Was in Steinheim in der Reichspogromnacht geschah

Das Attentat am 7. November 1938 auf den Legationsrat der deutschen Botschaft in Paris, Ernst vom Rath, durch den 17-jährigen polnischen Juden Herschel Grynszpan wurde zum Anlass für einen gegen die Juden gerichteten und angeordneten Pogrom genommen – eine Mord-, Brandstiftungs- und Plünderungs-, in letzter Konsequenz auch Raub- und Vertreibungsaktion bisher nicht gekannten Ausmaßes. Nachdem vom Rath am 9. November um 17:30 Uhr seinen Verletzungen erlegen war, geschahen noch in derselben Nacht sowie an den folgenden Tagen im gesamten Deutschen Reich die von der NSDAP und der SA organisierten Ausschreitungen gegen jüdische Bürger, Kultuseinrichtungen und Synagogen, welche als „Vergeltung“ für diesen Mord getarnt waren.


Abb.: Funkspruch über die Ankündigung von Maßnahmen gegen die jüdische Bevölkerung und Synagogen (Stadtarchiv Steinheim)

Das Stadtarchiv Steinheim verwahrt zwei Kartons (731 und 732), welche wichtige historische Dokumente zu diesem Ereignis enthalten: Angefangen von den Funksprüchen vom 09.11.1938 und 10.11.1938 mit der Ankündigung von gesteuerten Ausschreitungen und Sanktionen gegen die jüdische Bevölkerung, von der Anordnung der Gestapo zur Verhaftung vermögender, vorzugsweise junger Juden, vom Durchführungsbericht des Steinheimer Bürgermeisters, von den Anweisungen des Reichsinnenministeriums zum Verhalten der Polizei, bis hin zu den Verträgen über die (zweite, endgültige) Sprengung der Steinheimer Synagoge und den Verkauf des Synagogengeländes an die Stadt Steinheim.


Abb.: Notiz über die Zerstörung der Synagoge (Stadtarchiv Steinheim)

Die Steinheimer Synagoge war 1884 auf einem 571 qm großen Grundstück an der Marktstraße / Ecke Schulstraße in einem neo-romanischen Stil erbaut worden und gehörte zu den größten und schönsten Synagogen in Ostwestfalen. Der Neubau war aufgrund der wachsenden jüdischen Gemeinde notwendig geworden, die Ende des 19. Jahrhunderts etwa 120 Mitglieder umfaßte. Das Grundstück war für 7.110 Mark gekauft worden, der Bau selbst hatte 20.000 Mark gekostet, und auch die Inneneinrichtung hatte erhebliche Mittel erfordert. Allein diese finanzielle Anstrengung zeugt davon, dass der Großteil der Steinheimer Juden recht wohlhabend gewesen war. Ein kostbares Dokument ist auch die im Stadtarchiv wieder aufgefundene Bauzeichnung der neuen Synagoge.

Bereits vor der Pogromnacht war es zu mehreren Einbrüchen in die zur damaligen Zeit bereits nicht mehr benutzte Synagoge gekommen. Dabei wurden Fenster zerschlagen, die Inneneinrichtung verwüstet und der Toraschrein beschmutzt. Am Morgen des 10. November drangen SA-Männer – einige davon in zivil – in die Synagoge ein und plünderten die Einrichtungsgegenstände. Die Holzteile wurden auf Pferdewagen verladen und später zu Kronleuchtern verarbeitet. Dann wurden stundenlang Löcher in die Pfeiler des Innenraumes gebohrt und mit Dynamit gefüllt, und am späten Nachmittag wurde gezündet. Das Gebäude wurde dabei zwar schwer erschüttert, blieb aber insgesamt stehen. Da diese Sprengung nicht erfolgreich gewesen war, schloß die Stadt am 12.12.1938 einen Vertrag mit der 3. Kompanie der Pioniereinheit 31 aus Höxter, welche die Sprengarbeiten zum Einsturz der Synagogenkuppel übernehmen sollte. Die „Steinheimer Zeitung“ berichtete am 14.12.1938: „Am gestrigen Tage sprengten Pioniere aus Höxter die Kuppel der hiesigen Synagoge. Zu diesem seltenen Schauspiel hatten sich zahlreiche Zuschauer eingefunden. Leider wurden durch die Sprengung auch einige Nachbarhäuser in Mitleidenschaft gezogen“. Danach wurde die Synagoge Stein für Stein abgetragen, und eine handschriftliche Notiz auf eine Anfrage des Reichsinnenministeriums vom September 1939 führt aus: „Die hiesige Synagoge ist restlos abgebrochen. Ruinen sind seit mehreren Monaten nicht mehr vorhanden. Der Platz ist vollkommen eingeebnet und dient als Parkplatz“.

Kurz nach der endgültigen Sprengung erreichten Dutzende, handschriftlich verfaßte Forderungen von Steinheimern Bürgern die Stadt, welche Schadensersatz für die bei der Sprengung erlittenen Schäden forderten. Da die jüdische Kultusgemeinde nicht in der Lage war, für die Beseitigung der Trümmer sowie für die an den umliegenden Geschäften und Häusern entstandenen Schäden aufzukommen, verkaufte sie das Gelände an die Stadt. Im Kaufvertrag vom 22.12.1938 verpflichtete sich diese im Gegenzug dazu, die Trümmer zu beseitigen und die anstehenden Forderungen der Steinheimer Bürger und Geschäftsleute zu begleichen. Den Auftrag zur Beseitigung der Trümmer erhielt die Firma Rüsenberg, welche der Stadt das billigste Angebot bei der Ausschreibung unterbreitet hatte. Aber nicht nur die Zerstörung ihrer Gotteshäuser war für die jüdischen Gemeinden eine Katastrophe, sondern auch die systematische Entwendung ihres Schrift- und Archivgutes, welches später zentral bei der Geheimen Staatspoliziei in Berlin gesammelt wurde.


