Die Pest in Limburg im 14. Jahrhundert

Neue Veröffentlichung des Stadtarchivs Limburg.

Die Menschheit wird in ihrer Geschichte immer wieder von Seuchen begleitet und bedroht. Gegenwärtig erleben wir mit der Corona-Pandemie eine solche Situation, die die ganze Welt betrifft. Dass eine Seuche noch wesentlich schlimmere Auswirkungen haben kann, präsentiert Limburgs Stadtarchivar Dr. Christoph Waldecker in seiner jüngsten Publikation, dem fünften Heft der Reihe „Mitteilungen aus dem Stadtarchiv Limburg a. d. Lahn“ über die Pest im Mittelalter.

„Das ,Große Sterben‘. Die Pest in der Mitte des 14. Jahrhunderts, in Limburg und anderswo“ hat Waldecker seinen Beitrag betitelt. Das „Große Sterben“, diesen Begriff hat der Chronist Tilemann Elhen von Wolfhagen in der „Limburger Chronik“ aus dem 14. Jahrhundert für die Pest verwendet.

Um 1350 dezimierte die Krankheit die europäische Bevölkerung, und auch Limburg war davon stark betroffen. Die damalige Medizin war machtlos, die Auswirkungen waren immens. Städte verloren zahlreiche Bewohner, so dass die Stadtentwicklung mitunter jahrhundertelang stagnierte, es fehlten Arbeitskräfte, was zu einer sozialen Mobilität führte und einen Aufstieg ermöglichte. Religiöser Eifer machte sich breit.

Großen Eindruck machten insbesondere die Geißler oder Flagellanten, die von Stadt zu Stadt zogen und sich bis aufs Blut peitschten. Gesellschaftliche Konventionen lösten sich auf, für viele standen Vergnügungen an erster Stelle. Und dann gab es einen sehr düsteren Aspekt: die Verschwörungstheorien. Den Juden wurde unterstellt, die Seuche durch Brunnenvergiftung ausgelöst zu haben, um die Christenheit auszulöschen. Durch ständiges Behaupten und Wiederholen glaubten viele, das verleumderische Gerücht sei dies Wahrheit. Dies zog schwere Pogrome und tausendfachen Mord nach sich. Vermutlich geschah dies auch in Limburg.

Als die Seuche endlich wich, „hob die Welt wieder an zu leben und fröhlich zu sein“, wie Tilemann es ausdrückt. Doch die nächsten Pandemien ließen nicht lange auf sich warten …

Info:
Christoph Waldecker: Das „Große Sterben“. Die Pest in der Mitte des 14. Jahrhunderts, in Limburg und anderswo. Limburg 2021 (Mitteilungen aus dem Stadtarchiv Limburg a. d. Lahn 5). 42 Seiten

Gratis erhältlich im Stadtarchiv Limburg und im Rathaus in der Werner-Senger-Straße.

Kontakt:
Stadtarchiv Limburg a. d. Lahn
Mühlberg 3
65549 Limburg
Tel. 06431/203-368
christoph.waldecker@stadt.limburg.de

Quelle: Stadt Limburg a.d. Lahn, Pressemitteilung, 4.5.2021

Ankunft Johann Gottfried Herders in Bückeburg 1771

Als der 26-jährige Theologe Johann Gottfried Herder am 24. August 1770 an den Grafen Wilhelm zu Schaumburg-Lippe schrieb, da hielt er sich vorbildlich an die formalen Bedingungen des Briefschreibens seiner Zeit: Ein großer „Devotionalabstand“ trennte den Beginn seines Textes von der ehrfürchtigen Anrede des weit ranghöheren Reichsgrafen. Der Inhalt jedoch war ungewöhnlich.

  

Abb.: Brief Herders an Graf Wilhelm zu Schaumburg-Lippe vom 24. August 1770 (Niedersächsisches Landesarchiv, NLA BU F 1 A XXXV 18 Nr. 96)

Graf Wilhelm hatte als ehrgeiziger Regent des kleinen Schaumburg-Lippe an Herder schreiben lassen, zuletzt gar selber geschrieben, weil er ihn als vielversprechenden Denker und jungen Kopf gerne an seinen Hof ziehen wollte. Graf Wilhelm selbst schrieb an Herder von seinem „Verlangen eines der ersten Genies Deutschlands zu sehen“. Herder aber, der zu jener Zeit als Privatlehrer auf Reisen war, zierte sich, das durchaus lukrative Angebot aus dem winzig kleinen Bückeburg anzunehmen.

