Frankfurter Archivzentrum ersteigert wertvolle Urkunde für das Schopenhauer-Archiv

Mit Unterstützung der Schopenhauer-Gesellschaft konnte das Archivzentrum der Universitätsbibliothek Frankfurt am Main ein wichtiges Dokument zur Geschichte der berühmten Familie Schopenhauer aus dem Jahr 1820 erwerben.

Die Urkunde wurde auf der 10. Auktion des Historischen Wertpapierhauses vom 2. bis 4. Mai 2008 in Würzburg zur Versteigerung angeboten. Sie belegt, dass der 1766 in Danzig geborenen Johanna Schopenhauer, Mutter des berühmten Frankfurter Philosophen Arthur Schopenhauer (1788-1860), sowie deren Tochter Adele vom wirtschaftlich angeschlagenen Handelshaus Abraham Ludwig Muhl & Co. eine Leibrente von 300 Reichstalern zugesprochen wurde.

Die Schriftstellerin und Hofrätin Johanna Schopenhauer und ihre Tochter Adele waren in der Folge des Bankrotts des Handelshauses Muhl von 1819 in wirtschaftliche Nöte geraten. Johanna hatte 70 Prozent ihrer gesamten dortigen Einlagen verloren. Der ebenfalls betroffene Arthur Schopenhauer (1788-1860) ließ sich nicht auf einen Vergleich des Handelshauses ein und konnte somit – im Gegensatz zur Mutter und Schwester – seine eigenen Finanzanlagen nach dreijähriger intensiver Verhandlung retten. Aufgrund seiner jahrelangen Meinungsverschiedenheiten mit der Mutter verweigerte Arthur in der Folgezeit die finanzielle Unterstützung, so dass Johanna ihren aufwendigen Lebensstil in Jena nicht mehr weiter finanzieren konnte. Die Schriftstellerei wurde bis zu ihrem Tod im Jahre 1838 zu ihrer vorrangigen Einnahmequelle.

Die Urkunde mit der neuen Signatur Schop, XXVI, 40 ist sehr gut erhalten. Drei der acht auf Blütenpapier geschriebenen, doppelseitigen Folioseiten wurden handschriftlich verfasst. Sämtliche Seiten sind rechts bestoßen und haben eine Knickfalte. Im Absender wird das Handelshaus Abraham Ludwig Muhl & Co. genannt.

Das Archivzentrum freut sich, ein solch zentrales Dokument zur wissenschaftlichen Untersuchung des schwierigen Verhältnisses von Arthur Schopenhauer zu seiner Mutter Johanna Schopenhauer in seinen Beständen zu wissen. Die Vermögens- und Familienverhältnisse der Familie Schopenhauer können anhand der umfangreichen Unterlagen aus dem Nachlass von Arthur Schopenhauer von Montag bis Freitags jeweils von 9:30 – 16:30 h nach Voranmeldung und im Rahmen der Benutzungsordnung eingehend untersucht werden.

Kontakt:
Universitätsbibliothek Frankfurt am Main
Dr. Mathias Jehn
Leiter des Archivzentrums
Bockenheimer Landstraße 134-138
60325 Frankfurt am Main
Tel: 069/ 798-39007
archivzentrum@ub.uni-frankfurt.de

Quelle: Archivzentrum UB Frankfurt am Main, Pressemitteilung, 14.5.2008

Tag der Archive am 18. Mai 2008 in Rudolstadt

Auf Initiative des VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e. V. fand im Jahr 2008 wieder ein bundesweiter „Tag der Archive“ statt. Das Thüringische Staatsarchiv Rudolstadt sowie das Stadtarchiv und die Historische Bibliothek der Stadt Rudolstadt führen diese Veranstaltung am Sonntag, den 18. Mai 2008 durch. 

Der „Tag der Archive“ im Jahr 2008 widmet sich dem Thema „Heimat und Fremde“. Durch die Präsentation ausgewählter Archivalien, eine Ausstellung zu historischer Reiseliteratur sowie eine Filmvorführung soll ein Schlaglicht darauf geworfen werden, in welcher Vielfalt sich das Thema der „Fremde“ in der Überlieferung der Archive und Bibliotheken widerspiegelt: Die Fremde als Sehnsuchtsziel des Reisenden bis hin zur neuen Lebensstation von Emigranten, die ihre Heimat aus vielfältigen Zwängen heraus verlassen mussten.

Auf Schloss Heidecksburg finden parallel zum „Tag der Archive“ die Veranstaltungen des Landesmuseums Heidecksburg zum „Internationalen Museumstag“ statt.