Abb.: Vermerk über die Abgabe von jüdischen Kulturgutes (Stadtarchiv Steinheim)

Aber nicht alle Bürger waren einverstanden gewesen mit den Ausschreitungen und Zerstörungen dieser Tage. Die Stimmung in der Bevölkerung wird eindringlich durch einen Brief wiedergegeben, den der Höxteraner Landrat Dr. Reschke am 20.11.1938 an den Regierungspräsidenten in Minden schrieb: „Man hört auch Kreisen alter Pg erhebliche Bedenken gegen die Zweckmäßigkeit dieser Aktion, die in ihrer Ausführung im Wesentlichen von Persönlichkeiten getragen war, die nicht zu den besten Elementen der Partei gehören. Den besonnenen Teil der Bevölkerung hat es ernst und besorgt gestimmt, dass es möglich gewesen ist, scheinbar unter dem Schutz, wenn nicht sogar der Führung der Partei, an einzelnen Orten Handlungen zutage treten zu lassen, die der Bevölkerung bisher aus Schilderungen in anarchistischen Ländern bekannt waren. Sie sorgt sich darum was geschieht, wenn eine solche Aktion gegen andere politische Gegner losgehen würde“.

Und eine besonders bewegende und nachdenkliche Aussage eines Steinheimer Bürgers angesichts der Synagogenzerstörung ist in einem Bericht des Bürgermeisters „Betrifft Aktion gegen Juden am 10.11.1938“ überliefert: „Was man jetzt mit den Synagogen gemacht hat, kann in vier Wochen den katholischen Kirchen widerfahren“ und der Bürgermeister fährt fort: „Die Person, die diese Äußerungen gemacht haben soll, konnte bisher trotz Ermittlungen nicht festgestellt werden.“

Kontakt:
Stadtarchiv Steinheim
Hollentalstraße 13
32839 Steinheim
Telefon: 05233 940728
stadtarchiv@steinheim.de

Quelle: Stadt Steinheim: Was in Steinheim in der „Reichskristallnacht“ geschah, 2.11.2022; Landeszentrale für politische Bildung BW: Reichspogromnacht 9./10. November 1938

Süßer die Glocken nie klingen … Kirchenglocken erzählen

Glocken-Ausstellung des Landeskirchlichen Archivs Kassel.

Glocken, Kirchenglocken eröffnen ein Universum. Der Klang der Glocken verbindet Himmel und Erde, begleitet das Leben, läutet bei Taufe und Beerdigung. Glocken strukturierten früher den Tagesablauf. Und Glocken berühren. Es gibt unzählige Gedichte und Lieder über Glocken, in vielen Sprachen – etwa Schillers „Lied von der Glocke“, Goethes „wandelnde Glocke“ von dem Kind, das nie zur Kirche sich bequemen wollte, oder Christian Morgensterns „Bim Bam Bum“ vom Glockenton BAM, der durch die Nacht fliegt auf der Suche nach der Glockentönin BIM. „Frère Jacques“ ist ein weit verbreitetes französisches Kinderlied, aus dem 18. Jahrhundert, hierzulande besser bekannt als „Bruder Jakob“. Es handelt von einem Mönch, der Nachtwache hat und zum Gebet hätte läuten müssen, aber eingeschlafen ist und nun geweckt wird.


Abb.: Lullusglocke zu Hersfeld 11. Jh. (Landeskirchliches Archiv Kassel, H Nachlass Friedrich Ernst Hoffmann Nr. 238). Ihren Name erhielt sie, weil sie lange nur zum Volksfest erklang, das in Hersfeld um den Tag des Lokalheiligen Lullus (16. Oktober) herum stattfindet, und zwar durch Anschlagen. 2002 wurde sie saniert und kann seither wieder von Hand geläutet werden. Seit 2007 erklingt sie an Weihnachten, zum Jahreswechsel, an Ostern und Pfingsten. Die maßstabsgerechte Zeichnung der Lullusglocke fertigte Friedrich Ernst Hoffmann für die großformatige Publikation „Beiträge zur Glockenkunde des Hessenlandes“, die er 1906 mit Bernhard Zölffel veröffentlichte.

Die Glocken-Ausstellung des Landeskirchlichen Archivs Kassel ist dessen sechste DDBstudio Ausstellung. Sie umfasst rund tausend Jahre und spannt den Bogen von der Lullusglocke zu Hersfeld (11. Jahrhundert) bis zum Carillon der Karlskirche in Kassel, das auch zu hören ist. Erzählt wird von Glocken mit Pilgerzeichen aus dem 15. Jahrhundert, von einer Spendenaktion für eine neue Glocke aus dem 18. Jahrhundert, eine Trauergeläut-Geschichte aus dem 19. Jahrhundert, von einer Adolf Hitler Glocke und einem Glocken-Ringtausch während des Zweiten Weltkriegs.

Link: https://ausstellungen.deutsche-digitale-bibliothek.de/kirchenglocken/

(Bettina Wischhöfer)

Kontakt:
Landeskirchliches Archiv Kassel
Lessingstraße 15A
34119 Kassel
Tel.: (0561) 78876 – 0
Fax: (0561) 78876 – 11
archiv@ekkw.de
http://www.archiv-ekkw.de/

Süddeutsche Zeitung blickt in die Archive des Landkreises Fürstenfeldbruck

Ein Blick in die Archive: SZ-Serie.

