Weseler Kreisarchivar tritt in den Ruhestand

Nach 26 Jahren als Weseler Kreisarchivar tritt das "Gedächtnis der Region", wie die Rheinische Post titelt, Dr. Meinhard Pohl Anfang August 2008 in den Ruhestand. Pohls Stelle, angesiedelt im zweiten Untergeschoss des Weseler Kreishauses, soll nunmehr kompetent wiederbesetzt werden, nachdem zunächst über ihre Einsparung nachgedacht worden war. Die Politik setzte mit breiter Mehrheit Wiederbesetzung durch. 

Kontinuität sei wichtig, so Pohl, dessen Ehefrau, die ehemalige Weseler Stadtarchivarin Professor Dr. Jutta Prieur-Pohl, das Detmolder Staats- und Personenstandsarchiv leitet. Gleichwohl beneidet der scheidende Kreisarchivar seinen Nachfolger nicht. Insbesondere die enormen Probleme der modernen Datenspeicherung seien in keinster Weise mit den Anforderungen, die Papier oder gar Pergament stellt, zu vergleichen.

Das Aktenstudium wird für Meinhard Pohl auch im Ruhestand nicht aufhören. Mit allen anderen Archivaren aus den Kreisen Wesel und Kleve wird er die Arbeit am ersten Gesamtkataster des Herzogtums Kleve von 1730/32 fortsetzen. Noch einige Jahre wird es dauern, bis die Übertragung in eine für jedermann lesbare Form gelungen ist. „Einmalig in Deutschland“, nennt Pohl das Ziel. Jedes Grundstück wird mit Eigentümer, Größe und Nutzung beschrieben. Das wird ein Bild der Besitzverhältnisse vor der französischen Revolution abgeben, zugleich eine Fundgrube für Ahnenforscher sein, aber auch einen plastischen Eindruck davon geben, wie der Niederrhein damals tatsächlich ausgesehen hat.

Kontakt:
Kreisarchiv Wesel 
Reeser Landstr. 31
46467 Wesel
Telefon: 0281-207-2828 
Telefax: 0281-207-4821
kreisarchiv@kreis-wesel.de

Quelle: Fritz Schubert, Rheinische Post online, 1.8.2008

Ulmer Stadtarchiv zeigt eine Ausstellung über Eisenwaren Wolff

Rund anderthalb Jahrhunderte existierte in Ulm die Eisen- und Haushaltswarenhandlung Wolff bis zu ihrem Niedergang in den 1980er Jahren. Vielfach gehen Geschäftsaufgaben und Bankrotte mit dem Verlust eines Großteils der historischen Überlieferung der Unternehmen einher. Anders im Fall der Eisen- und Haushaltswarenhandlung Wolff.

Denn Peter Kolb (68), ehemaliger Mitarbeiter der Firma Wolff, hat in jahrelanger Arbeit die Archivalien des Unternehmens ungewöhnlich umfangreich erschlossen und dem Stadtarchiv Ulm eine große Sammlung über die Vergangenheit der Firma zur Verfügung gestellt. Das Archiv umfasst Dokumente über Standorte, Personal und Produkte, beispielsweise Kataloge, Geschäftsbücher und auch 2.400 Fotos. Dazu ist noch eine Sammlung mit Feldpostbriefen von Mitarbeitern an die Firmenleitung aus dem Besitz des Konkursverwalters in das Stadtarchiv gelangt.

Auf Grundlage der versammelten Firmenunterlagen erarbeitete das Ulmer Stadtarchiv die Ausstellung \“Firma Wolff in Ulm 1843-1986\“. Sie ist bis Ende September 2008 im Stadtarchiv zu sehen. \“Die Ausstellung ist auch ein Stück Ulmer Sozial-, Technik- und Wirtschaftsgeschichte, ein Stück des alten Ulm\“, sagt Professor Dr. Michael Wettengel, der Leiter des Stadtarchivs, gegenüber der Schwäbischen Zeitung. Die Dokumente belegen, wie eng das Leben der Menschen in Ulm mit ihren Arbeitgebern verwoben war. 

