Stadtarchiv Lüneburg umgezogen

Derzeit sucht die Hansestadt Lüneburg einen neuen Leiter für das Stadtarchiv Lüneburg. Mitte 2010 soll der oder die Nachfolger(in) der langjährigen Archivleiterin Uta Reinhardt gleichzeitig die Leitung der Bibliothek übernehmen. Die Stadt will beide Stellen aus Kostengründen zusammenlegen, Stadtarchiv und Ratsbücherei der Hansestadt sollen fortan von derselben Person geleitet werden.

Lüneburgs Oberbürgermeister Ulrich Mädge betont, dass es nicht darum gehe, die Einrichtungen kaputt zu sparen, sondern darum, sie zu stärken. Gegenüber dem Hamburger Abendblatt erklärte er: "Im Zuge der Neuordnung der Kulturlandschaft versuchen wir Synergien zu nutzen, so dass insgesamt mehr Geld in die Kulturlandschaft fließen kann."

Investiert hat die Stadt nunmehr in das Gebäude der ehemaligen Landeszentralbank in der Wallstraße. Dort konnte jetzt das neue Stadtarchiv Lüneburg eingeweiht werden. Rund 300.000 Euro hat die Stadtverwaltung für Umzug, Regaleinbauten und die Klimatechnik entrichten müssen, um im Gebäude optimale Bedingungen für das Archiv zu schaffen.

In Anwesenheit von Oberbürgermeister Mädge, dem kommissarischer Archivleiter Danny Kolbe, der Stadtarchivarin a.D. Uta Reinhardt und dem Präsidenten des niedersächsischen Landesarchivs Bernd Kappelhoff feierten rund fünfzig Gäste am 17. August 2009 die Einweihung des neuen Stadtarchivs.

Kontakt:
Stadtarchiv Lüneburg
Wallstraße 4
21335 Lüneburg
Tel. 04131 309-719
Fax: 04131 309-586
stadtarchiv@stadt.lueneburg.de

Quelle: Hamburger Abendblatt, 18.8.2009; Hamburger Abendblatt, 4.4.2009.

Jahresprogramm 2009/2010 des Stadtarchivs Mannheim

Mit seinem Jahresprogramm 2009/2010 setzt das Stadtarchiv Mannheim – Institut für Stadtgeschichte in der Sommerpause einen Akzent für das Kulturleben der Stadt Mannheim. Zahlreiche Vorträge, Führungen und Ausstellungen warten auf ihre Besucher.

Die unterschiedlichen Angebote zeigen, wie viele Facetten die Geschichte Mannheims und der Region bietet: Den Auftakt am 1. September 2009 bildet eine filmische Erinnerung an das Geschehen vor 70 Jahren, den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, der Mannheim in Schutt und Asche legte. Und gleichsam als Metapher für jene dunklen Jahre schließt sich gerade eine Woche später eine Veranstaltung zum jährlich stattfindenden „Europäischen Tag der Jüdischen Kultur“ an.

Aber auch in der weiteren Vorausschau bietet sich geschichtlich interessierten Mannheimern ein buntes Kaleidoskop von Themenangeboten: Eine Exkursion auf den architektonischen Spuren des Bauhaus-Stils unter dem Motto „90 Jahre Bauhaus“ (in Zusammenarbeit mit dem Mannheimer Architektur- und Bauarchiv), die Ausstellung zur 150-Jahrfeier der Freireligiösen Gemeinde Mannheim oder eine Ausstellung von Jugendlichen über die Frage der Menschenrechte (in der KZ-Gedenkstätte Mannheim-Sandhofen) verweisen darauf, dass zahlreiche Kooperationspartner mit von der Partie sind. So auch die Vollzugsanstalt Mannheim (JVA), deren majestätische Gebäude in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen feiern und die zu diesem Ereignis eine Exklusiv-Führung anbietet. Hochattraktiv dürfte auch die gemeinsam mit der Popakademie geplante Veranstaltung „120 Jahre Mannheimer Schiffswerft“ werden.

Aber auch überregionale Themen werden in diesem Jahreszyklus vorgeschlagen: Die Geschichte der Räuberbanden im Südwesten wird mit einem Beitrag zum legendären Schinderhannes ebenso auferstehen wie der Mythos vom Bayernkönig Ludwig II.

Weitere Informationen und das vollständige Programmheft im pdf-Format sind auf der Homepage unter www.stadtarchiv.mannheim.de/Aktuelles zu finden. Dort sind auch regelmäßig aktuelle Ankündigungen aus dem Vortragsprogramm zu finden.

Die gedruckte Programmübersicht (Programmheft 2009/2010) ist im Sekretariat des Stadtarchivs Mannheim – Institut für Stadtgeschichte zu bestellen.

Kontakt:
Stadtarchiv Mannheim
Institut für Stadtgeschichte
Collini-Center
Collinistr. 1
D-68161 Mannheim
Fon +49 621 293-7027
Fax +49 621 293-7476
stadtarchiv@mannheim.de
www.stadtarchiv.mannheim.de

Deutsche Bildberichterstatter im besetzten Warschau (1939-1945)

Das Bundesarchiv in Koblenz erinnert mit der Ausstellung "Im Objektiv des Feindes. Die deutschen Bildberichterstatter im besetzten Warschau 1939-1945" an den 70. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen und den Beginn des Zweiten Weltkriegs.

