In der Reihe „Schriften des Stadtarchivs Wiesbaden“ erschien nunmehr Band 8 zur Zwangsarbeit in Wiesbaden während des Zweiten Weltkriegs.
Das Stadtarchiv Wiesbaden ist unter anderem für die lokale Aufarbeitung der Geschichte des Nationalsozialismus zuständig. Es leistet Forschungshilfe und unterstützt Publikationen. Umfangreiche Literatur zur Geschichte des Nationalsozialismus in Wiesbaden bietet die Präsenzbibliothek. Das Stadtarchiv hat zudem die Aufgabe, an der Entwicklung und Umsetzung geeigneter Formen des Gedenkens für die Opfer und Gegner des Nationalsozialismus mitzuwirken. So betreut es ebenfalls die Gedenkstätten in Wiesbaden, die zur Erinnerung an Opfer des Nationalsozialismus errichtet wurden. Das Stadtarchiv veranstaltet Gruppenführungen nach Vereinbarung.
Das Stadtarchiv kann in Einzelfällen auch Hilfestellung zum Nachweis von Rentenversicherungszeiten geben; so wird etwa eine Datei der in den Jahren 1939 bis 1945 im Bereich Wiesbadens eingesetzten Zwangsarbeitskräfte geführt, aus der an Betroffene Auskünfte zur Geltendmachung von Entschädigungen erteilt werden.
Literatur:
Hedwig Bruechert:
Zwangsarbeit in Wiesbaden. Der Einsatz von Zwangsarbeitskraeften in der Wiesbadener Kriegswirtschaft 1939 bis 1945. Wiesbaden 2003 (Schriften des Stadtarchivs Wiesbaden, Band 8).
302 Seiten, zahlreiche Abbildungen,
Preis 20,90 Euro, erhältlich im Buchhandel (ISSN 0940-8037, ISBN 3-9802906-9-7).
Kontakt:
Stadtarchiv Wiesbaden
Im Rad 20
65197 Wiesbaden
Telefon: 0611 / 31-3329, 31-3747, 31-5429
Fax: 0611 / 31-3977
stadtarchiv@wiesbaden.de
Workshop zum Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände Nürnberg
Zu einem 6. Workshop zur Ausstellungsanalyse „Geschichte medial. Das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände Nürnberg“ lädt der Ulmer Verein – Verband für Kunst- und Kulturwissenschaften e.V. via H-Soz-u-Kult ein. – Die Konferenz findet vom 19. bis 20. Juli 2003 im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände, Bayernstraße 110, 90471 Nürnberg, statt
Programm:
Freitag, 18. Juli 2003
Anreise der Workshop-TeilnehmerInnen
(bis 18.00 Uhr Gelegenheit zum individuellen Ausstellungsbesuch)
Sonnabend, 19. Juli 2003
10.00 – 10.30 Uhr
Christian Fuhrmeister (Vorstandsmitglied Ulmer Verein)
Franz Sonnenberger (Direktor der Museen der Stadt Nürnberg)
Eckhart Dietzfelbinger (Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Kurator)
Begrüßung und kurze Einführung in den Workshop
10.30 – 13.00 Uhr
Rundgang durch die Ausstellung
13.00 – 14.00 Uhr
Mittagspause in der Cafeteria des Dokumentationszentrums
14.00 – 15.30 Uhr
Thema 1 (Studienforum)
Impulsreferat (15 Minuten) Judith Keilbach (Berlin)
Fernsehdokumentationen zum Thema Nationalsozialismus im Verhältnis zu
den medialen Präsentationen im Dokumentationszentrum
anschließend Diskussion
15.30 – 16.00 Uhr
Kaffeepause in der Cafeteria des Dokumentationszentrums
16.00 – 18.00 Uhr
Thema 2 (Studienforum)
Impulsreferat (15 Minuten) Ingmar Reither (Nürnberg)
Die Darstellung nationalsozialistischer Architektur im
Dokumentationszentrum
anschließend Diskussion
Sonntag, 20. Juli 2003
10.00 – 12.00 Uhr
Thema 3 (Ausstellung)
Gemeinsamer Ausstellungsrundgang unter besonderer Berücksichtigung des
Umgangs mit Text- und Bildquellen (Moderation: Christian Fuhrmeister)
12.00 – 13.00 Uhr
Mittagspause in der Cafeteria des Dokumentationszentrums
13.00 – 15.30 Uhr
Thema 4 (Studienforum)
Fazit: Stärken und Schwächen des Dokumentationszentrums
Reichsparteitagsgelände
Abschlussdiskussion mit Detlef Hoffmann (Oldenburg/München, angefragt),
Hans-Christian Täubrich (Leiter Ausstellung und Studienforum) und
Eckhart Dietzfelbinger; Moderation: Christian Fuhrmeister
Dauerausstellungen zum Nationalsozialismus haben bundesweit – insbesondere aber in Bayern – Konjunktur. So wurde am 20. Oktober 1999 die Dokumentation Obersalzberg (Berchtesgaden) und am 5. November 2001 das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände (Nürnberg) eröffnet. München hingegen zögert: Die von Oberbürgermeister Ude im Sommer 2002 untersagte Präsentation einer neuen Abteilung im Münchener Stadtmuseum ist erst seit wenigen Tagen (6. Juni 2003) zugänglich, und die Realisierungschancen des geplanten NS-Dokumentationszentrums in der Landeshauptstadt sind derzeit völlig unklar.
Die bisherigen Dauerausstellungen zum Nationalsozialismus weisen neben Gemeinsamkeiten auch grundlegende Unterschiede auf. Ein Alleinstellungsmerkmal des Nürnberger Dokumentationszentrums
Reichsparteitagsgelände ist zweifellos die ausgesprochen starke Nutzung neuer Medien und die geringe Zahl historischer Objekte bzw. traditionell musealer Exponate. Das primär medienpädagogisch orientierte Konzept ist auf hohem technischen Niveau realisiert worden (zahlreiche Video-Beamer, Touch-Screen-Installationen, Recherche-Terminals etc.). Zugleich ist jedoch die »Authentizität« des historischen Ortes von Bedeutung, die Einbindung der Präsentation in die Architektur der Kongresshalle. In dieser Hinsicht sind Vergleiche mit KZ-Gedenkstätten wie Dachau oder Flossenbürg naheliegend.