Kontakt:
Haus der Stadtgeschichte – Stadtarchiv Ulm
Schwörhaus
Weinhof 12
89073 Ulm 
Telefon 0731/161-4200 
Telefax 0731/161-1633 
m.wettengel@ulm.de
www.stadtarchiv.ulm.de

Quelle: SZON, 2.8.2008

Ferienspiele ermöglichen Stöbern im Stadtarchiv Lemgo

Seit wann gibt es Stadtarchive? Welche Unterlagen lagern im Stadtarchiv Lemgo? Wie ist das Stadtarchiv zu benutzen und welche Informationen lassen sich finden? Welchen Umfang hat die historische Überlieferung, wie viele Regalmeter sind gefüllt? Diese und weitere Fragen beantwortete Lemgos Stadtarchivarin Dr. Anikó Szabó, als am vergangenen Freitag Kinder und Jugendliche das Suesterhaus im Rahmen der Ferienspiele besuchten.

Frau Szabó legte ihnen eine Kopie der Stadtrechtsurkunde von 1245 vor, deren Schrift sie zu entziffern versuchten. Wenngleich die Kinder und Jugendliche dann mit Hilfe einer Abschrift der in Latein gehalten Quelle und einer deutschen Übersetzung nun die Rechte nachlesen konnten, welche die Stadt Lemgo gegenüber dem Landesherren besaß, so blieb doch für sie die in den Sätzen formulierte Wirklichkeit schwer nachvollziehbar.

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Abb.: Frau Dr. Szabó zeigt die Stadtrechtsurkunde von 1245, in der 1190 die verliehenen Stadtrechte bestätigt werden (Foto: Stadt Lemgo)

Auch die Fotoausstellung über Schulen machte den Kindern und Jugendlichen deutlich, wie sehr sich die Lebenswirklichkeit von Schülern schon vor hundert und noch vor fünfzig Jahren gegenüber heute unterschied. Die Lehrer waren als ernste Männer mit gewaltigen Bärten auf den Fotos abgebildet, die Schüler in Schuluniformen. Besonders waren den jungen Besuchern des Stadtarchivs Strafen der damaligen Lehrer wie „Backpfeifen“, „Stockhiebe“ und „Stockschläge“ für „vorlautes Schwatzen“, „Opposition gegen die Schulordnung“, „Verächtlichmachung von Lehrpersonen“, „Werfen mit Papierballen“ schwer vorstellbar. Die heutigen „Strafarbeiten“ wurden als deutlich weniger demütigend eingestuft.

Danach besuchten die Kinder und Jugendliche das Magazin, wo in den Rollregalen die Bestände untergebracht sind. Dokumente lagern dort einzeln verpackt in Kartons und nur durch vorherige Durchsicht von Findbüchern lässt sich die einzelne Akte mit ihrer Signatur ermitteln. Zu bestaunen war auch der umfangreiche Bestand der Amtsbücher aus dem Mittelalter und Frühen Neuzeit. Diese beeindruckenden Archivalien führten zu der Frage, ob im Archiv auch Bücher mit Holzdeckeln und Buchschließen vorhanden sind, bei denen der Begriff „ein Buch aufschlagen“ noch Bedeutung im eigentlichen Sinn hat. Am Bestand der Gymnasialbibliothek, der bis ins 15. Jahrhundert zurückgeht, wurde dieses Phänomen besichtigt. Die einzelnen Bände beeindruckten zusätzlich durch Größe und Umfang sowie aufwändige Verzierungen und Bebilderungen.

Abschließend begutachteten die jungen Besucher die Stadtrechtsurkunde im Original und hörten die Geschichte ihrer Überlieferung: Der Lehrer Dr. August Schacht erfuhr durch Zufall von einem Schüler von der Urkunde. Dessen Onkel war Altwarenhändler, der um 1860 den Auftrag von der Stadt erhalten hatte, Unterlagen aus dem Spielturm der Nikolaikirche fortzuschaffen und zu verwerten. Darunter befand sich auch die für die Stadt so bedeutsame Urkunde von 1245. Schacht konnte die Urkunde wie auch andere bedeutsame Dokumente für die Stadtgeschichte vor der Vernichtung retten und begann nebenamtlich das Stadtarchiv aufzubauen.

Kontakt:
Stadtarchiv Lemgo
Süsterhaus
Rampendal 20a
32657 Lemgo 
Tel. 0 52 61 / 21 34 13
Fax 0 52 61 / 2 13 1 61
A.Szabo(at)lemgo.de
www.stadtarchiv-lemgo.de

Quelle: Pressemitteilung der Alten Hansestadt Lemgo, 28.7.2008; Tina Schell: Lippische Wochenschau, 28.7.2008

