1848-1930)“ ist ein Projekt des Brandenburgischen Landeshauptarchivs in Partnerschaft mit der Woiwodschafts- ­und Stadtbibliothek Zbigniew Herbert in Gorzów Wielkopolski. Erster Standort war Gorzów Wielkopolski, ehemals Landsberg an der Warthe (weitere Standorte in Polen und Brandenburg sind geplant). In 16 Themenmodulen veranschaulicht die Ausstellung anhand neuer Quellenfunde, wie der Unternehmer Wirtschaft, Politik und Alltag der Menschen veränderte – stets am Wohl der Vielen orientiert.

„Max Bahr hat sich zielstrebig hochgearbeitet, vom Kaufmannssohn aus der Provinz zum Unternehmer von nationaler Bedeutung“, erklärt Falko Neininger, Referatsleiter im Brandenburgischen Landeshauptarchiv, der die Ausstellung auf den Weg gebracht hat. „Vom brandenburgischen Landsberg aus etablierte er weltumspannende Kontakte. Er war neugierig, offen und unerschrocken. Wir denken, dass sein unternehmerischer Erfolg, sein soziales Engagement und seine Einsatzbereitschaft für Demokratie und Dialog neue Beachtung verdienen und freuen uns deshalb sehr, dass diese Ausstellung nun in Frankfurt (Oder), in der Stadt der Brückenbauer, zu sehen ist.“

Info:
„Der Industrielle und Sozialreformer Max Bahr (1848-1930)“
Ausstellung im Museum Viadrina – Junkerhaus
25. Februar bis 15. Mai 2022
Öffnungszeiten: Dienstag–Sonntag, 11–17 Uhr

Programm und Führungen
2. März 2022, 15.30 und 16.30 Uhr: Führung durch die Ausstellung
18 Uhr: Abendvortrag mit Dr. Falko Neininger (BLHA)

15. Mai 2022: Internationaler Museumstag
11 und 15 Uhr: deutsch-polnische Führung durch die Ausstellung mit Dr. Falko Neininger und Robert Piotrowski

Link: Flyer zur Ausstellung

Kontakt:
Museum Viadrina
Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Straße 11
15230 Frankfurt (Oder)
Tel. 0335 / 40 15 6-10 (Sekretariat): 8 bis 14 Uhr
Tel. 0335 / 40 15 6-29 (Ausstellung, Kasse): 11 bis 17 Uhr
Fax. 0335 / 40 15 6-11
kontakt@museum-viadrina.de
http://www.museum-viadrina.de

Brandenburgisches Landeshauptarchiv
Am Mühlenberg 3
14476 Potsdam
Telefon: +49 (0) 331 5674-0
Telefax: +49 (0) 331 5674-212
poststelle@blha.brandenburg.de
https://blha.brandenburg.de

Quelle: BLHA, Ausstellungseröffnung, 24.2.2022

Zeitgeschichtliches Archiv (ZGA) sucht Träger

In einer ausgedienten Industriehalle in Marzahn verwahrt das Berlin-Brandenburger Bildungswerk e.V. mehrere bedeutende Presseartikelsammlungen und das historische Archiv des Tagesspiegels. Doch die Tage des Vereins und des Zeitgeschichtlichen Archivs (ZGA) sind gezählt, und das Gebäude soll Ende 2022 abgerissen werden. Bislang hat sich keine Institution gefunden, die den Bestand übernehmen will. Zum deutschlandweiten TAG DER ARCHIVE am 5. und 6. März 2022 öffnet die einzigartige Sammlung für die interessierte Öffentlichkeit noch einmal ihre Türen.

Video: rbb-„Abendschau“ vom 4. Dezember 2021: Mit Thomas Friedrich vom Tagesspiegel kam rbb-Moderator Ulli Zelle um zu erfahren, ob der Schatz des ZGA noch zu retten ist.

Das ZGA ist eines der letzten großen Presseauschnittarchive in Deutschland. Chronologisch gesammelt wurden deutschsprachige Presseartikel einer großen Anzahl dafür ausgewerteter ost- und westdeutscher Zeitungen und Zeitschriften. Sie sind nach Themen geordnet und im System abgelegt.


Abb.: Dr. Harald Wachowitz betreut das Zeitgeschichtliche Archiv in Berlin-Marzahn ehrenamtlich (Foto: ZGA)

Die Besonderheit des ZGA: Es ist die einmalige, qualifizierte Sammlung von Themen deutsch-deutscher Geschichte. Politik, Kultur und Alltag in den Besatzungszonen, dann in den beiden deutschen Staaten und letztendlich der Transformation lassen hier Zeitgeschichte nachvollziehen. Das ZGA umfasst die Jahre 1945/46 bis 1992. Alles ist gut geeignet, um es zu digitalisieren. – 1.906.786 Artikel sind bereits in der Datenbank der ZGA für die Internet-Recherche erfasst und ermöglichen es vor Ort in Minuten, einen gesuchten Artikel in dem großen Bestand zu finden.

