Durch einen Berichtsantrag will die SPD-Stadtverordnetenfraktion Klarheit über die Situation des Idsteiner Stadtarchivs gewinnen. Bei ihrem Berichtsantrag orientieren sich die Sozialdemokraten an einem Positionspapier der „Bundeskonferenz der Kommunalarchive beim Deutschen Städtetag„, in dem zentrale Anforderungen an die Aufgaben von Kommunalarchiven formuliert wurden.
SPD-Fraktionsvorsitzender Alfred Strauß: „Zentrale Aufgabenfelder eines Stadtarchives sind nach dem benannten Positionspapier die Identitätsstiftung für Kommune und Bürger/innen durch Umgang mit ihrer Geschichte, die Gewährleistung des Informationsrechtes für alle Bürger/innen zu sozialverträglichen Bedingungen (Freier Zugang, geringe Kosten etc.), die Bewahrung der die Rechte der Kommune und ihrer Bürger/innen sichernden Dokumente, die Sicherung der Kontinuität und Transparenz des Verwaltungshandelns und die Erforschung der den Ort prägenden Phasen ihrer Entwicklung.“
Die Sozialdemokraten wollen nun konkret vom Magistrat erfahren, ob das Idsteiner Stadtarchiv im Hinblick auf seine sachliche und personelle Ausstattung den Anforderungen gerecht werden kann und ob es in der Dokumentation der Idsteiner Vergangenheit Lücken gibt. Und, falls solche Lücken vorhanden seien, wie diese in Zusammenarbeit mit anderen Stellen geschlossen werden können.
Alfred Strauß: „Insbesondere der notwendige Einsatz neuer Medien wie Internet zur Präsentation des Angebotes des Stadtarchivs für Bürger und Bürgerinnen, Verwaltung und Wissenschaft und die sachgerechte Archivierung im Verwaltungsbereich stellen immer höhere Anforderungen an das Stadtarchiv. Für eine sachgerechte Diskussion zur Leistungsfähigkeit des Stadtarchivs ist es erforderlich, umfassende Informationen zu einem Arbeitsbereich zu erhalten, der in der Stadtverordnetenversammlung zu häufig nicht die ihm eigentlich zukommende Aufmerksamkeit erhält.“
Kontakt:
Stadtarchiv Idstein, Stadtverwaltung
König-Adolf-Platz 2
65501 Idstein
Tel.: (06126) 78-0
Fax: (06126) 78-280
Quelle: Wiesbadener Tagblatt, 26.1.2004
Stadtrat besichtigt Stadtarchiv Deggendorf in den neuen Räumen
Das Stadtarchiv Deggendorf ist im Oktober ins „Deggendorfer Haus der Geschichte“ in die Franz-Josef-Strauß-Straße 5 umgezogen und hat im Untergeschoss zwei Magazinräume zu 56 qm und 122 qm sowie einen Vorsortierraum mit 28 qm. Gestern stand eine Besichtigung der Räume auf dem Programm des Stadtrates.
Zu den wertvollsten Stücken im Archiv gehört eine Bibel aus dem Jahr 1650; außerdem finden sich hier Amtsblätter aus der Zeit, in der Bayern noch ein Königreich war. Vor allem für Familien- und Heimatforscher aus der Umgebung ist das Stadtarchiv im „Haus der Deggendorfer Geschichte“ eine wahre Fundgrube. Die Bücher und Schriften sind übrigens hauptsächlich Spenden von Privatleuten.
Kontakt:
Stadtarchiv Deggendorf
Franz-Josef-Strauß-Straße 5
94469 Deggendorf
Quelle: Passauer Neue Presse (Deggendorfer Zeitung), 27.1.2004
Wilhelm Eckhardt 75 Jahre alt
Seinen 75. Geburtstag feierte am Dienstag Dr. Wilhelm Eckhardt. Er hat über viele Jahre nicht nur das Marburger Archivleben, sondern auch Marburger Politik und Vereinsleben mit bestimmt. Eckhardt kam zwar am 27. Januar 1929 in Kiel zur Welt, fühlt sich aber ganz als Marburger: Seit 1679 haben alle direkten Vorfahren der Familie Eckhardt – und natürlich auch er selbst – in der Stadt an der Lahn studiert. Der Vater seiner Mutter ist der Marburger Professor und Universitätsrektor Alfred Thiel.