Das im Jahr 1939 von pulsierendem Leben erfüllte Warschau mit seinen damals 1,3 Millionen Einwohnern verlor während des Zweiten Weltkrieges unter der deutschen Besatzung ungefähr 700.000 Einwohner, darunter fast die gesamte jüdische Bevölkerung der Stadt mit ca. 350.000 Menschen. Mit dem Einmarsch der deutschen Truppen wurde Warschau zu einem Ort der Schikanen, der Repressionen und der Vernichtung seiner Bevölkerung. Im Jahr 1945 war Warschau eine fast menschenleere und zerstörte Stadt.

Die Ausstellung ist ein polnisch-deutsches Kooperations- und Forschungsprojekt des Instituts für Politische Studien der Polnischen Akademie der Wissenschaften und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (Bildagentur bpk und Museum Europäischer Kulturen) zusammen mit dem Haus der Begegnungen mit der Geschichte in Warschau, dem Freundeskreis Willy-Brandt-Haus sowie dem Bundesarchiv in Koblenz und dem Herder Institut in Marburg. Von der Stiftung für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit wird das Projekt finanziell gefördert.

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Abb.: Bei Danzig, Überfall auf Polen (gestellt!), 1. Sept. 1939, Bundesarchiv, Bild 146-1979-056-18A / Foto: Hans Sönnke

Die Autoren der Ausstellung, Danuta Jackiewicz und Eugeniusz Cezary Król trafen ihre Auswahl aus Bildmotiven, die in den Jahren 1939 bis 1945 von den Propaganda-Kompanien der Wehrmacht und der Waffen-SS in Warschau aufgenommen wurden. Die Fotografien stammen aus dem Bundesarchiv, in dem 1,1 Millionen Originalnegative der Propagandakompanien der Wehrmacht bewahrt werden, und der Bildagentur bpk der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin, die über Presseabzüge dieser Fotos verfügt. Ein geschichtswissenschaftlicher Kommentar der Autoren begleitet die ausgestellten Fotos, ergänzt durch weitere Dokumenten aus Beständen des Bundesarchivs.

Die chronologisch-thematisch geordneten Fotografien zeigen die Geschichte der Stadt in den Jahren des Krieges und der Besatzung. Die einzelnen Kapitel der Ausstellung behandeln den „Septemberfeldzug“ und die Zerstörungen in Warschau, die Repressionen gegenüber der jüdischen und nichtjüdischen Bevölkerung der Stadt, den Alltag im besetzten Warschau und im Ghetto (bis zu dessen Liquidierung nach dem Ghetto-Aufstand 1943), den Warschauer Aufstand und die Vernichtung der Stadt zwischen Oktober 1944 und Januar 1945.

Die für die Ausstellung ausgewählten Fotografien werden in Deutschland größtenteils erstmals öffentlich gezeigt. Zuvor wurde die Ausstellung im Herbst 2008 im Haus der Begegnungen mit der Geschichte in Warschau und im Frühjahr 2009 in Berlin präsentiert.

Wie der Titel der Ausstellung ankündigt, zeigt die Ausstellung Fotografien, die durch das „Objektiv des Feindes“ aufgenommen wurden. Manche der Aufnahmen, vor allem die von Joe Heydecker (dessen Nachlass im Bundesarchiv bewahrt wird), lassen auf eine gewisse Haltung der Empathie gegenüber den Fotografierten schließen. Generell jedoch präsentiert die Sammlung die Stadt Warschau und ihre Einwohner als Gegenstand der NS-Propaganda. Die ausgewählten Bilder erweitern den Wissensstand über die Geschichte der Stadt unter der deutschen Besatzung in den Jahren 1939 bis 1945. Insofern ist diese Ausstellung ein wichtiger Beitrag der gemeinsamen Erinnerung anlässlich des 70. Jahrestages des deutschen Überfalles auf Polen am 1. September 1939.

Die Ausstellung wird am Donnerstag, dem 27. August 2009, um 18.00 Uhr im Bundesarchiv in Koblenz eröffnet. Dr. Oliver Sander, Leiter des Referats B 6 (Bildarchiv) wird über die Bildbestände der Propaganda-Kompanien der Wehrmacht informieren, Prof. Eugeniusz Cezary Król, Institut für Polnische Studien der Polnischen Akademie der Wissenschaften, in das Thema der Ausstellung einführen.

Ein von den Autoren der Ausstellung herausgegebener umfangreicher Katalog ist im Benutzersaal des Bundesarchivs zum Preis von 35,00 € erhältlich. Polnische und deutsche Wissenschaftler erforschen und analysieren in ihren Beiträgen die umfangreichen Sammlungen von Warschau-Fotos der Propaganda-Kompanien, die sich in den Beständen des Bundesarchivs und der Bildagentur bpk befinden.

Info:
Danuta Jackiewicz und Eugeniusz Cezary Król (Hrsg.), Im Objektiv des Feindes. Die deutschen Bildberichterstatter im besetzten Warschau (1939-1945), Warschau 2009, Verlag Rytm/Haus der Begegnungen mit der Geschichte, ca. 400 Seiten, Preis 35,00 Euro (http://smbkatalogshop.besucherdienst.org).

Die Ausstellung ist vom 28. August bis 23. Oktober 2009 im Bundesarchiv zu sehen
Eröffnung: 27.8.2009, 18 Uhr): Montag bis Freitag 9.00 bis 19.00 Uhr, Samstag 9.00 – 13.00 Uhr, Eintritt frei
Bundesarchiv, Potsdamer Str. 1, 56077 Koblenz.