Link: Programm des Tages der Archive in Rudolstadt (PDF)

Kontakt:
Thüringisches Staatsarchiv Rudolstadt
Schloss Heidecksburg
07407 Rudolstadt
Tel: 03672/43 190
Fax: 03672/43 1931
rudolstadt@staatsarchive.thueringen.de

Stadtarchiv und Historische Bibliothek Rudolstadt
Stiftsgasse 2 
07407 Rudolstadt 
Tel. (0 36 72) 48 61 50 
Fax (0 36 72) 48 61 69
Stadtarchiv@rudolstadt.de

Stadtarchiv Bad Tölz zieht um

Voraussichtlich Anfang Juni 2008 öffnet das Stadtarchiv Bad Tölz in neuen Räumen. Nach Fertigstellung eines Neubaus in der Mühlgasse zieht das Archiv dieser Tage aus dem ehemaligen Amtsgericht aus. Im neuen Gebäude ist auf drei Stockwerken mit insgesamt 360 Quadratmetern Platz für sämtliche Bestände. Im Bestand befinden sich unter anderem Urkunden aus dem 14. Jahrhundert sowie Brief- und Ratsprotokolle seit dem 18. Jahrhundert.

Die Stadt Bad Tölz investiert für den Umbau, die Möblierung, den Einbau eines Rollregalsystems und eines Bücheraufzug sowie für den Umzug des Archivs rund 140. 000 Euro. 

Für das Stadtarchiv bedeuten die neuen Räumlichkeiten, insbesondere die Magazinfläche, eine deutliche Verbesserung der Bedingungen. Bislang, so schildert Archivarin Manuela Strunz dem Tölzer Kurier, waren die Bestände in verschiedenen Depots im Speicher, im Rathaus und im Stadtmuseum Bad Tölz verstreut. 

Kontakt:
Stadtarchiv Bad Tölz
Hindenburgstr. 21
83646 Bad Tölz
Tel.: 08041 / 740583 
Fax : 08041 / 796867

Quelle: Tölzer Kurier, 13.5.2008

Haus der Stadtgeschichte in Kreuznach geplant

„Man kann die Zukunft nicht gestalten, ohne die Vergangenheit zu kennen. Daher sind Archive für eine Stadt von großer Bedeutung “, begrüßte Oberbürgermeister Andreas Ludwig 47 Archivarinnen und Archivare aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland, die sich zu ihrer 67. Fachtagung in Bad Kreuznach trafen. Mit Hilfe einer Stiftung soll in Bad Kreuznach ein Haus der Stadtgeschichte entstehen, kündigte er an. „Dafür drücke ich alle Daumen“, wünschte die Leiterin des Landeshauptarchivs in Koblenz, Dr. Elsbeth Andre, viel Erfolg. Denn in dem derzeit räumlich stark beengten Stadtarchiv Bad Kreuznach herrschen keine optimalen Arbeitsbedingungen.

Durch die engagierte Arbeit von Stadtarchivarin Franziska Blum-Gabelmann ist das Interesse und die finanzielle Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. Erst kürzlich konnte sich das Stadtarchiv wieder über eine private Spende in Höhe von 1.000 Euro freuen. 

Die Archive sollen zu einem Lernort werden. Zu diesem Zweck haben das Landeshauptarchiv Koblenz und das Landesarchiv Speyer die Zusammenarbeit mit den Schulen verstärkt und die Arbeitsgemeinschaft „Schule und Archiv“ ins Leben gerufen. „Diese Arbeitgemeinschaft ist offen für alle“, warben Dr. Walter Rummel (Speyer) und Dr. Christine Goebel (Koblenz) bei den anwesenden Archivarinnen und Archivaren der öffentlichen und kirchlichen Verwaltungen um Mitarbeit. Gemeinsam mit Lehrerinnen und Lehrern werden ein Lehrplan und ein Materialienkatalog erarbeitet. Andere Bundesländer sind schon einige Schritte weiter. In Hessen und in Nordrhein-Westfalen sind Lehrer zu Archivpädagogen ausgebildet und für diese Arbeit befristet freigestellt. In Bayern gibt es seit 1998 einen Archivbeauftragten, in Baden-Württemberg regelmäßig Tagungen für Archivpädagogen und mittlerweile Archivführungen für Kindergärten. Darüber hinaus haben viele Projektarbeiten mit Schulen das Interesse an Archiven geweckt 

In Rheinland-Pfalz entwickelt sich eine Zusammenarbeit mit Universität Mainz. Außerdem wollen die Archivare im September bei einer landesweiten Aktion in Speyer bei den Schulen für eine Teilnahme an dem Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten werben.

