In der freien Wirtschaft gang und gäbe, im Archivwesen (noch) eher ungewöhnlich: Die Stadt Garbsen fördert in Zusammenarbeit mit dem StadtArchivVerein Garbsen e.V. eine Magister- oder Staatsexamensarbeit zum Thema »Migration und Integration im Raum Garbsen«.
Sie will damit anregen, die Situation der Migrantinnen und Migranten in Garbsen zu erforschen und will außerdem Studierenden die Möglichkeit zu einer eigenständigen Veröffentlichung bieten. Träger der Maßnahme ist der StadtArchivVerein Garbsen e.V., ein Förderverein des Stadtarchivs. Das Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (mit Sitz in Osnabrück) übernimmt die wissenschaftliche Begleitung des Projekts. Die Anregung zur Behandlung des Themas geht auf einen Antrag des Ausländerbeirats der Stadt Garbsen zurück. Das Modell eines Fördervereins hat nicht zuletzt haushaltsrechtliche Vorteile: So konnte die Stadt bereits in diesem Jahr Haushaltsreste zur Finanzierung an den Verein überweisen, die sonst verfallen wären, und der Verein kann Fördermittel (v.a. für den Druck, aber auch Spenden) erhalten, an die die Stadt schwerlich herankäme. Auch der Ausländerbeirat kann dem Verein leichter Mittel zukommen lassen.
Der StadtArchivVerein Garbsen e.V. übernimmt dabei Sachkosten bis zur Höhe von 1.500 EUR (für Fahrtkosten, zeitweilige Unterkunft vor Ort, Literaturbeschaffung usw.). Das Stadtarchiv Garbsen stellt zudem ein Arbeitszimmer mit angemessener technischer Einrichtung zur Nutzung bereit und unterstützt die Quellensuche in Archiven und in der laufenden Verwaltung. Für begleitende Veranstaltungen (z.B. »Erzählcafés« mit Zeitzeugen), die organisatorisch unterstützt werden, stehen weitere finanzielle Mittel zur Verfügung.
Die Magister- oder Staatsexamensarbeit soll in der ersten Jahreshälfte 2004 abgeschlossen werden. Spätestens in der zweiten Jahreshälfte 2004 soll der/die Studierende seine/ihre Arbeit in Koordination mit dem Stadtarchiv Garbsen redaktionell für die Drucklegung aufbereiten; für die fristgerechte Fertigstellung wird ein zusätzliches Honorar zur Verfügung gestellt. Es ist vorgesehen, das Werk in die Schriftenreihe des Stadtarchivs aufzunehmen.
Bereits in den Jahren 1999 bis 2001 gab es ein Doktorandenstipendium zur Erforschung der jüngsten Stadtgeschichte in Garbsen, die von einem wissenschaftlichen Beirat begleitet und nach DFG-Kriterien ausgestattet wurde (vgl. Bericht von Rose Scholl auf der ANKA-Tagung in Hameln (April 2002); Abdruck in Archiv-Nachrichten Niedersachsen 5/2002 (Erscheinungsdatum: März 2003)).
Ein interessante Modell, das durchaus als Vorbild für weitere Projekte dienen könnte.
Rückgabe deutscher Zeitungsbestände aus Russland
BERLIN (idw). Ein großer Bestand historischer Zeitungen kehrt jetzt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) nach Berlin zurück. Die Staatsbibliothek zu Berlin erwartet in den nächsten Tagen mehr als 80 000 Zeitungen aus der Russischen Staatsbibliothek in Moskau. Sie waren während des Zweiten Weltkrieges in Deutschland erbeutet und nach Russland verlagert worden. Die Bundesregierung verhandelt seit Jahren mit Russland über die Rückführung kriegsbedingt verbrachter Kulturgüter.
Mit der Rückgabe der Zeitungsbestände ist ein weiterer Erfolg bei der Rückführung kriegsbedingt verbrachten Kulturgutes zu verzeichnen, denn es gelangen damit wichtige deutsche Zeitungsbestände in ihre ursprünglichen Bibliotheken zurück und werden dort in Kürze der historischen Forschung wieder zur Verfügung stehen.