Doch die Erhaltung des Zeitgeschichtlichen Archivs für die Zukunft steht auf dem Spiel. Die Bewahrung der Sammlung und die Aufarbeitung seiner Bestände waren dem Verein Berlin-Brandenburger Bildungswerk – als arbeitsmarktorientiertem Beschäftigungsträger – nur mit Hilfe von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen möglich. Dieser Geschäftsgrundlage ist inzwischen die Basis entzogen worden. Auch der Standort der Sammlung in Berlin-Marzahn wird zukünftig nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Sammlungen des Zeitgeschichtlichen Archivs brauchen daher dringend eine neue Trägerschaft. Mit der großen Bandbreite der dort versammelten Presseartikel und dem hohen Grad der archivalischen Erschließung sind die Sammlungen höchst anschauliche und alle gesellschaftlichen Bereiche umfassende Zeugnisse der deutsch-deutschen Nachkriegsgeschichte. Ein bedeutender historischer Wert, den es zu sichern gilt.

Kontakt:
Zeitgeschichtliche Archiv (ZGA)
Premnitzerstr. 12
12681 Berlin
https://www.zga-berlin.de/

Quelle: Die Hellersdorfer, 23.2.2022; ZGA, Presseinformation.

Stadtarchiv Leutkirch stellt Eingemeindungen vor 50 Jahren ins Schaufenster

Die Gebietsreform in Baden-Württemberg wurde in den Jahren 1968 bis 1975 mit dem Ziel durchgeführt, leistungsfähigere Gemeinden zu schaffen. Das sollte durch größere Verwaltungseinheiten erreicht werden, die nach Ansicht der damaligen Landesregierung aus CDU und SPD effizienter arbeiten würden. Aus 3379 Gemeinden in Baden-Württemberg sollten durch Zusammenschlüsse und Eingemeindungen 1.111 Gemeinden werden. Unterste Ebene sollten Gemeinden mit mindestens 8.000 Einwohnern werden.

Den Gemeinden, die sich freiwillig eingemeindeten, gab die baden-württembergische Landesregierung Sonderzuschüsse nach dem Finanzausgleichsgesetz. Bedingungen waren eine vorausgehende Bürgeranhörung und der Vollzug der Eingemeindung spätestens bis zum 1. Januar 1973. – Es war eine denkwürdige Stunde, als im Bürgersaal der ehemaligen Reichsstadt Leutkirch im Allgäu am 28. Februar 1972 die Bürgermeister von sieben Gemeinden in Anwesenheit von Landrat Dr. Münch mit ihrer Unterschrift den Anschluss ihrer Gemeinden an Leutkirch ab 1. Juni 1972 besiegelten.


Abb.: Unterzeichnung der Eingemeindungsverträge vor 50 Jahren am 28. Februar 1972 (Foto: Stadtarchiv Leutkirch)

Das Stadtarchiv Leutkirch erinnert mit der aktuellen Ausstellung an die Ereignisse vor 50 Jahren und stellt in seinen Schaufenstern in den nächsten Wochen immer jeweils zwei Gemeinden vor, die sich ursprünglich zusammenschließen wollten: Hofs und Wuchzenhofen, Winterstetten und Friesenhofen, Diepoldshofen und Reichenhofen. Für die beiden größten Gemeinden Gebrazhofen und Herlazhofen gab es keine anderen Überlegungen als den Zusammenschluss mit Leutkirch.


Abb.: Wappen der in die Stadt Leutkirch im Allgäu eingegliederten Gemeinden: Hofs (1. Januar 1972), Diepoldshofen, Friesenhofen, Gebrazhofen, Herlazhofen, Reichenhofen, Winterstetten und Wuchzenhofen (alle 1. Juni 1972)

Den Anfang in der Schaufenster-Ausstellung machen Hofs und Wuchzenhofen. Die Gemeinde Hofs hatte den Anschluss im Übrigen bereits zum 1. Januar 1972 vollzogen. Leutkirch im Allgäu ist seit 1974 Große Kreisstadt.