In seinem Antwortschreiben schmeichelt er zwar Wilhelm als einem „außerordentlichen, einsehenden, durchdringenden, aufmunternden Herren“, nennt ihn einen „Apollo Deutschlands“ und freut sich auf den „begeisternden Umgang eines großen Mannes“, macht aber zugleich Bedingungen. Er will erst noch seine Reise zu Ende führen, und er bittet noch vor Antritt seiner Stelle darum, später Urlaub für eine ausgiebige Italienreise zu bekommen.

Derlei Vorbedingungen hielten aber Graf Wilhelm nicht vorm Warten ab. Im Mai 1771, vor 250 Jahren, war es schließlich so weit: Herder kam in Bückeburg an und wurde Oberprediger, Konsistorialrat und 1775 auch Superintendent in Bückeburg. Zwar verstand er sich mit Graf Wilhelm nicht so gut, wie es letzterer erhoffte, und er klagte in seinen Briefen anrührend über die Provinzialität Bückeburgs, dennoch verbrachte er fünf produktive Jahre in Bückeburg, bevor er Goethes Ruf nach Weimar folgte.

Kontakt:
Niedersächsisches Landesarchiv – Abteilung Bückeburg
Schloßplatz 2
31675 Bückeburg
Tel.: 05722 / 9677-30
Fax: 05722 / 9677-31
Bueckeburg@nla.niedersachsen.de

Quelle: Aus den Magazinen des Landesarchivs, April 2021

Impfverzeichnis im Kirchenbuch Grenzach (1812/13)

Im lutherischen Kirchenbuch Grenzach 1798 bis 1812 findet man zwischen den Tauf- und Traueinträgen ein Impfverzeichnis. Dieses führt die Kinder auf, die 1811 bis 1813 geboren und als im Durchschnitt Halb- bis Einjährige 1812/13 durch den Chirurgen Johann Friedrich Stein (1781-1814; OFB Grenzach, S. 402) geimpft wurden.


Abb. Auszug aus dem Impfverzeichnis 1812 im Grenzacher Mischbuch (luth.) 1798-1812 (S. 107) (Landeskirchliches Archiv Karlsruhe)


Abb.: Zweiter Teil des Impfverzeichnisses 1813 im Grenzacher Mischbuch (luth.) 1798-1812 (S. 108) (Landeskirchliches Archiv Karlsruhe)

Derartige Einträge in Kirchenbüchern sind ungewöhnlich, aber doch zu erklären. Nachdem in den 1790er Jahren die Kuhpockenimpfung in England entwickelt wurde, kam diese ab der Jahrhundertwende in Europa zum Einsatz. Die Vorschrift zur Leitung und Ausübung der Kuhpocken-Impfung (1808), erlassen in den kaiserlich-königlich deutschen Erbstaaten, ist ein erstes Regulativ für das Impfgeschehen und beschreibt medizinische, politische und organisatorische Maßnahmen.

Dazu zählte, dass die Ärzte angehalten waren, über die Vorteile der Impfung aufzuklären und diese zu dokumentieren. Daneben wurden Pfarrer verpflichtet, bei Taufen Briefe an die Eltern zu verteilen. Die Vorschrift legte übrigens auch fest, dass jene, die sich nicht impfen ließen und keinen Nachweis der Impfung aufweisen konnten, von Stipendien und öffentlich unentgeltlichen Erziehungs-Instituten ausgeschlossen waren; wer in die Schule wollte, musste die Impfung schnellstmöglich nachholen. Es gab auch einen partiellen Impfzwang: Zöglinge in Waisenhäusern und Versorgungsanstalten des Staates mussten geimpft werden.

In Grenzach wurden die Pockenimpfungen in den sommerlichen Monaten Mai bis September durchgeführt. Diese „Massenimpfung“ der Jahre 1812/13 war offenbar ein Erfolg, wie man aus den Vermerken von Pfarrer Jakob Friedrich Ringer (1766-1817) herauslesen kann:

Sämtliche haben ächte Impfblattern gehabt. Also aus der Impftabelle des Chirurg Hrn. Stein gezogen. Grenzach, den 22ten Mai 1813. P. Ringer sowie Der sel. Herr Chir. Stein hat in seinem Impfungs Verzeichniß bei sämtlichen Kindern den Erfolg mit dem Prädicat Gut bezeichnet. Grenzach, d. 18ten Jul. 1814. J. F. Ringer.

Der impfende Chirurg Johann Friedrich Stein selbst ist mit 32 Jahren recht jung verstorben. In seinem Beerdigungseintrag vom 9. April 1814 ist aber keine Todesursache genannt.