Im Zentrum des Workshops stehen Fragen der medialen Vermittlung von Geschichte. Die Nürnberger Präsentation – im Bereich historischer Museen bisher singulär – soll eingehend befragt werden: Was sind die Chancen und Gefahren dieses Vermittlungskonzepts von Geschichte? Wie stark prägt die Ausrichtung auf bestimmte Zielgruppen das Erscheinungsbild? Welche Vorteile bietet diese Art der Präsentation? Welche Schwierigkeiten sind mit der Entscheidung für den massiven Einsatz von audiovisuellen Medien verbunden? Inwieweit könnte das Nürnberger »Modell« Vorbildcharakter für andere Dokumentationszentren, Gedenkstätten und Ausstellungen zum Nationalsozialismus haben?
Der Workshop versteht sich als Diskussionsforum, das sich an die Mitglieder des Ulmer Vereins ebenso richtet wie an Fachleute und interessierte Laien. Neben der Erörterung des Ausstellungskonzepts in situ werden ReferentInnen zu einzelnen Aspekten in Impulsreferaten Stellung nehmen. Die verantwortlichen Kuratoren geben Einblicke in die
Genese des Konzepts und stehen den Workshop-TeilnehmerInnen für Rückfragen zu Verfügung.
Veranstaltungsort:
Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände
Bayernstraße 110 – 90471 Nürnberg
Tel. (0911) 231-5666, Fax (0911) 231-8410
http://www.museen.nuernberg.de/reichsparteitag/index_reichsparteitag.html
Anfahrt:
S-Bahn Nr. 2, Haltestelle „Dutzendteich“
Straßenbahn Nr. 9 und 6 sowie Bus Nr. 36, 55 und 65, Haltestelle
„Doku-Zentrum“
Bus Nr. 36 und 55, Haltestelle „Doku-Zentrum Nord“
A3/A9: Kreuz Nürnberg-Nord, Ausfahrt N-Fischbach
A6/A73: Kreuz Nürnberg-Süd, Ausfahrt N-Zollhaus
Teilnahmegebühr:
UV-Mitglieder frei
Nicht Mitglieder 15,- Euro / Ermäßigt 10,- Euro
Die Teilnahmegebühr muss bis 11. Juli 2003 auf Konto-Nr. 525238-604
(Ulmer Verein) bei der Postbank Frankfurt/M., BLZ 500 100 60, Stichwort „Nuernberg“ überwiesen werden.
Für TeilnehmerInnen am Workshop ist der Eintritt in das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände kostenlos. Speisen und Getränke in der Cafeteria sind individuell zu zahlen. Anreise und Übernachtung müssen selbst organisiert werden (vgl. http://www.tourismus-nuernberg.de/, Congress- und Tourismus-Zentrale.
Verkehrsverein Nürnberg e.V. Tel. (0911) 2336-0, Fax: 2336-166).
Verbindliche Anmeldung (inkl. Überweisung der Teilnahmegebühr) bis zum 11. Juli 2003 an die Email-Adresse fuhrmeister@ulmer-verein.de
Rückfragen: Tel. 089 2180-5275, Fax 089 2180-5281 und 089 2180-63735
Deadline: 11.07.2003
Der Ulmer Verein veranstaltet seit mehreren Jahren in loser Folge eine Workshop-Reihe zur Ausstellungsanalyse. Die Workshops streben den Austausch zwischen musealen Praxisfeldern und der universitären Forschung an und verstehen sich als Beitrag zur Erforschung der Geschichte des Mediums Ausstellung. Die Workshop-Reihe umfasst bisher:
- Juni 1999, Humboldt-Universität zu Berlin
„Einigkeit und Recht und Freiheit. Wege der Deutschen 1949-1999“
(Berlin) und „Aufstieg und Fall der Moderne“ (Weimar) - November 1999, Freie Universität zu Berlin
„Das XX. Jahrhundert. Ein Jahrhundert Kunst in Deutschland“. Im Rahmen
des 52. Kongresses der Studierenden der Kunstgeschichte (KSK) - Oktober 2000, Humboldt-Universität zu Berlin
Zukunft ausstellen: „Expo“ – „Sieben Hügel“ – „Millenniumdome“. In
Zusammenarbeit mit dem Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik - Juli 2001, Kunstmuseum Wolfsburg
„Let's entertain“ – Museumspolitik und Standortmanagement am Beispiel
Wolfsburg
In Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum Wolfsburg - Oktober 2001, Berlin
Das Jüdische Museum in Berlin. Ausstellungsszenario versus
architektonisches Monument
Der Ulmer Verein ist ein gemeinnütziger überregionaler Interessenverband von Kunst- und KulturwissenschaftlerInnen. Seit seiner Gründung 1968 steht der Ulmer Verein (UV) für die Förderung kritischer Wissenschaft in Theorie und Praxis. Weitere Informationen zu den Positionen und Angeboten des UV sowie zur Mitgliedschaft unter www.ulmer-verein.de
Auf Spurensuche durch Reckenfeld
Der Sommer kommt – mit ganz viel Sonne, die Lust auf Radeln macht. Viele Leezenritter erkunden dieser Tage das Münsterland mit ihrem Stahlross. Wer dabei noch etwas dazulernen möchte, dem sei die historische Radtour durch Reckenfeld empfohlen, die das Stadtarchiv Greven anlässlich des 75-jährigen Bestehen des Ortsteils vor drei Jahren zusammengestellt hat.
Hinter der noch jungen Vergangenheit des Staddteils Reckenfeld verbirgt sich eine interessante Geschichte. Diese Fahrradtour mit dem typischen Fortbewegungsmittel im Münsterland soll neugierig machen mit dem Ziel, sich dieser Geschichte zu nähern.