Auf großes Interesse stieß am Ende der Tagung der Bericht von Archivarin Franziska Blum-Gabelmann über die laufende Generalrevision im Stadtarchiv Bad Kreuznach und die Fotoausstellung „Das Stadtarchiv im Schokoladenhaus“, die von 1.200 Menschen an drei Tagen besucht wurde. Das Wissen und die Geschichte der Stadt aus dem Archiv an Originalschauplätze zu tragen, ist ein erfolgreicher Weg, den die Archivarin mit Unterstützung von ehrenamtlichen Helfern und Sponsoren weiter gehen wird.

Der Lernort Archiv wird daher auch in Bad Kreuznach in den nächsten Jahren noch an Bedeutung gewinnen und dazu beitragen das Profil des Archivs als Forschungs- und Bildungseinrichtung zu stärken. Zum Abschluss der Tagung besuchten die Teilnehmer nach einem Stadtrundgang das Museum für Puppentheaterkultur

Kontakt:
Stadtarchiv Bad Kreuznach
Dessauerstraße 49
55545 Bad Kreuznach
Telefon: 0671 / 9201162
stadtarchiv-bad-kreuznach@t-online.de

Quelle: Stadt Bad Kreuznach, Nachrichten, 6.5.2008; Allgemeine Zeitung Bad Kreuznach, 8.5.2008

Ausstellung zum Völkermord an den Sinti und Roma jetzt in Stuttgart

Das Stadtarchiv Stuttgart zeigt noch bis zum 29. Mai 2008 die Ausstellung \“Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma\“. Jahrzehntelang fand der Völkermord an der Minderheit der Sinti und Roma im nationalsozialistisch besetzten Europa nur geringe Beachtung. Nach 1945 gab es eine Kontinuität der Diskriminierung. Erst seit Mitte der 1980er Jahre ist das Schicksal dieser (und anderer) vergessener Opfer ins öffentliche Bewusstsein gerückt und zu einem festen Bestandteil der historischen Erinnerung geworden.

1997 wurde im neueröffneten Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg erstmalig eine Ausstellung der Öffentlichkeit vorgestellt, die den Völkermord an den Sinti und Roma darstellte. In seiner Eröffnungsansprache sagte der damalige Bundespräsident Roman Herzog: \“Der Völkermord an den Sinti und Roma ist mit dem gleichen Motiv des Rassenwahns, mit dem gleichen Vorsatz, mit dem gleichen Willen zur planmäßigen und endgültigen Vernichtung durchgeführt worden wie der an den Juden.\“

Die Ausstellung, die nach zahlreichen Stationen nun auch im Stuttgarter Rathaus präsentiert wird, zeichnet die Entwicklung der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik von der stufenweisen Ausgrenzung und Entrechtung der Sinti und Roma im Deutschen Reich bis zu ihrer systematischen Ermordung nach. Zur Ausstellung gibt es in Stuttgart ein Begleitprogramm. Unter anderem wird Karl Fruchtmanns Dokumentarfilm \“Ein einzelner Mord\“ über die Ermordung des 17-jährigen Sinto Anton Reinhardt in den letzten Kriegstagen 1945 im Kino gezeigt.

Kontakt:
Stadtarchiv Stuttgart
Dr. Roland Müller
Silberburgstraße 191
70178 Stuttgart
Telefon 216-6327
stadtarchiv@stuttgart.de

Quelle: Stadt Stuttgart, Pressemeldung, 29.4.2008

Mühlenarchiv mit Sitz in Geldern

Pfingstmontag 2008 ist auch der Tag des 15. Deutschen Mühlentages. Im Rheinland widmet sich der 1993 gegründete Rheinische Mühlenverband e.V. der Aufgabe, die durch Wind-, Wasser- oder Pferdekraft angetriebenen Mühlen zu erforschen und zu erhalten. Ende April 2008 hat der Rheinische Mühlenverband nach zweijähriger Vorbereitung ein Mühlenarchiv in Geldern eröffnet.