Abb.: Ansicht der Gemeinde Hofs (Foto: Stadtarchiv Leutkirch)


Abb.: Ansicht der Gemeinde Wuchzenhofen (Foto: Stadtarchiv Leutkirch)

Kontakt:
Stadtarchiv Leutkirch
Marktstraße 8
88299 Leutkirch im Allgäu
Tel.: 07561 87-190
Fax: 07561 87-5190
nicola.siegloch@leutkirch.de
https://www.leutkirch.de/stadtarchiv

Quelle: Stadt Leutkirch, Stadtnachrichten, 22.2.2022; Stadtarchiv Leutkirch, Aktuelles; Schwäbische.de, 22.2.2022; Art. Gebietsreform in Baden-Württemberg, in: Wikipedia, 2.2.2022; Art. Leutkirch im Allgäu, in: Wikipedia, 19.1.2022.

Bayerisches Hauptstaatsarchiv übernimmt das Familienarchiv Bayrhammer

Gustl Bayrhammer wäre am 12. Februar 2022 100 Jahre alt geworden.

Das Bayerische Hauptstaatsarchiv in München übernimmt mit dem Familienarchiv Bayrhammer die Nachlässe Gustl Bayrhammers und seines Vaters Max Bayrhammer. Das Familienarchiv enthält persönliche Dokumente, Auszeichnungen und Erinnerungsstücke der Schauspielerdynastie Bayrhammer ab 1870. Damit werden die schriftlichen Zeugnisse dieser „künstlerisch ambitionierten Familie“ (Gustl Bayrhammer) für die Zukunft gesichert und der Forschung zugänglich gemacht. Besonders Gustl Bayrhammer (1922-1993), der am 12. Februar 2022 100 Jahre alt geworden wäre, gilt bis heute vielen als Inbegriff des bayerischen Volksschauspielers. Wie sein Vater Max Bayrhammer (1867-1942) war er auf vielen Bühnen im gesamten deutschsprachigen Raum tätig.


Abb.: Privatfoto Gustl Bayrhammer bei einer Familienfeier am 28. Dezember 1991 (Foto: Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Familienarchiv Bayrhammer). 

Zur Ergänzung der amtlichen Überlieferung sichert das Bayerische Hauptstaatsarchiv Nachlässe politisch und gesellschaftlich bedeutender Persönlichkeiten. Die Übernahme des Familienarchivs Bayrhammer erfolgt aufgrund des öffentlichen Interesses und der überregionalen Bedeutung der überlieferten Personen auf der Grundlage eines Schenkungsvertrages.

Max Emanuel Bayrhammer wurde am 26. Mai 1867 in Niederbayern als Sohn eines Schlossverwalters geboren. Er nahm Schauspielunterricht und fand schnell Zugang zu großen Bühnen, häufig mit klassischen Hauptrollen. Er trat u.a. am Gärtnerplatztheater München, am Stadttheater Breslau, am Weimarer Hoftheater, am Wiener Volkstheater oder am Schauspielhaus Frankfurt auf. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurden die Rollenangebote weniger, bereits ab den frühen 1920er Jahren trat er bei NSDAP-Feiern als Unterhalter und nach 1933 bei Veranstaltungen der NS-Organisation „Kraft durch Freude“ auf. Zuletzt hielt er sich in prekären wirtschaftlichen Umständen nur noch mit einem gering dotierten Bühnenvertrag beim Bayerischen Nationaltheater über Wasser. Seine Leistungen als Autor von Bühnenstücken sind heute vergessen.

Sein 1922 geborener Sohn Gustl (eigentlich Adolph Gustav Rupprecht Maximilian) Bayrhammer erhielt zunächst eine kaufmännische Ausbildung. Nach seiner Einberufung in die Wehrmacht nutzte Gustl Bayrhammer die Stationierung in Berlin für eine Theaterausbildung am Schiller-Theater unter Heinrich George und Gustav Gründgens. Nach Kriegsende nahm er zusammen mit Toni Berger (1921-2005) ein erstes Engagement am Hohenzollerischen Landestheater Sigmaringen an. Dort lernte er auch seine spätere Frau, die Schauspielerin Irmgard Henning (1919-2003), kennen. Nach mehr als zwei Jahrzehnten an unterschiedlichen Bühnen (u.a. Augsburg, Karlsruhe, bei den Luisenburg-Festspielen Wunsiedel und am Landestheater Salzburg) ging er 1967 nach München. Seither war er sowohl an den Münchner Kammerspielen, dem Münchner Volkstheater und dem Bayerischen Staatsschauspiel engagiert.


Abb.: Rollenbuch von Gustl Bayrhammer 1945-1953 mit seinen ersten Auftritten ab November 1945 (Foto: Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Familienarchiv Bayrhammer). 