Kontakt:
Evangelische Landeskirche in Baden
Landeskirchliches Archiv Karlsruhe
Blumenstraße 1-7
76133 Karlsruhe
Tel: 0721/9175-794
Fax: 0721/9175-550
archiv@ekiba.de

Quelle: Heinrich Löber, Aktuelles aus dem Archiv – Evangelische Landeskirche in Baden, 13.4.2021

Ausgrenzung und Diskriminierung der Verdener Juden seit 1933

Wanderausstellung des Stadtarchivs Verden.

„Sara sei dein Name!“ – Ausgrenzung und Diskriminierung der Verdener Juden heißt die neue Wanderausstellung, die das Stadtarchiv Verden gemeinsam mit dem Weser-Aller-Bündnis: Engagiert für Demokratie und Zivilcourage (WABE e.V.) entwickelt und mit Unterstützung des Präventionsrats Verden e.V. umgesetzt hat.


Abb.: Wanderausstellung „Sara sei dein Name!“ (Stadtarchiv Verden)

Auch in der Stadt Verden wurden in der Zeit des Nationalsozialismus körperlich und geistig Behinderte, Sinti und Roma sowie Homosexuelle aus dem öffentlichen Leben verbannt, beraubt und gedemütigt. Eine Gruppe stand dabei besonders im Fokus der Nationalsozialisten – die Juden. Ausgrenzung und Diskriminierung gipfelten im Holocaust.

In der Ausstellung wird thematisiert, wie die Nationalsozialisten die Juden mit Hilfe des staatlichen Verwaltungsapparates seit 1933 zuerst systematisch diskriminiert und sie schließlich gezielt aus der Gesellschaft ausgegrenzt haben. Historische Originaldokumente aus den Beständen des Stadtarchivs Verden zeigen die Auswirkungen des staatlichen Handelns auf die in Verden ansässigen Juden.

Neben den historischen Ereignissen werden zudem Bezüge zu aktuellen Formen von Ausgrenzung und Diskriminierung hergestellt und am konkreten Beispiel des heutigen Antisemitismus illustriert.

Die Ausstellung besteht aus zehn Roll-Ups (je 85 x 220 cm) und kann beim Stadtarchiv Verden ausgeliehen werden.

Dem Verdener Stadtarchiv kann man mittlerweile auch auf Instagram folgen. Dort informiert das Archiv einerseits über Neuzugänge und Neuerungen im Stadtarchiv, andererseits sollen aber auch verborgene Winkel der Allerstadt entdeckt und berühmte (oder auch berüchtigte) Verdener*innen vorgestellt werden. Auch an all die großen und kleinen Jubiläen und Gedenk- und Feiertage soll erinnert werden. Im ‚Verdener Allerlei‘ blickt das Stadtarchiv in die Zeitungen des 19. und 20. Jahrhunderts, die Interessantes und von vielen Vergessenes zu berichten haben.

Kontakt:
Stadtarchiv Verden
Rathaus Große Straße
Große Straße 40
27283 Verden (Aller)
Tel.: 04231-12230
stadtarchiv@verden.de
www.verden.de/stadtarchiv
https://www.instagram.com/stadtarchiv.verden/

Quelle: Stadt Verden, Aktuelles aus dem Stadtarchiv, 10.2.2021, 21.4.2021; Verdener Nachrichten, 1.5.2021

Julius Neubronner und der frühe Amateurfilm

Das Filmarchiv des DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum in Frankfurt/Main bewahrt bedeutsame Sammlungen zu unterschiedlichen thematischen Aspekten der Filmgeschichte und Filmproduktion auf. Unter den rund 20.000 Filmwerken des Archivs finden sich Spiel-, Kurz- und Dokumentarfilme, aber auch Amateur- und Experimentalfilme. Eine Sammlung von Amateurfilmen des Erfinders und Filmpioniers Julius Neubronner (1852-1932) aus den Jahren 1900 bis 1918 ist mittlerweile auch in der Deutsche Digitalen Bibliothek verfügbar.


Abb.: Spektakuläre Ereignisse: „Gordon-Bennett-Autorennen (17.6.1904)“, DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum (Public Domain Mark 1.0)

Die Sammlung wurde 1991 von Julius Neubronners Sohn Carl Neubronner (1896-1997) an das Filmarchiv des DFF übergeben. Die insgesamt 66 Videos stammen aus der hochauflösenden Digitalisierung und Restaurierung des DFF, die 2018 von der Staatsministerin für Kultur und Medien (BKM) gefördert wurde; sie sind allesamt Public Domain.