Forschen an den Beständen des DLA Marbach

Forschen an den Beständen des Deutschen Literaturarchivs: Ein erweitertes Stipendienprogramm eröffnet Geisteswissenschaftlern in Marbach neue Möglichkeiten. »Das Deutsche Literaturarchiv Marbach nimmt seine Aufgaben in hervorragender Weise wahr, es besitzt ein unverwechselbares Profil und findet mit seiner Arbeit national wie international zu Recht breite Anerkennung.« Das bescheinigte der Wissenschaftsrat dem Deutschen Literaturarchiv Marbach in seinem Gutachten vom Sommer 2007 (siehe Bericht vom 17.07.2007). Dank einiger neuer bestandsbezogener Projekte und wissenschaftlicher Kooperationen ist es dem Deutschen Literaturarchiv seit Beginn dieses Jahres möglich, ein noch umfangreicheres und differenzierteres Stipendienprogramm als bisher anzubieten.

Neben den bereits bekannten »Marbach«-Stipendien können sich Forscher jetzt auch für die neuen Marbach-Kolleg-Stipendien, für C. H. Beck-Stipendien für Literatur- und Geisteswissenschaften und für Gerda-Henkel-Stipendien für Ideengeschichte bewerben. Das Hilde-Domin-Stipendium, das Norbert-Elias-Stipendium, das DVjs-Stipendium und das Udo-Keller-Stipendium bieten Möglichkeiten, eine Förderung für Forschungsarbeiten an den genannten Beständen zu erhalten. Auch für Magister-, Master- und Staatsexamenskandidaten stehen seit kurzem Stipendien zur Verfügung. Neu sind außerdem die »Freiburger Förderpreise«, die das Deutsche Literaturarchiv Marbach in Verbindung mit dem Deutschen Seminar der Universität Freiburg für Examenskandidaten der Lehramts-, Magister- und Master-Studiengänge dieser Universität ausschreibt. Als Forschungs- und Förderangebote mit festem Kursprogramm finden in Marbach außerdem einmal jährlich der Internationale Marbacher Sommerkurs oder die Internationale Marbacher Sommerschule statt. Ausschreibungen und Formblätter finden Interessierte auf der Homepage des Deutschen Literaturarchivs Marbach. Anträge für die Marbacher Stipendien sind bis zum 30. September 2008 zu richten an den Direktor des Deutschen Literaturarchivs Marbach: Prof. Dr. Ulrich Raulff. 

Kontakt
Deutsches Literaturarchiv Marbach
Prof. Dr. Ulrich Raulff
Schillerhöhe 8-10
71666 Marbach am Neckar
Tel.: 0 7144 / 848 – 100
Fax: 0 7144 / 848 – 191
Direktion@dla-marbach.de

Quelle: Pressemitteilung DLA Marbach, 24.7.2008

Einweihung des Ortschaftsarchivs Winterstetten

Das Stadtarchiv Leutkirch ist für die Überlieferung der Stadt Leutkirch sowie für die der 1972 acht eingemeindeten Ortschaften Diepoldshofen, Friesenhofen, Gebrazhofen, Herlazhofen, Hofs, Reichenhofen, Winterstetten und Wuchzenhofen zuständig. Die Archive der eingemeindeten Ortschaften sind in den Rathäusern der jeweiligen Ortschaften untergebracht und bisher nur zum Teil erschlossen. Mit der Übergabe des Findbuches am 25. Juli 2008 an den Winterstetter Ortsvorsteher Friedrich Angele durch Stadtarchivarin Nicola Siegloch fand die sich über mehrere Jahre hinziehende Verzeichnung der Winterstetter Ortsakten endlich ein Ende. Nicola Siegloch hob hierbei noch einmal die Bedeutung der Ortschaftsarchive für die Erforschung der Ortsgeschichte hervor. Bereits in den 1980er Jahren hatte das Kreisarchiv Ravensburg Maßnahmen zur Rettung des Archivs eingeleitet. Nachdem im Rathaus in Winterstetten ein Archivraum eingerichtet worden war, konnten sämtliche Archivalien aus ihrem bisherigen Lagerraum – der Leichenhalle in Hinznang – in ihr neues Domizil gebracht werden. Dennoch dauerte es noch einmal gut zwanzig Jahre, bis mit der Ordnung und Verzeichnung der Akten im Jahre 2007 begonnen wurde. Im Auftrag des Stadtarchivs Leutkirch führte Ines Ebert diese Arbeiten durch. Die Archivalien belaufen sich auf 25 Meter und reichen teilweise bis ins 17. Jahrhundert zurück. 