Von 1982 bis zu seiner Pensionierung 1994 war der Jubilar Leiter des Marburger Staatsarchivs. Dort hat er noch heute ein kleines Arbeitszimmer. „Ich sitze hier wie die Made im Speck“, freut sich Eckhardt über die Lage des Raumes zwischen Bibliothek und Urkundensaal. Denn wissenschaftliches Arbeiten bleibt für den Historiker für Mittelalterliche Geschichte auch in seiner Zeit als Pensionär ein bedeutender Aspekt.
An ihn gestellte Anfragen regen ihn immer wieder aufs Neue zur Forschungsarbeit an. Nützlicher Nebeneffekt für das Marburger Staatsarchiv: Sind Bestände, die Eckhardt benutzen will, noch nicht verzeichnet – also für den Benutzer noch unzugänglich -, so erledigt er diese noch ausstehende Archivarsarbeit ganz nebenbei.
In einem Abschnitt seines Lebens kam die wissenschaftliche Arbeit jedoch zu kurz. In den „wilden“ 1968er Jahren wurde Eckhardt für die FDP in das Marburger Stadtparlament gewählt. Oberbürgermeister war zu dieser Zeit Georg Gassmann. Er gehörte zu der Generation Politiker, die alte Bausubstanz radikal durch Modernes ersetzen wollte. Für den Historiker Eckhardt ein Graus.
Doch als Archivar nutzte er sein Wissen aus den ihm zur Verfügung stehenden Materialien: In einer Chronik des Jahres 1222 wurde Marburg erstmals als „civitas“ benannt. Grund genug für die Stadt, im Jahr 1972 eine 750-Jahrfeier auszurichten und dazu den Hessentag nach Marburg zu holen. Die dafür renovierten Häuser gab man nun nicht mehr so bereitwillig zum Abriss frei. Auch im Bauausschuss und in der Initiativgruppe Marburger Stadtbild habe er sich den Abbruchbestrebungen zumindest zum Teil widersetzen können.
Die strittigen Oberbürgermeisterwahlen im Jahr 1970 bedeutete für Eckhardt dann das Ende der Arbeit in der FDP. Trotz Absprachen hatte ein Teil der Fraktion für den SPD-Kandidaten Hanno Drechsler gestimmt, so dass der CDU-Kandidat Walter Wallmann überraschend keine Mehrheit bekam. Durchaus bittere Erinnerungen hat Eckhardt an diese Zeit. „Aber aufregend war sie“, sagt er. Außerdem war er mit Drechslers Altstadtsanierungs-Konzept einverstanden.Die Politik hat er auch 1970 nicht aufgegeben: Im Kreistag war er Mitglied der Freien Wählergemeinschaft.
Schon seit seiner Schulzeit spielt für ihn das Engagement in Vereinen eine große Rolle: Als Vorsitzender des VfL 1860 Marburg oder als Vorsitzender der Lebenshilfe Marburg-Biedenkopf.
Seit vergangenem Jahr hat sich Eckhardt jedoch von allen Ämtern zurückgezogen. „Man muss rechtseitig den Jüngeren Platz machen“, heißt seine Devise. Das Forschen im Archiv gehört jedoch weiter zu seinem Leben. Zur Zeit sucht er nach der Bedeutung eines Flurnamens im Hinterland.
Quelle: Marburger Neue Zeitung, 27.1.2004
Archivleiterin sammelt Zeitzeugenberichte über Arbeitslager
„Wer gedenkt der Lebenden, die einsam zurückbleiben?“ Ihren Mitmenschen fiele nichts an ihnen auf. Doch nachts geisterten sie durch eine düstere Welt voller Schrecken und Erniedrigungen.
Ein Niederländer, der im Zweiten Weltkrieg zum Arbeitsdienst ins Marinegemeinschaftslager nach Neuenkirchen verschleppt wurde, schrieb diese Zeilen. Bei einer Gedenkfeier am Bunker Valentin wurden sie vorgelesen. Eine die sie hörte, war die Leiterin des Kreisarchivs Osterholz, Gabriele Jannowitz-Heumann.
