Ausstellung über einen Berliner

Eine ungünstigere Zeit hätten sich die Ausstellungsmacher nicht aussuchen können: Der US-Kongress sperrt die nationalen Archive wegen des Irakkriegs und amerikanische Bibliotheken rufen bereits zugesagte Exponate zurück.

Aber der am 25. Juni eröffneten John F. Kennedy-Schau im Deutschen Historischen Museum Berlin sind die Schwierigkeiten der letzten Monate nicht anzumerken. Die kritische Würdigung des Politikers und Menschen Kennedy anlässlich des 40. Jahrestages seiner berühmten Berlin-Rede ist nach Ansicht der Märkischen Allgemeinen gelungen, im Ton wie in der Darbietung.

Außerdem sei sie spannend, weil die Macher dieses rasante Leben einfach chronologisch nachgezeichnet haben. Der Aufstieg des irischstämmigen Katholiken ins protestantische Establishment beginnt für den Besucher mit dem Taufkleid des kleinen Jack – die Vitrine steht gerade so im Weg, wie einst Kennedy in Harvard seine Konfession.

Ein paar Meter weiter begreift man, dass der junge John Fitzgerald sich nicht einmal von seinem despotischen Vater und Clan-Oberhaupt Joseph einschüchtern ließ. Im Alter von zehn Jahren beantragt er handschriftlich eine Taschengelderhöhung, „damit ich meine Pfadfindersachen kaufen und überhaupt etwas mehr bezahlen kann“.

Dann der lebenshungrige Twen: Das ergreifendste Exponat dieser Jahre ist ein Ringbuch mit Notizen, die Jack in seiner Zeit als Beobachter der Potsdamer Konferenz machte: „Die Menschen haben alle völlig farblose Gesichter“, schreibt er über das verwüstete Berlin. „Sie alle tragen Bündel. Niemand scheint zu wissen, wohin sie gehen.“

Ein ovaler Raum folgt – eine Anspielung auf das Regierungszimmer im Weißen Haus. Man wirft einen Blick auf das Manuskript der berühmten Antrittsrede – die Buchstaben sind riesig, weil der eitle Präsident nicht mit Brille auftreten wollte.

Nun stürmt es auf einen ein, die Bürgerrechtsbewegung, der Mauerbau, die Kubakrise – letztere durch ein kurioses Exponat illustriert: einen Fernschreiber aus DDR-Produktion, den Kennedys Gegenspieler Chruschtschow nach den dramatischen Ereignissen als Teil des „heißen Drahtes“ nach Wahington schickte.

Endlich der große Moment: Kennedy vor dem Rathaus Schöneberg. – Aber es ist etwas anderes als der berühmte Satz auf der Leinwand zu sehen, nämlich dass die Menge den Mann vor lauter „Kennedy! Kennedy!“-Rufen gar nicht beginnen lässt. Im nächsten Raum wartet das Unheil. Das Amateurvideo aus Dallas, 22. November 1963, in Zeitlupe. Man eilt weiter und liest sich durch die pointiert aufbereiteten Verschwörungstheorien.

Schließlich ist man froh, dass es den Raum mit den Kennedy-Memorabilia gibt, mit der Jackie-Anziehpuppe und dem Supermann-Heft, in dem der Präsident dem Helden aus der Patsche hilft – alles nachzublättern im gut gemachten Katalog, der die 60er-Jahre-Ästhetik der Life-Hefte aufnimmt.

Wie einen kritischen Kommentar, einen Fußnotenteil bekommt der Besucher im Hinausgehen noch ein paar Bilder und Texte von der dunklen Seite des Aufstiegs serviert. Den Mafiaboss, der Wählerstimmen besorgt haben soll, und das nackte Napalm-Mädchen, in dessen Heimat Kennedy Bomber schickte. Aber es wird weder verurteilt, noch verklärt. Der Besucher soll selbst entscheiden.

Zum 40. Jahrestag des Kennedy-Besuches in Berlin würdigte Bundespräsident Johannes Rau Kennedys Berliner Rede als „Meilenstein deutscher Geschichte“ und „festen Anker für die deutsch-amerikanische Freundschaft“. Am 26. Juni 1963 hatte Kennedy etwa 400.000 Berlinern vor dem Rathaus Schöneberg auf Deutsch zugerufen: „Ich bin ein Berliner!“ Dies sei „eins der ganz großen Symbole für die Freiheit Berlins“, so Rau.

Kontakt:
Deutsches Historisches Museum
Unter den Linden 2,
10117 Berlin
Telefon: +49 – (0)30 – 20304 – 0
Telefax: .+49 – (0)30 – 20304 – 543
http://www.dhm.de/

Quelle: Märkische Allgemeine, 26.6.2003

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