In loser Folge berichten verschiedene Autorinnen und Autoren seit Juni 2022 für die Süddeutsche Zeitung (SZ) über ihre Besuche in den 23 verschiedenen Archiven des Landkreises Fürstenfeldbruck. „Diese Orte sind Schatzkammern, die wie Wundertüten mit Überraschungen aufwarten.“ Die SZ-Serie ist entweder als „Ortsgedächtnis“ oder als „Ein Blick in die Archive“ übertitelt worden. Meistens handelt es sich um archivische „Homestories“, Charakterisierungen und Urteile über die Archivarbeit, deren Rang und Wertschätzung. Aber auch eine Fehlanzeige findet sich darunter, sowie bereits eine Reaktion aus der Politik.


Abb.: Lagekarte von Landkreis Fürstenfeldbruck in Bayern, Deutschland (Autor: Hagar66, Wikimedia Commons)

Die Beiträge der SZ Fürstenfeldbruck sind prinzipiell frei zu lesen; die Anzahl kostenlos zu konsumierender SZ-Artikel pro Woche ist jedoch auf etwa zehn begrenzt:

  1. Schatzkammern der Ortsgeschichte (3.6.2022): In allen 23 Kommunen des Landkreises gibt es Archive. In ihnen wird aufbewahrt, was der Überlieferung wert betrachtet wird. Die SZ stellt sie in loser Folge vor.
  2. Entdeckungsreise in die Stadtgeschichte (10.6.2022): Dokumente von zusammengenommen fast einem halben Kilometer Länge beherbergt das Stadtarchiv von Fürstenfeldbruck. Der Bestand bietet auch Archivar Gerhard Neumeier immer wieder überraschende Funde.
  3. Wie Olching fast zur visionären Stadt geworden ist (1.7.2022): Ein Blick ins Archiv der Kommune verrät unter anderem, dass das Volksfest einst als Sozialprogramm für Geflüchtete ins Leben gerufen wurde und welcher Plan von 1911 das Gesicht des Ortes hätte bis heute verändern können.
  4. Kraut und Rüben und eine Flasche Rotwein (8.7.2022): Die Stadt Puchheim knausert am Geld für ihr lokales Gedächtnis, das Archiv ist schlecht untergebracht und es fehlt Personal.
  5. Zutritt verweigert (15.7.2022): Der Vatikan und Gröbenzell unterschieden sich in einem wichtigen Punkt: der Kirchenstaat bemüht sich zumindest um Transparenz.
  6. Ordnende Hand (22.7.2022): Stefan Pfannes kümmert sich in Maisach um das lückenhafte Gemeindearchiv. Was er unbedingt aufheben möchte – und was er am liebsten wegwerfen würde.
  7. Von Dokumenten und Legenden (29.7.2022): Im Allinger Archiv sortiert Andrea Binder Nachlässe und nimmt auch Erzählungen und Legenden auf. Gut dokumentiert sind Überflutungen durch den Starzelbach.
  8. Lehrerin der Ortsgeschichte (12.8.2022): Im Archiv der Gemeinde Grafrath sortiert Christel Hiltmann seit 15 Jahren nicht nur alte Dokumente, sondern arbeitet auch die Geschichten bekannter Einwohner auf. Gefragt ist ihre Arbeit sogar in den USA.
  9. Noten und noch mehr Noten (2.9.2022): Das Gemeindearchiv Schöngeisings birgt nicht nur Geschichtliches, es ist auch in einem historischen Gebäude untergebracht.
  10. Schicksale statt Schnickschnack (9.9.2022): In den Akten des Gemeindearchivs von Kottgeisering finden sich Geschichten von Menschen, die den Ort prägten und bis heute prägen.
  11. Ein Vorbild historischer Arbeit (22.9.2022): Das Archiv in der kleinen Gemeinde Türkenfeld ist so gut geführt wie wohl nur wenige. Das liegt an der großen Leidenschaft, mit der Dieter Hess sein Ehrenamt betreibt.
  12. Praktisch und schnörkellos (3.10.2022): Mammendorf nimmt es genau mit der Archivierung der gemeindlichen Vorgänge. Aber Begeisterung für die Ortsgeschichte ist nicht zu spüren.
  13. Begeisterung für alles, was Patina angesetzt hat (12.10.2022): In Emmering hat der ehemalige Ortschronist eine unermessliche Fülle an Details aus dem Ortsleben hinterlassen. Sein junger Nachfolger, ein Archäologiestudent, muss sich mit dem Archivwesen erst noch vertraut machen.
  14. Schatzsuche in der Geschichtskammer (21.10.2022): Das kleine Archiv der Gemeinde Mittelstetten wird seit Jahrzehnten nicht systematisch geführt. Wer in den Ordnern sucht, findet aber durchaus interessante historische Schriftstücke.
  15. Aufmerksamkeit für alte Akten (26.10.2022): Nach einem SZ-Artikel wollen die Emmeringer Grünen das Gemeindearchiv richtig aufräumen.
  16. Wappen, Stempel, Kegelkugel (4.11.2022): Längst nicht nur Akten lagern im Archiv der Gemeinde Adelshofen. Georg Kleefeld hebt ohnehin lieber zu viel auf. Wer weiß, was noch alles interessant wird.

Die Habsburger im Mittelalter: Aufstieg einer Dynastie

Landesausstellung Rheinland-Pfalz bis Mitte April 2023.

Der mittelalterlichen Herrscherdynastie der Habsburger ist in Deutschland bundesweit noch keine große Mittelalterausstellung gewidmet worden, die vergleichbar wäre mit den bedeutenden Gesamtschauen zu den Karolingern, Ottonen, Saliern, Staufern oder Wittelsbachern. Als einziger außerösterreichischer Grablegeort mittelalterlicher Habsburger ist Speyer unter Deutschlands Museen- und Ausstellungsorten in ganz besonderer Weise geeignet, den Aufstieg der Dynastie von Rudolf I. bis Maximilian I. nachzuzeichnen – aus Anlass des 750. Jubiläums der Thronbesteigung Rudolfs I.