Kontakt
Stadtarchiv Leutkirch
Marktstr.8
88292 Leutkirch im Allgäu
Tel.: 07561 / 87 – 190
Fax. 07561 / 87 – 5190
Nicola.Siegloch@Leutkirch.de

Quelle: Schwäbische Zeitung Online, 30.7.2008

Kempowski Stiftung zuständig für Rostocker Kempowski Archiv

Die seit 1992 bestehenden rechtlichen Beziehungen zwischen dem Kempowski Archiv Rostock e.V., der Kempowski-Stiftung „Haus Kreienhoop“, der Akademie der Künste in Berlin und der Hansestadt Rostock wurden jetzt neu geregelt. Rostocks Oberbürgermeister Roland Methling unterzeichnete jetzt eine entsprechende Vereinbarung. Ab sofort sind die Bestände des Rostocker Kempowski Archivs nicht mehr Eigentum seiner Nachkommen, sondern gehören jetzt der am 11. Oktober 2005 gegründeten Kempowski Stiftung "Haus Kreienhoop". Haus Kreienhoop, Anfang der 1970er Jahre nach den Vorstellungen von Walter Kempowski gebaut, liegt am Rand des Dorfes Nartum nordöstlich von Bremen inmitten von Feldern und Wiesen, am Horizont Birken, dahinter beginnt das Stellingsmoor. Hier lebte und arbeitete Walter Kempowski bis zu seinem Tode im Jahre 2007. Durch die neue Vereinbarung wird nun eine langfristige Absicherung des Archivs durch die Hansestadt Rostock und das Kempowski Archiv sichergestellt. 

Walter Kempowski war ein Archivar aus Leidenschaft. Im Zusammenhang mit seinem schriftstellerischen Schaffen entstand eine Sammlung, die eine einmalige Dokumentation des Schreibprozesses einerseits und von Geschichte und Geschichten andererseits ist. Bereits 1992 hat er einen Teil seines Archivs nach Rostock gebracht. Darunter befinden sich zum Beispiel Entwürfe zu den Romanen, Anschauungstafeln zur Werkstruktur, durchschossene Exemplare mit Kempowskis Arbeitseintragungen und verschiedene Ausgaben aus dem In- und Ausland. Ferner besitzt das Archiv zahlreiche Gegenstände, die in den Romanen erwähnt werden: Das von Walter Kempowski gebastelte Modell des Frachters \“Konsul\“, die Bibliothek und das Spielzeug seiner Kindheit, Zigarrenkisten von \“Loeser und Wolff\“, eine Zellentür aus dem Rostocker Untersuchungsgefängnis, hinter der die Mutter gefangen gehalten wurde usw. Die Stadt Rostock verfügt damit über eine einmalige Sammlung, die Literaturfreunde und Geschichtsinteressierte gleichermaßen anspricht. 

Der Seminarraum des Archivs ist im obersten Geschoss eingerichtet. Hier gibt es die Möglichkeit, Besuchergruppen in kleinerem Umfang zu empfangen und interessierte Besucher können nach Absprache Einsicht in die Archivalien nehmen. 
Hier oben ist auch das Herzstück des Archivs untergebracht. Die grün eingebunden Bände beinhalten jene umfangreiche Materialsammlung, die Walter Kempowski besonders für die Rostocker Teile seiner Romane zusammengetragen hat. Die Lebenserinnerungen der Mutter, des Bruders, der Schwester, von Freunden und Bekannten aber auch von Fremden, die zur gleichen Zeit wie die Kempowskis in Rostock lebten, sind hier vereinigt. Walter Kempowski hat bereits Ende der 1950er Jahre mit dem begonnen, was man später \“Oral History\“ nennen wird. So bat er zum Beispiel seine Mutter, unter bestimmten Gesichtspunkten aus ihrem Leben zu erzählen. Kopien der Tonbänder dieses Interviews befinden sich ebenfalls im Archiv. Das Prinzip Zeitzeugen in das eigene Werk zu integrieren, durchzieht die Bücher Kempowskis. Besonders in den drei Materialienbänden der \“Deutschen Chronik\“ sind fremde Stimmen vereint. Die höchste Ausprägung erfährt dieses Prinzip jedoch im vielbändigen \“Echolot\“, dem kollektiven Tagebuch des Zweiten Weltkriegs.