Bei den vier Tonnen Zeitungsarchivalien handelt es sich im Wesentlichen um Zeitungen des 19. und 20. Jahrhunderts: mehr als 700 Zeitungstitel mit kompletten oder teilweise kompletten Jahrgängen. Unter den vorwiegend deutschen, aber auch ausländischen Zeitungsorganen befinden sich beispielsweise die „Czernowitzer Allgemeine Zeitung“, der „Hamburgische Correspondent“, die „Leipziger Volkszeitung“, die „Rigasche Rundschau“, aber auch das „Journal de Tehran“ und die „Neue Freie Presse“. Diese Zeitungen lagerten seit Kriegsende in der Russischen Staatsbibliothek in Moskau, heute Zentralbibliothek aller Nationalbibliotheken der Russischen Föderation, vormals Lenin-Bibliothek.
Als zentrale Empfängerbibliothek in der Bundesrepublik Deutschland fungiert nun die Staatsbibliothek zu Berlin. Sie verfügt über eine bedeutende Zeitungsabteilung und betreut das durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderte Sondersammelgebiet „Ausländische Zeitungen“. Sie wird nun im Einzelnen die Herkunft der historischen Zeitungen ermitteln. Anschließend können diese ihren ursprünglichen Besitzerbibliotheken wieder übergeben und in deren Bestände integriert werden. Danach werden sie als Zeitzeugnis und historische Quelle der Forschung und Öffentlichkeit zugänglich sein.
Informationen über die DFG-Programme im Bereich der Literaturversorgungs- und Informationssysteme sind im Internet unter http://www.dfg.de/forschungsfoerderung/wissenschaftliche_infrastruktur/lis/ abrufbar.
weitere Hinweise: http://idw-online.de/public/zeige_pm.html?pmid=58953
Archivschule Marburg unter neuer Leitung
MARBURG. Das Konklave tagte – und endlich weißer Rauch: Zum 1. März hat die Archivschule Marburg einen neuen Leiter. Als Nachfolger von Angelika Menne-Haritz wurde nun der Leiter der Abteilung I (Staatsarchiv für das nördliche Westfalen) des Nordrhein-Westfälischen Staatsarchivs Münster, Dr. Frank M. Bischoff erkoren.
Marburg ist Dr. Bischoff (Jahrgang 1959) bereits durch seine Studienzeit (Geschichte, ev. Theologie und Pädagogik), seinen Vorbereitungsdienst und seine Lehrtätigkeit vertraut. Sein Ausbildungs- und Berufsweg führte ihn über die Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales in Paris, über das Staatsarchiv Detmold und das Deutsche Historische Institut in Rom im Jahr 1996 schließlich nach Münster.
Die Spannbreite seiner Veröffentlichungen reicht von »Urkundenformaten im Mittelalter« bis zu hochaktuellen Fragen der Digitalisierung und Online-Findbüchern, so dass er für seine zukünftigen Aufgaben ausgesprochen gut gerüstet scheint. Angesichts seiner unzweifelhaften Kompetenz und Durchsetzungskraft steht der Archivschule vermutlich eine spannende Zeit bevor.
Pressearchiv der Uni Münster in neuem Gebäude
Die Zeitungssammlung enthält in der Hauptsache Bestände nach 1947. Die älteren Bestände hatten zwar den Krieg, nicht jedoch ein Hochwasser überlebt.
Als besonderer Service besteht die Möglichkeit Zeitungsartikel auf mitgebrachte CD-ROMs zu brennen.
Deutsches Literaturarchiv Marbach kauft Nachlass Erich Kästner
Artikel der »Leipziger Volkszeitung«: www.lvz-online.de/inc_lvz/news/551_19612.html
Archive und Archivare in Nationalsozialismus und Nachkrieg
Aufruf und weitere Hinweise: www.vda.archiv.net
Spendenaktion des VkA für flutgeschädigtes Kommunalarchiv
KIEL/OLBERNHAU. Aufgeschreckt durch die Fernsehbilder der Flut im August 2002 und angeregt durch den Aufruf des VdA zu Solidarität und Hilfeleistung entwickelte der Verband schleswig-holsteinischer Kommunalarchivarinnen und -archivare (VKA) eine erfolgreiche Hilfsaktion zur Unterstützung der Rettung durchnässter und verschmutzter Archivalien.