Nach den im Historischen Museum der Pfalz gezeigten Landesausstellungen zu den „Saliern“ (2011) und zu „Richard Löwenherz“ (2017/18) kann mit den Habsburgern einmal mehr die große europäische Geschichte des Mittelalters fest in Speyer und der Pfalz verortet werden.

Die Dynastie der Habsburger prägte über Jahrhunderte die Geschicke Europas. Die Wurzeln der Familie, die als „Haus Österreich“ bekannt wurde, liegen jedoch unter anderem im Südwesten Deutschlands. Rudolf I., der 1273 als erster Habsburger zum König des Heiligen Römischen Reiches gewählt wurde, legte den Grundstein für den Aufstieg vom Grafen- zum Kaiserhaus. Als er am 15. Juli 1291 in Speyer starb, wurde beigesetzt „wo mehr meiner Vorfahren sind, die auch Könige waren“, im Kaiserdom zu Speyer.

Die Ausstellung nimmt ihren Ausgangspunkt in der Grablege Rudolfs I. und seines Sohnes Albrechts I. und erzählt von hier aufbauend die Geschichte der Habsburger durch das europäische Mittelalter. Sie folgt den Kämpfen um die Königsherrschaft  im 13. und 14. Jahrhundert und dem Erstarken des Hauses Österreich im Schatten der Krone bis zur Rückkehr auf den Thron mit Friedrich I. sowie Maximilian I. zu Beginn des 16. Jahrhunderts: 300 Jahre Reichsgeschichte und zugleich eine Erfolgsgeschichte mit schicksalhaften Umwegen und Brüchen.


Abb.: SWR2 Forum: Herrscherdynastie im Mittelalter – Wie gelang der Aufstieg der Habsburger? (Audio)

Schon unter dem bisherigen rheinland-pfälzischen Wissenschaftsminister Konrad Wolf wurde die kunst- und kulturhistorische Sonderausstellung in den Rang einer Landesausstellung Rheinland-Pfalz erhoben. Vorbereitend zur Ausstellung fand bereits im April 2018 – im Jahr des 800. Geburtstages Rudolfs I. – eine wissenschaftliche Fachtagung der Europäischen Stiftung Kaiserdom zu Speyer statt, deren Erkenntnisse in die Ausstellungsvorbereitung einfließen.

Begleitend zur Ausstellung, die bis zum 16.4.2023 läuft, erscheint eine umfangreiche und reich bebilderte Publikation mit Beiträgen namhafter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.

Kontakt:
Historisches Museum der Pfalz Speyer
Domplatz 4
67346 Speyer

Buchungen, Führungen, Anfragen: +49 (0)6232 62 02 22
Allgemeine Fragen: +49 (0)6232 13 25 0
Fax: +49 (0)6232 62 02 23
info@museum.speyer.de
https://museum.speyer.de/

Briefe eines französischen Kriegsgefangenen ans Stadtarchiv Karlsruhe übergeben

Fünf Jahre des Zweiten Weltkriegs verbrachte Georges Darras aus Nordfrankreich in deutscher Kriegsgefangenschaft in Grötzingen. Dennoch behielt er die Menschen und den Ort, an dem er lebte, in freundlicher Erinnerung. Seine Tochter hat die Briefe ihres Vaters, wichtige Zeitzeugnisse, bei einem Besuch in Grötzingen Anfang September 2022 dem Stadtarchiv Karlsruhe übergeben.


Abb.: Eine Postkarte von Georges Darras aus der Kriegsgefangenschaft in Grötzingen (Foto: Ortsverwaltung Grötzingen).

Ein „Friedenszeichen“, so Dr. Katrin Dort, Leiterin des Stadtarchivs, hat Francoise Poplar bei ihrem Besuch in Grötzingen dabei. Zuletzt hatte ihr Vater Grötzingen 1970 gemeinsam mit seiner Familie besucht. Über Jahre, fast über die ganze Kriegszeit, hat er insgesamt 300 Briefe nach Hause geschrieben. Seine Briefe und Postkarten, so steht zu vermuten, geben einen kontinuierlichen Einblick in den Arbeitsalltag und in das Leben eines Kriegsgefangenen auf einem Grötzinger Bauernhof, erwähnen möglicherweise auch allgemeine Ereignisse im Dorf. Darras‘ Tochter wünscht nun, dass diese Briefe für pädagogische und kulturelle Zwecke genutzt werden, „als ein Zeichen des Respekts zwischen Menschen und Ländern.“

Françoise Poplar hat dieses Zeichen in einem roten Kästchen geordnet mitgebracht. Die Briefe sind eine einzigartige, seltene historische Quelle auf Grund ihrer Anzahl und der Dokumentation zeitlicher Abläufe. Im Stadtarchiv sollen sie zu Forschungszwecken bereitstehen und ergänzen bald die Sammlung der Feldpostbriefe deutscher Soldaten.


Abb.: Stv. Ortsvorsteherin Veronika Pepper, Dr. Katrin Dort (Stadtarchiv) und Françoise Poplar (Tochter des Kriegsgefangenen und Eigentümerin der Briefe und Postkarten) beim Eintrag ins Goldene Buch der Ortsverwaltung Grötzingen (Foto: Ortsverwaltung Grötzingen).

