Probleme digitaler Krankenhaus-Fotografie

Die Zeiten, in denen Patienten mit überdimensionalen Kuverts unterm Arm die Arztpraxis verlassen haben, scheinen vorbei. Denn nicht nur immer mehr Private greifen zur Digi-Cam, sondern auch in Krankenhäusern und Praxen ist längst die digitale Fotografie eingezogen. Im Spitalsalltag bedeutet das immer mehr Bilddaten von immer mehr Patienten. Die explosionsartig gestiegenen medizinischen Datenmengen sind kaum noch bewältigbar. Das Speichern wächst sich zu einer „mission impossible“ aus.

„Eine einzige Magnetresonanzuntersuchung benötigt 60 Megabyte Speicherplatz“, berichtet Thomas Kalcher, Österreich-Chef der Firma Philips Medical IT. „Das entspricht einem Musikstück von einer Stunde Länge.“ Der Speicher-Bedarf bewegt sich mittlerweile in Höhe von Giga- und Terabytes, da Krankenhäuser dazu verpflichtet sind, die Bilddaten zehn Jahre lang aufzuheben. Zur Veranschaulichung: ein Terabyte entspricht dem fünffachen Volumen der Admonter Stiftsbibliothek oder 500 Millionen Manuskriptseiten.

Tendenz stark steigend: Wurden 1992 in den steirischen Krankenhäusern noch rund 25.000 Computer-Tomografien (CT) gemacht, waren es 2002 bereits 75.000. Noch deutlicher ist die Entwicklung bei der Magnetresonanz: Man verzeichnete in zehn Jahren einen Anstieg von 4.000 auf 21.000 Aufnahmen. Dazu kommt, dass die Untersuchungen präziser durchgeführt werden als früher. Eine CT umfasst heute bis zu viermal mehr Daten als zu Beginn der achtziger Jahre. Auch klassische Röntgenbilder sind out, stattdessen boomen digitale Methoden.

Für den niedergelassenen Bereich ist die Rechtslage unklar: Einerseits muss der behandelnde Arzt die Krankengeschichte dokumentieren. Andererseits hat der Patient selbst Anspruch auf das Original. Strittig ist häufig auch, wer der behandelnde Arzt ist – im seltensten Fall der Radiologe selbst. „Es ist schwer, die Frage nach der Aufbewahrungspflicht eindeutig zu beantworten“, sagt Dieter Müller, Jurist der steirischen Ärztekammer. Dieter Szolar vom Diagnostikum Graz Süd-West unterstreicht: „Wir befinden uns hier im rechtsfreien Raum.“ Die Archivierung von Untersuchungsdaten dient jedenfalls der Gesundheit des Patienten, da er sich weniger oft einer Strahlenbelastung aussetzen muss. Doppel-Diagnosen sind auch eine Kostenfrage.

Nun hat die steirische Spitälergesellschaft Kages gemeinsam mit Siemens sogar eine eigene Datenfirma gegründet: Das „marc“ (steht für „Steiermärkisches Medizinarchiv“) verkauft Speicherplatz, um die wachsende Datenlawine in den Griff zu bekommen (Bericht).
 
Quelle: Die Presse, 26.8.2003

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