„Ich fühlte mich angesprochen“, sagt die Mitarbeiterin des Landkreises Osterholz. Seit Jahren forscht sie in Sachen Marinegemeinschaftslager. Sie hat sich durch die Zeit zurück gearbeitet: Von den 60er Jahren, als das Lager ein Hospital war, bis in die 30er Jahre, als das Gelände von der deutschen Kriegsmarine zur Errichtung eines Tanklagers angekauft wurde. Ein Jahr vor Kriegsende standen dort 200 Baracken. Um die 15.000 Menschen hausten auf dem Gelände, viele starben. Gemeinsam mit dem Verein Lagerstraße (Bremen), dem Heimatverein Neuenkirchen (Niedersachsen) und offiziellen Einrichtungen auf hanseatischer sowie niedersächsischer Seite arbeitet sie an einem Gedenkstätten-Konzept für die Opfer, die dieses Lager und der Bau des Bunkers gefordert haben.
Die Gedenkstätte soll ein Ort der Erinnerung werden: für die Toten wie die Überlebenden. „Haiko Kania vom Verein Lagerstraße möchte jedem Toten einen Namen geben“, nennt die Kreisarchivarin eine Facette der Forschungs- und Planungsarbeit. Sie selbst habe sich zur Aufgabe gemacht, die Schicksale der Überlebenden zu Papier zu bringen. Ein Franzose hat sie darin nun bestärkt. Er hofft, dass es „eine Baracke zu unserem Andenken“ geben wird. Ihm gefällt die Idee, eine der noch existierenden Lager-Hütten könne zur Gedenkstätte werden. Jannowitz-Heumann: „Einen besseren Arbeitsauftrag kann man nicht bekommen.“
Der inzwischen 81-Jährige gehört zu den Überlebenden des Lagers. In einem stetig reger werdenden Briefwechsel hat er Jannowitz-Heumann von seinem Schicksal berichtet. Als 21-Jähriger wurde er zum Arbeitsdienst nach Swinemünde abtransportiert. Anfang 1945 ging’s mit einem Vieh-Waggon nach Farge. Er sollte umerzogen werden. Die Fahrt dauerte Tage. Das Ziel war unbekannt. Als er und seine Leidensgenossen ankamen, fragten sie einen Franzosen, der bereits im Lager lebte, an was für einen Ort sie gebracht worden seien. Die Antwort: „Hier geht Ihr Burschen in die Scheiße. Und Ihr werdet jeden Tag ein bisschen sterben.“
Der Kreisarchivleiterin ist bewusst, wie schwer es Zeitzeugen fallen muss, über das Erlebte zu reden. Um so mehr bedeutet ihr der Briefkontakt. Vorsichtig habe sie den 81-Jährigen gefragt, ob er ihr von seiner Zeit im Lager berichten wolle. Seine Antwort fiel positiv aus: „Indem Sie mich fragen, erinnere ich mich.“ Mit jedem Schreiben, das er seitdem an sie adressiert hat, sind seine Berichte ausführlicher geworden. Vieles deckt sich mit Informationen aus anderen Quellen. Einiges war für die Archivarin aber auch neu. Die Briefe halfen Lücken im Geschichts-Puzzle zu schließen. Den Standort der Baracke Todt etwa konnte sie nun mit Hilfe des Franzosen bestimmen. Dort mussten die Neuzugänge gemeldet werden. „Ich möchte diese Berichte in der geplanten Gedenkstätte ausstellen.“
Ein weiterer Aspekt ihrer Arbeit: Die Landeszentrale für politische Bildung Bremen hat das Kreisarchiv zur Sammelstelle für die Dokumentation der Lager- und Bunkergeschichte erklärt. Jannowitz-Heumann: „Wir stellen zurzeit einen Sachkatalog über die Literatur zusammen, die es zu diesem Thema gibt.“ Gleichzeitig hat sie den Auftrag erhalten, eine Präsenzbibliothek aufzubauen.
Kontakt:
Kreisarchiv Osterholz
Bahnhofstraße
27711 Osterholz-Scharmbeck
(04791) 981-906 (Tel./Fax)
Quelle: Wümme-Zeitung, 27.1.2004
Stadtarchiv Lünen: Recherche am heimischen PC
Was tun, wenn man in der Geschichte seiner Stadt stöbern und forschen will? Man geht auch in Lünen ins Stadtarchiv. Aber: Recherche ist vor Ort oftmals mühsam und zeitintensiv, denn eine umfangreiche Menge an Akten- und Urkundenmaterial erwartet den Besucher. Das geht jetzt einfacher. Recherchieren vom heimischen PC! Denn der Leiter des Stadtarchivs Lünen Fredy Niklowitz stellte den Archivbestand mit Hilfe der Sendener Software-Firma „Augias-Data“ nun ins Internet.