Sitz dieser deutschlandweit einzigartigen Einrichtung ist das Kreisarchiv Kleve. Andreas Berger, der Leiter des Kreisarchivs in Geldern, erhält durchschnittlich zwei Anfragen pro Monat zum Thema Mühlenforschung. Nunmehr könne man kompetent Auskunft erteilen und Recherchen durchführen. Denn der Rheinische Mühlenverband hat mehr als 700 Bücher und Hefte, Ordner, Zeitungen, 500 Fotos und neun Mühlenmodelle zusammengetragen, um sie Forschern und Hobby-Heimatkundlern zugänglich zu machen. Die Bestände des Mühlenarchivs setzen sich aus drei Privatarchiven zusammen, erläutert Rudolf Kersting, der Vorsitzende des Rheinischen Mühlenverbands. Zehntausend weitere Fotos und Dias sollen den Bestand noch ergänzen. 

Kontakt:
Kreisarchiv Kleve
Boeckelter Weg 2
47608 Geldern
Telefon: 02831/391-814
Telefax: 02831/391-860
andreas.berger@kreis-kleve.de 

Rheinischer Mühlenverband e.V.
Weberstr. 30
47533 Kleve
Tel. 02821 – 971687
Fax 02821 – 971688
RudolfKersting@gmx.de

Quelle: Andreas Gröhbühl, RP Online, 23.4.2008

Über 400 Jahre alte Kalender mit persönlichen Eintragungen

Bereits im 16. Jahrhundert gab es Taschenkalender, in die man persönliche Notizen eintragen konnte. Im Staatsarchiv Wertheim haben sich eine ganze Reihe von diesen „Schreibkalendern“ erhalten, darunter aus den Jahren 1561 bis 1598 fast dreißig Hefte des Grafen Ludwig III., des Stammvaters beider Linien der Grafen von Löwenstein-Wertheim.

Die Kalender erlauben uns einen faszinierenden Einblick in das Leben dieses Grafen in einer längst vergangenen Zeit. Ludwig hielt auf Deutsch, Französisch und Latein zum Beispiel seine Besuche am Kaiserhof fest, seine Reisen und wann er auf Jagd ging, seine Teilnahme an der Krönung Maximilians II. und notierte etwa die Gerichtstermine für Auseinandersetzungen mit dem Herzogtum Württemberg wegen der Grafschaft Löwenstein. Die Einträge sind äußerst knapp, wie heute bei unseren Terminkalendern üblich. Damals waren es wohl vor allem Gedächtnisstützen für spätere Zeiten. Beim Tod seiner Mutter am 20. April 1566 etwa notierte Graf Ludwig nur: mortua hora 9 ante meridie – gestorben 9 Uhr vormittags. Geburtstermine der Kinder wurden festgehalten und später die Ausgaben für deren Studium in Straßburg. Ludwig schrieb es sich auf, wenn er einem Boten Geld für die Kinder in Straßburg mitgegeben hatte.

Auch die Beamten des Grafen führten solche Kalender. Ein Hausvogt hielt im Jahr 1603 nahezu täglich fest, was er bekommen und ausgegeben hatte. Da ist die Rede von Bier und Butter, von Wein und Hafer, von Karpfen und Hämmeln, von Schweinen und Pferden. Wenn mal wieder ein Fass Bier auf den Breuberg geschickt worden war, wurde dies eingetragen.

Andere Informationen enthalten die Kalender von Elias Bausback, der in den Jahren des 30-jährigen Krieges als Schreiber und Verwalter für die Grafen tätig war. Auch Bausback schrieb Privates wie Hochzeiten und Todesfälle in seine Kalender, aber auch historisch bedeutsame Ereignisse. Im Februar 1627 herrschte schlechtes Wetter (in der Nacht bei geworfenem Schnee allerhand Ungezifer von Raupen, Regenwürmern. Heuschrecken und anderem gesehen worde). 1630 hielt Bausback Hexenverbrennungen fest und den Tod der Gräfin Walburga am 2. August: Hochwohlgeborn Fräulein Walburg, Gräfin zu Löwenstein-Wertheim, in Gott seeliglich entschlafen, deren Seele Gott gnad. Im Jahr 1632, als ganz Franken von den Schweden besetzt war, notierte Bausback die Huldigung der Wertheimer an die Schweden und eine evangelische Messe in der Bronnbacher Klosterkirche – die Mönche waren vor den Schweden geflohen. Und schließlich hat Bausback sich als Beamter auch immer für seine Besoldung interessiert und in jedem Heft festgehalten, was er in dem Jahr verdient hatte.