Überregional bekannt wurde Gustl Bayrhammer durch seine Fernsehkarriere. Als erster bayerischer Ermittler in der Fernsehreihe „Tatort“ trat er zwischen 1972 und 1981 in 15 Folgen bundesweit in Erscheinung. Die Fernsehrolle, mit der er generationenübergreifend am häufigsten assoziiert wird, ist die des „Meister Eder“ in der Kinderserie „Pumuckl“. Bei dieser internationalen Großproduktion mit damals äußerst aufwendigen Trickzeichnungen brillierte er als sympathisch-grantlerischer Münchner Schreiner.

Max und Gustl Bayrhammer bezogen ihr Selbstverständnis stark aus ihren Leistungen als Theaterschauspieler. Das Familienarchiv belegt dies jeweils mit besonderen biografischen Dokumenten: Gustl Bayrhammer führte über jede seiner Rollen Buch. Die Aufzeichnungen reichen dabei vom ersten Auftritt am Theater Sigmaringen am 27. November 1945 bis zu seinem letzten Auftritt am 21. Januar 1993 in München. Diese schriftlichen Informationen werden begleitet von ebenso sorgfältig angelegten Fotoalben. Sein Vater sammelte dagegen die Theaterzettel und Bühnenprogramme seiner Auftritte, so dass auch sein beruflicher Weg sehr gut nachgezeichnet werden kann.

Als Kuriosa enthält das Familienarchiv eine ganze Reihe von Auszeichnungen und Ehrungen wie den bayerischen Filmpreis, den Bambi, den Bayerischen Verdienstorden und sogar eine Goldene Schallplatte für die Pumuckl-Hörspiele.

Kontakt:
Bayerisches Hauptstaatsarchiv
Schönfeldstraße 5-11, 80539 München
(Postfach 22 11 52, 80501 München)
Tel.: 089/28638-2596
Fax: 089/28638-2954
poststelle@bayhsta.bayern.de

Quelle: Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns, Pressemitteilung, 11.2.2022; Art. Gustl Bayrhammer, in: Wikipedia, 19.2.2022

Zwischen den Welten unterwegs – Reisewege der Mission

Ausstellung des Museums auf der Hardt der Archiv- und Museumsstiftung der VEM vom 17. Februar bis 30. Juni 2022.

Männer und Frauen aus dem Rheinland, Westfalen und anderen Regionen Deutschlands begaben sich in sprichwörtlich christlicher Mission in den letzten zwei Jahrhunderten auf eine beschwerliche Reise nach Afrika oder Asien, um unter Menschen zu leben und zu arbeiten, über die sie kaum etwas wussten. – Wie sah das Reisen zu diesen Menschen und vor Ort aus? Was brachten Missionare und Missionarinnen bei ihren seltenen Besuchen in Deutschland oder nach Ende ihres Aufenthalts mit und weshalb? Und warum und unter welchen Umständen machten sich auch Afrikanerinnen und Asiaten auf den Weg in die umgekehrte Richtung?


Abb.: Reisewege der Mission (Foto: Archiv- und Museumsstiftung der VEM)

Diesen Fragen nähert sich die Ausstellung „Zwischen den Welten unterwegs – Reisewege der Mission“ des Museums auf der Hardt der Archiv- und Museumsstiftung der VEM und führt dabei ein in die Geschichte einer ganz eigenen Art der globalen Mobilität unter den Vorzeichen der neuzeitlichen Missionsbewegung und kolonialer Expansion. Einer Geschichte aber auch der Annäherung zwischen Menschen, der Veränderung ihrer Beziehungen untereinander und der Entstehung einer religiösen Gemeinschaft über kulturelle Unterschiede hinweg. Überdies erfährt man auch, warum ein Musikinstrument einen weiteren Reiseweg zurückgelegt hat als die anderen Dinge und die meisten der Menschen, denen man im Rahmen des Themenjahres 2021/22 „Alles in Bewegung“ der Bergischen Museen begegnet. Und nicht zuletzt lohnt der Besuch der Begleitveranstaltungen zur Ausstellung: von Leseproben aus alten Expeditionsberichten bis zu bewegten Reisebildern ist für jeden etwas dabei.

Bereits zum zweiten Mal richten die Bergischen Museen ein gemeinsames Themenjahr aus. Unter dem Motto „Alles in Bewegung“ stellen sie Aspekte der Mobilität von Menschen, Dingen und Ideen mit Bezug zum Bergischen Land vor. Aktionstage, geführte Rad- und Wandertouren, ein Podcast, Vorträge, Kabarett, Seminare und Workshops und viele Sonderausstellungen. Die neue Website der Bergischen Museen www.bergischemuseen.de stellt die 21 Museen im Bergischen Land und mit dem Themenjahr „Alles in Bewegung“ ihr zweites Gemeinschaftsprojekt, das vor. Auch das Museum auf der Hardt der Archiv- und Museumsstiftung der VEM ist dabei.