Allein seit 1945 liegen 10.000 städtische Verwaltungsakten vor. Die älteste Urkunde des Archivs datiert aus Jahr 1320. Dazu etliches Schriftgut aus den Gemeinden oder von Parteien, Vereinen und Verbänden aus der Neuzeit. Auch ist Material von Privatleuten und Adelsfamilien zur Verfügung gestellt worden. Firmenarchive und die Bestände von Sammlungen und Bibliotheken komplettieren das Angebot. All das verzeichnen die Mitarbeiter des Stadtarchivs fein säuberlich in sogenannten „Findbüchern“ auf Papier.
„Wir haben durch „Augias“ und ihr Angebot „findbuch.net“ die Möglichkeit genutzt, das Lüner Stadtarchiv elektronisch zu erfassen“, so Fredy Niklowitz. Das Ergebnis: Der Bestand kann nun auch über das Internet eingesehen werden. „Das erleichtert die Recherche ungemein“, weiß der Archivar Niklowitz, der sich in anderen deutschen Archiven oftmals erst vor Ort mit dem „Wust der Findbücher“ rumschlagen muss, bis er an die gewünschten schriftlichen Quellen kommt. „Unser Internetauftritt erleichtert es allen historisch Interessierten, schon von zu Hause eine Vor-Recherche ohne Zeitdruck zu unternehmen.“
Das „Internet-Findbuch“ ist einfach zu erreichen: Erst www.luenen.de, über die Pfade Kultur & Bildung/ Stadtarchiv/ Archivbestände, dann entweder über die einzelnen Bestände oder Findbuch.net.
Über Unterverzeichnisse und Kategorien erfolgt eine systematische Gliederung in Themenbereiche der 88 Archivbestände. Dieses System erscheint nur auf den ersten Blick nicht ganz so einfach – ist aber für alle, die ein wenig mit dem PC umgehen können, unkompliziert zu bedienen. Mit Hilfe eines „Begriff-Such-Systems“ kann schnell auf einzelne Akten- und Urkundenstücke zugegriffen werden. Natürlich sind die Texte der Akten und Urkunden selbst dort nicht einzusehen, wohl aber Inhaltsangaben und Signaturnummer.
Wer dann mit diesem Vorwissen ins Stadtarchiv kommt, kann sich die gewünschten Akten vom Personal schnell aushändigen lassen und spart Zeit. Auch eine Vorbestellung ist möglich.
„Das Software-Produkt „Findbuch.net“ findet in Deutschland immer mehr Anklang“, so Karl-Theo Heil und Christian Haps von der Firma „Augias-Data„. „Allerdings ist das Stadtarchiv Lünen neben denen in Marl und Hagen ein Vorreiter auf dem Gebiet, den Archivbestand in einem solch großen Detaillierungsgrad per Internet auszuweisen. „Uns ist es nun möglich, die inhaltlichen Angaben unseres digitalen Findbuchs von Zeit zu Zeit weiter zu aktualisieren“, so Niklowitz. Denn so manche Akte ist aus Datenschutzgründen gesperrt oder leider einfach noch nicht näher verzeichnet.
Kontakt:
Stadtarchiv Lünen
Willy-Brandt-Platz 1
44532 Lünen
Tel.: (02306) 104 – 1531
Fax: (02306) 104 – 1460
Fredy.Niklowitz.85@luenen.de
Quelle: WAZ, 23.1.2004
Hitlers Befehl zum Judenmord
„Der Führer hat Anweisung gegeben, daß die Juden und sonstigen Feinde in Frankreich verhaftet und abtransportiert werden.“ Hitlers persönliche Anweisung zur Ermordung der französischen Juden wurde jetzt im amerikanischen Nationalarchiv gefunden, wie die FAZ heute berichtet.
An der Verantwortung Adolf Hitlers für die Vernichtung der europäischen Juden während des Zweiten Weltkriegs besteht kein Zweifel. Doch rätseln die Historiker schon lange, wann genau der Diktator die Anweisung gab. Das jetzt im Nationalarchiv gefundene Schriftstück, das sich seit 1945 in amerikanischem Besitz befindet, ist eines der ganz wenigen Dokumente, die Hitler in direktem Zusammenhang mit einer Deportation und Ermordung größeren Umfangs nennen.
In dem neuen Dokument mit Datum vom 10. Dezember 1942 schreibt Heinrich Himmler, wie eingangs zitiert, den Inhalt eines Gesprächs mit dem „Führer“ nieder, das er mit Hitler über Sicherheitsprobleme in dem von Deutschland besetzten Frankreich führte.