Auch Ortsvorsteherin Karen Eßrich zunächst kaum glauben, mit welchem Ansinnen Françoise Poplar nach Grötzingen kommen wollte. „Als wir jung waren, hat mein Vater oft mit uns über diese Jahre gesprochen und uns von der Familie Reck erzählt, die ihn so gut behandelt hatte“, berichtete Darras‘ Tochter. Die positiven Erinnerungen des Vaters an Grötzingen zeigten jedoch auch, so die Ortsvorsteherin, die krankheitshalber von Ortschaftsrätin Veronika Pepper vertreten wurde, dass Familie Reck und wahrscheinlich auch noch etliche andere im Ort sich menschlich verhielten, auch unter den Bedingungen eines totalitären Regimes. „Für solche Bürgerinnen und Bürger, die im Kleinen ‚Widerstand‘ im Rahmen ihrer Möglichkeiten geleistet haben, können wir dankbar sein!“, so Eßrich.

Kontakt:
Stadtarchiv Karlsruhe
Markgrafenstraße 29
76133 Karlsruhe
Tel.: 0721 133-4277
archiv@kultur.karlsruhe.de

Quelle: Stadt Karlsruhe, Aktuelles, 26.9.2022

Industriefilm und Industriekultur

Industriefilm Ruhr ’22 am 30. Oktober 2022: Filmschätze aus Ruhrgebietsarchiven.

Das Jubiläum im Jahr 2021 entfiel coronabedingt und soll nun nachgeholt werden: Mittlerweile blickt IndustrieFilm Ruhr auf 25 erfolgreiche Jahre zurück – mit bislang 13 Veranstaltungen und 170 präsentierten Filmen. Eine Bilanz, die bundesweit beispiellos ist. IndustrieFilm Ruhr ist längst fester Bestandteil des Kulturkalenders sowie der Geschichts- und Industriekultur im Ruhrgebiet geworden.

Die Filme aus den Archiven machen heute nicht nur Einblicke in längst Vergangenes möglich, sondern eröffnen auch neue Sichten auf historisch Gewordenes und heute noch Bestehendes. Ein Beispiel ist dieses Jahr der Landschaftspark Duisburg-Nord, der nach Stilllegung des Meidericher Hüttenwerks 1985 auf dem ehemaligen Industriegelände entstand. Ein anderes ist die Villa Hügel. Und wenn diese in einem Filmbeitrag eine prominente Rolle spielt, dann ist dies im Jubiläumsjahr 2022 auch eine Reminiszenz an die Anfänge von IndustrieFilm Ruhr, hat das Format dort doch 1996 seinen Ursprung genommen.

Programm

Veranstaltung am Vormittag (11 bis 14 Uhr)

Besuch des Staatspräsidenten der Republik Mali, Modibo Keita
Fried. Krupp, Essen
9 Min., Schwarz-Weiß, 1962
Historisches Archiv Krupp, Essen

Formgebung von Roheisen
Hüttenwerke Phoenix AG, Duisburg
6 Min., Schwarz-Weiß, 1951–1953
thyssenkrupp Corporate Archives, Duisburg

Landschaftspark Duisburg Nord [!]. Die stillgelegte Meidericher Eisenhütte
Planungsgemeinschaft Landschaftspark Duisburg-Nord
Landesentwicklungsgesellschaft Nordrhein-Westfalen GmbH
Thyssen Entsorgungs-Technik GmbH
19 Min., Farbe, 1990
thyssenkrupp Corporate Archives, Duisburg

Labor Hochofen
Mannesmann Forschungsinstitut GmbH, Duisburg
24 Min., Farbe, 1982
Salzgitter AG-Konzernarchiv / Mannesmann-Archiv, Mülheim an der Ruhr

Die Röstung von Zinkblende im Delplace-Ofen
Berzelius Metallhütten-Gesellschaft, Duisburg
8 Min., Farbe, 1957
LVR-Industriemuseum, Oberhausen

Hochofenabstich im Hochofenwerk Meiderich-Nord, 1953 (Foto: thyssenkrupp Corporate Archives)

Veranstaltung am Nachmittag (15 bis 18 Uhr)

Bergwerke rüsten um
Gesamtverband des deutschen Steinkohlenbergbaus, Essen
10 Min., Schwarz-Weiß, 1972
montan.dok/Bergbau-Archiv Bochum

Ein kluger Mann baut vor
Bergbau-Berufsgenossenschaft, Bezirksverwaltung Bochum
17 Min., Schwarz-Weiß, 1966
sv:dok, Dokumentations- und Forschungsstelle der Sozialversicherungsträger mit montan.dok/Bergbau-Archiv Bochum

BUNA AP – Ein Kautschuk gewinnt an Boden
Chemische Werke Hüls AG, Marl Bunawerke Hüls GmbH, Marl
14 Min., Farbe, 1977
Evonik Industries AG, Konzernarchiv, Marl

Leicht montierte Sicherheit – Vestamid im Automobilbau
Chemische Werke Hüls AG, Marl
16 Min., Farbe, um 1973
Evonik Industries AG, Konzernarchiv, Marl

Die geforderte Kraft
Varta Batterie AG, Hagen
16 Min., Farbe, 1974
Stiftung Westfälisches Wirtschaftsarchiv, Dortmund

Der Elektrobus von MAN
MAN Truck & Bus SE, München
10 Min., Farbe, 1984
Stiftung Westfälisches Wirtschaftsarchiv, Dortmund

70 JAHRE RWE
Westdeutscher Rundfunk, Köln
11 Min., Schwarz-Weiß, 1968
Historisches Konzernarchiv RWE, Essen

Ort:
Filmstudio Glückauf
Rüttenscheider Straße 2
45128 Essen
Fon 0201.275 555
Fax 0201.27 989 074
info@essener-filmkunsttheater.de

Telefonische Kartenreservierung empfohlen: ab 15 Uhr, Fon 0201.43 936 633
Eintritt 8 Euro je Programmblock, Tageskarte 15 Euro

Link: https://www.industriefilm.rvr.ruhr

Historische Wanderausstellung zum FC Bayern München nun in Kulmbach

»FC Bayern: Verehrt – verfolgt – vergessen«: So lautet der Titel einer Ausstellung, die der Kultur- und Sportbeirat der Stadt Kulmbach in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv Kulmbach und dem Kulmbacher Daniel Maaß sowie dem FC Bayern Archiv in der städtischen Tourist Information Kulmbach seit dem 20.10.2022 einen Monat lang zeigt.