Größtenteils radelt man dabei auf den Spuren ehemaliger Gleisanlagen, denn der Ursprung Reckenfelds ist ein von 1916 bis 1918 geplantes und gebautes Munitionsdepot gewesen. Aufgeteilt war das gesamte Areal des Munitionslagers in vier einzelne Depots oder Blöcke, mit den Bezeichnungen A bis D. In Reckenfeld spricht man daher heute noch von Block A, B, C oder D.
Die Fahrradtour führt durch diese vier Blöcke. Verbunden waren sie durch Gleise, die vom heutigen Bahnhof Reckenfeld entlang der Bahnhofstraße bis in die einzelnen Depots führten. Die Straßen in Reckenfeld sind auf diesen alten Gleisanlagen gebaut. Die Straßenführung ist zum größten Teil identisch mit dem Verlauf der 30 km langen Gleisanlagen im ehemaligen Munitionsdepot.
Dieses Munitionslager umfasste 208 aus Stein gebaute Lagerhäuser, die jeweils an einer Seite der Gleise lagen. Seit 1925/26 wurden diese zu Wohnhäusern umgebaut, zuerst in Block C und D, wegen der größeren Nähe zum Dorf Greven. An ihrer Lage auf nur einer Straßenseite und dem typischen Grundriss mit einer überdachten Treppe vor dem Haus und einem aufgesetzten Dach (nur selten wurde ein weiteres Stockwerk aufgesetzt) sind die ehemaligen Munitionsschuppen heute noch gut zu erkennen. Mit ein wenig Phantasie können die verschiedenen Umbauten der ehemaligen Schuppen erahnt werden.
Auf der ca. 10 km langen Fahrradtour werden die markantesten Gebäude kurz beschrieben.
Damit Sie sich die Karte mit Beschreibungen und Wissenswertem an den Lenker klemmen können, gibt es hier alles als pdf-Dokument – zum Herunterladen und Ausdrucken.
- Die historische Fahrradtour zum Herunterladen und Ausdrucken
Radtour, Teil I: 1916 – 1925: „Nahkampfmitteldepot Hembergen“
http://www.greven.net/service/stenogramm/bindata/rad_reck1.pdf - Radtour, Teil II: 1925 – 1945: „Gartenstadt“, Anfänge der Siedlung
http://www.greven.net/service/stenogramm/bindata/rad_reck2.pdf - Radtour, Teil III: 1945 – 1949: DP-Lager und Wohnungsnot
http://www.greven.net/service/stenogramm/bindata/rad_reck3.pdf - Radtour, Teil IV: Übersichtskarte
http://www.greven.net/service/stenogramm/bindata/rad_reck4.pdf - Radtour in Kürze: Die interessantesten Stationen …
… entlang der historischen Fahrradtour durch Reckenfeld
http://www.greven.net/service/stenogramm/bindata/rad_reck5.pdf
Kontakt:
Stadtarchiv Greven
Stefan Schröder/Angelika Haves
Rathausstr. 6
48268 Greven
Tel.: 02571/920-358, -458
Fax: 02571/920-320
stefan.schroeder@stadt-greven.de
angelika.haves@stadt-greven.de
www.greven.net
Krupp- und Zeit-Stiftung ermöglichen DHI Moskau
Essen (NRZ). Das älteste steht in Rom. Es wurde im Jahre 1888 gegründet und erforscht die Archive des Vatikans. Das jüngste „Deutsche Historische Institut“ wird demnächst in Mokau eröffnet. Fünf Jahre lang werden die Krupp- und die Zeit-Stiftung die Kosten von je 2,5 Millionen Euro tragen. Die Stiftung Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland (D.G.I.A.) ist ebenfalls beteiligt. Später übernimmt alles die Bundesregierung.
Gestern wurde in der Villa Hügel die Gründungs-Urkunde von Professor Dr. Berthold Beitz (Krupp), Professor Dr. Michael Göring (Zeit) und Professor Dr. Wolfgang Schieder (D.G.I.A.) unterschrieben. Leiten wird das Moskauer Institut Professor Dr. Bernd Bonwetsch, Historiker an der Ruhr-Universität Bochum. Bonwetsch: „Ich bin rußland-süchtig, aber ich weiß, dass sich die Zusammenarbeit mit Russen vor allem in Hinblick auf deren Archive noch normalisieren muss.“
Immerhin hofft er, Themen wie den „sowjetischen Einfluss auf die KPD“, die „Zusammenarbeit zwischen Reichswehr und Roter Armee“, Fragen wie „Was wollte die sowjetische Deutschland-Politik“ oder die Hintergründe des Mauerbaus in Berlin erarbeiten zu können. Das Institut soll in das deutsch- russische Kulturabkommen aufgenommen werden, und, wie man en passant hört, sollen auch die sechs deutschen Wissenschaftler, die dort arbeiten, einen Diplomatenstatus erhalten, weil ihnen dies das Leben in Moskau doch sehr erleichtern dürfte.
Drei russische Studenten (oder fellows) will man aufnehmen, und die Zusammenarbeit mit russischen Historikern ist ohnehin selbstverständlich. Für die deutschen Wissenschaftler sind allerdings gute Russisch-Kenntnisse unabdingbar.
Wichtig sei vor allem der Aufbau einer großen eigenen Bibliothek, sagt Bonnwisch. Die Nutzung russischer Archive ist derzeit schwierig, doch hofft man, dass deren Schließung nur vorübergehend sein möge. Inzwischen gibt es außer in Rom (wo die Forschungen mit Erlaubnis des Vatikans jetzt bis zum Jahre 1939 ausgedehnt werden durften) noch weitere Institute in Warschau, Rom, Paris, London und in Washington. Sie sind übrigens einzigartig. Kein anderes Land hat im Ausland solche Forschungseinrichtungen für Geschichte.
Das DHI in Moskau wird sich schwerpunktmäßig auf die Erforschung der deutsch-russischen Beziehungen in jüngerer Zeit spezialisieren. Da besteht laut Bonnwisch noch erheblicher Bedarf.
Quelle: NRZ online vom 17.6.2003.