Inhaltlich unterscheiden sich Neubronners Filme kaum von denen der Brüder Lumière oder des Meisters der frühen Tricktechnik, Georges Méliès. Genau wie Neubronner dokumentierten die Lumières zunächst Straßenszenen, besondere Ereignisse und ihren familiären Alltag. Wie auch Georges Méliès setzt Julius Neubronner für seine Sketche und Zaubertricks den Stopptrick ein. Hierbei wird eine Einstellung aufgezeichnet, zum Beispiel Neubronner, wie er mit großen Gesten einen Zauberstab schwingt. Im zweiten Schritt wird die Kamera angehalten und das Bild verändert – beispielsweise platziert man einen Zylinder auf einem Beistelltisch. Danach wird die Kamera wieder angeschaltet und im fertigen Film entsteht der Eindruck, der Zylinder sei aus dem Nichts erschienen.


Abb.: Der Stopptrick in Aktion – hier wird Wasser in Tauben verwandelt, und Zylinder erscheinen aus dem Nichts: „Julius Neubronner zaubert“ (1904), DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum (Public Domain Mark 1.0)

1908 patentiert Neubronner die Brieftaubenfotografie. Hierfür werden Brieftauben mit kleinen Fotokameras ausgestattet, was Luftaufnahmen ermöglicht. So obskur die Idee heute erscheinen mag, liefert sie Anfang des 20. Jahrhunderts spektakuläre Bilder und erregt über Deutschland hinaus Aufmerksamkeit.

Der vollständige Beitrag von Theresa Rodewald „Neue Sammlungen: Julius Neubronner und der frühe Amateurfilm“ findet sich in der DDB.

 

Kontakt:
DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum e.V.
Schaumainkai 41
60596 Frankfurt am Main
+49 69 961 220 – 0
info@dff.film

DFF-Filmarchiv
Thomas Worschech (Leitung)
Tel.: +49 69 961 220 – 581
worschech@dff.film

Quelle: Theresa Rodewald: Neue Sammlungen: Julius Neubronner und der frühe Amateurfilm, in: DDB Journal/Entdecken, 24.3.2021

Der Horst-Wessel-Stein im Teutoburger Wald wird gesprengt (April 1946)

Historischer RückKlick des Stadtarchivs Bielefeld vom April 2021.

Bei dem Historischen RückKlick Bielefeld handelt es sich um ein Angebot von Stadtarchiv und Landesgeschichtlicher Bibliothek Bielefeld. Der aktuelle RückKlick-Beitrag des Bielefelder Archivpädagogen Bernd J. Wagner beschäftigt sich mit dem Horst-Wessel-Stein im Teutoburger Wald.

In der letzten Aprilwoche des Jahres 1946 sprengten britische Pioniere den großen, gut 20 Tonnen schweren Sandsteinblock, der 1933 zum Gedenken an Horst Wessel (1907-1930) westlich des Bismarckturms, den der Volksmund nur unter „Eiserner Anton“ kennt, aufgestellt worden war. Der „Freien Presse“ war dieses Ereignis in ihrer Ausgabe vom 4. Mai 1946 nur zwei Sätze wert. An das 1933 abgegebene Versprechen von Bielefelds damaligem Oberbürgermeister Dr. Paul Prieß (1879-1935), dass „die Stadt das Andenken Horst Wessels alle Zeiten in Ehren halten“ werde, wollte an diesem Tag keiner erinnert werden.


Abb.: Ein riesiger Sandsteinbrocken: Der Horst-Wessel-Stein (1933). (Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,3/Fotosammlung, Nr. 72-1-167)

13 Jahre zuvor war Bielefeld der „nationalsozialistischen Feierlaune“ vollends erlegen. Die Stadt gedachte des „verlorenen Sohnes“ Horst Wessel, der am 9. Oktober 1907 in Bielefeld geboren wurde, aber nicht einmal ein Jahr dort wohnte. Sein Vater, Dr. Ludwig Wessel (1878-1922), der Hilfsprediger an der Paulusgemeinde war, nahm 1908 zunächst eine Stelle in Mülheim an und war seit 1913 Pfarrer der Berliner Nikolaigemeinde. 1922 verstarb er in Berlin. Seiner Mutter Margarete, geborene Richter (1881-1970), sollte im „Horst-Wessel-Kult“ eine besondere Rolle zukommen.