Im Kempowski Archiv findet auch seit dem 24. Juni 2008 die Sonderausstellung "Walter Kempowski. Quellen zur Deutschen Chronik" statt. In dem literarischen Werk von Walter Kempowski nimmt \“Die Deutsche Chronik\“ einen zentralen Platz ein. In insgesamt sechs Romanen und drei Materialsammlungen hält der Sohn eines Rostocker Reeders und Schiffmaklers das Leben seiner Familie vom 19. bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts hinein fest. Sie sind ein schriftstellerisches Zeugnis für das sich verändernde bürgerliche Leben in einer norddeutschen Hansestadt. Am Anfang und im Zentrum dieses Romanzyklus’ steht eine umfangreiche Materialsammlung (Briefe, Urkunden und Alltagsbelege), welche die Geschichte der Familie dokumentiert. In der Ausstellung zeigt das Kempowski Archiv Rostock die ausdrucksstärksten Dokumente dieser Sammlung: Feldpostbriefe des Vaters (1916), erhaltene Packzettel für Lebensmittelsendungen in das Gefängnis Bautzen, Walter Kempowskis Mitarbeiterkarte für die amerikanische Military Labour Company (1948) und zahlreiche weitere, bisher unveröffentlichte Detailbelege der Familiengeschichte. Die Ausstellung kann noch bis zum 24. August 2008 dienstags bis sonntags von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr und donnerstags von 9.30 Uhr – 12.00 Uhr besichtigt werden. Sonderführungen gibt es jeden Mittwoch um 17.00 Uhr. 

Kontakt
Kempowski-Archiv-Rostock – 
Ein bürgerliches Haus 
Klosterhof Haus 3
18055 Rostock
Tel.: 0381 / 203 – 75 40
kempowski-archiv-rostock@t-online.de

Quelle: MVticker, 30.7.2008; Kempowski Archiv; Aktuelles Kempowski Archiv

Ausstellung über den Judenretter Hans Calmeyer in Celle

In einem kleinen Museum im Nachbarhaus der um 1740 errichteten Synagoge in Celle wird am 31. Juli 2008 um 19 Uhr eine Ausstellung über den Osnabrücker Rechtsanwalt und \“Judenretter\“ Hans Calmeyer durch ihren Kurator, den Historiker und Medienwissenschafler Joachim Castan, eröffnet. Beteiligt an der Ausstellung in Celle ist auch das Stadtarchiv Celle. Stadtarchivarin Sabine Maehnert erklärte, dass hier erstmals viele Bilder und Privatfotos aus dem niederländischen Forschungsinstitut für Zeitgeschichte gezeigt werden. Die Ausstellung thematisiert das Leben und Werk des Osnabrücker Rechtsanwalts Hans Calmeyer (1903–1972), der während der deutschen Besatzung der Niederlande Tausende von Juden vor der Deportation und damit vor der Ermordung in den NS-Vernichtungslagern bewahrte. Konzipiert wurde die Ausstellung anlässlich des 100. Geburtstags von Hans Calmeyer im Juni 2003 vom Erich Maria Remarque-Friedenszentrum in Osnabrück. Wie bedeutend sein Handeln während der Zeit des Nationalsozialismus war, geriet in der Nachkriegszeit in Vergessenheit und interessierte viele auch gar nicht mehr. Aus diesem Grunde ist die Geschichte von Hans Calmeyer ein bisher weitgehend unbekanntes Kapitel in der Chronik der Judenrettung im 2. Weltkrieg. Erst 1988 begann man damit, seine Geschichte zu erforschen und in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. In Anerkennung seiner Verdienste wurde er daraufhin 1992 von Yad Vashem als "Gerechter der Völker" geehrt und ihm 1995 posthum die höchste Auszeichnung seiner Heimatstadt Osnabrück, die Mösermedaille, verliehen.

Schwerpunkt der Ausstellung ist Calmeyers Zeit in den Niederlanden. Thematisiert wird, wie die „Dienststelle Calmeyer“ in die deutsche Besatzungsverwaltung eingebettet war und wie es gelang, bürokratische Freiräume für die Rettung von Juden zu schaffen. Aus den Quellen geht dabei hervor, daß Calmeyer zwar im Verbund mit Mitarbeitern seiner Dienststelle und vertrauten Niederländern zusammenarbeitete – der Motor und Zentrum der Rettungsaktion war er indes selbst. Dargelegt wird außerdem, wie Calmeyer zu einem Menschen wurde, der innerhalb des NS-Systems sich gegen die Barbarei des Holocausts stellte. Deshalb wird Calmeyers Leben vor und nach seiner Zeit in den Niederlanden ebenfalls dokumentiert. Anhand von Schriftstücken, Fotografien und Graphiken werden selbst administrative Vorgänge anschaulich dargestellt. Zusätzlich bieten Zeitzeugenaussagen und die Darstellung von Einzelfällen die Möglichkeit, einzelne Aspekte zu personalisieren. Als Ergänzung zur Ausstellung ist auch ein von Joachim Castan verfasster Katalog erschienen. Die Ausstellung ist bis zum 5. Oktober 2008 in Celle zu besichtigen.