Zur Einordnung der hier präsentierten Quelle in den Forschungskontext machte Michael Wildt in der NZZ vom 28.1.2004 einige Ausführungen.
Quelle: FAZ, 24.1.2004, 33.
Eröffnung des „Hauses der Stadtgeschichte“ in Offenbach
Nach einer Vorbereitungszeit von mehreren Jahren wird am Wochenende das neue Stadtmuseum in Offenbach eröffnet. Neues Domizil des Museums ist das unter Denkmalschutz stehende Gebäude der ehemaligen Schnupftabakfabrik „Gebrüder Bernard“ in der Herrnstraße 61, die Offenbachs erste Fabrik war. Die Stadt nutzte den Umzug aus der ehemaligen Villa im Dreieich-Park in den 1896 errichteten sogenannten Bernardbau, um das Museum neu zu gestalten. Dabei arbeitete Museumsleiter Jürgen Eichenauer mit der Hochschule für Gestaltung (HfG) zusammen. Bereits vor einiger Zeit war das Stadtmuseum mit dem Stadtarchiv zum „Haus der Stadtgeschichte“ vereinigt worden.
Das von Hans-Georg Ruppel geleitete Archiv ist seit mehr als einem Jahrzehnt im Bernardbau untergebracht. Nach Angaben des Kulturdezernenten Stephan Wildhirt (SPD) hat der in Zusammenarbeit mit einem Bauunternehmen aus Regensburg ausgeführte Umbau des Gebäudes zirka 1,2 Millionen Euro gekostet; für den Umzug habe die Stadt 40.000 Euro ausgegeben.
Im Bernardbau verfügt das Stadtmuseum über eine 576 Quadratmeter große Fläche, fast 170 Quadratmeter mehr als bislang. Das Museum erstreckt sich auf zwei Ebenen, wie Eichenauer erläuterte. Die Grundidee sei, die „Stränge der Stadtgeschichte bis in die Gegenwart zu führen“. So wird im Erdgeschoß die Geschichte Offenbachs chronologisch dargestellt: von der Vor- und Frühgeschichte über das Fischerdorf zur Industriestadt bis zur Gegenwart mit dem Wandel zum Dienstleistungszentrum.
Mit der „Industriehalle“ ist ein Raum vorhanden, der für Wechselausstellungen und Veranstaltungen genutzt werden soll. Im ersten Stockwerk wurde eine Gemäldegalerie untergebracht, die bislang nicht gezeigte Werke aus dem Museumsbesitz präsentiert, zum Beispiel Arbeiten von Georg Oswald May und Georg Heinrich Hergenröder. Der größte Teil des Raumes wird von einem „Thementableau“ gefüllt, das den Blick auf „verlorene Geschichten“ und „vergessene Orte“ lenken soll: Goethes Besuche in Offenbach, die Schriftstellerin Sophie von La Roche, den Sport in der Stadt, das jüdische Leben, das Wirken der Hugenotten. Eichenauer zufolge sollen die auf Stelen angebrachten Texttafeln dem Besucher eine „Erstinformation“ vermitteln. Wer mehr zu einem Thema wissen will, kann am Bildschirmterminal im ersten Stockwerk weitere Informationen aus dem Computer abrufen.
Offiziell eröffnet wird das „Haus der Stadtgeschichte“ am Sonntag. Zwischen 17 und 22 Uhr können die Besucher bei freiem Eintritt das Museum besichtigen. Mitarbeiter erläutern jede halbe Stunde bei Führungen die Gestaltung des Museums.
Kontakt:
Stadtmuseum Offenbach
Herrnstraße 61
Offenbach
Telefon: 069 / 80 65 24 46
Fax: 069 / 80 65 24 69
Quelle: FAZ, 22.1.2004
Historisches Archiv in St. Petersburg wird geschlossen
Aleksandr Lavrov berichtet heute in der FAZ, dass das Historische Archiv in Petersburg, das zentrale Akten zur Geschichte Russlands im 19. Jahrhundert beherbergt, geschlossen wird, weil die Russische Föderation scharf ist auf seine Gebäude.
Die Bestände des Russischen Staatlichen Historischen Archivs in St. Petersburg haben eine durch die starke Zentralisierung des russischen Archivsystems bedingte einzigartige Bedeutung für die Erforschung der russischen Geschichte vom Anfang des 19. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Hier befinden sich die Archive des Senats, des Heiligen Synods, der die Russische Orthodoxe Kirche verwaltete, und der Ministerien des Zarenreichs.