Da die finanzielle und materielle Ausstattung der Kommunalarchive keinen Spielraum für eine Unterstützung aus dem Budget zuließ, sollte durch den Nachdruck einer wertvollen und interessanten Archivalie und dessen Verkauf eine Spende von erhofften 3000 Euro eingebracht werden. Ausgewählt wurde schließlich eine dekorative noch nicht verbreitete Karte Schleswig-Holsteins von 1630 aus dem Bestand der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek, die sich sowohl vom Motiv als auch von der Qualität und vom Format als glücklicher Griff erwies.
Die Hilfsaktion sollte sich dabei auf ein möglichst konkretes Projekt beziehen, so wurde das eher unbekannte Stadtarchiv Olbernhau als Empfänger der Spendensumme ausgewählt. Der Bürgermeister der Kleinstadt im Regierungsbezirk Chemnitz, Dr. Laub, beschrieb die Situation im Archiv als dramatisch. Das Magazin im Keller des Rathauses wurde im August 2002 ohne lange Vorwarnung innerhalb von 20 Minuten komplett geflutet. Nach dem Abpumpen des Wassers wurden die wichtigsten Bestände, darunter auch die Einwohnermeldeunterlagen eingefroren. Die Rettung der Dokumente durch Gefriertrocknung wird voraussichtlich fast 90.000 Euro verschlingen. Hier ist also Hilfe dringend notwendig.
Eine erste Umfrage bei Kommunalarchiven ergab, dass die Idee mit Wohlwollen aufgenommen wurde, zumal durchaus der Aspekt der Imagewerbung für das Archivwesen gesehen wurde. Dennoch bestand aus bisherigen Erfahrungen Skepsis über den Verkaufserfolg. Schließlich lagen Zusagen für den Kauf von etwa 350 Stück durch Archive vor. Damit war das finanzielle Risiko für den VKA tragbar. Da die beteiligten Firmen (Reprografie, Druckerei, Papier) leicht zur Unterstützung zu bewegen waren, lagen die Herstellungskosten bei weit unter 1,- Euro pro Stück. Es wurde eine Auflage von 1.000 Stück bestellt, mit deren Auslieferung an die Archive rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft begonnen wurde.
Es sollte sich zeigen, dass die Archivarinnen und Archivare sich bei den Schätzungen der Verkaufszahlen gewaltig verschätzt hatten. Denn die Presse spielte mit und druckte ausführliche Artikel mit großformatigen Abbildungen der Karte. So kam es, dass die von den einzelnen Archiven zunächst georderten Bestände meist schon am zweiten Tag verkauft waren. Aufgrund der anhaltend großen Nachfrage musste nachbestellt und schließlich sogar nachgedruckt werden: einerseits um eine möglichst große Spendensumme zu erhalten, andererseits um die potentiellen Kunden nicht zu enttäuschen. Insgesamt hat die Aktion nach Abzug aller Kosten eine Spendensumme von ca. 17.000 Euro erbracht und war zu Weihnachten 2002 bereits weitgehend abgeschlossen.
Aber der Erfolg liegt nicht nur in dieser stolzen Summe, sondern auch in der Wirkung in der Öffentlichkeit. Fast 1.500 Bürger haben in Schleswig-Holstein zum Teil erstmals “ihr” Archiv besucht. Wobei nicht nur der Kauf einer prächtigen Karte, sondern durchaus auch die damit verbundene Hilfsaktion gesehen wurde und zu einem positiven Image beitrug. In zahlreichen Gesprächen konnte Bürgerinnen und Bürgern die Bedeutung und Tätigkeit der Archive dargestellt werden. Aber nicht nur ihnen, sondern auch Kolleginnen und Kollegen, Ratsfraktionen und Firmen wurden auf das Archiv aufmerksam. Erstaunlich war auch, in welchem Umfang “Buten-Schleswig-Holsteiner”, also außerhalb der Landesgrenze lebende Schleswig-Holsteiner, Kenntnis von dieser Karte erlangten. Als Geschenk wird sie sogar unter einigen Weihnachtsbäumen in den USA gelegen haben.