Abb.: Die Partei feiert ihren „Helden“. Einweihung des Horst-Wessel-Denkmals am 14. Juni 1939. (Stadtarchiv Bielefeld, Bestand 400,3/Fotosammlung, Nr. 91-8-3)

Dieser Kult gründete auf den Tod des SA-Mannes Horst Wessel 1930 in Berlin. In einer Zeit blutiger Straßenschlachten zwischen kommunistischen Rotfrontkämpfern und der nationalsozialistischen SA wurde am 14. Januar 1930 auf Wessel geschossen, der am 23. Februar 1930 in einem Berliner Krankenhaus an einer Blutvergiftung starb. Für Kommunisten war Wessel nur ein Zuhälter (Wessel war mit einer Prostituierten liiert), sein Tod nicht mehr als die Folge einer typischen Auseinandersetzung im Rotlichtmilieu. Für Nationalsozialisten war Wessel dagegen ein Märtyrer, der im „Kampf für die Bewegung“ gefallen war.

>> Siehe den gesamten RückKlick-Beitrag „April 1946: Der Horst-Wessel-Stein im Teutoburger Wald wird gesprengt“ hier.

Kontakt:
Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek Bielefeld
Postanschrift: 33597 Bielefeld
Lieferanschrift: Kavalleriestr. 17, 33602 Bielefeld
Besuchereingang : Neumarkt 1
Tel.: 0521 51-2471
Fax: 0521 51-6844
stadtarchiv@bielefeld.de
www.stadtarchiv-bielefeld.de

QuelleHistorischer RückKlick Bielefeld, 1.4.2021

200 Jahre Evangelische Landeskirche in Baden

Ausstellung: »Aus der Trennung heraus!«

Das Generallandesarchiv Karlsruhe und der Evangelische Oberkirchenrat zeichnen in ihrer gemeinsamen Ausstellung „Aus der Trennung heraus! 200 Jahre Evangelische Landeskirche in Baden“ anhand vieler bislang unbekannter Exponate die Geschichte der Landeskirche nach. Die Präsentation beleuchtet die Geburtsstunde und wagt einen Blick auf die Zukunft der Christenheit des 21. Jahrhunderts. Die Schau ist vom 20. Mai bis 7. November 2021 zu sehen.

Präambel der Unionsurkunde, 26. Juli 1821 (Generallandesarchiv Karlsruhe)

Es war ein feierlicher Augenblick, als am 26. Juli 1821 die Deputierten der ersten gemeinsamen Generalsynode der beiden evangelischen Kirchen in Baden eigenhändig die Urkunde unterzeichneten, mit der sich Lutheraner und Reformierte zusammenschlossen. Reformierte Traditionen der Kurpfalz und lutherisches Erbe der alten Markgrafschaft und weiterer Regionen Badens fanden Heimat in der neuen Landeskirche, an deren Spitze Großherzog Ludwig I. als Landesherr stand. Im Sommer 1821 ging somit die Hoffnung der beiden Kirchen in Erfüllung, aus der Trennung heraus zu Vereinigung und Einheit zu gelangen, wie es die Präambel der Unionsurkunde formulierte.

Evangelischer Oberkirchenrat und Generallandesarchiv gehen in einer gemeinsamen Ausstellung der Geschichte der evangelischen Kirche in Baden in den letzten beiden Jahrhunderten nach. Wertvolle, oft erstmals gezeigte Exponate laden zum Nachdenken über zentrale Zäsuren der badischen Kirchengeschichte ein. Das prächtige Altarkreuz der Karlsruher Schlosskirche steht für die lange, gemeinsame Geschichte von Thron und Altar.

Publikation:
Bildatlas zur badischen Kirchengeschichte 1800-2021.
Im Auftrag des Vereins für Kirchengeschichte in der Evangelischen Kirche in Baden herausgegeben von Udo Wennemuth in Zusammenarbeit mit Johannes Ehmann, Albert de Lange und Mareike Ritter.
Verlag Regionalkultur, ISBN 978-3-95505-260-7

Info:
Ausstellung vom 20. Mai 2021 bis zum 07. November 2021
im Generallandesarchiv Karlsruhe

Anschrift:
Generallandesarchiv Karlsruhe
Nördliche Hildapromenade 3
76133 Karlsruhe
Telefon: 0721/926-2206
glakarlsruhe@la-bw.de

Öffnungszeiten
Di–Do 8.30 – 17.30 Uhr
Fr 8.30 – 19 Uhr
So 13.00 – 17:30 Uhr
Montags, samstags sowie an Feiertagen geschlossen

Hinweis: Aufgrund der aktuellen Pandemie wird darum gebeten, sich rechtzeitig vor Besuch der Ausstellung und der Begleitveranstaltungen über die gültigen Zugangsregelungen zu informieren.