Das Bildarchiv des Bundesarchivs
Das Bundesarchiv verwahrt ca. 11 Millionen Bilder, Luftbilder und Plakate zur deutschen Geschichte. Erste Fotografien stammen aus dem Jahr 1860. Schwerpunkte sind Bilddokumente zu Ereignissen und Personen

  • der Weimarer Republik (u.a. Bestand "Bild 102 Aktuelle-Bilder-Centrale, Georg Pahl")
  • des „Dritten Reichs“, hier insbesondere die Bilder der Propagandakompanien der Wehrmacht (Bestand "Bild 101"),
  • zur DDR in Form von Bildern des Allgemeinen Deutschen Nachrichtendienstes ADNZentralbild (Bestand "Bild 183" und nun "N 1648 Bild Sammlung Beier") und
  • zur Bundesrepublik Deutschland (u.a. Bestand "B 145 Bild Presse- und Informationsamt der Bundesregierung").

Im Referat B 6 (Bilder, Karten, Pläne, Töne = "Bildarchiv") sind derzeit 12 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an zwei Standorten (Koblenz, St. Augustin) tätig.

Jährlich betreut das Bildarchiv 100 persönliche Benutzungen und gut 3.500 schriftliche Anfragen von Wissenschaftlern, Journalisten, Privatleuten und Behörden. Im Auftrag von Benutzern werden durch eigene Mitarbeiter jährlich ca. 8.000 Scans angefertigt. Die Benutzung erfolgt auf Grundlage der "Bedingungen des Bundesarchivs für Bildbenutzungen". Gebühren für die Nutzung sind in der "Bundesarchiv-Kostenverordnung" festgelegt.

Der Zugang zu Bildern des Bundesarchivs ist seit September 2007 über das Digitale Bildarchiv www.bild.bundesarchiv.de auch online möglich.

Propagandakompanien der Wehrmacht:
Das Bundesarchiv verwahrt ca 1,1 Millionen Originalmotive der Propagandakompanien der Wehrmacht mit den drei Teilbeständen "Bild 101I Heer und Luftwaffe", "Bild 101II Marine" und "Bild 101III Waffen-SS". Zudem existieren ca. 100.000 Abzüge von Propagandakompaniefotos im Bestand "Bild 183 Allgemeiner Deutscher Nachrichtendienst – Zentralbild" und anderen Beständen. Diese Fotos wurden seit 1938 von ausgebildeten Fachleuten (Journalisten, Fotografen, Kameraleuten und Grafikern) angefertigt, die nach einer kurzen militärischen Ausbildung die Truppen der Wehrmacht auf allen Kriegsschauplätzen begleiteten. Zu diesen Propagandaeinheiten zählten die an der Front eingesetzten Propaganda-Kompanien und die Propaganda-Abteilungen in den besetzten Gebieten. Ihre Aufgaben beinhalteten

  • die Kriegsberichterstattung in Schrift, Ton, Film und Bild (Fotos, Zeichnungen, Gemälde),
  • die so genannte "Aktivpropaganda in den Feind und in die Bevölkerung der besetzten Gebiete" zur Beeinflussung der Kampfmoral des Gegners z.B. durch Flugblattabwürfe, Wandzeitungen oder Lautsprecherdurchsagen und
  • die Betreuung der eigenen Truppe.

Bei Kriegsbeginn wurde jeder Armee eine PK zugeteilt. 1942 hatte sich die Zahl der Heeres-PK auf insgesamt 21 erhöht und die Propagandatruppen hatten insgesamt fast Divisionsstärke (ca. 15.000 Mann) erreicht. 1943 wurden die Propagandatruppen sogar zur selbständigen Waffengattung und der neu geschaffenen Dienststelle "Chef der Propagandatruppen" unterstellt.

In Polen begleiteten zahlreiche PK-Fotografen die Wehrmacht beim Überfall auf Polen, fotografierten die Kämpfe auch während des Warschauer Aufstands, dokumentierten aber auch die Judenverfolgung und das Leben und Sterben der jüdischen Bevölkerung in den polnischen Ghettos.

Kontakt:
Bundesarchiv
Bildarchiv:
Dr. Oliver Sander
Potsdamer Str. 1
56077 Koblenz
Telefon: 0261 505 382
o.sander@bundesarchiv.de

Quelle: Bundesarchiv, Pressemitteilung, Koblenz, August 2009

Von müden Pilgern und Kaffee-Ablässen in Münster-Kinderhaus

Von der Leprastation zum pulsierenden Stadtteil: Kapitel aus der frühen wie jüngeren Geschichte des Ortsteils Kinderhaus blättert ein Themenabend im Stadtarchiv Münster auf. Am Donnerstag, 27. August 2009, gibt es um 18 Uhr Wissenswertes über Münsters Norden, garniert mit amüsanten Anekdoten und vielen Abbildungen.

Kinderhaus bestand über Jahrhunderte lediglich aus dem Leprosenhaus, der Kirche und umliegenden Höfen. Urkundlich erwähnt wird der Name erstmals anno 1333. Die Siedlung entstand aus dem Leprosorium, das vor den Toren der Stadt lag. Beste Kenner des Stadtteils sind Ruth Betz und Werner Rave. Die Gründerin des Heimatmuseums und der langjährige Leiter des Bürgerhauses werden die Zuhörer mitnehmen auf eine Reise vom Mittelalter bis heute.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lockten an sonnigen Wochenenden ausgezeichnete Kaffeewirtschaften die Münsteraner nach Kinderhaus. Eine Tradition, die schon Jahrhunderte zuvor gepflegt wurde. Sie besaß einen religiösen Ursprung. 1786 wurde von Papst Pius VI. ein Ablass gewährt, durch den die Gläubigen, die am Sonntag nach Mariä Himmelfahrt und an den folgenden sieben Tagen die Kirche Sankt Joseph in Kinderhaus besuchten, von allen Sünden freigesprochen wurden. Um sich von den Strapazen des Bußgangs zu erholen, kehrten die Pilgerer häufig ins Armenhaus ein. So gehörte der "Kaffee-Ablass" bald zum allgemeinen Sprachgebrauch.