Kontakt:
Staatsarchiv Wertheim
Bronnbach 19
97877 Wertheim
Telefon: 09342/91592-0
Telefax: 09342/91592-30
stawertheim@la-bw.de

Quelle: Staatsarchiv Wertheim, Neue Publikationen, 2.5.2008

Besuch von Karlsruher Vorschülern im Generallandesarchiv

Seit langem steht das Generallandesarchiv Karlsruhe (GLA) für Schüler aller Schularten und Altersstufen offen. Ihnen werden jeweils auf ihre Möglichkeiten abgestimmte allgemeine oder thematische Führungen angeboten. Schüler bearbeiten zusammen mit ihren Lehrern engagiert eigene Fragestellungen, präsentieren ihre Ergebnisse in ihren Schulen und Heimatorten, nehmen erfolgreich am Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten (Körber-Stiftung) und der vom GLA bereits im Jahr 2000 ins Leben gerufenen jährlichen Karlsruher Tagung für Archivpädagogik teil.

Im steten Bemühen, seine Informationsangebote für die Öffentlichkeit noch attraktiver zu gestalten, baut das GLA sein Aktivitäten immer weiter aus. Am 15. und 17. April 2008 waren wieder zwei speziell vorbereitete Gruppen von 27 Vorschulkindern im Alter von 6 Jahren aus einem Karlsruher Kindergarten im Dienstlokal an der Nördlichen Hildapromenade zu Gast. 

Im Foyer wurden sie und ihre Erzieherinnen nicht nur vom zuständigen Archivar, sondern auch von einem schwarzen Spielzeugritter empfangen, der als Führer für eine kleine Zeitreise fungierte. Diese begann nach einem spielerischen Gespräch, das sich um die Bedeutung von Zeit und Erinnerung sowie Sinn und Zweck des Lesen- und Schreibenlernens drehte, vor einem Bild Friedrichs des Siegreichen von der Pfalz und einer alten Geldtruhe, führte sodann durch die Schatzkammer des Magazins in ein Arbeitszimmer, in dem die Kinder einen Gemarkungsplan des 16. Jahrhunderts betrachten und eine mittelalterliche Kaiserurkunde – selbstverständlich als Faksimile – \“begreifen\“ konnten. 

Von hier ging es zu einer Vorführung in die Restaurierungswerkstatt. Mit Eifer fertigten die Kinder ihre eigenen Siegel an. Besonders groß war die Freude bei den kleinen Besuchern, als am Ende der Veranstaltung jeder von ihnen zur Erinnerung an einen ungewöhnlichen Kindergartentag einen Wachssiegelabguss mit nach Hause nehmen durfte, der den jungen Markgrafen Rudolph IV. von Baden um 1300 als gepanzerten Ritter auf seinem Streitroß präsentiert. Die wunderbare Begeisterungsfähigkeit der Kinder wirkte auf alle Beteiligten geradezu ansteckend. Das Generallandesarchiv wird daher mit Engagement auf dem eingeschlagenen Weg fortfahren.

Wie nachhaltig der Besuch auf die Kinder wirkte, zeigten die am folgenden Tag begonnen Aktivitäten: Mit großem Elan schwärmten die Kinder in ihr Wohnumfeld aus, um mit Papier, Stift und Fotoapparat die noch auffindbaren Spuren aus der frühen Neuzeit (Schloß, Mühle, Kirche, See und Garten) zu dokumentieren. Zusätzlich wurde eine eigene \“Zeitung\“ verfasst, die ausführlich über den Besuch im Generallandesarchiv berichtete: ein \“toller Tag\“ für alle.

Kontakt:
Generallandesarchiv Karlsruhe
Nördliche Hildapromenade 2
76133 Karlsruhe
Telefon: 0721/926-2206
Telefax: 0721/926-2231
glakarlsruhe@la-bw.de

Quelle: Rainer Brüning / Generallandesarchiv Karlsruhe, Pressemeldung.

Der Archivar als Allrounder

Rund sechzig Archivexperten aus ganz Deutschland diskutierten auf Einladung des LWL-Archivamtes für Westfalen und der Vereinigten Westfälischen Adelsarchive auf einem Kolloquium am 8. und 9. Mai 2008 in Münster Fragen zum Wandel des Berufsbildes. In der Öffentlichkeit sei das Berufsbild der Archivare noch stark von Folklore geprägt: "Archivare tragen alle eine Brille mit Gläsern, dick wie Flaschenböden, haben eine blasse Hautfarbe, weil sie den ganzen Tag in fensterlosen Kellern arbeiten\“, so Gastgeber Dr. Marcus Stumpf, Leiter des LWL-Archivamtes für Westfalen, der die Tagung "Das Berufsbild des Archivars im Wandel" eröffnete.