Die außergewöhnliche historische Schau ergänzt die Veranstaltungsreihe des Kulmbacher Kultur- und Sportbeirates zu „1.700 Jahre jüdisches Leben“ aus dem Jahr 2021. Deutsche Sportorganisationen, wie der FC Bayern München, begannen nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 in eigener Initiative mit dem Ausschluss ihrer jüdischen Mitglieder. Bis dahin hatten jüdische Spieler und Funktionäre oft herausragende Rollen gespielt. Der bekannteste Funktionär bei Bayern München ist sicherlich der jüdische Präsident Kurt Landauer.

Die Wanderausstellung des FC Bayern-Museums ist in Kooperation mit der Evangelischen Versöhnungskirche der KZ-Gedenkstätte Dachau entstanden. Im Mittelpunkt stehen über 56 Vereinsmitglieder, die aus religiösen oder politischen Gründen fliehen mussten oder deportiert wurden. Ihr Weg wird auf einer Weltkarte dargestellt. Neun Biographien, darunter die der Ehrenpräsidenten Kurt Landauer (1884-1961) und Siegfried Herrmann (1886-1971), werden ausführlich beleuchtet. Sichtbar wird dabei auch die Rolle, die der FC Bayern zu dieser Zeit eingenommen hat.

Die Ausstellung in den Räumen der Tourist Information der Stadt Kulmbach ist bis zum 20.11.2022 werktags (außer an Feiertagen) geöffnet – und zwar im Oktober von 9 bis 17 Uhr und ab November von 10 bis 16 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Ort:
Tourist Information der Stadt Kulmbach
Buchbindergasse 5 (1. Stock)
95326 Kulmbach

Links:

Quelle: Stadt Kulmbach, Pressemitteilung, 17.10.2022; FC Bayern München Museum: Wanderausstellung „verehrt – verfolgt – vergessen“.

Milchhof-Chronik ans Stadtarchiv Gera übergeben

Anfang Oktober 2022 nutzte Martina Decker die Gelegenheit, die ab dem Jahr 1974 über vier Jahrzehnte geführte Chronik des Geraer Milchhofes zur Aufbewahrung für die Ewigkeit und Einsichtnahme durch die interessierte Öffentlichkeit an das Stadtarchiv Gera zu übergeben. Die beiden blau eingebunden, großformatigen Chronikbände umfassen den Zeitraum von 1929 bis 1994 und reichen damit sogar zurück bis in die Gründungszeit des Milchhofes vor über 90 Jahren.


Abb.: Milchhäuschen des Geraer Milchhofes (Foto: Stadtarchiv gera, Fotograf unbekannt)

Neben Frau Decker hatte vor allem ihr Vater Hans Brauer, der sein Leben lang eng mit der Milchwirtschaft verbunden war und den Geraer Milchhof viele Jahre als dessen Direktor prägte, maßgeblichen Anteil an der Führung und Aufbewahrung dieser Betriebschronik. „Über das Ende dieses Geraer Großbetriebes, vor allem aber auch über die zahlreichen Höhepunkte und positiven Aspekte der Betriebsgeschichte informieren die beiden reich illustrierten Chronikbände sowie ein Hefter mit Staniolmustern für Verpackungen der im Milchhof erzeugten Produkte, ein Sortimentskatalog des Ostthüringer Molkereikombinats e.G. Gera und zahlreiche Fotografien. Mit diesem Konvolut kann ein markantes Stück der Geraer Industriegeschichte der jüngsten Vergangenheit durch aussagekräftige und in ihrer Zusammenstellung einmalige Dokumente dem Vergessen entrissen werden,“ beurteilte Archivleiterin Christel Gäbler den historischen Wert der übergebenen Unterlagen.

Die Firma Milchhof Gera wurde am 16. Juli des Jahres 1929 als „Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht“ in das Genossenschaftsregister beim Thüringischen Amtsgericht/Registergericht Gera eingetragen. Am 14. September desselben Jahres konnte die Einweihungsfeier des Milchhofes in der heutigen Straße des Bergmanns 10/Ecke Gagarinstraße in Gera-Bieblach begangen werden. Aufgrund des Bevölkerungszuwachses in Gera wurde bereits in den 1950er Jahren über eine Erweiterung des Milchhofes nachgedacht. Eingeweiht werden konnte der neu erbaute Milchhof jedoch erst im Jahr 1979 in der Industriestraße. An diesem heute noch bekannten Standort endete mit der letzten Rohmilchannahme bzw. mit der letzten Milchlieferung der Erzeuger am 4. Januar 1995 die Geschichte der Geraer Milchproduktion. In den darauffolgenden Monaten Januar bis Mai 1995 fand die Abwicklung der Osterland GmbH statt, welche das Milchproduktionsende am Standort Gera besiegelte. Fast sämtliche der rund 150 Beschäftigten hatten ihre betriebsbedingte Kündigung zum Jahresende 1994 erhalten. Seit 1995 steht das Betriebsgelände des alten Milchhofs in Gera still und machte seither nur mit mehreren Bränden auf sich aufmerksam.