In Olbernhau werden derweil alle Anstrengungen unternommen, die Schäden im Archiv zu beseitigen und auch künftig die Zeugnisse der Vergangenheit vor ähnlichen Katastrophen besser zu schützen.
Das absolut positive Fazit belohnt für den Einsatz und regt zu weiteren Ideen an.
Jutta Briel
Neue Ausgaben von »Archiv und Wirtschaft« und »Brandenburgische Archive«
Das neue Heft 4 der Zeitschrift »Archiv und Wirtschaft« 35. Jg., 2002, enthält u.a. folgende Beiträge:
– Listewnik, Petra; Töpel, Veronique: Die Situation in den sächsischen Wirtschaftsarchiven nach dem Hochwasser im August 2002 – ein Lagebericht
– Przigoda, Stefan: Auf dem Weg vom analogen zum digitalen Findbuch: Das DFG-Projekt „Entwicklung von Werkzeugen zur Retrokonversion archivischer Findmittel“
– Kappel, Ruth; Wettengel, Michael: Internationale Normungsarbeit im Bereich der Schriftgutverwaltung: Zur Veröffentlichung der ISO 15489-1 (Records Management)
– Kuhlgatz, Dietrich: Der Umzug des Bosch-Archivs: Ein Erfahrungsbericht
weitere Infos: detlef.krause@commerzbank.com
Das Heft 20 der »Brandenburgische Archive. Mitteilungen aus dem Archivwesen des Landes Brandenburg« umfasst u.a. die auf dem 5. Brandenburgischen Archivtag in Berlin gehaltenen Vorträge:
– Bahl, Peter: Methodische Bemerkungen zu Archivausstellungen
– Neinigner, Falko: Der Bestand der Kirchenbuchduplikate (Rep. 5KB) im Brandenburgischen Landeshauptarchiv
– Targiel, Ralf-Rüdiger: Bürgerbücher im Stadtarchiv Frankfurt (Oder)
– Wilkens, Lorenz: Arbeitsgruppe Kirchenkampf und Zwangsarbeit 1933-1945
– Neubert, Ehrhart: Kirchliche Zeitgeschichte in den Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes
Schriftleitung: Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Tel. 0331-5674-126; poststelle@blha.brandenburg.de
Pisa im Archiv – Fehlende Schlüsselqualifikation »Lesen« gefährdet historische Forschung
– Archive als Lernort in die Lehrpläne und Bildungskataloge von Schulen und Hochschulen aufzunehmen und
– an den Universitäten die seit Jahren zu beobachtende Kürzung der Ausbildungskapazitäten in den historischen Hilfswissenschaften – z.B. das Lesen von Originalquellen – zu stoppen.
Die vollständige Pressemitteilung finden Sie auf den Seiten des VdA: http://www.vda.archiv.net/
Mitteilungsblatt 23/2002 der »Archive in Thüringen« erschienen
Neben Infos über Weiterbildungsveranstaltungen, Archivtage und das gelungene Zusammenwirken von Archiv und Museum am Beispiel der Schott-Villa in Jena gibt es zwei umfangreichere Texte: zum einen über »Anforderungen an Archivbauten – Raumbedarf, Bautechnik, Klima und Ausstattung« (Rickmer Kießling); von Klaus Brodale stammt ein Beitrag über »Zuständigkeit oder Vernunft? Erfahrungen und Ansichten zur Problematik der Bestandsbildung, Archivalientausch und Beständezusammenführung«.
mehr Infos: Archivberatungsstelle Thüringen, www.thueringen.de/archivberatungsstelle