Eintritt frei

Führungen jeden Sonntag um 16:00 Uhr und jeweils eine Stunde vor einer Veranstaltung sowie nach Vereinbarung.

Begleitveranstaltungen:

Dienstag, 8. Juni 2021, 18:00 Uhr
Prof. Dr. Johann Ehmann, Universität Heidelberg
Kirche im Werden – die badische Union von 1821

Dienstag, 8. Juni 2021, 18:00 Uhr
Dr. Udo Wennemuth, Evangelischer Oberkirchenrat Karlsruhe
Kreuz in Bedrängnis. Die Evangelische Landeskirche in Baden in der Zeit des Nationalsozialismus

Dienstag, 13. Juli 2021, 18:00 Uhr
Ein Zeitzeugengespräch mit Landesbischof i.R. Prof. Dr. Klaus Engelhardt und PD Dr. Hans Georg Ulrichs
Zur gegebenen Zeit

Dienstag, 19. Oktober 2021, 18:00 Uhr
Prof. Dr. André Birmelé, Universität Straßburg
Kirchenunion und Einheit der Kirche

Dienstag, 7. November 2021, 17:00 Uhr
Prof. Dr. Johanna Rahner, Universität Tübingen
Die Kirchenunionen des 19. Jahrhunderts – Pioniere der ökumenischen Bewegung

Die Begleitveranstaltungen finden im Generallandesarchiv statt.

Quelle: Landesarchiv Baden-Württemberg, Aktuelles/Nachrichten, 29.4.2021

Zur rasanten Vergrößerung Dresdens infolge von Eingemeindungswellen

Im Jahre 1921 – vor genau 100 Jahren – dehnte die Stadt Dresden ihre Grenzen aus wie nie zuvor. Von der zweiten großen Eingemeindungswelle nach 1903 waren mehr als 20 vormals eigenständige Orte betroffen. Zwar gab es vorher auch „Einverleibungen“ – so mitunter der Sprachgebrauch – nach Dresden, aber nicht in diesem Ausmaß. Von 1836 bis 1999 wurden insgesamt 65 Landgemeinden, vier Gutsbezirke sowie die Stadt Klotzsche nach Dresden eingemeindet. Es gab vier große Eingemeindungswellen: 1903, 1921, 1950 und nach 1990. Anhand eines Weichbildplans gibt das Stadtarchiv Dresden einen Überblick über die Vergrößerung Dresdens durch die zahlreichen Eingemeindungen.


Abb.: Weichbildplan zur Stadtentwicklung mit den Eingemeindungen von 1549 bis 1945 (Stadtarchiv Dresden, Repro: Stadtarchiv Dresden, 6.4.40.1 Stadtplanungsamt Bildstelle, Nr. XIII3991, 1949)

Die erste Eingemeindung war der Anschluss von Altendresden (Innere Neustadt) im Jahr 1549. Für mehr als zwei Jahrhunderte veränderte sich das Stadtgebiet durch die Anlage von Festungsbauten kaum. Erst mit Schleifung der Bastionen, die die Stadt nach außen schützten, aber gleichzeitig jede Ausdehnung verhinderten, erweiterte sich Dresden in den 1830er Jahren über das so genannte Weichbild. Dies betraf vor allem die Friedrichstadt, die Radeberger Vorstadt, die Antonstadt und die Leipziger Vorstadt.

Zum Ende des 19. Jahrhunderts nahmen die Eingemeindungsbestrebungen wieder Fahrt auf. Striesen und Strehlen wurden schon 1892 sowie Pieschen, Wilder Mann und Trachenberge 1897 angeschlossen. 1901 folgten Gruna ein Jahr später Räcknitz, Seidnitz und Zschertnitz. Mit der ersten großen Eingemeindungswelle im Jahr 1903 kamen Cotta, Kaditz, Löbtau, Mickten, Naußlitz, Plauen, Trachau, Übigau und Wölfnitz zu Dresden. Nach einer kurzen Unterbrechung waren auch Tolkewitz (1912) und Reick (1913) bereit, sich unter die Haube der sächsischen Hauptstadt zu begeben.