Kontakt:
Stadtarchiv Gera
Gagarinstraße 99/101
07545 Gera
Tel. 0365/838-2140 bis 2143
stadtarchiv@gera.de
www.gera.de/stadtarchiv

Quelle: Stadt Gera, Meldung, 18.10.2022; Neues Deutschland, 5.1.1995; iamlost, Der alte Milchhof in Gera, o.D. (2019)

Stadtarchiv Worms feiert 40 Jahre Raschi-Haus

Im November 2022 wird das Wormser Raschi-Haus 40 Jahre alt. Dies ist für das Stadtarchiv Worms ein guter Grund am 18.11.2022, von 10 bis 19 Uhr, mit einem vielfältigen Programm zurückzublicken. Bei freiem Eintritt können sich Besucher insbesondere über das dort ansässige Jüdische Museum informieren. Die Details zu den Angeboten des Tages werden auf der Homepage des Instituts für Stadtgeschichte / Stadtarchiv Worms präsentiert.


Abb.: Raschi-Haus mit Synagoge. Das jüdische Museum (Raschi-Haus) in der Bildmitte hinter dem Synagogengarten. Im Vordergrund links die Synagoge der Männer (westliche Seite der Synagoge, heute Jeschiwa) (Foto: B. Bertram – Stadtarchiv Worms, 3.8.2017).

Das Raschi-Haus stammt in seinen mittelalterlichen Gebäudeteilen aus dem 14. Jahrhundert. Die mittelalterliche Talmudschule galt als eine der bedeutendsten Deutschlands. Nach schweren Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg drohte das Gebäude einzustürzen und wurde 1971 abgetragen. Als originale, mittelalterliche, teilweise bis in die Römerzeit zurückreichende Bausubstanz blieben die Gewölbe und Teile des Erdgeschosses erhalten. Wegen seiner städtebaulichen, historischen und liturgischen Bedeutung wurde der Wiederaufbau des abgetragenen Gebäudes als kulturelle Begegnungs- und Tagungsstätte beschlossen.

Ende November 1982 konnte das Raschi-Haus in der Hinteren Judengasse nach jahrelangen Planungen als neue Heimstätte für eines der ersten jüdischen Museen in Westdeutschland nach der NS-Zeit eröffnet werden. Zudem befinden sich seitdem dort im Obergeschoss die Untere Denkmalschutzbehörde und das Stadtarchiv Worms, sowie dessen Fotoabteilung im Dachgeschoss. Der mit Fördermitteln auch von Bund und Land errichtete Bau steht im Kontext der seit den 1970er Jahren erfolgten Sanierungsanstrengungen im Bereich der Judengasse unter Federführung des damaligen Stadtplaners Wolfgang Grün.


Abb.: Baubeginn auf den erhaltenen Kellergewölben/ -fragmenten, Oktober 1980, Blick Richtung Synagoge (Foto: Stadtarchiv Worms)

Viele Väter und Mütter des Baues konnte der damalige Oberbürgermeister Wilhelm Neuß zur Einweihung begrüßen. Dazu gehörten neben dem Architekten Rainer Kleebank, der langjährige Leiter von Archiv und Museum, Ehrenringträger Fritz Reuter, der 1977 das für die Realisierung entscheidende Konzept für den Wiederaufbau vorgelegt hatte, ebenso wie Vertreter der Jüdischen Gemeinde Mainz und Professor Dr. Otto Böcher, Wormser Theologe und Kunsthistoriker, einer der frühesten Mahner für eine angemessene Nutzung des historisch einzigartigen, 1971 abgerissenen alten Baues.


Abb.: links: Grundsteinlegung 18.12.1980: Fritz Reuter, Rainer Kleebank. – Mitte: Begrüßung zum Richtfest Mai 1981 (rechts OB Wilhelm Neuß; links u.a. Otto Böcher, Fritz Reuter u.a.) – rechts: Richtfest Mai 1981: Blick vom Dach (Fotos: Stadtarchiv Worms).

Das Raschi-Haus dient als Begegnungs- und Gedenkstätte. Von hier aus waren 1942 die letzten Wormser Juden deportiert worden. Das alte Tanz- und Hochzeitshaus der jüdischen Gemeinde neben der Alten Synagoge befand sich etwa zehn Gehminuten vom Hauptbahnhof entfernt.

Kontakt:
Stadtarchiv Worms
Raschi-Haus
Hintere Judengasse 6
67547 Worms
Telefon: (0 62 41) 8 53 – 47 00 (bis – 47 07)
Telefax: (0 62 41) 8 53 – 47 99
stadtarchiv@worms.de

Quelle: Stadt Worms, Meldung, 19.10.2022; Art. Raschi-Haus, in: Wikipedia, 2.3.2022

Stadtarchiv Goslar nach Umzug wieder geöffnet

Die Bestände des Stadtarchivs Goslar stehen der Öffentlichkeit wieder zur Verfügung. Der Archivumzug von der Zehntstraße zum Kulturmarktplatz (KUMA) ist beendet. Am 18.10.2022 um 10 Uhr öffnete zum ersten Mal der neue Lesesaal. Der Bereich des Goslarer Stadtarchivs befindet sich im 2. Stockwerk im Nordflügel und ist gut über das große Treppenhaus und den Aufzug erreichbar. Nutzerinnen und Nutzer können wieder vor Ort recherchieren. Bei umfangreichen Recherchen empfiehlt es sich vorher einen Termin abzusprechen, da noch nicht alle Bestände ausgepackt sind.

Das Stadtarchiv Goslar zählt, sowohl was Alter und Inhalt als auch den Umfang betrifft, zu den bedeutendsten deutschen Stadtarchiven. Es gehört zum städtischen Fachbereich Kultur und Bürgerservice und ist als „Gedächtnis der Stadt“ die zentrale Anlaufstelle für alle Fragen zur Goslarer Geschichte. Durch das Niedersächsische Archivgesetz vom 25. Mai 1993 ist gesetzlich geregelt, entstandenes Archivgut zu sichern. Das Stadtarchiv Goslar befindet sich nunmehr im KUMA unter einem Dach mit der Stadtbibliothek, dem Goslarer Museum, dem Hort der Kita Frankenberg, der Kulturverwaltung der Stadt Goslar sowie der Marktkirchenbibliothek und dem KuCaf (dem Bistro der AWO). Zusätzlich bieten diverse Räume Platz für Veranstaltungen oder Treffen von Vereinen.

