Musik und Kultur in westfälischen Landsynagogen

Festival im Rahmen von »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland«.

Historisch kostbare Gebäude und eine reichhaltige Geschichte bilden den Rahmen für das Festival „Musik & Kultur in westfälischen Landsynagogen“: In den Sommermonaten 2021 soll mit einer neunteiligen Veranstaltungsreihe an die weithin unbekannte Tradition jüdischen Lebens in Westfalen erinnert werden.


Abb.: Programmheft „Musik & Kultur in westfälischen Landsynagogen“

Geplant sind im Rahmen des bundesweiten Jubiläums „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ neun Veranstaltungen mit Musik, Literatur und Führungen. „Die ehemaligen Landsynagogen sind mehr als bloße Bauwerke“, sagt Festival-Leiter Dr. Manfred Keller: „Sie sind sozusagen Hotspots jüdischer Geschichte, in denen Glaube und Kultur des Landjudentums wieder lebendig werden.“

Das Festival „Musik & Kultur in westfälischen Landsynagogen“ findet zwischen Juni und Oktober 2021 in Borgentreich-Borgholz, Coesfeld, Gronau-Epe und Drensteinfurt sowie in Hagen-Hohenlimburg, Neheim, Selm-Bork und Petershagen statt. Ehrengast der virtuellen Auftaktveranstaltung Anfang Mai ist Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland und Mitbegründer des Vereins „321–2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“. Dieser Nachmittag soll zugleich einen Vorgeschmack auf die geplanten acht Halbtagesveranstaltungen bieten. Von Bochum aus werden acht Exkursionen zu jeweils einer der genannten Landsynagogen angeboten. Außerdem würden Teilnehmende aus der Region, insbesondere jüdische Menschen, eingeladen, kündigt Dr. Anja Nicole Stuckenberger, Leiterin der mit veranstaltenden Evangelischen Stadtakademie Bochum, an.

Die Veranstaltungen finden jeweils sonntags zwischen 14 und 18 Uhr statt. „Jeder Termin umfasst ein Konzert und eine literarische Veranstaltung, eine kleine Bewirtung aus der jüdischen Küche und einen Besuch mit Führung in der jeweiligen Landsynagoge“, erläutert Festival-Leiter Keller. Nach Möglichkeit sollen neben der jeweiligen Landsynagoge auch andere „jüdische Orte“ aufgesucht werden. „Zur Planung dieser Programmbausteine arbeiten wir eng mit den Verantwortlichen vor Ort zusammen“, betont Keller. Die ehemaligen Landsynagogen sind in der Pogromnacht 1938 nur deshalb nicht angezündet worden, weil sonst das ganze Dorf gebrannt hätte. Die Nazi-Horden „begnügten“ sich damit, die Inneneinrichtung der jüdischen Gotteshäuser zu demolieren. In der Nachkriegszeit, oft bis in die 1980er Jahre, waren die arg geschundenen Gebäude weithin vergessen. Sie dienten u.a. als Abstellraum, Geräteschuppen oder Fahrradwerkstatt. Mittlerweile sind sie von lokalen Initiativen wieder instand gesetzt und zumeist zu Gedenkstätten umgewandelt worden. „Hier wollen wir mit unserem Festival ansetzen“, erläutert Keller.

Diese kostbaren, im äußeren Bestand nunmehr gesicherten Gebäude sind heute keine Synagogen mehr. Aber das, was im Rahmen des Projekts „Musik & Kultur in westfälischen Landsynagogen“ dort veranstaltet wird, soll nach dem Willen der Veranstalter deutlich an den Urgedanken von Synagoge anknüpfen. Denn: Synagogen hatten und haben bis heute drei Funktionen. Sie sind „Beth ha Knesset“ (Haus der Versammlung), „Beth ha Midrasch“ (Haus des Lernens) und „Beth ha Tefilla“ (Haus des Gebets). An diese dreifache Bestimmung knüpft das Projekt an: Die Veranstaltungen sollen die Landsynagogen als Stätten der Besinnung, der Begegnung und des Lernens erinnern und beleben.

Gleichzeitig soll mit dem Kulturfestival ein Beitrag zur Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus geleistet werden. „Wo jüdische und nichtjüdische Menschen sich begegnen, wo sie ihre Traditionen und ihren ,way of life‘ kennenlernen, wachsen Verständnis und Wertschätzung“, ist Manfred Keller (Foto) überzeugt. „Auf diese Weise möchten wir durch Freude an jüdischer Kreativität in Vergangenheit und Gegenwart und durch das gemeinsame Erleben mit jüdischen Menschen dem Antisemitismus den Nährboden entziehen.“

Das Festival „Musik & Kultur in westfälischen Landsynagogen“ wolle die reiche, aber weithin unbekannte Tradition jüdischen Lebens in Westfalen in Erinnerung rufen, bekannt und erlebbar machen und sie – in den Grenzen des Möglichen – gemeinsam mit jüdischen Partnern auch beleben, erklärt Akademie-Leiterin Stuckenberger.

Das Festival „Musik & Kultur in westfälischen Landsynagogen“ wird von der Evangelischen Stadtakademie Bochum, dem Evangelischen Forum Westfalen und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe veranstaltet. Das Projekt ist eines von insgesamt 24 Projekten, die von der LWL-Kulturstiftung im Rahmen des Förderschwerpunktes zum bundesweiten Festjahr gefördert wird.

Programm:
Auftaktveranstaltung Online aus der Bochumer Synagoge mit Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland und Mitbegründer des Vereins 321 –2021:1700 Jahr jüdischen Lebens in Deutschland.

Die Eröffnung des Kultur-Festivals wurde am Sonntag, 11. Juli 2021, über den Video-Kanal des Ev. Kirchenkreises Bochum im Life-Stream übertragen.

Sonntagsveranstaltungen, jeweils 14 bis 18 Uhr
25. Juli 2021 in Petershagen
22. August 2021 in Drensteinfurt
29. August 2021 in Gronau-Epe
12. September 2021 in Selm-Bork
19. September 2021 in Hagen-Hohenlimburg
3. Oktober 2021 in Neheim
10. Oktober 2021 in Borgentreich-Borgholz
24. Oktober 2021 in Coesfeld

Links:

Hinweise zur Covid-19-Pandemie:
Die Corona-Pandemie stellt alle Veranstalter weiterhin vor große Schwierigkeiten. Deshalb steht auch das Festival „Musik & Kultur der in westfälischen Landsynagogen“ unter einem „Corona-Vorbehalt“. Mit allen lokalen Partner ist vereinbart, dass eine räumliche Aufteilung vorgenommen wird: Besuch der jeweiligen Synagoge in Kleinstgruppen und getrennt davon Konzert bzw. Lesung, Gespräch und Bewirtung mit allen Gästen in einem Saal des betreffenden Ortes. „Kirchengemeinden und Kommunen haben uns gastfrei ihre Räume angeboten“, erklärt Festival-Leiter Manfred Keller. Selbstverständlich werden überall die Corona-Schutzverordnungen in der zum fraglichen Zeitpunkt geltenden Form beachtet. Keller: „Zwar sind wir für den Sommer hoffnungsvoll, aber noch weiß niemand, was sein wird. Deshalb wünschen wir uns: Masel tov – Viel Glück!“

Kontakt:
Festival-Leiter Dr. Manfred Keller
Tel. 0234 / 43 05 05
office.stadtakademie@kk-ekvw.de

Quelle: Evangelische Akademikerschaft in Deutschland, Presseinformation: Mehr als bloße Bauwerke. Vergessene Orte jüdischen Lebens in Westfalen, 2021

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