Gemeindegrenzen änderten sich insbesondere in Zeiten gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Umwälzungen. Häufig gingen Eingemeindungen mit einer dramatischen Entwicklung in Politik und Wirtschaft einher. Einer solchen Krise folgte auch die Eingemeindungswelle von 1921. Der Erste Weltkrieg bescherte der Bevölkerung viele Sorgen und Nöte, und für die Gemeinden waren wirtschaftliche Einbrüche nicht zu verhindern. Mancher Ort wollte sich freiwillig Dresden anschließen, andere wiederum versuchten, die Eingemeindung unter allen Umständen zu vermeiden. Am 1. April 1921 kam es dann zur Massenvermählung von Dresden und den Gemeinden Blasewitz, Briesnitz, Bühlau, Coschütz, Dobritz, Gostritz, Kaitz, Kemnitz, Kleinpestitz, Kleinzschachwitz, Laubegast, Leuben, Leutewitz, Loschwitz, Mockritz, Niedergorbitz, Obergorbitz, Rochwitz, Stetzsch und dem mondänen Weißen Hirsch.

An besagtem Tag wurde vormittags von jeder der betroffenen Gemeinden ein besoldetes Ratsmitglied entsandt, begleitet von mehreren unbesoldeten Ratsleuten mit einem Schriftführer. Nach der „Ordnung für die Übernahmefeiern in den Gemeinden“ übernahm dann Oberbürgermeister Bernhard Blüher in Bühlau, Weißer Hirsch und Rochwitz zwischen 9 und 12 Uhr persönlich die Verwaltungsgeschäfte. Taggleich wurden von anderen Bürgermeistern und Stadträten die Verwaltungsgeschäfte in den nun eingemeindeten Orten übernommen. Blasewitz, Loschwitz und der Weiße Hirsch wehrten sich bis zuletzt gegen die Aufgabe ihrer Selbstständigkeit. Aus der langen Auseinandersetzung gingen die Befürworter siegreich hervor. Am 1. Oktober 1921 bestätigte das Sächsische Ministerium des Inneren die Eingemeindung der drei Orte.

Inzwischen erfasste die Eingemeindungswelle 1921 drei weitere Orte: Ebenfalls zu Dresden kamen am 1. Juni Leubnitz-Neuostra, Prohlis und Torna hinzu. Dreißig Jahre später sollte die nächste Eingemeindungswelle folgen. Aufgrund der vielen Eingemeindungen ist Dresden inzwischen die viertgrößte Großstadt Deutschlands.

Kontakt:
Landeshauptstadt Dresden
Stadtarchiv Dresden
Prof. Thomas Kübler
Amtsleiter / Leitender Archivdirektor
Elisabeth-Boer-Straße 1
01099 Dresden
Tel.: 0351 / 4881501
Fax: 0351 / 4881503
TKuebler@Dresden.de

Quelle: Stadtarchiv Dresden, Archivale des Monats April 2021

Meißen erwirbt unbekannte Chronik aus dem 18. Jahrhundert

Mit Unterstützung der Otto-und Emma-Horn-Stiftung gelang der Stadt Meißen der Ankauf einer bedeutenden Meißner Chronik aus dem 18. Jahrhundert. Das seltene Stück stammt von dem bekannten kursächsischen Historiker Johann Conrad Knauth, der im Jahr 1662 in Meißen/Cölln geboren wurde.

Sein Vater, der aus Moritzburg stammende Pfarrer Johann Knauth (1630-1716), wirkte in den Städten Meißen, Dippoldiswalde und Moritzburg. Der ältere Bruder Samuel studierte in Wittenberg und war dort als Bibliothekar tätig. Immatrikuliert wurde Johann Conrad ebenfalls in Wittenberg im Jahr 1678. Der spätere Rektor der Dresdner Kreuzschule erlangte als Historiograph sogar am Hofe der sächsischen Residenzstadt große Bekanntheit.

Das von ihm im frühen 18. Jahrhundert verfasste Werk enthält über 1.000 Seiten. In den insgesamt 8 Kapiteln spiegelt es umfassend hauptsächlich den damaligen Wissensstand zur Stadt Meißen sowie zu den Institutionen, der Albrechtsburg und dem Meißner Dom, dem Hochstift, den Bewohnern und dem Meißner Umland, samt Ländereien, Schlössern, Rittergütern und Kirchdörfern, wider.

Zeit seines Lebens erschuf Knauth eine beachtliche Publikationsliste. Die Sächsische Bibliografie verzeichnet 23 Einträge, enthält die Meißner Chronik aber nicht. An diversen Korrekturen ist erkennbar, dass er offensichtlich über 20 Jahre hinweg an diesem Werk gearbeitet hat. Zu einer Drucklegung ist es allerdings nie gekommen. Vermutlich war die Handschrift zu umfangreich und fand so nach seinem Tod im Jahr 1732 zunächst keine weitere Beachtung.