Kontakt
Stadtarchiv Celle
Westerceller Straße 4
29227 Celle
Tel.: 05141 / 93600 – 0
Fax: 05141 / 93600 – 29
stadtarchiv@celle.de

Erich Maria Remarque-Friedenszentrum 
Markt 6 
49074 Osnabrück 
Tel.: 0541 / 969 – 2448 oder 0541 / 323 – 2109
Fax: 0541 / 323 – 4355 
remarque-zentrum@uni-osnabrueck.de

Quelle: epd Niedersachsen-Bremen, 21.7.2008; Ausstellungen Erich Maria Remarque-Friedenszentrum

Ein falscher Kriegsheimkehrer in Sigmaringen und anderswo

"Der Fall Daubmann 1932 – Ein falscher Kriegsheimkehrer in Sigmaringen und anderswo" ist eine Ausstellung des Landesarchivs Baden-Württemberg und des Instituts für Geschichte der Universität Karlsruhe (TH). Die Ausstellung, die bereits am 18. Juni 2008 eröffnet wurde, ist noch bis zum 26. September 2008 im Staatsarchiv Sigmaringen zu besichtigen. Es begann mit einer Bahnfahrkarte und entwickelte sich zu einer der peinlichsten Affären am Ende der Weimarer Republik. Der 1932 (!) als vermeintlich letzter Kriegsheimkehrer gefeierte Oskar Daubmann zog Tausende mit seinen Erzählungen in seinen Bann. Er narrte all jene, die aus nationalistischem Interesse den Geschichten über seine angebliche französische Kriegsgefangenschaft in Afrika glaubten: eine Köpenickiade und ihre Entlarvung am Vorabend der Naziherrschaft. In der Ausstellung wird der Ablauf dieses Ereignisses anschaulich aufbereitet und deren Einordnung in die Stimmung der Zeit versucht. Viele Ausstellungsstücke können erstmals einer größeren Öffentlichkeit präsentiert werden, so ein Eintrag des angeblichen Daubmann im Goldenen Buch der Stadt Sigmaringen. Dazu werden handschriftliche Zeugnisse gezeigt und die Beweise, anhand derer er schließlich überführt wurde. Die Ausstellung ist eine Projektarbeit des Seminars \“Archivwesen\“ am Institut für Geschichte der Universität Karlsruhe (TH) im Sommersemester 2004.

Kontakt
Staatsarchiv Sigmaringen
Karlstraße 1+3
72488 Sigmaringen
Tel.: 07571 / 101 – 551
Fax: 07571 / 101 – 552
stasigmaringen@la-bw.de

Quelle: Ausstellungen Staatsarchiv Sigmaringen

Zwischen Heimweh und Häuslebauen – Die Geschichte der Italiener im Raum Pforzheim wird aufgearbeitet

Kaum ein Land weckt so viele Sehnsüchte und wohlige Gefühle bei den Deutschen wie die Gefilde südlich des Brenners: Jeden Sommer ziehen die Teutonen in Massen an die Adria, in die Toskana oder nach Sizilien. Doch lange bevor Deutsche nach Süden zogen, kamen schon Italiener zu uns in den Norden: Zum Eisenbahnbau, in die Ziegeleien, als Bauhandwerker oder Straßenarbeiter.

Verschiedene Institutionen in der Region haben sich nun zusammengeschlossen, um diesen Teil der italienisch-deutschen Geschichte in Pforzheim und im Enzkreis zu erforschen und zu dokumentieren. „Bereits im 18. Jahrhundert finden wir Spuren italienischer Gäste in unserer Region,“ berichtet Dr. Karl Mayer vom Archiv des Enzkreises, der im Projekt mitarbeitet: „Nicht nur als Erbauer des Graevenitz’schen Schlosses in Heimsheim, auch als Kaufleute, Weinhändler oder Kaminfeger waren sie hier tätig.“ 

Einige Italiener wurden im Zweiten Weltkrieg zur Zwangsarbeit gezwungen, die weitaus meisten wurden jedoch ab den späten fünfziger Jahren angeworben und fanden in den Fabriken und auf den Baustellen des bundesrepublikanischen Wirtschaftswunder-Landes Arbeit. Aber nicht nur das „Häusle bauen“ prägte die Geschichte der italienischen „Gastarbeiter“ – ebenso groß war das Heimweh, oft verstärkt durch die ablehnende Haltung der eingesessenen Bevölkerung. 