Traunreut: Katalog der Klein-Denkmäler
Traunreut. Eine Mammutaufgabe liegt – neben vielen anderen Projekten – vor den Mitarbeitern des Traunreuter Stadtarchivs: Möglichst alle so genannten Klein-Denkmäler im Gebiet der Großgemeinde Traunreut sollen gefunden, fotografiert, beschrieben und katalogisiert werden.
Mit dieser Erfassung ist Traunreut eine von elf Kommunen in Oberbayern und im Salzburger Land, die sich an einem von der Euregio geförderten Modellprojekt beteiligen. Ziel des Projekts ist eine allgemein zugängliche Datenbank im Internet, in der alle Klein-Denkmäler unter dem Titel „Schätze der Kulturlandschaft“ erfasst sein sollen.Was alles unter dem Begriff Klein-Denkmäler verstanden wird, ist klar festgelegt: Die Palette beginnt bei Marterln und Wegkreuzen, beinhaltet Kapellen und sogar – als größte Objekte – „Troadkästen“, geht weiter bis zu Statuen, Brunnen, Fresken und Bemalungen an Häusern – unschwer zu erkennen, dass die Stadtarchiv-Mitarbeiter unter der Regie von Archivar Mario Puhane viel Arbeit vor sich haben. Für den ersten Durchgang des Modellprojekts werden dann die 110 „Sahnestücke“ herausgegriffen, so Mario Puhane. Die wesentliche Arbeit machen neben dem Stadtarchivar sein engagierter Mitarbeiter Wolfgang Kaiser und der Praktikant Gerhard Ely aus Trostberg, Student der Wirtschaftsgeographie. Mit ins Team integriert ist auch Ortsheimatpfleger Johannes Danner. Es ist dabei nicht so, dass sie lange suchen müssten, um etwas zu entdecken – das meiste ist schon gefunden und es existieren auch Unterlagen darüber. So war es schon eine intensive, zeitraubende Beschäftigung für Mario Puhane, die Unterlagen früherer Jahre und Jahrzehnte zu sortieren, zu sondieren, zusammenzustellen, was schon da ist und was noch gemacht werden muss.Im Einzelnen müssen alle bekannten Daten inklusive Abmessungen und Beschaffenheit in ein festes Schema eingetragen werden. Für geeignete Fotos müssen Wetter und Licht stimmen. Alle Daten müssen dann registriert und die Fotos einsortiert werden. So ist für ein größeres Denkmal schnell ein halber Tag vorbei, von den Vorarbeiten gar nicht zu reden.Der Start für das Projekt war vergangenes Jahr. Derzeit läuft die erste Erhebungsphase, vorläufiges Ende ist für das Jahr 2004 vorgesehen. Das Traunreuter Stadtarchiv hat bisher rund 50 solcher Klein-Denkmäler erfasst und soweit bearbeitet, dass die kompletten Daten und Bilder ins Internet eingegeben werden können. Das ist noch nicht geschehen und wird auch noch eine Menge Zeit und Arbeit kosten. Die komplette Liste dürfte für alle Bürger sehr interessant sein: Wie viele der aufgenommenen Klein-Denkmäler sind einem bekannt und bei wie vielen weiß man überhaupt nicht, wo man sie hinstecken soll. Beispiel: Das Relief eines Berliner Bären, um 1960 von Traunreuter Bürgern mit Berliner Herkunft auf der Grünfläche neben der katholischen Pfarrkirche aufgestellt – wer hätte sich an diese kleine Skulptur erinnert? So wird die Internet-Datei eines Tages eine wertvolle Quelle sein. Teile davon kommen möglicherweise auch als Buch oder als CD auf den Markt.
Kontakt:
Mario H. Puhane M. A., Stadtarchivar
Stadtarchiv Traunreut
Traunsteiner Straße 1
83301 Traunreut
Tel. 08669 / 788678
Fax. 08669 / 788525
EMail: stadtarchiv.traunreut@t-online.de
Siehe auch den Jahresrückblick 2002 des Traunreuter Stadtarchivs.
Quelle: Chiemgau Online, 17.6.2003
CFP: 45. Deutscher Historikertag 2004 in Kiel
Der Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands bittet um Vorschläge für Sektionen für den 45. Deutschen Historikertag, der vom 14.-17.9.2004 in Kiel unter dem Motto „Kommunikation und Raum“ stattfinden wird (http://www.historikertag2004kiel.de/).
Mit der Kategorie des Raumes möchte der Ausschuss des Verbands dazu einladen, eine weitgehend verdrängte, weil nationalistisch vereinnahmte Grundbestimmung allen historischen Geschehens wieder in den Vordergrund des Nachdenkens zu rücken. Dabei soll deutlich werden, dass räumliche Beziehungen nicht nur als geographische zu verstehen, sondern auf allen Ebenen historischer Zusammenhänge präsent sind. Raum prägt und gliedert Wirtschafts- und Handelsverbindungen ebenso wie politische, soziale und kulturelle Kontakte. Er bildet einen elementaren Faktor der Strukturierung und gegebenenfalls der Hierarchisierung von Netzwerken und „Systemen“ in allen Bereichen des historischen Geschehens. In diesem Sinn muss er als ebenso fundamentale Kategorie der Geschichte gelten wie die Zeit. Im übrigen verdient der Raum auch deshalb neue Aufmerksamkeit, weil er sich mit Grundannahmen des „cultural turn“ der letzten anderthalb Jahrzehnte verbindet. Er wird weniger als essentialistische, sozusagen „materielle“ Kategorie gedacht, sondern eher als erfahrungsvermittelte, historisch wandelbare Konstruktion nach Maßgabe von Erfahrung, Wahrnehmung und Vision.