Mit vielen Fakten und Informationen, untermalt von anschaulichen Bildern, laden die beiden Referenten zum informativen Streifzug durch die Historie des Stadtteils ein. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Kontakt:
Stadtarchiv Münster
An den Speichern 8
48157 Münster
Tel. 02 51/4 92-47 01
Fax 02 51/4 92-77 27
archiv@stadt-muenster.de

Quelle: Stadt Münster, Pressemitteilung, 21.8.2009

Bremer Hanseurkunde in Köln gesichert

Nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs Anfang März 2009 ist die zunächst verlorene geglaubte Bremer Hanseurkunde wieder aufgetaucht. Mitarbeiter des Archivs hätten der Stadt Bremen mitgeteilt, dass die Urkunde, mit der Bremen seinen Beitritt zur Hanse im Jahr 1358 erklärt hat, in einem Nebenkeller unbeschädigt geborgen werden konnte, sagte der Leiter des Staatsarchivs Bremen, Konrad Elmshäuser.

"Ich freue mich sehr, dass dieses für die Geschichte unserer Stadt so wichtige Dokumente bei dem tragischen Unglück von Köln unbeschädigt geblieben ist", kommentierte Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) den Fund. Die Urkunde befindet sich jetzt im Kölner Diözesanarchiv.

Quelle: Ad Hoc News, 20.8.2009

Hessischer VdA-Landesverband fordert verbesserte Archivpolitik

Unter dem Titel "\’Kulturpolitik heißt, unsere kulturelle Substanz zu bewahren\‘ – Köln ist überall!" hat der Landesverband Hessen im VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V. am 29. Juli folgende Erklärung veröffentlicht und darin u.a. eine aktive Archivpolitik für Hessen gefordert.

"Am 3. März 2009 stürzte das Kölner Stadtarchiv, eines der bedeutendsten Archive im deutschen Kulturraum, in eine fast 30 m tiefe Grube, weil die örtliche Bauaufsicht versagt hatte. In Folge dieser Katastrophe tagten am 24. Juni 2009 über 160 Archivexperten aus dem In- und Ausland in Köln. Sie verlangten u.a. eine unabhängige Bauaufsicht und eine wirksamere Notfallvorsorge, Risikoanalysen für die bauliche Unterbringung und den dauerhaften Erhalt von Archivgut.

Insbesondere aber wiesen sie darauf hin, dass die Politik die „schleichende Katastrophe“ des alltäglichen Archivgutverlustes trotz der Ereignisse in Köln noch längst nicht realisiert habe. Historisch wertvolle Dokumente auf Pergament und Papier bedürfen zu ihrem Erhalt der nachhaltigen Fürsorge.

Wie sieht es in Hessen aus?

Im Ländervergleich steht Hessen schlecht da. Die Zeit drängt, um den schleichenden Verlust von schriftlichem Kulturgut zu stoppen! In den Kommunen ist die Lage besonders prekär. Hier benötigt man keinen U-Bahnbau, um das kulturelle Erbe zu vernichten.

Dies besorgt die tagtägliche Vernachlässigung:

  • Das Hessische Archivgesetz überträgt den Kommunen die Verantwortung für die Archivierung ihrer Unterlagen. Diese Vorgabe wird aber kaum beachtet: Weit mehr als die Hälfte aller hessischen Städte und Gemeinden verfügt über gar kein Archiv. Und dort wo Archive existieren, führen sie ein Schattendasein auf Dachböden, in Kellern oder abgelegenen Gewerbegebieten.
  • Als vermeintlich „freiwillige Leistung“ stehen Archive fast immer ganz oben auf der Streichliste der Kommunalpolitiker. Insbesondere leiden sie unter Personalabbau. Allenthalben ersetzt inzwischen das Ehrenamt die ausgebildete Fachkraft.
  • Trotz der klaren Vorgaben des Archivgesetzes bieten die Verwaltungen ihre Unterlagen schon lange nicht mehr systematisch den Archiven an. „Wilde Kassationen“ sind an der Tagesordnung. Rechtswahrendes und historisch wertvolles Schriftgut wird nicht mehr gesichert, sondern achtlos vernichtet.

Sieht man von Frankfurt ab, ist zumal die Personalausstattung der meisten hessischen Kommunalarchive, selbst in den Mittel- und Großstädten völlig unzureichend und die räumliche Unterbringung des Archivguts behelfsmäßig. Hessen hat den Anschluss an die Standards, die in anderen Bundesländern gelten, verloren.

Anforderungen an Archive heute

Die Archive und ihre Mitarbeiter/innen werden mit immer höheren Erwartungen konfrontiert. Aktuell zählen dazu der Aufbau internetfähiger Datenbanken und die Digitalisierung von Archivgut für eine komfortablere Nutzung, die Sicherung digitaler Unterlagen und die Übernahme der Standesamtsregister. Wie sollen sie dies umsetzen, wenn immer mehr Mittel gestrichen werden?