Museum auf der Hardt der Archiv- und Museumsstiftung der VEM
200 Jahre Missionsgeschichte lokal im Bergischen Land und international in Afrika, Asien und Ozeanien vermittelt unsere Stiftung anhand erhellender Schriftstücke, historischer Fotos, Skizzen und Drucke sowie eindrucksvoller Objekte aus Religion und Alltagsleben in den ehemaligen Missionsgebieten von Rheinischer Missionsgesellschaft und Bethel Mission. Diese hatten ihren Sitz im Tal der Wupper und bei Bielefeld in Westfalen. So entfaltet sich auf unserer rund 400 Quadratmeter großen Ausstellungsfläche ein im Jahr 1828 beginnendes Kapitel Globalgeschichte, dessen Auswirkungen bis in die Gegenwart führen.

Geschichte für die Gegenwart mit ihren vielen Facetten und Brüchen zu vermitteln, lautet das Anliegen. Wechselnde Ausstellungen und Veranstaltungen ergänzen deshalb die Dauerausstellung: von zeitgenössischer Kunst bis zu gesellschaftlich relevanten Themen, von Malerei im christlich-hinduistischen Dialog aus Bali bis zu Frauenschicksalen während des Völkermordes in Ruanda oder Leben und Selbstverständnis von Jugendlichen in West Papua. Lesungen, Vorträge, Musikdarbietungen, Filmvorführungen und Seminare runden das Angebot für interessierte Besucherinnen und Besucher ab und schlagen unter anderem einen Bogen zu den vielfältigen Themen der Stifterin, der Vereinten Evangelischen Mission (VEM). Sie versteht sich heute als eine Gemeinschaft von Kirchen in Afrika, Asien und Deutschland, die aus der Missionsgeschichte hervorgegangen ist.

Bewahren, Forschen, Vermitteln und das Ausprobieren neuer Perspektiven werden großgeschrieben in den Archiven am ehemaligen Standort der Rheinischen Mission in Wuppertal-Barmen und im Museum auf der Hardt im historischen Gebäude des Missionsseminars. Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, Studierenden, Schülern und Schülerinnen und einem interessierten Publikum (fast) jeden Alters bietet sich hier die Gelegenheit, sich mit einem spannenden und teils spannungsreichen historischen Erbe zu befassen.

Link: https://bergischemuseen.de

Kontakt:
Museum auf der Hardt
Missionsstraße 9
42285 Wuppertal
Tel: 0202-89004-152
museum@vemission.org

Postadresse:
Rudolfstraße 137, 42285 Wuppertal

Öffnungszeiten
Jeden 1. Sonntag im Monat 14.00 – 17.00 Uhr und auf Anfrage

Quelle: AMS der VEM: Museum auf der HardtAktuelles, Feb. 2022; Bergische Museen: Museum auf der Hardt; Archiv- und Museumsstiftung der VEM; Bergische Museen: Broschüre Themenjahr „Alles in Bewegung“ 2021/2022

Stadt- und Kreisarchiv Paderborn eröffnet digitalen Lesesaal

Deutscher Bibliotheksverband gewährt weitere Fördermittel im Programm „WissensWandel“.

Was im Jahr 2021 angekündigt worden war, ist nunmehr umgesetzt worden: Das Stadt- und Kreisarchiv Paderborn stellt seine frühneuzeitlichen Aktenbestände online. Ab sofort kann über den Digitalen Lesesaal in den städtischen Akten aus der Frühen Neuzeit bis 1820 bequem zuhause am Computer oder Laptop recherchiert werden.


Abb.: Im Beisein von Bürgermeister Michael Dreier (2. v. l.) und I. Beigeordneten Carsten Venherm (l.) geben Wilhelm Grabe (r.) und Jonas Eberhardt vom Stadt- und Kreisarchiv Paderborn Mitte Februar 2022 die Digitalisate offziell für die ortsungebundene Online-Recherche frei (Foto: Stadt Paderborn).