Räume werden konkret durch Kommunikation, die idealiter als gegenseitiger Austausch zu denken ist. In diesem Sinn fand und findet Kommunikation auf verschiedenste Weise statt, vom Güterverkehr bis zu publizistischen Debatten. Kommunikation nimmt in dem Maße zu, wie Handlungen und Entscheidungen eines Akteurs andere Akteure aufgrund räumlicher Beziehungen betreffen. Kommunikation schafft auf diese Weise nicht nur Zusammenhänge, sondern auch Zusammenstöße. Zugleich hilft sie, solche zu vermeiden. Beide sind im Rahmenthema mitgedacht, das daher weder eine zeitliche noch eine räumliche Vorgabe enthält. Vielmehr könnte die inhaltliche Symbiose der beiden Titelbegriffe dazu einladen, die Stabilität auch und gerade in der „langen“ Dauer mehrerer Epochen und im globalen Maßstab zu prüfen.
Partnerländer Polen, Estland, Lettland und Litauen
Der Ausschuss des Verbands hat außerdem beschlossen, erstmals in der Geschichte der Historikertags Partnerländer zu benennen: Polen und die baltischen Staaten. 65 Jahre nach dem deutschen Überfall auf Polen im Zuge des Zweiten Weltkriegs und im Jahr des Eintritts Polens, Estlands, Litauens und Lettlands in die Europäische Union werden deutsche, polnische und baltische Historiker gemeinsam über die Geschichte ihrer Länder referieren, unterschiedliche Sichtweisen austauschen und gemeinsame Forschungsprojekte vorstellen. Hiermit ist jedoch kein inhaltlicher Schwerpunkt verbunden. Die Mitglieder des Verbands werden jedoch gebeten, bei ihren Sektionsvorschlägen nach Möglichkeit Kolleginnen und Kollegen aus den genannten Partnerländern einzubeziehen.
Vorschläge für Sektionen bis 31.10.2003 an:
Prof. Dr. Heinz Duchhardt,
Institut für Europäische Geschichte,
Alte Universitätsstraße 19,
55116 Mainz
http://www.historikertag2004kiel.de/callforpapers.htm
Kontakt:
Organisationsbüro Historikertag Kiel 2004
Historisches Seminar
Leibnizstraße 8
24118 Kiel
organisation@historikertag2004kiel.de
„Belastende“ Dokumente entfernt
Als „dunkles Kapitel“ deutscher Geschichte werden die 1930er und 1940er Jahre gerne bezeichnet. Ein wenig zur Erhellung dieser Zeit in Jülich hätten Kassenbücher aus dieser Zeit beitragen können, die lange Jahre auf dem Speicher des Alten Rathauses lagerten. Doch nun wurden sie kurzerhand von Mitarbeitern des Bauhofes entsorgt, weil sie eine zu schwere Last waren. Belastet wurde vor allem die Decke im alten Rathaus, die unter dem Gewicht der Dokumente ihre Stabilität einzubüßen und einzustürzen drohte. Dass die Bücher vorsätzlich vernichtet wurden, glaubt aber auch Archivar Dr. Horst Dinstühler nicht, dem man die Dokumente vorher eigentlich hätte vorlegen müssen. So kann man den Bauhof-Arbeitern wohl kaum einen Vorwurf machen, auch wenn ihr Motiv war: Belastendes Material entfernen.
Kontakt:
Stadtarchiv Jülich
Kulturhaus
Kleine Rurstraße 20
52428 Jülich
Tel.: 02461/936320
www.juelich.de
Quelle: Jülicher Nachrichten 14.6.2003
Wat is´ne Dampfmaschin´? – Ludwig II. und die Technik
Füssen. Er hatte es sich so schön vorgestellt: mit einem Pfauenwagen wollte er über den Alpsee fliegen, nachdem er in der Leipziger Illustrierten Zeitung eine Skizze des Dampf-Schwingen-Flugzeugs von Joseph Kaufmann gesehen hatte. Doch das ist nur ein Traum geblieben, nachdem Kaufmann seine „Taube“ nie zustande gebracht hat. Viel ernster war da schon der Plan einer Flugseilbahn, mit der König Ludwig II. vom Hof des Schlosses Neuschwanstein direkt in die Sperbersau schweben wollte.
Ludwigs Visionen, für die er so of gescholten wurde, und die technischen Neuerungen, die er eingeführt hat, sind derzeit in einer Ausstellung in Füssen zu sehen. Sie wurde gestern an seinem 117. Todestag – in den Räumen des städtischen Museums im Benediktinerkloster St. Mang eröffnet und dauert bis zu seinem Geburtstag am 25. August. Ludwig II. war mehr als der kunstbesessener Märchenkönig, der schillernde, versponnene Visionär, der von einer besseren, einer friedlicheren, einer menschlicheren Welt träumte. „Er hat auch viel für die Technikentwicklung getan“, sagt Jean Louis Schlim, „viel mehr als gemeinhin bekannt ist“. Der gebürtige Luxemburger Schlim arbeitet im Hauptberuf beim TÜV Südbayern als Archivar, ganz nebenbei aber hat er sich über die Jahre zum Experten in Sachen „Ludwig und Technik“ entwickelt. Angefangen hatte alles mit ein paar alten Dokumenten, die Schlim vor 25 Jahren in die Hände gefallen waren; darunter eine Mitteilung an den bayerischen König, dass er eine Dampflok in Betrieb nehmen darf.
Die Dampfmaschine war ohnehin die beste technische Errungenschaft zu Ludwigs Zeiten. Mit ihr konnte er viele seiner Träumereien und Phantasien verwirklichen. Die Idee eines Kraftwerks für das Schloss Linderhof zum Beispiel. 1875 hatte er sich und seinen Schwänen eine Tropfsteinhöhle beim Schloss errichten lassen. Erst drei Jahre später aber wurde die Illusion durch die neue Elektrizitätstechnik vollkommen: 24 Trafos speisten – angetrieben von einer Dampfmaschine – 24 Bogenlampen. Nur die Farbe der Beleuchtung, ein strahlendes königsblau, konnten die Bauleute dem König nie recht machen.
Bald schon gab es auf jeder Baustelle des Königs eine Dampfmaschine. Praktische, gleichzeitig aber auch hochgefährliche Helfer, die immer wieder in die Luft flogen. 1870 dann gründete sich der Bayerische Dampfkessel-Revisions-Verein, der heutige TÜV. Und Ludwig war sein erster Kunde.