Archive bieten weit mehr als kulturelle Zusatzangebote zur Förderung der Heimatgeschichte:

  • Sie sichern das Wissen über die Vergangenheit und schaffen damit die Basis für eine kulturelle Identitätsbildung in den Gemeinden, Städten und Regionen. Sie sind ein wichtiger Partner bei der Vermittlung historischer Inhalte und Werte in Schulen und an Universitäten, für die Medien und die interessierte Öffentlichkeit.
  • Sie sind Anlaufstellen für Bürgerinnen und Bürger, indem sie zuverlässige und authentische Informationen über das Verwaltungshandeln bereithalten. Sie dienen unmittelbar der Rechtsicherung, fördern den politisch-historischen Diskurs und stabilisieren die Zivilgesellschaft und die Demokratie.
  • Sie sind Servicestellen der Verwaltung, z.B. beim Einstieg in den digitalen Geschäftsgang, denn dieser setzt eine komplexe Analyse der Verwaltungsabläufe voraus, um nicht schon nach kurzer Zeit ein Informations-Chaos, statt Einspareffekte zu produzieren. Transparenz von Verwaltungshandeln muss auch künftig dauerhaft gesichert werden. Archivarinnen und Archivare verfügen in diesen Fragen über Fachwissen, auf das viele Kommunen aus Unkenntnis verzichten.

Perspektiven einer aktiven Archivpolitik

Hessen bedarf dringend einer aktiven Archivpolitik, insbesondere in den Kommunen. Darauf hat der VdA schon 2007 in seiner Stellungnahme zur Novellierung des Hessischen Archivgesetzes hingewiesen. Zur Sicherung der historischen Überlieferung in der Fläche benötigt Hessen deutlich mehr fachlich geführte Archive. Für kleinere Kommunen können Archivverbünde geschaffen werden. Die Kreise müssen mehr Verantwortung übernehmen, indem die wenigen vorhandenen Kreisarchive ausgebaut und weitere gegründet werden. Dass fachlich geführte Kreisarchive eine kontinuierliche Archivpflege in den zugehörigen Kommunen übernehmen können, zeigen die Beispiele Hochtaunuskreis und Kreis Gießen.

Von dem vorhandenen niedrigen Niveau aus können die meisten Kommunen eine aktive Archivpflege aber nicht alleine schultern. Hier ist das Land Hessen gefordert, seine Kulturhoheit ernst zu nehmen.

Als erster Schritt sollte die jüngst eingerichtete Archivberatungsstelle dauerhaft gesichert werden. Das Land sollte darüber hinaus über finanzielle Anreize zur Archivierung des kommunalen Schriftguts nachdenken. Nicht nur im Bereich der Bibliotheken ist die Vergabe von Fördermitteln über den Kommunalen Finanzausgleich sinnvoll und notwendig!

Wie der neueste Rechnungshofbericht klar macht, müssen auch die Staatsarchive präsenter sein und weiter gestärkt werden. Mit einem kompetenten technischen Zentrum für Bestandserhaltung, wie es in anderen Ländern existiert, könnten die Staatsarchive auch den Kommunen im Notfall und bei der regelmäßigen Bestandserhaltung fundiertes Fachwissen anbieten.

Wie handlungsfähig andere Bundesländer sind, zeigen die Entwicklungen in Niedersachsen, Baden-Württemberg, Sachsen sowie jüngst das Beispiel NRW: Es verfügt nicht nur seit langem über eine gut funktionierende Archivberatung für Kommunal- und Adelsarchive. Inzwischen sichert die „Landesinitiative Substanzerhalt“ mit einem Finanzvolumen von 3,2 Mio. Euro jährlich 2,1 Mio. Blatt Archivgut und das Programm „Archiv und Jugend“ verdoppelt zweckgebunden eingesetzte kommunale Finanzmittel.

Als Soforthilfe und zur Unterstützung von Digitalisierungsmaßnahmen stellt das Land NRW dem Stadtarchiv Köln 300.000 Euro zur Verfügung. Stadtväter und Landesregierung haben versichert, dass der Neubau des Kölner Stadtarchivs der innovativste und modernste Kommunalarchivbau in Europa werden soll!

In der Eröffnungsrede zur Kölner Expertenanhörung am 24. Juni 2009 sprach NRW-Ministerpräsident Rüttgers von der Gefahr, „dass sich der Kulturbetrieb nur noch auf die spektakulären Großereignisse konzentriert, auf so genannte Events“. Dagegen würde „das weniger Sichtbare und Spektakuläre, aber Dauerhafte und Bleibende“ leicht vergessen. Rüttgers mahnte: „Kulturpolitik heißt, unsere kulturelle Substanz zu bewahren. Es geht nicht nur um eine Menge alter Dokumente. Es geht auch um unsere Werte.“
Eine nachhaltige Kulturpolitik ist ohne lebendige Archive nicht denkbar – auch nicht in Hessen!