Der Arbeitsalltag in einem Archiv sehe dagegen heute ganz anders aus. Vor allem die rasante Entwicklung elektronischer Medien habe das Berufsbild der Archivare aus früheren Jahrhunderten erheblich erweitert. Stumpf: \“Nicht nur mittelalterliche Urkunden und Akten aus dem 19. Jahrhundert muss der Archivar als Allrounder lesen können, sondern er muss heute elektronische Daten dauerhaft sichern – die wohl bislang größte Herausforderung für den Berufsstand. Moderne Speichermedien wie etwa die CD oder die DVD sind dabei völlig untauglich, da sie nur wenige Jahrzehnte halten.\“ Daher müssten Daten softwareunabhängig in bestimmten Formaten (Fotos z.B. im JPEG 2000-Format) gespeichert und regelmäßig in die jeweils neuen Systemumgebungen überführt werden.

\“Der Kommunalarchivar vereinigt viele Funktionen in einer Person\“, so LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Thale in ihrem Grußwort zur Tagung. \“Er ist Dienstleister für die Verwalter, wenn es um die Sicherung elektronischer Daten in der Verwaltung geht. Er ist zugleich Dienstleister für die interessierte Öffentlichkeit, indem das Archiv seine Quellenschätze zur Verfügung stellt. Zudem trägt ein gutes Archiv mit einer breitgefächerten Öffentlichkeitsarbeit dazu bei, dass das Archiv aus der Kulturlandschaft einer Stadt nicht mehr wegzudenken ist.\“

Weitere Grußworte steuerten Rudolph Erbprinz von Croy als Vorsitzender der Vereinigten Westfälischen Adelsarchive, der Präsident des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen Prof. Dr. Wilfried Reininghaus, der VdA-Vorsitzende Prof. Dr. Robert Kretzschmar und der Vorsitzende der Koninklijke Vereniging van Archivarissen in Nederland Dr. Fred van Kan bei, die neben fachlichen Aspekten auch das Wirken des kürzlich in den Ruhestand getretenen Leiters des Westfälischen Archivamtes Prof. Dr. Norbert Reimann würdigten. \“Mit der Tagung\“, betonte Stumpf, der seit März das LWL-Archivamt leitet, \“werden auch die Leistungen meines Amtsvorgängers Prof. Dr. Norbert Reimann gewürdigt, der sich in seiner mehr als 20-jährigen Tätigkeit besonders der Professionalisierung der Kommunalarchive gewidmet hat.\“ 

In der von ihm moderierten 1. Arbeitssitzung zum Thema "Profile archivischer Arbeitsfelder" stellte Prof. Dr. Uwe Schaper (Landesarchiv Berlin) die Frage nach einem einheitlichen, spartenübergreifenden Berufsbild angesichts der Vielfalt der archivischen Landschaft. Der BKK-Vorsitzende Dr. Ernst-Otto Bräunche (Institut für Stadtgeschichte – Stadtarchiv Karlsruhe) bezog sich in seinem Vortrag "Kommunalarchivar – ein neues Berufsbild?" auf das Positionspapier "Das Kommunalarchiv" der Bundeskonferenz Kommunalarchive und leitete daraus verschiedene kommunalarchivische "Produkte" ab. Zu den Kernaufgaben für Kommunalarchive müsse mittlerweile auch die Historische Bildungsarbeit gerechnet werde, betonte Bräunche. Im heutigen Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation sei es für Archivarinnen und Archivare dabei notwendig, nach Kooperationspartnern zu suchen. Diese könnten institutionenübergreifend gefunden werden, aber durchaus auf Seiten der archivischen Dienstleister, wenn es zum Beispiel um die Einführung von Dokumentenmanagementsystemen gehe. Das Instrumentarium der Neuen Medien sei auf allen archivischen Aufgabenfeldern zu finden. Nicht nur dies bedinge qualifiziertes Personal für die Archive. Zugleich sei es aber nicht notwendig, es spezielles Berufsbild "Kommunalarchivar" zu entwickeln.