Besondere Bedeutung hat das Archiv für die neue Geschichte der Russischen Orthodoxen Kirche, weil hier die wichtigsten Quellen der Kirchengeschichte von 1721 bis 1918 liegen, d.h. von der petrinischen Kirchenreform bis zur Wiedereinführung des Amtes des Patriarchen.
Im Januar 2004 bekamen die Besucher des Lesesaals nur noch Akten ausgehändigt, die sie im Dezember bestellt hatten. Neue Bestellungen werden nicht mehr angenommen.
Die Mitarbeiter des Archivs kämpfen gemeinsam mit Vertretern der Öffentlichkeit auf zwei Websites gegen die Schließung: http://rgia.narod.ru und http://www.rgia-sos.narod.ru
Quelle: FAZ, 23.1.2004, 35
Zeitzeugen zum Stader Bunker „Sokrates“ gesucht
Dieter-Theodor Bohlmann ist Stader Ratsherr, Vorsitzender mehrerer Vereine, ehrenamtlicher Museumsdirektor in Jork und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Museen im Landkreis Stade, darüber hinaus pensionierter Lehrer und Autor mehrerer Bücher. Für ein neues Projekt benötigt er die Unterstützung von den Stadern. Es geht um den Bunker „Sokrates“, der im Zweiten Weltkrieg auf dem Schwarzen Berg in Stade gestanden hat.
Es handelte sich dabei um den Teil eines Abwehrsystems gegen die alliierten Luftangriffe. Das System wurde – so Bohlmann – ab 1940 aufgebaut. Ein Großgefechtsstand befand sich ab 1. Februar 1942 auf dem Schwarzen Berg in Stade, arbeitete zunächst in einem großen Backsteingebäude an der Bremervörder Straße. Genau dort, wo sich heute der Parkplatz des Stader Krankenhauses befindet.
Ab Ende 1943 gab es einen großen Bunker am Südosthang des Schwarzen Berges oberhalb des Heisterbusches. Um ihn herum war ein Barackenlager für bis zu 1.000 Luftwaffensoldaten angesiedelt. Er bestand – die Tarnbezeichnung lautete „Sokrates“ – bis zum 19. April 1945. Die Baracken waren nach Kriegsende Lager für entlassene russische und polnische Gefangene. Der Bunker war Lagerraum, ab 1947 auch für einige Zeit Sitz der Schuhfabrik Filatzek. Am 1. November 1948 wurde der Bunker auf Befehl der britischen Militärbehörde gesprengt, Trümmer sollen noch bis 1955 beseitigt worden sein. Die Baracken verschwanden erst in den 60er-Jahren, damals wurde dann an dieser Stelle das Stader Krankenhaus gebaut.
Dieter-Theodor Bohlmann möchte nicht nur alte Akten für sein Buch verwerten. Er hofft auf den Kontakt zu Zeitzeugen und deren Berichte. Einige zivile „Nachnutzer“ und Angehörige des Bunkerpersonals dürften noch im Stader Raum ansässig sein. Bohlmann hofft, dass sie ihm auch Dokumente und Fotografien leihweise zur Verfügung stellen werden.
Kontakt:
Dieter-Theodor Bohlmann
Telefon 04141/8 33 50
oder über das
Stadtarchiv Stade
Johannisstraße 5,
21682 Stade
Tel. 04141/401-461
Juergen.Bohmbach@stadt-stade.de
Leitung: Herr Dr. Bohmbach
Quelle: Hamburger Abendblatt, 23.1.2004
Die Birthler-Behörde von Bagdad
Hunderttausende Seiten Dokumente der entmachteten irakischen Regierung stapeln sich in den frisch bezogenen Räumen der Iraq Memory Foundation in Bagdad. Als Organisation von Exil-Irakern aus den USA soll das Archiv als eine Art Birthler-Behörde von Bagdad Vergangenheitsbewältigung betreiben.
Da noch nicht geklärt ist, wie die Dokumente sinnvoll archiviert werden können und welche rechtlichen Grundlagen den Zugang zu den brisanten Informationen regeln könnten, suchen die Iraker praktische Tipps vor allem in Deutschland. Denn seit mehr als 13 Jahren werden in Berlin die Akten der DDR-Staatssicherheit ausgewertet. Am Donnerstag sahen sich der Gründer der Iraq Memory Foundation, Kanan Makiya, und sein Mitarbeiter Hassan Mneimneh, bei der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, um.
