Planungen für Hamburger Auswanderer-Center stocken

Wer sich heute auf dem Gelände der früheren Auswandererstadt in Hamburg umsieht, die Albert Ballin von 1903 auf der Veddel errichten ließ, braucht viel Fantasie, um sich hier eine historisch fundierte Attraktion vorzustellen, die Jahr für Jahr mindestens 200.000 Besucher anziehen soll. Erhalten ist einzig eine Baracke, die nach oft wechselnder Nutzung in einem kläglichen Zustand ist.

Wer sich jedoch die Planungen für dieses Areal von Projektleiter Reinhard Wolf erklären lässt, der weiß, dass das Hamburg Emigration Center (HEC) keine Utopie ist. Der Senat hat der Stiftung Hamburg Maritim, deren Vorstandschef Wolf ist, das Gelände für ein Jahr anhand gegeben. Detaillierte Baupläne der Architekten Martin Förster und Karsten Trabitzsch liegen vor: Die alte Baracke soll saniert und als Schlafsaal von 1906 rekonstruiert werden. Hinzu kommen zwei Häuser, die den U-förmigen Grundriss aufnehmen und das alte Ensemble nachahmen. Eines dieser Gebäude soll eine Erlebniswelt bieten, für die es bereits ein Konzept von Holger von Neuhoff (Titanic-Ausstellung) gibt.

Das andere Gebäude würde als Archiv mit Service für die Ahnenforschung genutzt. Hier soll das Projekt „Link to Your Roots“ weiter betrieben werden, das die fünf Millionen Auswanderer der Hapag-Listen im Staatsarchiv online verfügbar macht. Die Zielsetzung ist klar: Hamburg will eine Attraktion nach Art von Ellis Island, um auch US-Touristen zu gewinnen. Fünf Millionen Euro sind als Investitionsvolumen veranschlagt. 2,2 Millionen stellen die Norddeutsche Affinerie, Hapag-Lloyd und die Hamburgische Feuerkasse in Aussicht. 600.000 Euro kämen von Stadt und Bund, 2,2 Millionen würden fremdfinanziert. Bedient werden sollen die Kredite aus den Mieterlösen. „Wir selbst können das HEC nicht betreiben“, sagt Wolf. Deshalb wurde mit drei Firmen verhandelt, die Erfahrung mit Themenparks haben. Doch keines wollte bislang einen kostendeckenden Betrieb garantieren. Die Stiftung gerät dadurch unter Zeitdruck. Bis Ende September läuft die Anhandgabe, dann soll Wolf dem Senat ein realisierbares Modell präsentieren. Andernfalls müsste über Alternativen nachgedacht werden. Gewiss ist, dass das HEC hohe Priorität für Bürgermeister Ole von Beust hat. „Dieses Projekt muss realisiert werden“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Freytag. „Ein Auswandererzentrum würde der Stadt den internationalen Auftritt verschaffen, den es bei Konkurrenzen wie der Olympia-Bewerbung braucht.“ Freytag will die Bürgerschaft zum Nachdenken über weitere Hilfen fürs HEC auffordern.

Quelle: Hamburger Abendblatt, 15.8.2003

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