Alte Skizzen sind in der Füssener Ausstellung zu sehen, vergilbte Schriftstücke, verblichene Fotos: von der hochmodernen Marienbrücke über Pöllathschlucht, den Wasserspielen und der Heizanlage in Linderhof; Modelle des Schlosses Neuschwanstein gibt’s zu sehen, provisorische Flugmodelle, Glühlampen, Stecker aus den Zeiten Ludwigs. Vieles aber, sagt Jean Louis Schlim, ist längst verloren. Zum Beispiel sämtliche Dampfmaschinen. Oder der alte Küchenaufzug im Schloss Neuschwanstein, der erst vor ein paar Jahren ausgebaut worden ist. Dabei war es der erste Speisenaufzug Deutschlands gewesen.
Ausstellung: Ludwig II. – „Traum und Technik“
Info Stadt Füssen
Ort: Museum der Stadt Füssen (ehem. Kloster St. Mang, Refektorium)
Dauer: 13.06. – 25.08.2003
tägl.: 10.00 – 17.00 Uhr, außer Montag
Weitere Infos unter: www.koenigswoche.de
Quelle: Augsburger Allgemeine, 15.6.2003.
Rettungsaktion von gefluteten Bildern bei der Sächsischen Zeitung
Als im August 2002 die Wassermassen von Weißeritz und Elbe das Archiv der Sächsischen Zeitung fluteten, schien eine der größten Fotosammlungen in Sachsen verloren. Doch jetzt wird gerettet, was damals den Fluten nicht mehr entkommen konnte. Eine in ihrer Art beispiellose Aktion hat begonnen:
Ein eiskalter Hauch weht heraus. Der Container steckt voller Frost. Knarrend öffnet Michael Studer die Tür vollends. Müllsäcke türmen sich dahinter und Pappkisten bis unter das Dach. Der Inhalt ist dreckig – und wertvoll. Es ist das Bildarchiv der Sächsischen Zeitung, untergegangen im August letzten Jahres. Unwiederbringliche Aufnahmen aus vier Jahrzehnten DDR-Alltag liegen dort dick eingebettet im Elbeschlamm.
Michael Studer wirft einen prüfenden Blick in die Runde. „Okay, die Temperatur stimmt.“ Minus 19 Grad zeigt das Kühlschrankthermometer. „So halten es die Bilder noch Monate aus“, sagt er gelassen. Michael Studer studiert eigentlich Restaurierung an einer Spezial-Fachhochschule in Bern. Nun aber leitet er für ein halbes Jahr ein Großprojekt, wie es dies so noch nie gab. 150 000 Fotos sollen jetzt, ein Jahr nach der Flut, aus dem Wasser gerettet werden.
Dem Restaurator sitzt die Zeit im Nacken. Er eilt in die Halle nebenan und schleppt erst einmal Alkohol heran für seine Leute. „Damit die was zu tun haben“, sagt er. Ohne Äthanol läuft hier gar nichts. Der Alkohol wischt von den Fotos weg, was die Fluten draufspülten.
Warten bis das Wasser geht
Als sich im August letzten Jahres das Wasser den Weg in die Kellerräume der Sächsischen Zeitung bahnte, kam jeder Rettungsversuch zu spät. Die Gummistiefel waren längst voll. Das Licht flackerte schon, als Archivchefin Ute Essegern kurz vor vier Uhr morgens den Keller als Letzte verließ. Kurz danach kam die Weißeritz. Nicht einmal das, was im oberen Regal lag, überstand. „Wir konnten nur zehn Prozent der Fotos retten“, berichtet Ute Essegern. Der Rest lag in einer dunklen, stinkenden Brühe, die es auch aus der Kanalisation hereingedrückt hatte. Bis in die nächste Etage reichte das Wasser – und blieb. „Wir hatten das alles 190 Stunden unter Wasser“, berichtet Essegern. „Stunden“ sagt sie; wenn es um Wasser geht, dann zählen Archivare keine Tage.
Maximal 90 Stunden halten das die Fotos aus, wie wissenschaftliche Langzeitstudien gezeigt hatten. „Das wird eine neue Langzeitstudie, sagt die Archivleiterin inzwischen lachend. Lachen konnte sie zur Ortsbegehung damals, als das Wasser wich, ganz und gar nicht. Ziemlich mies habe sie sich gefühlt, erinnert sich Ute Essegern heute, und möchte wohl am liebsten „beschissen“ dazu sagen. Der Blick ins bis dahin zweitgrößte Bildarchiv Sachsens – ein einziges Drama. 750 000 Fotos beherbergte es.
Während die Zeitungen hoffnungslos verloren als dicker Brei um die Knöchel waberten, waren die Fotos wenigstens noch als Fotos zu erkennen. Und wieder waren es die Stunden, die zählten. Jede einzelne. Ein Tag wäre ausreichend gewesen, und verheerender Schimmel hätte die Vernichtung zu Ende gebracht. Die SZ-Mitarbeiter und Helfer im Haus der Presse waren schneller.
Erst frosten, dann denken
Ein Kühlhaus in Cottbus hatte neben Tiefkühlgemüse und Fleisch noch ein paar Kubikmeter Platz. Ab in die Kälte damit. Ein halbes Jahrhundert lag damit bei minus 20 Grad auf Eis. Erst einfrosten, dann bleibt immer noch Zeit zum Nachdenken, dachten sich die Archivmitarbeiter damals. Ob sich aus den Tüten jemals etwas Brauchbares herausholen lässt, sie konnten es nur hoffen gegen alle Logik und Erfahrung.