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Kultur-Aperitif“ im Kulturmarktplatz präsentiert sich das Stadtarchiv Goslar am 20.10.2022 um 17 Uhr in seinen neuen Räumlichkeiten. Zu Beginn erwartet die Gäste ein mit verschiedenen Sinnen erlebbarer Genuss in Form eines Aperitifs und Appetithappens im KuCaf. Danach besteht die Gelegenheit, auch die nichtöffentlichen Bereiche des Stadtarchivs, wie z.B. die Magazine zu besichtigen und Informationen über verschiedenste Lagerbedingungen der Bestände und über die Mengen des dort untergebrachten Materials zu erhalten. Ein Rundgang durch die Werkstatt, Kühlkammer und Fotoabteilung vervollständigen diesen Blick hinter die Kulissen. Die Zahl der Teilnehmenden ist begrenzt. Tickets für 8 Euro sind im KuCaf im Kulturmarktplatz erhältlich.

Bereits im späten Mittelalter, als Goslar durch den intensiven Bergbau am Rammelsberg eine Blütezeit erlebte, wuchs die Menge an Schriftgut der Stadt derart an, dass es erforderlich wurde, dieses zu organisieren. Der älteste Hinweis auf ein eingerichtetes Archiv, wenngleich es nur aus einigen Truhen bestand, findet sich im sogenannten Archivregister von 1399, in dem die ca. 400 damals vorhandenen Urkunden aufgelistet sind. – 1921 wurde erstmalig ein hauptamtlicher Stadtarchivar eingesetzt. Dank der Auslagerung des Archivs in einen Stollen des Bergwerks Rammelsberg haben die Bestände mit nur unwesentlichen Verlusten den Zweiten Weltkrieg überstanden. 1962 bezog das Archiv eine Etage des damals städtischen Verwaltungsgebäudes Zehntstraße 24. Seit 1995 nutzte das Archiv das gesamte Gebäude. Da diese Räumlichkeiten nicht mehr ausreichen, wurden Teile der Bestände, z.B. das Zwischenarchiv, zwischenzeitlich ausgelagert. Das Stadtarchiv Goslar befindet sich nunmehr in neuen Räumlichkeiten im Kulturmarktplatz in der Königstraße. Für den Umzug mussten die gesamten Archivbestände verpackt, beschriftet und geordnet werden – allein das Schriftgut umfasst bereits 5,5 Kilometer. Beim Kulturmarktplatz Goslar handelt es sich um das Gebäude der ehemaligen Kaiserpfalzschule, das vier Jahre lang umgebaut und im Dezember 2021 eröffnet worden ist.


Abb.: Vorhangfassade Westflügel, Mai 2021. Nun hat der Westflügel eine Vorhangfassade aus Trespaplatten erhalten, zwischen denen im 90-Grad-Winkel zur West- und Südfassade des Westflügels Cortenstahlplatten hervorstehen, in welche bedeutende Jahreszahlen der Goslarer Stadtgeschichte sowie Begriffe, die auf das zukünftige Leben im Kulturmarktplatz hinweisen, geprägt sind. Unterschiedliche Formate und Anordnungen der Fassaden- und der Cortenstahlplatten erinnern an ein Aktenregister und deuten somit auf die Unterbringung des Stadtarchivs in diesem Gebäudeteil hin (Foto: Stadt Goslar).

Die Magazinräume des Goslarer Stadtarchivs mit ihren umfangreichen Rollregalanlagen haben im Westflügel des umgebauten Gebäudes ihren Platz gefunden. Im Westflügel waren enorme Eingriffe in die Statik notwendig, um eine Archivnutzung darzustellen. Der Westflügel ist zudem voll klimatisiert und hat nunmehr nahezu keine Fenster mehr. Ein optimales Raumklima und die sehr geringe Sonnenlichteinstrahlung dienen dem Schutz und der Erhaltung der historischen Bestände des Stadtarchivs. Außerdem ist eine Argonlöschgasanlage im Westflügel verbaut. Im Brandfall nehmen die Archivalien so keinen Schaden durch Löschwassereintrag. Der Brand wird vielmehr durch das freigesetzte Gas gelöscht, ohne das Archivgut zu zerstören.


Abb.: Lesesaal Archiv Nordflügel 2. OG, Mai 2021 (Foto: Stadt Goslar)

Der Lesesaal des Stadtarchivs befindet sich, wie erwähnt, im 2. Obergeschoss des Nordflügels des Gebäudes. Der Lesesaal ist durch eine Wand mit einem großen Fenster und einer verglasten Tür vom Bereich der Leseaufsicht getrennt. Der Lesesaal ist nach der schottischen Partnerstadt Forres benannt worden.

Es gibt einen Förderverein für das Goslarer Stadtarchiv: Der Verein „pro stadtarchiv goslar e.V.“ ist im Jahr 2007 aus der bereits seit ca. 10 Jahren existierenden „Initiative Pro Stadtarchiv“ hervorgegangen. Ziel des Fördervereins ist es, das Stadtarchiv ideell und finanziell zu unterstützen.

Kontakt:
Stadtarchiv Goslar
Am Museumsufer 2
38640 Goslar
Tel. 05321 704588
stadtarchiv@goslar.de

Quelle: Stadt Goslar, Pressemitteilung, 18.10.2022; Goslarsche.de, 17.10.2022; Stadtarchiv Goslar, o.D.; Kulturmarktplatz, o.D.; Stadt Goslar, Pressemitteilung, 18.10.2018