Die beiden weiteren Referate der ersten Arbeitssitzung hatten mit Unternehmens- und Privatarchiven nicht die öffentlichen Archive im Blick und stellten aufgrunddessen auch andere Berufsprofile vor. Prof. Dr. Manfred Rasch (ThyssenKrupp Konzernarchiv) fragte in seinem Vortrag "Was soll bzw. muss ein Wirtschaftsarchivar können?" und gab zugleich einen Einblick in das Rollenverständnis von Archiven in Unternehmen. Die Unternehmen hätten heutzutage nur ein geringes Interesse an Geschichte. Gewisse Impulse gingen lediglich von Unternehmensjubiläen aus, wobei Festschriften, die vom Unternehmensarchivar selbst erarbeitet worden seien, leicht in den Geruch von Auftragsarbeiten kämen. Der Unternehmensarchivar stehe vor der ständigen Herausforderung, die Notwendigkeit, überhaupt ein Archiv zu unterhalten, nachweisen zu müssen. Dabei erweise es sich als besondere Schwierigkeit, dass es für Unternehmen keine Aktenabgabepflicht gebe. Zudem verlangten die Unternehmen von ihren Archivaren in der Regel auch keine Öffentlichkeitsarbeit, so dass es aus zweierlei Gründen wenig Nutzerdruck von außen gebe. Ein Wirtschaftsarchivar müsse daher mit anderen Mitteln seinen betriebswirtschaftlichen Nutzen für das Unternehmen deutlich machen, was in erster Linie über seine Aufgabe als interner Dienstleister geschehe. Archivarische Kenntnisse seien für den Wirtschaftsarchivar von Vorteil, eine Fachausbildung allerdings nicht erforderlich, so Rasch. Der Unternehmensarchivar müsse hingegen ein Allrounder sein, der über eine gute Allgemeinbildung verfüge. Es müsse innerhalb seines Unternehmens ein Netzwerk mit fachnahen Abteilungen bilden und ebenso nach außen hin Kooperationen, insbesondere zum jeweiligen Stadtarchiv, eingehen.

Auch Dr. Martin Dallmeier (Fürst Thurn und Taxis Zentralarchiv, Regensburg) präsentierte in seinem Vortrag "Privatarchive in der deutschen Archivlandschaft" den Allrounder als Realtypus in der Szene der Privat- und Adelsarchive. In dieser Archivsparte führten – wie bei den Unternehmensarchiven – teilweise ebenfalls strategische Überlegungen des privaten Archivträgers im Blick auf Fragen der Geheimhaltung und der Nutzung dazu, dass es einen Rückgang hauptamtlicher Archivare gebe. Im Vergleich zum organisatorisch und fachlich sehr gut aufgestellten Privat- und Adelsarchivwesen in Nordrhein-Westfalen würde dieser Bereich in anderen Bundesländern nicht über ein notwendiges fachliches Rückgrat und Beratungssystem verfügen. Vielfach seien in Privatarchiven keine Facharchivare tätig, obwohl es sich bei diesen Archiven, insbesondere bei den alten Adelsarchiven, nicht um "Exoten", sondern um Archive mit breiter historischer Überlieferung und entsprechend breiter fachlicher Aufgabenstellung handele. 

Die angeregte Diskussion zum Abschluss der Arbeitssitzung formulierte die Anforderung eines "Archivmanagements" als notwendige Erweiterung der fachlichen Qualifikation heutiger Archivarinnen und Archivare. Die Ausbildung müsse ebenso auf Leitungsaufgaben vorbereiten wie auf die Herausforderungen der Verwaltungsreform. Die Diskutanten wiesen unisono darauf hin, dass es insbesondere angesichts der heutigen IT-Herausforderungen verschüttete, fehlende bzw. noch nicht vorhandene Fachkompetenzen bei jedem einzelnen gebe, die man durch lebenslangen Lernen und Weiterbildungen während des Berufslebens auffrischen und neu erwerben müsse. – Im Rahmen seines öffentlichen Abendvortrages "Die Rolle der Archive in der Gesellschaft" zum Abschluss des ersten Kolloquiumstages wies auch Prof. Dr. Hans-Ulrich Thamer (Westfälische Wilhelms-Universität Münster) auf die Folgen der Wissensrationalisierung im Zeitalter der Neuen Medien hin. Er konstatierte dabei mit dem Philosophen Hermann Lübbe allerdings eine Konjunktur des Archivwesens als Folge der gesellschaftlichen Modernisierungsprozesse: "Gegenwartsschrumpfung", "Vertrautheitsschwund" und der rasche "Veralterungsprozess" der Gegenwart führten zu einem wachsenden Bedürfnis nach "Speicher" sowie zu einer vermehrten Selbsthistorisierung der Gesellschaft. Hiervon könnten auch die Archive und Archivare profitieren, insbesondere wenn sie den Blick auf die Sammlung, Erschließung und Bewahrung nichtamtlichen Archivgutes verstärken würden, um den Makrokosmos im Mikrokosmos zu identifizieren.