Doch der Coup gelang. Die Mülltüten und Kisten hat nun der Restaurator Michael Studer mit seinen acht Leuten vor sich. Anfang Mai begann ein Großprojekt, wie es bisher für die Restaurierung beispiellos ist, berichtet er. Es wird ihm durchaus auch so manchen Ärger mit seinen Professoren einbringen. „Das eine ist die Lehrmeinung, was wir hier machen die Praxis“, sagt er nicht ohne erkennbaren Stolz. Einen Monat hat er am zunächst empfohlenen Restaurierungsverfahren herumexperimentiert, dann stand sein Konzept. Jetzt taugt es für die Massenrestaurierung, wie er es nennt. „Bräuchten wir für jedes Foto nur zehn Sekunden länger, dann wären das schlussendlich zehntausende Euro zusätzlich“, sagt Studer im besten Schweizer Dialekt.
Ginge es nach den etablierten Verfahren der Museumswissenschaft, dann käme das ganze Archiv auf den Müll – unrettbar, weil unbezahlbar. „Man kann nicht jedes Foto wie einen Kunstschatz behandeln“, sagt Studer. Und so bleibt ihm nur das Nötigste zu tun: Die Bilder werden gereinigt und konserviert. Sie werden wieder benutzbar.
„Die hatten Glück“, sagt Studer kurz abwägend ob er das so sagen darf. „Die haben Glück, dass sie die Fotos nicht nach Vorschrift gelagert hatten.“ In Paketen waren sie aus Platzmangel eng zusammengepresst bis zu hundert Stück, da hatten Schlamm und Strömung keine Chance. Nur die Ränder litten, und das Wasser hat die Gelatineschicht „gestresst“, wie Studer es nennt.
Ein Dutzend Schalen stehen nun auf dem Tisch im Labor. Rasierpinsel und Spatel liegen gleich daneben. Sie bekommen in diesen Tagen einen neuen Sinn. Als Schmutzbürste und Hebel, der die eben aufgetauten Fotos voneinander trennt. Die kleben fest aneinander. „Haften heißt das“, kommt prompt die Belehrung vom Fachmann. Aus einem muffelnden dreckigen Klumpen tauchen jedenfalls scheibchenweise Fotos auf – oder solche, die es mal wieder werden sollen. „Ostdeutschland, Hochwasser und Katastrophen“ steht auf einer der aufgeweichten Pappmappen. Deren Bilder liegen gerade im Alkoholbad. Nach vier Bädern sind die meisten Fotos wieder „in einem unglaublich guten Zustand“, berichte Studer.
Warum sich die Dresdner Fotos nicht wie erwartet einfach aufgelöst haben, das will er unter anderem in seiner Diplomarbeit untersuchen, an Fasern und Gelatinen. An Schichten und Pigmenten. Mit dem Mikroskop schaut Studer dann in die Struktur der SZ-Fotos. Auf Biegen und Brechen testet er sie im Berner Labor. Vielleicht, so seine Hoffnung hilft das ja anderen Archiven. „Wasser gibt es schließlich überall.“ Auch andere Experten interessieren sich für die tiefgekühlten Klumpen aus Dresden, berichtet der Restaurator. Mogens S. Koch aus Kopenhagen hat sie geordert. Der Professor will es mit dem Gefriertrocknen probieren, was bislang nur bei Büchern gelang. Koch war ebenso wie die Experten aus Bern und Berlin überrascht, was in Dresden noch alles vorhanden war, berichtet Archivleiterin Essegern. Das Expertengutachten gab dem Projekt grünes Licht. Es überzeugte.
50 Jahre werden gewaschen
Ein Stück des DDR-Alltags und auch eine Fotosammlung aus der Nazizeit können geborgen werden. Ein kulturhistorischer Wert, wie Ute Essegern schwärmt. „Aber noch haben wir keinen genauen Überblick. Das wissen wir erst, wenn alles aufgetaut ist.“ Vor wenigen Tagen kam in so einem blauen Müllbeutel die Mappe des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 hervor. Gerade noch rechtzeitig für die geplante Berichterstattung der SZ. Viel öfter allerdings läuft es leider ganz anders, berichtet Archivmitarbeiter Holger Naumann. Immer dann ärgert er sich besonders, wenn Tage zuvor die Redaktion vergebens ein Foto gesucht hatte und dieses dann kurz darauf in der Alkohollösung auftaucht. Gestern waren dies uralte Bilder von Dynamo Dresden. Die hätte die Sportredaktion vor wenigen Tagen dringend gebraucht, als der Fußballklub 50 Jahre wurde. Wenigstens liegen diese Fotos nun schon im Sandwich: Fotos, Fleece, Löschpapier und Holzplatten geben ein Paket. Mindestens zwei Wochen trocknet das restaurierte Archivgut darin. In drei Tagen nun kommen die ersten restaurierten Fotos wieder in ihre Archivmappen. Die stehen diesmal ein Stockwerk höher.
Restaurierungsprojekt
Im Archiv der SZ und der Morgenpost lagerten einmalige Zeitungen, Fotos und Bücher. 2.000 Meter Archivgut standen im Keller. Tausende Zeitungsbände sind vernichtet.
750.000 Fotos wurden überflutet. Ein Zehntel nur konnte zuvor gerettet werden. Weitere 60 Prozent wurden nass aus dem Chaos geborgen. 30 Prozent sind verloren.
Alle einmaligen Motive von SZ-Fotografen und aus historischen Sammlungen werden jetzt restauriert. Agenturbilder, die es noch andernorts gibt, hingegen nicht.
Die Rettung der Fotos geschieht in Kooperation mit Dresdner Archiven. Eine internationale Forschergruppe hatte zuvor die Machbarkeit der Restaurierung nachgewiesen.
Quelle: Sächsische Zeitung-Online vom 28.5.2003.
»Kultureller Supergau« im Irak
Interpol-Experten widersprachen den Angaben des amerikanischen Justizministers John Ashcroft, Plünderungen und Raub von Kulturgütern im Irak seien das Werk von „Verbrecherbanden“ und nicht das von einzelnen Tätern gewesen. „In den meisten Fällen“ seien die geraubten Gegenstände „in den Händen gewöhnlicher Leute, die über keinerlei Verkaufs-Netzwerk verfügen“, sagte Interpol-Spezialagent Jean-Pierre Jouanny einem FAZ-Bericht zufolge. Nun müsse an die Bevölkerung appelliert werden, damit die Räuber die Kunstschätze zurückgäben. Die Unesco wählte bereits Mitglieder einer Expertengruppe für eine Irak-Mission aus. Und bei einer Interpol-Konferenz vereinbarten rund 70 Fachleute von Interpol, Unesco und Internationalem Museumsrat (Icom), die Interpol-Datenbank gestohlener Kulturgüter bedeutend zu erweitern. Die Experten bemühen sich, für Polizei, Zoll und den internationalen Kunsthandel möglichst viele Informationen über die Kulturschätze zusammenzutragen.