Umso erfreulicher ist die Tatsache, dass dieses bedeutsame Werk bis heute erhalten geblieben ist und in ein Antiquariat in der Stadt Hamburg gelangte. Der Inhaber bot die Chronik zunächst der Sächsischen Landesbibliothek an, wo es allerdings nicht zu einem Ankauf kam. Tom Lauerwald vom Stadtarchiv Meißen informierte daraufhin Meißens Oberbürgermeister Olaf Raschke (parteilos) über die einmalige Gelegenheit zum Erwerb der Handschrift. Der Stiftungsverwalter der Otto-und Emma-Horn-Stiftung ermöglichte neue Verhandlungen, so dass es möglich wurde, dieses wertvolle Stück Geschichte für 15.000 Euro für die Stadt Meißen und ihre Bürgerschaft zu erwerben und so künftig auch für nachfolgende Generationen zu erhalten. – Die rund 300 Jahre alte Chronik befindet sich nunmehr, für jeden einsehbar, im Stadtarchiv Meißen.

Kontakt:
Stadtarchiv Meißen
Schulplatz 5
01662 Meißen
Tel.: +49 (0) 3521 467312
Fax: +49 (0) 3521 467287
tom.lauerwald@stadt-meissen.de

Quelle: Stadt Meißen, Aktuelle Meldungen, 23.4.2021; Sächsische Zeitung (saechsische.de), Meißen Lokalnachrichten, 23.4.2021; Dresdner Neueste Nachrichten, 25.4.2021

Beispiel einer Hausgeschichte aus Halle (Saale)

Ein Foto der Großen Ulrichstraße 51 in Halle (Saale).

Als Archivale des Monats April 2021 hat das Stadtarchiv Halle (Saale) ein Foto von der Großen Ulrichstraße 51 ausgewählt, um die wechselvolle Geschichte des dortigen Gebäudes vorzustellen.


Abb.: Große Ulrichstraße 51 (Digitalisat nach einem Glasnegativ von Max Strauch, Stadtarchiv Halle (Saale)

Mit der von Peter Sodann inszenierten musikalischen Revue „Was das für Zeiten waren“ öffnete das Neue Theater am 8. April 1981 erstmals seine Türen. Dem Eckhaus in der Großen Ulrichstraße 51 als Domizil der neuen Spielstätte kam schon zuvor als Stätte der Unterhaltung und Kultur eine große Bedeutung zu.
90 Jahre vorher, im Februar 1891 waren in dem neu errichteten Gebäude die „Kaiser-Säle“ eröffnet worden, die mit mehreren Versammlungsräumen, Konferenzzimmern, Restaurant und Biertunnel bald zu den schönsten Vergnügungslokalen der Region gehörten. Im großen Saal fanden zahlreiche Konzerte, literarische Veranstaltungen und Tagungen vieler Vereine statt. Bis zu Beginn des Ersten Weltkrieges gehörten die „Kaiser-Säle“ zu den Anziehungspunkten des gesellschaftlichen Lebens in Halle. Als C.T.-Lichtspiele wurden sie 1919 neu eröffnet und blieben Jahrzehnte als Kino, seit 1969 als „Theater der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft“ bestehen.

1930 entstand die Aufnahme des Gebäudes. Sie gehört zu einem Bestand von Glasnegativen des Fotografen Max Strauch (1885-1931) im Bestand des Stadtarchivs Halle (Saale). Aus Berlin stammend unterhielt er ein Atelier in der Großen Steinstraße 9 und hielt eine Reihe von Straßen, Geschäften, Villen, Kaufhäusern und Fabrikgebäude mit Hilfe einer Plattenkamera fest. Kratzer auf der Glasplatte beeinträchtigen die Bildqualität im oberen Bereich. Dennoch sind die Einzelheiten des Gebäudes gut erkennbar. In den Räumen des heutigen „Cafés nt“ präsentieren in dieser Zeit die Germania-Drogerie des Apothekers Karl Kuhnt und die Zigarrenhandlung Curt Offenhauer ihre Waren. Werbeanzeigen am torartigen Eingang des C.-T.-Kinos kündigen den gerade auf dem Programm stehenden Stummfilm „Die Herrin und ihr Knecht“ mit der Hauptdarstellerin Henny Porten an, der seit Ende Dezember 1929 in den Kinos lief.

Kontakt:
Stadtarchiv Halle (Saale)
Rathausstraße 1
06108 Halle (Saale)
Tel.: 0345 / 221-3300

Postanschrift:
Stadt Halle (Saale)
Stadtarchiv
06100 Halle (Saale)

Quelle: Stadtarchiv Halle (Saale), Archivale des Monats April 2021