Die Spuren, die Italiener hinterlassen haben, sind vielfältig und beschränken sich nicht auf Eisdielen, Pizzaservice oder Motorroller. „Viele der vor etwa 50 Jahren hierher Gekommenen sind geblieben und Teil unserer Gesellschaft und Kultur geworden,“ beschreibt Historiker Mayer. Viele hätten sich zusammen mit Einheimischen in deutsch-italienischen Gesellschaften engagiert. Mayer: „Seither wächst das gegenseitige Verständnis, Vorurteile werden abgebaut. Die große Zahl an Partnerschaften zwischen deutschen Kommunen oder auch dem Enzkreis mit italienischen Pendants und die zahlreichen gegenseitigen Besuche unterstreichen diese wachsende Nähe und die Selbstverständlichkeit im Umgang miteinander.“

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Abb.: Die Autobahn Stuttgart-Karlsruhe wurde im Raum Pforzheim in den sechziger Jahren ausgebaut; auf solchen Großbaustellen kamen zahlreiche ausländische Arbeiter zum Einsatz, darunter viele Italiener (Foto: Enzkreis)

Kreisrat Hans-Peter Huber aus Ispringen hatte die Initiative für das Projekt „Geschichte der Italiener im Raum Pforzheim“ ergriffen: „Vor dem Hintergrund von Immigration und Integration, aber auch von Vorurteilen und Missverständnissen finde ich es wichtig, die italienische Geschichte im Enzkreis und in der Stadt Pforzheim intensiv zu erforschen – vor allem, solange die Generation der Zuwanderer aus den Fünfzigern noch lebt.“ Hubers Idee stieß auf große Resonanz: Seit Ende vergangenen Jahres treffen sich Vertreter des Kreisarchivs und des Medienzentrums, der Stadtarchive Pforzheim (Dr. Christian Groh) und Mühlacker (Marlis Lippik), der deutsch-italienischen Gesellschaften Pforzheim (Vittoria Eisen) und Mühlacker (Hermann Fasching) und des italienischen Generalkonsulats (Paola Tassoni).

Inzwischen sind die Planungen abgeschlossen und erste konkrete Schritte unternommen worden, wie Kreisarchivar Konstantin Huber berichtet: „Mein Rastatter Kollege Martin Walter wird ein Buch über das Thema schreiben, Dr. Mayer und ich unterstützen ihn durch Materialsuche in den Gemeindearchiven und betreuen die Herausgabe des Buches.“ Die Stadtarchive Pforzheim und Mühlacker stellen weitere Text- und Bildquellen zur Verfügung. Archivar Walter habe sich als Autor des Werkes „Italienische Spuren im Landkreis Rastatt“ bereits einen Namen gemacht, wie Huber betont. 

Parallel organisiert das Medienzentrum unter Federführung von Wolfgang Antritter und Jutta Pleick-Ott Interviews mit italienischen Gastarbeitern der „ersten Generation“; die deutsch-italienischen Gesellschaften stellen die notwendigen Kontakte her. Schüler der 11. Klasse des Mühlacker Theodor-Heuß-Gymnasiums haben erfolgreich Probeinterviews durchgeführt und freuen sich nun auf die Fortsetzung dieser Zeitreise im kommenden Schuljahr. „Die per Interview gewonnenen Erkenntnisse dienen nicht nur als Grundlage der geplanten Buchveröffentlichung. Es soll auch Unterrichtsmaterial für die Schulen zu Geschichte und Gegenwart italienischer Mitbürger im Raum Pforzheim entstehen,“ freut sich Antritter.

„Unser Projekt ist ergebnisoffen,“ betont Konstantin Huber. „Wir wollen nicht nur eine Erfolgsgeschichte schreiben und dokumentieren. Vergangene und noch bestehende Defizite und Vorurteile im Verhältnis zwischen Deutschen und Italienern sollen genauso thematisiert und angesprochen werden – gerade im Schulunterricht.“ Die Mitarbeitenden hoffen, dass so die Beschäftigung mit der „Geschichte der Italiener im Raum Pforzheim“ dazu beitragen kann, das verständnisvolle Miteinander der Menschen unterschiedlicher Herkunft zu fördern.