Die 2. Arbeitssitzung "Professionalisierung und Qualifizierung im Archivwesen" richtete den Blick auf die Reaktionen der Ausbildungseinrichtungen auf die veränderten Anforderungen an Archivarinnen und Archivare. Das Programm sah zunächst eine von Marcus Stumpf moderierte Runde mit Beiträgen von Dr. Frank M. Bischoff (Archivschule Marburg), Prof. Dr. Hartwig Walberg (Fachhochschule Potsdam) und Fred van Kan vor, die ihre jeweiligen Ausbildungskonzepte vorstellen sollten. Des Weiteren standen Vorträge von Dr. Arie Nabrings (Rheinisches Archiv- und Museumsamt, Pulheim) zum Thema "Fort- und Weiterbildung im Dienst der Archivberatung" sowie von Robert Kretzschmar zum Thema "Profil und Professionalisierung eines archivarischen Berufs- und Fachverbands. Der Verband deutscher Archivarinnen und Archivare" auf dem Programm. Als größtem Berufs- und Fachverband in Europa komme dem VdA bei Fragen der Professionalisierung des Berufsstandes eine besondere Bedeutung zu.

Kontakt:
LWL-Archivamt für Westfalen
Jahnstraße 26
48147 Münster
Tel.: 0251/591-3887
Fax : 0251/591-269
LWL-Archivamt@lwl.org
www.lwl.org/LWL/Kultur/Archivamt/

Quelle: LWL-Pressestelle, 8.5.2008

Erlebte Geschichte im Stadtarchiv Mannheim

Eine neue Publikation zieht derzeit in Mannheim große Aufmerksamkeit auf sich. Erlebte Geschichte lautet das Schlagwort, mit dem trockener Geschichtsunterricht zur sinnlichen Erfahrung werden kann. Der „Verein der Freunde des Stadtarchivs – ISG“ sorgte nun dafür, dass die Erinnerungen von Karl Heinz Mehler und Dieter Wolf, zwei ehrenamtlichen Mitarbeitern des Stadtarchivs – ISG, im Druck erhältlich sind. Unter dem Titel „Verführte Jugend“ berichten die beiden von ihren Erlebnissen in den letzten Weltkriegstagen und während ihrer Gefangenschaft danach.

Wolf und Mehler, Jahrgang 1928 und 1929, gehören zur Hitlerjugendgeneration. Sie waren begeisterte Mitmarschierer und kamen beide zum Kriegseinsatz und in Kriegsgefangenschaft. Die Erkenntnis, Verführte einer schrecklichen Diktatur gewesen zu sein, der Verlust vieler Wertvorstellungen und das Erwachen danach waren für beide sehr schmerzhaft. Ihr Vortrag „Verführte Jugend – Zeitzeugen berichten über ihre Jugend im Nationalsozialismus“ soll Jugendliche auf die Gefahren der Indoktrination aufmerksam machen, das Unrechtsbewusstsein wecken und dazu beitragen, die Erinnerung an ein menschenverachtendes politisches System wach zu halten, welches Teil der deutschen Geschichte ist. Der Vortrag ist in erster Linie als eine Ergänzung des Geschichts-Unterrichts an Gymnasien und Realschulen gedacht. Kenntnisse der Geschichte des Nationalsozialismus werden bei den Schülerinnen und Schülern vorausgesetzt.

Mit dem Thema Nationalsozialismus beschäftigt sich auch die von Mannheimer Kultur- und Bildungseinrichtungen gemeinsam ausgerichtete Veranstaltungsreihe „Verbrannte Freiheit“, die an den 75. Jahrestag der Bücherverbrennung im Mai 1933 erinnert. Das Stadtarchiv – ISG Mannheim ist daran mit zwei Beiträgen beteiligt, u.a. mit einem Rundgang zu Stätten der NS-„Machtergreifung“.

Info:
Mehler, Karl Heinz/Wolf, Dieter: Verführte Jugend. Zeitzeugen berichten über ihre Jugend im Nationalsozialismus. Hrsg. vom Verein der Freunde des Stadtarchivs e.V. Mannheim : v. Brandt, 2008. 
ISBN 978-3-926260-74-1, 8.- Euro (für Mitglieder im Verein der Freunde: 5.- €)

Kontakt:
Stadtarchiv Mannheim
Institut für Stadtgeschichte
Collini-Center
Collinistr. 1
D-68161 Mannheim 
Fon +49 621 293-7027
Fax +49 621 293-7476
stadtarchiv@mannheim.de
www.stadtarchiv.mannheim.de

Quelle: Stadtarchiv Mannheim, Newsletter Nr. 7, 5. Mai 2008