Makiya regte ein Austausch-Programm mit der Birthler-Behörde an, um ein funktionierende Archivwesen im Irak aufzubauen. Birthler sicherte zu, bei der Suche nach Partnern für ein solches Programm zu helfen.
Wie ihr Berliner Vorbild will auch die Iraq Memory Foundation der Bevölkerung und Forschern Einblick in die Akten gewähren und so einen Beitrag zur Aufarbeitung der Geschichte leisten. Ins Leben gerufen wurde die Organisation von Exil-Irakern um den Harvard-Professor Makiya. Seit Jahren befasst sich der 1968 in die USA ausgewanderte Wissenschaftler mit irakischen Akten. Er leitete ein Forschungsprojekt auf der Grundlage von Dokumenten, die nach dem Golfkrieg von 1991 von Oppositionsgruppen in Nordirak sichergestellt worden waren.
Damals gab es dafür neben zahlreichen privaten Spenden auch Gelder aus der US-Staatskasse. Doch als nach dem Sturz von Saddam Hussein rund 300 Millionen Seiten Dokumente ans Licht kamen und eine Aufarbeitung der 35 Jahre Herrschaft der Baath-Regierung erst richtig beginnen konnte, blieb Unterstützung aus Washington aus.
Für Birthler ist finanzielle Unterstützung aus Deutschland denkbar, etwa durch die politischen Stiftungen. Sie selbst stehe weiterhin für den Austausch mit den Irakern bereit. Im Gegensatz zur Birthler-Behörde steht die Iraq Memory Foundation noch ganz am Anfang. „Wir kratzen gerade erst an der Oberfläche“, sagt Makiya. Während in den Birthler-Archiven in Berlin-Lichtenberg 180 Kilometer Akten lagern, kommen die Dokumente der Memory Foundation auf gerade einmal 2,5 Kilometer.
Nur ein Prozent des gesamten Aktenbestandes aus der Saddam-Ära liegt in den Archiven der Iraq Memory Foundation, während rund 80 Prozent in den Händen der Koalitionstruppen sind. Etwa zehn Prozent werden von irakischen Parteien wie dem Obersten Rat der Islamischen Revolution (SCIRI) oder dem Irakischen Nationalkongress (INC) gehütet.
Aber die Quantität sage nicht unbedingt etwas über den Wert der Dokumente aus, ist Mneinmeh überzeugt. Die Iraq Memory Foundation verfüge über Dokumente der Baath-Partei, die von großer Bedeutung seien. Dagegen sei der Großteil der Akten in US-Besitz unbedeutend.
Unter der Vielzahl von Aktenhütern sei die Iraq Memory Foundation die einzige unabhängige Organisation, sagt Mneimneh. Interesse an einer gemeinsamen Archivierung und damit an einer gemeinsamen Aufarbeitung der Vergangenheit komme weder von den Parteien, noch von den Besatzern. Die Akten würden „nicht für die nationale Versöhnung“ benutzt, sondern „für politische Spiele“, klagt der Archivar. „Wir verhandeln mit den Parteien und den Koalitionstruppen über eine Zusammenarbeit“, sagt er. Dabei würde es seiner Stiftung zunächst genügen, wenn lediglich der Inhalt der Akten übermittelt würden. Gelingt die Einrichtung eines Archivs mit Dokumenten aus der Baath-Ära, wäre dies bislang einzigartig in der arabischen Welt. „Wir können es uns nicht leisten, zu scheitern“, sagt Makiya.
Derzeit arbeiten die Exil-Iraker an einem Gesetzentwurf und hoffen, dass damit bald eine Rechtsgrundlage für die Archivierung und den Zugang zu den sensiblen Dokumenten geschaffen wird. Deutschland dürfe jetzt nicht einfach zuschauen, fordert Makiya. Berlin müsse finanzielle und praktische Hilfe vor Ort leisten. Die Differenzen zwischen Berlin und Washington über den Irakkrieg hätten mit dem Wiederaufbau Iraks nichts zu tun. „Warten Sie nicht, bis die Vereinten Nationen nach Irak kommen“, fordert Makiya. „Kommen Sie jetzt!“
Link: http://www.iraqmemory.org/
Quelle: SZ, 23.1.2004