Auf dem Portal der nordrhein-westfälischen Archive stellte das Paderborner Stadt- und Kreisarchiv bislang Ortschroniken aus Stadt und Kreis ab 1800 sowie Protokolle der Kreistagssitzungen von etwa 1850 bis 1950 zur Verfügung. Die neuen etwa 330.000 Digitalisate von mehr als 1.000 Akten ermöglichen nun einen genaueren Blick in die Geschichte der Stadt Paderborn ab 1577, soweit sie sich im Verwaltungsschriftgut niedergeschlagen hat. Das hört sich trockener an, als es ist. Denn in den Akten verbergen sich neben Vermerken, amtlichen Schreiben und Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern auch Situationspläne, Flugblätter, später auch Plakate und vieles andere mehr. Von besonderem biografischem Interesse dürften die Vorläufer der Einwohnermeldekarteien und heutigen Einwohnerdatenbank sein, die Bürgerrollen aus der Zeit von 1571 bis 1815 sowie das Brandkataster von 1769, die zu den am häufigsten nachgefragten Akten im Stadt- und Kreisarchiv gehören.

Ermöglicht hat die Digitalisierung ein großzügiger Zuschuss der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Mit „Neustart Kultur“ hat sie ein Hilfsprogramm für den Kultur- und Medienbereich initiiert, aufgrund von Zugangs- und Besuchsbeschränkungen besonders von der Corona-Pandemie gebeutelt. Umgesetzt wird die Hilfe durch das Programm „WissensWandel“ des Deutschen Bibliotheksverbandes, das öffentliche Bibliotheken und Archive bei der Transformation analoger Bestände in die digitale Zukunft unterstützt. Das erste durch „WissensWandel“ finanzierte Digitalisierungsprojekt des Stadt- und Kreisarchivs Paderborn, das mit der Onlinestellung jetzt abgeschlossen ist, überzeugte den Deutschen Bibliotheksverband offenbar, da er jüngst auch einen zweiten Förderantrag über rund 50.000 Euro bewilligte. Hiermit können nun die weiteren Akten von 1820 bis 1870/71, also von der Zeit nach dem Ende des Königreichs Westphalen bis zur Gründung des Deutschen Kaiserreichs, digitalisiert werden. Auch diese Akten sollen noch in diesem Jahr auf www.archive.nrw.de online verfügbar sein.

Bereits vor einigen Jahren hat das Stadt- und Kreisarchiv begonnen, häufig genutzte oder konservatorisch sensible Archivalien digital, aber nicht online zur Verfügung zu stellen. Hierzu gehören etwa die lokalen Zeitungen ab 1945, die sogar über eine Texterkennung verfügen, zahlreiche Bilder und vor allem die Standesamtsregister. Mit seiner Digitalisierungsstrategie übernimmt das Stadt- und Kreisarchiv Paderborn Vorbildfunktion für andere Kommunalarchive in Ostwestfalen-Lippe. Kurz und gut: Ein weiterer Baustein der digitalen Heimat Paderborn.

Mit dem Stadtarchiv Paderborn und Kreisarchiv Paderborn schlossen sich Anfang 2017 die beiden größten Archive im Kreis formal zusammen. Die Zusammenarbeit wurde bereits seit 2014 praktiziert und von den langjährigen Leitern des Paderborner Stadtarchivs, Rolf-Dietrich Müller, sowie vom Paderborner Kreisarchivar Wilhelm Grabe, der nun auch Leiter des fusionierten Archivs ist, maßgeblich begonnen und gestaltet. Im Sommer 2014 war das bis dahin auf drei Standorte in Büren verteilte Kreisarchiv beim Stadtarchiv Paderborn eingezogen. Beide Archive existieren seit 2017 als Abteilungen unter einem Dach. Die Kosten werden im Verhältnis 70 (Stadt) zu 30 (Kreis) geteilt.

Das Stadt- und Kreisarchiv Paderborn öffnet am 8.3.2021 wieder unter strengen Schutzauflagen. Voraussetzung für den Besuch ist eine telefonische Voranmeldung unter der Telefonnunmmer 05251/881-1596.

Link: Digitaler Lesesaal Stadt- und Kreisarchiv Paderborn

Kontakt:
Stadt- und Kreisarchiv Paderborn
Pontanusstraße 55 (Technisches Rathaus)
33102 Paderborn
Tel.: 05251/88 11593
Fax: 05251/88 2047
stadt-und-kreisarchiv@paderborn.de

Quelle: Stadt Paderborn, Pressemitteilung, 15.2.2022; WB, 16.2.2022; Neue Westfälische, Paderborn, 13.1.2017

Quellen zur Kommunikation im Stadtarchiv Bornheim

Das Stadtarchiv Bornheim widmet sich im Rahmen einer DDBstudio-Ausstellung der Entwicklung der Kommunikation „Von der Postkarte zur E-Mail“, so der Titel der virtuellen Ausstellung.