Wiesbaden, 29. Juli 2009
Der Vorstand des Landesverbandes
Dr. Brigitte Streich, Vorsitzende (Stadtarchiv Wiesbaden)
Dr. Thomas Heiler (Stadtarchiv Fulda)
Dr. Karl Murk (Staatsarchiv Marburg)
Birgit Dreuth (Evangelische Kirche Hessen-Nassau)"

Link: http://www.vda.lvhessen.archiv.net

Download: http://www.vda.lvhessen.archiv.net/texte/HessischeErkl2009.pdf

Karte des Klosters Clarholz aus dem Jahr 1804 gerettet

Einem Zufall ist es zu verdanken, dass Alfred Schröder (Rheda-Wiedenbrück) eine im Jahr 1804 vom Königlich Preußischen Conducteur D. Reinhold gezeichnete Karte von dem in der Herrschaft Rheda belegenen Gotteshause Clarholz im zur Vernichtung bestimmten Räumungsgut einer Wohnung entdeckte und über Umwege an das Gemeindearchiv Herzebrock-Clarholz übergeben hat. Mit Unterstützung von Dr. Peter Worm (LWL-Archivamt für Westfalen) konnte ermittelt werden, dass die 140 x 130 cm große kolorierte Karte aus dem Fürstlich Bentheim-Tecklenburgischen Archiv in Rheda stammt. Am 12. August 2009 hat nun Bürgermeister Jürgen Lohmann die Karte aus dem Besitz der Gemeinde Herzebrock-Clarholz an den Eigentümer, Erbprinz Maximilian von Bentheim-Tecklenburg zurückgegeben. In der Zwischenzeit war die Karte in der Restaurierungswerkstatt des LWL-Archivamtes für Westfalen gereinigt und restauriert worden.

Bei der Übergabe der Karte betonte Gemeindearchivar Eckhard Möller, dass mit der Karte das Missing-Link zwischen den Karten der Herrschaft Rheda aus dem späten 18. Jahrhundert und den Urkatasterkarten aus den 1820er-Jahren gefunden worden sei. Deutlich könnten die Gebäudeanlagen und vor allem die Gartenstrukturen des ein Jahr zuvor säkularisierten Klosters ebenso abgelesen werden wie die Einbettung der Anlage in die umgebende von Wiesen, Weiden und Waldungen geprägte Kulturlandschaft. . Eine genaue Auswertung der Karte werde eine Forschungsaufgabe für die nächsten Monate sein. Erbprinz Maximilian bedauerte, dass die Karte nicht schon vor einigen Jahren bekannt gewesen sein, als man die mit Restaurierung der Clarholzer Gartenanlage begonnen habe. Ganz sicher könne man sagen, dass einige der damals realisierten Maßnahmen mit Kenntnis der Karte in anderer Form umgesetzt worden wären.

Eine Abbildung der Karte ist vom LWL-Archivamt für Westfalen veröffentlich worden unter http://www.archive.nrw.de/WeitereArchive/Privatarchive/AdelspflegeWestfLippe/InformationenUndService/KartenfundRheda.html.

Archiv und Standesamt in Bad Homburg erleichtern Forschern die Arbeit

Das neue Personenstandsgesetz macht eine andere Form der Zusammenarbeit von Standesamt und Stadtarchiv möglich. Sie wird in Bad Homburg von Heimat- und Familienforschern bereits gut genutzt.

Nachdem der Nobelpreisträger Paul Ehrlich am 20. August 1915 in Bad Homburg einem Herzinfarkt erlegen war, meldete Julius Schrodt, Gärtner im behandelnden Sanatorium von Dr. Curt Pariser, beim örtlichen Standesamt den Tod des berühmten Arztes. Dort vermerkten die Beamten das Ableben des Geheimen Ministerialrates Professor Dr. Paul Ehrlich unter der Nummer 189 im Sterberegister. Der Eintrag kann heute von jedermann im Bad Homburger Stadtarchiv nachgelesen werden.

Das war bis vor kurzem anders. Nur ein bestimmter Personenkreis, beispielsweise direkte Vor- und Nachfahren, durfte Einsicht in die Sterbebücher nehmen. Diese galt ebenfalls für die auch vom Standesamt geführten Geburts- und Heiratsregister.

Seit 1. Januar 2009 gilt eine neue Fassung des Personenstandsrechts. Es ist in mehreren Punkten grundlegend geändert worden. So schreibt der Gesetzgeber die Einführung des elektronischen Personenstandsregisters vor. Das Bad Homburger Standesamt arbeitet bereits seit März 2009 erfolgreich mit dieser modernen Form, die an Stelle der bisher auf Papier geführten Geburts-, Sterbe- und Heiratsbücher tritt. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber auch die Nutzung der Personenstandsbücher neu geregelt. Die Standesämter übergeben die Register einschließlich der dazugehörigen Akten nach dem Ablauf einer Frist an die öffentlichen Archive, und die stellen sie Forschern, Familienangehörigen und anderen Interessenten zur Verfügung.

Genau das tut das Bad Homburger Stadtarchiv seit Beginn des Jahres. 335 Personenstandsbücher und 21 Namensregister hat das Stadtarchiv vom Bad Homburger Standesamt übernommen. Die neuen Bestände erfreuen sich reger Nachfrage, sowohl im Lesesaal als auch bei schriftlichen Anfragen. Das Interesse an den Einträgen über Geburten, Hochzeiten und Sterbefälle ist groß. Nutzer erwarten in der Regel neue Erkenntnisse bei Nachlassregelungen oder anderen rechtlichen Fragen sowie bei der Personen- und bei der Familienforschung.

Das Stadtarchiv hat die Bücher inzwischen für rund 6.000 Euro auf Mikrofilm übertragen lassen. Damit sind die gefragten Register nicht nur besser geschützt, sondern auch die Nutzung wird einfacher. Mussten Interessenten ihren Wunsch bislang anmelden und das jeweilige Buch für den Tag darauf aus dem Magazin holen lassen, so können sie nun im Lesesaal auf die Mikrofilme zugreifen. Angesichts des großen Interesses spart das Archiv Arbeitszeit und bietet gleichzeitig einen besseren Service.