Wenngleich es, so aus dem irakischen Nationalarchiv, Hinweise darauf gibt, dass viele Kulturschätze des Irak unversehrt und intakt geblieben sind, liegt noch keine Bestandsaufnahme darüber vor, welche Schäden der Krieg und vor allem die Brandschatzungen und Plünderungen danach angerichtet haben.
Islamische Geschichtsquellen verbrannt
Durch die vollkommene Zerstörung der Bibliothek des Ministeriums für Religiöse Angelegenheiten sind, einem Bericht der FAZ vom 7. Mai zufolge, die wichtigsten Quellen für die islamische Geschichte des Irak verloren. Nur ein unbedeutender Rest der Manuskripte und Bücher konnte vor den Flammen gerettet werden. Hinzu kommt, dass es von diesen Quellen keine Abschriften oder gar Mikrofilme gab. Neben den Gebäudekomplexen des Ministeriums in der Hauptstadt sind aber auch viele Moscheen im Lande von Plünderern und Brandstiftern heimgesucht worden. Auch hier lagerten wertvolle Manuskripte.
Warnungen der UNESCO
Angesichts zahlreicher Zerstörungen am kulturellen Erbe des Irak, warnte am 15. April der Generaldirektor der UNESCO, Koïchiro Matsuura, vor Verwüstungen und Verheerungen der Bibliotheken und Archive im Lande. Dies würde irreparable Folgen für die kulturelle Überlieferung und Identität des Landes nach sich ziehen. „Ich wiederhole meinen dringenden Aufruf, rasche Maßnahmen zum Schutz und zur Bewachung der irakischen Kultureinrichtungen, insbesondere der Bibliotheken und Archive, einzuleiten“, erklärte Matsuura in Paris (Link). „Bibliotheken, Archive und Schriftgut müssen als wesentlichen Bestandteile des reichen Erbes des Irak gesichert werden. Fast zwanzig Jahrhunderte niedergeschriebener Menschheitsgeschichte sind in Gefahr; es muss alles Erdenkliche getan werden, diese Güter vor Plünderung und Zerstörung zu bewahren“, sagte Matsuura. Er fügte hinzu, dass auch Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die behördliche Aktenüberlieferung in den Archiven zu schützen, nicht zuletzt, da sie lebensnotwendig für das Funktionieren der öffentlichen Verwaltung nach dem Kriege sei, sowie für den Nachweis von juristischen, finanziellen und vertraglichen Besitzständen der irakischen Bevölkerung. – Die UNESCO versucht über ihr Programm „Memory of the World“ an führender Stelle auf den Schutz der schriftlichen Überlieferung in gefährdeten Bibliotheken und Archiven hinzuwirken und hat Richtlinien entwickelt, die im Falle bewaffneter Konflikte zum Schutz der Archive greifen sollen. Am 17. April hat die UNESCO in Paris sodann eine Konferenz mit internationalen Experten über den Schutz der irakischen Kulturgüter durchgeführt (vgl. dazu die verschiedenen Informationen der UNESCO zum bedrohten kulturellen Erbe des Irak).
Aufruf des Auswärtigen Amtes
Nach den Plünderungen im Bagdader Nationalmuseum hat auch Bundesaußenminister Joschka Fischer dazu aufgerufen, weitere Verluste und Beschädigungen am irakischen Kulturerbe zu verhindern. Es müsse sicher gestellt werden, dass gestohlene Objekte aus dem Irak keine Käufer finden und dem Nationalmuseum zurückgegeben würden, sagte der Grünen-Politiker laut dpa. Deutschland sei bereit, sich an der Bewahrung der irakischen Kulturgüter zu beteiligen. Besonders das Deutsche Archäologische Institut könne wegen seiner langen Erfahrung im Irak einen wichtigen Beitrag dazu leisten (Auswärtiges Amt-Infos zum Irak).
Museumsbund und ICOM fordern Schutz vor Plünderungen
Die Plünderungen und Zerstörungen im irakischen Nationalmuseum kommen nach Ansicht des Deutschen Museumsbundes einem „kulturellen Supergau“ gleich. In einem von so langer Hand geplanten Krieg hätten die alliierten Truppen eine Plünderung verhindern können und diese Kulturinstitution schützen müssen, betonte der Präsident des Museumsbundes, Martin Roth. „Dieser Krieg hat zwar die Sicherung der Ölvorräte berücksichtigt, aber die kulturelle Wiege der Menschheit nicht einbezogen.“ Der Museumsbund und weitere Verbände wie das Nationalkomitee des Internationalen Museumsrates (ICOM) forderten die Sicherheitskräfte im Irak dazu auf, mit allen Mitteln weitere Plünderungen und Zerstörungen oder Verschleppungen von Kulturgut zu verhindern. Ein Verkauf der wertvollen Objekte über den internationalen Kunsthandel hätte katastrophale Folgen. Die Verbände warnen Museums- Verantwortliche, Händler und Sammler vor dem Erwerb von Kunstschätzen aus dem Irak. „Diebstahl, Raub und illegaler Handel mit irakischem Kulturgut sind Vergehen an bedeutendem und unersetzlichem Weltkulturerbe“, betonte Hans-Martin Hinz, Präsident von ICOM-Deutschland (vgl. auch die Pressemitteilung des Deutschen Museumsbundes und ICOM-Deutschland vom 15.4., hier als pdf-Datei).
Siehe zum Thema auch weitere ARCHIV.Net-Nachrichten vom 14. April sowie vom 18. April.