Seit jeher haben Menschen das Bedürfnis, auch über große Entfernungen in Kontakt mit ihrer Familie, mit Freunden und Bekannten zu bleiben. Lange Zeit blieben klassische Briefe dafür das Mittel der Wahl. Der Versand war jedoch relativ teuer. Die neue Technik der Telegrafie, die sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts auch in Deutschland etablierte und einen technischen Quantensprung darstellte, war für die einfachen Leute kaum bezahlbar. Eine neue Kommunikationsform musste her.


Abb.: Postkarte aus Bornheim (Rheinland) 1898. Aus der Sammlung des Stadtarchivs Bornheim (StAB 22 – 1415).

Nachdem es in Amerika und Preußen bereits Vorgängerformen gegeben hatte, trat die Postkarte (damals noch offiziell „Correspondenzkarte“ genannt) mit ihrer Einführung im Norddeutschen Bund, Bayern, Württemberg und Baden im Jahr 1870 ihren Siegeszug an. Schnell wurde die kleine Karte zum Massenkommunikationsmittel ihrer Zeit. Sie befriedigte das Bedürfnis vieler Menschen, über kompakte Nachrichten zum kleinen Preis in Verbindung zu bleiben, und kann damit gewissermaßen als Vorgängerin von SMS und Messenger-Diensten gelten.

Mit Blick auf den eigenen Fundus widmet sich das Stadtarchiv Bornheim in seiner Ausstellung verschiedenen Techniken von „Kurznachrichten“, beginnend mit den Postkarten. Hierbei geraten unterschiedliche Formate ins Blickfeld: Bildpostkarten, Militär- und Feldpostkarten, teilweise mit zusätzliche Propagandaparolen bedruckt. Es geht überdies um Telegrafie, Telefonie und Computertechnik.

Computertechnik ist auch ein Stichwort für den anstehenden Umbruch im Stadtarchiv Bornheim. Bornheims Stadtarchivar Jens Löffler bekommt ab Mai 2022 eine neue Kollegin. Ziel ist die Verbesserung der Dienstleistungsqualität des Archivs, das sich seit den 1980er Jahren im Verwaltungsgebäude an der Bornheimer Rathausstraße befindet. Die Professionalisierung des Bornheimer Archivs setzte erst Ende der 1990er Jahre ein. Der Bestand an Archivgut hat seither rapide zugenommen, insbesondere durch die Übernahme der Standesamtsregister. Seit der zunehmenden Kommunikation mittels elektronischer Daten steht das Archivwesen insgesamt, wie auch in Bornheim, vor einer neuen Herausforderung. Bornheim beabsichtigt u.a., sich dem Verbundsystem des Digitalen Archivs NRW anzuschließen.

Kontakt:
Stadtarchiv Bornheim
Rathausstraße 2
53332 Bornheim
Tel.: 02222 945-110
Fax: 02222 945-126
jens.loeffler@stadt-bornheim.de
https://www.bornheim.de/stadtarchiv

Quelle: DDBstudio-Ausstellung „Von der Postkarte zur E-Mail. Quellen zur Kommunikation im Stadtarchiv Bornheim“, 2022; Bornheimer Stadtarchiv stellt sich neu auf, in: General-Anzeiger, 18.1.2022

Liebesbrief-Archiv der Universität Koblenz-Landau

Verbund-Projekt »Gruß und Kuss«.

Im „Liebesbrief-Archiv“ der Universität Koblenz-Landau lagern rund 20.000 Liebesbriefe aus mehreren Jahrhunderten. Im Bürger-Projekt „Gruß und Kuss“ kann jeder helfen, sie zu erforschen. Das innovative Verbund-Projekt ist im April 2021 gestartet. Von Seiten der Universität Koblenz-Landau wirkt daran die Schweizer Sprach- und Medienwissenschaftlerin Prof. Dr. Eva Lia Wyss mit, die seit Langem Briefkommunikation und speziell Liebesbriefe erforscht und in Koblenz die Professur für Sprachwissenschaft und Sprachdidaktik innehat (s. Beitrag vom 10.2.2005).

Wie Menschen über große Gefühle und Alltägliches sprechen, wie sie Glück und Intimität, aber auch Trennung, Krisen und Leid erleben und beschreiben, steht im Fokus des Verbund-Projekts „Gruß und Kuss“.

Das Vorhaben wird in der zweiten Förderrichtlinie Citizen Science des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) mit 500.000 Euro gefördert. Aus insgesamt 465 Projektskizzen wurden 15 solcher Citizen Science-Projekte zur Förderung ausgewählt, die eine elfköpfige Expertenjury dem BMBF empfohlen hatte.