Mit dem modernen Mikrofilm-Lesegerät können Nutzer übrigens an Ort und Stelle einen Ausdruck oder eine digitale Aufnahme machen. Das Lesegerät ist ein Teil der modernen Technik, die in den vergangenen zwei Jahren im Archiv angeschafft worden ist. Nutzern steht im Lesesaal ebenfalls ein PC für Recherche zur Verfügung.

Die Neufassung des Personenstandsgesetzes stellt die Nutzung der Register auf eine ganz neue Grundlage. In Paragraf 5, Absatz 5 ist geregelt, welche Fristen bis zu einer Weitergabe an das Archiv eingehalten werden müssen. Geburtenregister bleiben 110 Jahre im Standesamt, Ehe- und Lebenspartnerschaftsregister 80 Jahre und Sterberegister 30 Jahre. Damit stehen dem Bad Homburger Stadtarchiv die Geburtenbücher von 1874 bis 1898, die Heiratsbücher bis 1928 und die Sterbebücher bis 1978 zur Verfügung, und jedes Jahr wächst der Bestand um weitere Bände. Vor Oktober 1874 lag die Feststellung von Geburt, Heirat und Tod ausschließlich bei den Kirchen. Im Bad Homburger Stadtarchiv sind auch Abschriften dieser Bücher vorhanden.

Preußen – und damit auch das seit 1866 preußische Homburg – führte die Register in den Standesämtern zum 1. Oktober 1874 ein. Kaiser Wilhelm I. verfügte dann am 6. Februar 1875 für das gesamte Deutsche Reich: „Die Beurkundung der Geburten, Heirathen und Sterbefälle erfolgt ausschließlich durch die vom Staate bestellten Standesbeamten mittels Eintragung in die dazu bestimmten Register.“ Auf diesem am 1. Januar 1876 in Kraft getretenen „Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes und der Eheschließung“ fußten schließlich alle weiteren Personenstandsgesetze in Deutschland.

Von den zur allgemeinen Nutzung freigegebenen Bad Homburger Registern sind nur drei im Standesamt am Schulberg geblieben: Die ersten Geburts-, Heirats- und Sterbebücher von 1874 liegen weiterhin in einer der Vitrinen, in denen die Geschichte des Hauses Schulberg 1 dargestellt wird, des Hauses, in dem heute das Standesamt der Kurstadt untergebracht ist.

Kontakt:
Stadtarchiv Bad Homburg v.d.Höhe
Tannenwaldweg 102
61350 Bad Homburg v.d.Höhe
Frau Dr. Astrid Krüger
41.4 Stadtarchiv
Telefon: (06172) 37882
Telefax: (06172) 935801
stadtarchiv@bad-homburg.de

Quelle: Stadt Bad Homburg – Pressestelle, Pressemeldung, 19.8.2009

Säurefraß in Hamburger Archiven und Bibliotheken

In einer aktuellen Drucksache hat der Hamburger Senat den Abschlussbericht zur Beantwortung des bürgerschaftlichen Ersuchens „Schriftgut Hamburger Archive und Bibliotheken retten – Säurefraß stoppen!“ vorgelegt.

Der sogenannte „Säurefraß“ ist eines der größten Probleme für Bibliotheken und Archive: Gedruckt und geschrieben wurde zwischen den Jahren 1840 und 1990 größtenteils auf industriell gefertigten Papieren, deren Basismaterialien Zellulose und Holzschliff im Zusammenwirken mit der Leimung auf Dauer die Bildung von Säuren begünstigen. Diese Säuren führen dazu, dass das Papier vergilbt, braun wird und schließlich zu zerfallen droht. In den vergangenen Jahren haben sich technische Verfahren zur Papierentsäuerung etabliert, die den Papierzerfall stoppen und darüber hinaus die Lebensdauer des Papiers beträchtlich verlängern. Für die öffentlichen Bibliotheken und das Staatsarchiv in Hamburg liegt nun eine umfassende Schadensanalyse sowie ein Maßnahmenplan zur Entsäuerung vor.

Die Bibliotheken staatlicher Trägerschaft haben unter Federführung der Staats- und Universitätsbibliothek Carl von Ossietzky (SUB) 2007 einen detaillierten Schadensbericht vorgelegt. Danach sind 3,94 Millionen Bände säuregeschädigt. Das entspricht 82,5 Prozent der Gesamtbestände, aus den Erscheinungsjahren 1840 bis 1990. Die beteiligten Bibliotheken haben anhand von festen Kriterien eine Priorisierung vorgenommen und ca. 35% der säuregeschädigten Bände als besonders dringlich zu entsäuern eingestuft. Diese Bestände wurden nach Dringlichkeit in Prioritätsstufen 1 bis 3 geordnet.

Die SUB hat ein Konzept zur Entsäuerung entwickelt und die benannten Bestände nach inhaltlichen Aspekten bewertet (z.B. Einmaligkeit der Bände) und vier Aktionslinien zugeordnet: Geistiges Erbe (in Hamburg entstandenes Schrifttum), Hamburgs Wissenschaftsgeschichte (Einrichtungen und Sammlungen sowie spezielle Themengebiete) und Wissen über Hamburg. Die Entsäuerungsmaßnahmen der vier Aktionslinien finden parallel statt.

Die SUB ist kapazitätsmäßig in der Lage, jährliche Entsäuerungsmaßnahmen in einem Volumen von ca. 65.000 Bänden zu koordinieren und davon selbst ca. 30.000 Bände abzuarbeiten. Die nach fachlichen Gesichtpunktspunkten unbedingt notwendige Entsäuerung der ca. 1,36 Mio Bände würde sich über einen Zeitraum von ca. 20 Jahren erstrecken und allein die Entsäuerung der mit Priorität 1 eingestuften ca. 804.000 Bände würde 12 Jahre in Anspruch nehmen.