Kontakt:
Landratsamt Enzkreis – Kreisarchiv
Zähringerallee 3 
75177 Pforzheim
Telefon: 07231 308-423 
Fax: 07231 308-837 
Kreisarchiv@enzkreis.de 

Quelle: Enzkreis, Pressemitteilung 211/2008, 29.7.2008

Nutzung der Psychiatrie- und sonstigen Patientenakten im Landesarchiv Berlin

Die Witwe des 1991 verstorbenen Schauspielers Klaus Kinski, Minhoi Loanic, hat Strafanzeige gegen das Berliner Landesarchiv und die Vivantes-Kliniken wegen Verletzung des Privatgeheimnisses und Verstoß gegen das Berliner Datenschutzgesetz gestellt. Unter den vergangene Woche an das Landesarchiv übergebenen Psychiatrie-Akten des landeseigenen Klinikkonzerns befand sich auch eine Krankenakte Kinskis, die im Jahr 1950 bei einem dreitägigen Klinikaufenthalt des Schauspielers angelegt wurde.

Mit der Übergabe von ca. 90.000 Akten der ehemaligen Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik aus der Zeit von 1880-1960 an das Landesarchiv Berlin (siehe Bericht vom 23.7.2008) ist erstmals die geregelte Nutzung dieser historisch bedeutsamen Unterlagen ermöglicht worden. Dabei muss der Umgang mit Patientenakten äußerst sensibel erfolgen. Die Akten sind vom Landesarchiv nicht in Gänze veröffentlicht worden. Das wird auch in Zukunft nicht geschehen. 

Die Nutzung der Unterlagen erfolgt im Landesarchiv Berlin auf der Grundlage des Gesetzes über die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Landes Berlin. Der Gesetzgeber hat in § 8 Archivgesetz bestimmt, dass grundsätzlich jeder das Recht hat, Archivgut nach Ablauf bestimmter Schutzfristen zu nutzen. Allerdings bedarf die Nutzung in jedem Einzelfall der Genehmigung des Landesarchivs Berlin. Die Genehmigung wird den Betroffenen und ihren nächsten Angehörigen stets erteilt, anderen jedoch nur, wenn die jeweiligen Schutzfristen abgelaufen sind. 

Zusätzlich unterliegen personenbezogene Unterlagen wie Patientenakten besonderen Bedingungen, denn Personen genießen bis zum Ablauf von zehn Jahren über ihren Tod hinaus den Schutz ihrer Privat- und Intimsphäre (\“postmortaler Persönlichkeitsschutz\“). Das Landesarchiv hat dabei den Schutz des Patientengeheimnisses sicherzustellen. Auch danach endet der Schutz nicht automatisch, sondern er ist mit dem Grundrecht auf Informationsfreiheit (Art. 5 Grundgesetz) abzuwägen: Je länger der Zeitpunkt des Todes einer Person zurückliegt, desto größeres Gewicht kommt dem Recht der Öffentlichkeit auf freien Zugang zu Wissen und Information zu. Akten über Patienten, an denen kein vergleichbares öffentliches Interesse besteht, dürfen auch künftig selbst nach Ablauf der Schutzfristen grundsätzlich nicht in personenbezogener Form genutzt werden. Darauf können die Patienten vertrauen. 

Bei der Patientenakte zu Klaus Kinski, der unzweifelhaft als Person der Zeitgeschichte anzusehen ist, war die zehnjährige Schutzfrist bereits 2001 abgelaufen. Das Landesarchiv Berlin war deshalb berechtigt, die Akte aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles jetzt der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Abwägung des postmortalen Persönlichkeitsschutzes mit der Informationsfreiheit sprach für die Veröffentlichung. 

Allerdings hat der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit festgestellt, dass die Angaben über die Ärztin, die in einer Beziehung zu dem Schauspieler stand, vor einer Offenlegung der Akte hätten anonymisiert werden müssen. Da die Witwe von Klaus Kinski inzwischen Strafantrag gestellt hat, wird das Landesarchiv Berlin die gesamte Akte jedenfalls bis zum Abschluss der Ermittlungen unter Verschluss halten. 

Kontakt:
Landesarchiv Berlin 
Eichborndamm 115 – 121 
13403 Berlin 
Tel.: 0 30 / 90264 – 0 
Fax: 0 30 / 90264 – 201 
info@landesarchiv-berlin.de

Quelle: Gemeinsame Presseerklärung Dr. Alexander Dix (Berliner Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit) und Prof. Dr. Uwe Schaper (Direktor Landesarchiv Berlin), 29.7.2008; FAZ, 29.7.2008