Zusammen mit einem Team von Wissenschaftlern der Universität Koblenz-Landau, der Technischen Universität Darmstadt und der Hochschule Darmstadt lesen, digitalisieren und erforschen Bürger hierfür eine einzigartige Quelle der Alltagskultur: authentische private Liebesbriefe aus zwei Jahrhunderten. Diese Zeugnisse der Alltagskultur werden als Archiv erschlossen, geordnet und dokumentiert. Erforscht werden die Briefe als sprachliche, historische und soziologische Quellen. Bürger werden an diesem Teil der Alltagskultur und Lebenswirklichkeit teilhaben können. Und diese gefährdeten Quellen, für die kein staatlicher Sammlungsauftrag existiert, werden dank des Projekts dauerhaft bewahrt.


Abb.: Briefbündel (Foto: Universität Koblenz-Landau)

Die Förderung verleiht der wissenschaftlichen Arbeit neuen Schwung. Die Digitalisierung des Liebesbrief-Archivs wird fortgesetzt und gemeinsam mit Wissenschaftlern der Technischen Universität und Hochschule Darmstadt gesichtet und evaluiert. Bedeutsam ist auch die Verstetigung der Kontakte mit den Bürgern, zumal dieses Archiv davon lebt, dass die Forscher von Bürgern Briefe erhalten. Auch ermöglichen Bürger eine innovative Außenperspektive auf die wissenschaftliche Arbeit, beispielsweise interessante neue Blicke auf die Materialien und wissenschaftlichen Methoden.

Geplant ist, neue Formate wie Science Labs oder Blind-Date-Cafés zu entwickeln, in denen die Forscher mit den Bürgern nicht nur über ihre Arbeit sprechen, sondern auch Briefe vorlesen und über den Wandel des Verfassens von Liebesbriefen im Lauf der Zeit sprechen, den sprachlichen Kontext erörtern oder auch sprachliche Codes dekodieren. Im März 2024 soll das Projekt abgeschlossen werden.


Video: Sprachforscherin Birte Gnau-Franké führt Liebesbrief-Archiv (Landesschau, SWR Fernsehen)

Verbund aus zahlreichen Partnern
Der Projekt-Verbund besteht aus den  Partnern Prof. Dr. Andrea Rapp vom Institut für Sprach‐ und Literaturwissenschaft der Technischen Universität  Darmstadt, Prof. Dr. Eva L. Wyss vom Institut für Germanistik der Universität Koblenz‐Landau, Prof. Dr. Stefan Schmunk von der Hochschule Darmstadt und Prof. Dr. Thomas Stäcker von der Universitäts‐und Landesbibliothek Darmstadt, sowie einem Kooperationsnetzwerk.

An diesem Kooperationsnetzwerk sind unter anderem beteiligt: Universitätsbibliothek Koblenz, Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz, Bürgerorganisation Frankfurt, Freundeskreis der Universität in Koblenz e.V., Landfrauen‐, Heimat‐ und Geschichtsvereine, Institut für geschichtliche Landeskunde Mainz, Leibniz‐Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation, örtliche Buchhandlungen, Sprachblogger*innen (http://www.sprachlog.de/), Digitalstadt Darmstadt, wer denkt was GmbH, Open Knowledge Foundation e.V., Coding da Vinci. Koordiniert wird der Verbund an der Technischen Universität Darmstadt.

Weitere Informationen:


Video: Liebesbriefe als Forschungsobjekte. Die Uni Koblenz wertet alte Liebesbriefe aus und erforscht sie. Jetzt sollen auch Bürgerinnen und Bürger dabei mithelfen und mitmachen. Interview mit Prof. Dr. Andrea Rapp (TU Darnstadt) (Quelle: SWR)

Ansprechpartnerin der Universität Koblenz-Landau:
Prof. Dr. Eva Lia Wyss
Universität Koblenz-Landau
Campus Koblenz
Institut für Germanistik
Universitätsstraße 1
56070 Koblenz
Tel.: +49 261 287 2053
wyss@uni-koblenz.de
liebesbriefarchiv@uni-koblenz.de
http://evawyss.wordpress.com

Quelle: SWR aktuell, 11.2.2022 (SWR Fernsehen); Uni Koblenz-Landau: Gruß und Kuss. Neues Verbund-Projekt startet, 1.4.2021; https://www.liebesbriefarchiv.de/; https://gruss-und-kuss.ulb.tu-darmstadt.de/projekt-gruss-kuss/