Das Staatsarchiv Hamburg hat seine Schadensanalyse Ende des Jahres 2008 abgeschlossen. Es hat eine repräsentative Stichprobenuntersuchung seiner 2.600 Akten- und Amtsbuchbestände in einem Gesamtumfang von ca. 31.500 Regalmetern sowie von 26 repräsentativen Einzelbeständen durchführen lassen. Erstere wurde mittels eines bislang weltweit einmaligen spektroskopischen Messverfahrens zur Charakterisierung des Alterungszustandes von Archiv- und Bibliotheksbeständen, der sogenannten NIR (Nah-Infrarot)-Spektroskopie oder auch NIR-Paperrating-Technologie durchgeführt. Danach sind 75% der gesamten Bestände säuregeschädigt.

Daraufhin hat das Staatsarchiv eine Priorisierung und inhaltliche Bewertung des Gesamtbestandes vorgenommen und auf dessen Grundlage einen Bestandsicherungsplan erarbeitet, der sich an den ermittelten Schadenszuständen und der inhaltlichen Wertigkeit der Bestände orientiert. Bei den zur Verfügung stehenden Personal- und Sachkapazitäten bietet sich eine projektartige Bearbeitung nach Priorität an. Unter Berücksichtigung seiner derzeitigen personellen Kapazitäten und nach bisheriger Erfahrung ist das Staatsarchiv in der Lage, jährlich bis zu ca. 250 Meter Archivschriftgut entsäuern zu lassen. Die Entsäuerung der 160.000 Archivguteinheiten würde bei dieser Jahresleistung dann in einem Zeitraum von rund 11 Jahren (2019) abgearbeitet sein.

Maßnahmen der Mengenentsäuerung unterstützt der Senat in den Jahren 2009 und 2010 mit insgesamt ca. 2,65 Millionen Euro. Davon werden für Bibliotheksschriftgut unter Federführung der SUB im Jahr 2009 1 Mio. Euro und im Jahr 2010 rund 800.000 Euro aus dem Titel 3660.971.20 „Maßnahmen zum Erhalt der gefährdeten Bestände in wissenschaftlichen Bibliotheken“ bereitgestellt. Für das Archivschriftgut des Staatsarchivs stehen im Jahr 2009 rund 650.000 Euro und im Jahr 2010 rund 200.000 Euro aus dem Titel 3750.971.01 „Maßnahmen zum Schutz vor Papierzerfall und Säurefraß“ zur Verfügung.

Kontakt:
Staatsarchiv Hamburg
Kattunbleiche 19
22041 Hamburg
Fon: 040 – 428 31 – 3200
poststelle@staatsarchiv.hamburg.de
www.hamburg.de/staatsarchiv

Quelle: Freie und Hansestadt Hamburg, Pressemitteilung, 18.8.2009

Attraktive Archivarbeit in Gütersloh

„Es ist abwechslungsreich“, sagt die 19-jährige Jana Knufinke, die sich jetzt im Stadtarchiv Gütersloh zur Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste ausbilden lässt. Und in ihrem Freundeskreis räumt sie gern mit falschen Vorstellungen auf: „Nein, sie arbeitet nicht im Keller, und die Ausbildung ist nicht eintönig.“

Erstmalig bildet das Gütersloher Stadtarchiv in diesem Beruf aus, den es noch gar nicht so lange gibt. In der dreijährigen Ausbildung geht es nicht nur ums Ordnen, Verzeichnen und Bewerten, sondern auch um Öffentlichkeitsarbeit und Kundenberatung, die vielfältige Anforderungen stellt. „Diese Ausbildung hat im Stadtarchiv Premiere“, sagt Stadtarchivar Stephan Grimm.

Täglich erreichen das Stadtarchiv 20 bis 30 Anfragen. Wie man die gewünschte Information aus den 21.000 Fotos, 15.000 Protokollbänden, 8.000 Büchern und vielen weiteren Medien herausfiltern kann, wird Jana Knufinke in den nächsten Monaten noch lernen. Aber sind diese Informationen im Internet mit der Suchmaschine Google nicht viel leichter zu finden? „Diese Quellen gibt es im Internet nicht“, weiß die Auszubildende. Und das Internet bietet auch keine Beratung und keinen Leitfaden, man wird allein gelassen“, so Knufinke.

Die Abiturientin hat ein Faible für Bücher und Fotos, die Geschichten erzählen können. Und in ihrer Ausbildung lernt sie jetzt Verfahrungen und Methoden, um Informationsquellen zu finden und auszuwerten. Das Interesse des Archivars richtet sich aber nicht nur auf die Vergangenheit. „Im Gegenteil“, sagt Stephan Grimm. „Wer im Archiv arbeitet, muss nicht nur zurück, sondern vor allem auch in die Zukunft blicken, um zu entscheiden, zu welchen Fragen und Themen man in zehn oder zwanzig Jahren Informationen brauchen wird“, so der Stadtarchivar.

Kontakt:
Stadtarchiv Gütersloh
Hohenzollernstraße 30 a
33330 Gütersloh
Telefon: 05241-82-2302
Telefax: 05241-82-2032
stephan.grimm@gt-net.de

Quelle: Stadt Gütersloh – Pressestelle, Pressemeldung, 18.8.2009