Die Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941-1944“ hat nach Ansicht von Jan Philipp Reemtsma eine Reihe wichtiger Ergebnisse gebracht. In einem dpa-Gespräch nannte der Leiter des Hamburger Instituts für Sozialforschung die breite öffentliche Resonanz, eine Reihe von Anschlussforschungen und veränderte Kontroll-Standards für zeitgeschichtliche Ausstellungen. «Ohne den Wirbel um falsch zugeordnete Bildunterschriften zu Archivfotos in unserer ersten Wehrmachtsausstellung wäre das Bewusstsein für den Recherchebedarf auf diesem Gebiet nie so geschärft worden», sagte Reemtsma.
Wegen einiger fehlerhaft zugeordneter Bildlegenden hatte Reemtsma die 1995 gestartete erste Wehrmachtsausstellung des Instituts 1999 zurückgezogen. Eine völlig neu konzipierte Exposition zum selben Thema ging 2001 auf Tour und ist von diesem Donnerstag an bis zum 28. März zum letzten Mal in Hamburg zu sehen. «Bis dahin war es nicht ungewöhnlich – wenn auch immer kritisierbar – sich bei Fotos einfach auf Provenienzangaben der Archive zu verlassen.» Nach der öffentlichen Resonanz auf diese Missgriffe sei deutlich geworden: «Von nun an wird jeder zusätzlich zu den Archivangaben eigene Recherchen vornehmen müssen. Jetzt gelten andere Standards», sagte Reemtsma.
Ihm sei 1999 schnell klar gewesen, dass eine neue Ausstellung zum Thema Verbrechen der Wehrmacht ganz neu aufgebaut sein müsste. «Wir wollten darin auch über den völkerrechtlichen Kontext des Begriffs „Verbrechen“ aufklären und über die Dimension dieser Verbrechen. Wichtig war mir, das Moment der individuellen Handlungsspielräume zu thematisieren.» Er habe die Verantwortung empfunden, den Menschen klarzulegen, was richtig und was falsch gewesen war. «Durch die Krise der ersten Ausstellung war bei manchen der Eindruck entstanden, die These selbst sei fragwürdig. Es musste klargestellt werden, dass das nicht der Fall war», meinte Reemtsma.
Info:
Wehrmachtsausstellung
29.01.2004—28.03.2004
Kampnagel, Hamburg
http://www.verbrechen-der-wehrmacht.de/
Quelle: Mitteldeutsche Zeitung, 28.1.2004
Treffen der Heimatforscher im Stadtarchiv Dresden
Einfach haben sie es nicht, die Hobbyhistoriker und Heimatforscher. Von studierten Historikern werden sie verspottet, hin und wieder sogar zu Recht als rechthaberisch bezeichnet, von Nachbarn, Freunden und Bekannten oft belächelt. Warum beschäftigt man sich in seiner Freizeit mit dem historischen Verlauf des Kaitzbaches oder der Geschichte des Pferdes bei der Dresdner Feuerwehr? Gibt es nichts Wichtigeres als wochenlanges Rumhocken in Bibliotheken und Archiven? Dazu kommt, dass alles aus eigener Tasche bezahlt werden muss und ein geeignetes Forum, um Ergebnisse zu dokumentieren, in den meisten Fällen fehlt. Auch an hoffnungsvollem, begeisterungsfähigem Nachwuchs mangelt es. Und doch ist der Enthusiasmus der meist schon grauhaarigen Geschichtsfreunde nicht zu stoppen.
Unter dem Motto „Dresdner Stadtteilgeschichte“ lud das Stadtmuseum am Wochenende zum neunten Mal interessierte Laien und Wissenschaftler ein, um Dresdner Geschichte und Geschichten zu erzählen und zu diskutieren (Bericht). Während das Stadtmuseum bis 2006 umgebaut wird und dann in altem Glanz mit neuer Ausstellung erstrahlen soll, fand man für die Diskussion im Stadtarchiv Platz. Zum ersten Mal konnte dort auf Initiative von Museum, Archiv und dem Bürgerverein Trachau auch der Dresdner Markt der Geschichte und Geschichten eröffnet werden. Über 50 Vereine und Privatpersonen stellten sich und ihre Arbeitsergebnisse vor. Fachvorträge, Diskussionen, Filmvorführungen und Internetpräsentation rundeten das Programm bis Sonntagmittag ab. Wer suchte, fand Informationen zu Sächsischer Postgeschichte ebenso wie zur alten Elbfähre in Laubegast, zum Freimaurertum in Elbflorenz oder zum Projekt ehrgeiziger Studenten der TU, die das mittelalterliche Dresden in multimedialer Form aufleben lassen wollen.
Der Schwerpunkt lag dieses Mal aber eben bei der Geschichte einzelner Stadtteile. Ob Cotta, Striesen oder Hellerau – in der Anonymität der Großstadt identifiziert man sich gern über die eigene Wohngegend. Und dabei gilt wie bei gutem Wein: je älter, desto besser. Beste Karten also für Klotzsche oder Leuben, deren Geschichte gut bis ins Mittelalter zurückzuverfolgen ist. Pech nur, wenn, wie in Zschertnitz, von der Geschichte des Ortes kaum noch etwas zu sehen ist. Und so arbeiten viele Vereine daran, vorhandene Bauwerke oder historische Dorfkerne zu restaurieren, für Besucher attraktiver zu machen.
Das neueste Projekt des Kaditzer Vereins zur Ortsgeschichte ist beispielsweise die Wiedererrichtung einer jahrhundertealten Hochwassersäule, die bisher ein kaum beachtetes Dasein als Zaunspfosten führte. Zum nächsten Tag des Denkmals soll es soweit sein. Wohl dem, der bei seinen Bemühungen von einem ganzen Verein unterstützt wird. Andere kämpfen allein. Wie die Familie Boden, die sich für den Erhalt eines familieneigenen denkmalgeschützten, aber verfallenen Bürgerhauses in Friedrichstadt einsetzt. Immerhin begann in einer Gartenlaube auf diesem Grundstück die Erfolgsgeschichte von „Odol“. Carl August Lingner machte hier seine ersten Versuche mit dem Mundwasser.
Mit dem Treffen im Stadtarchiv gab es nun fern von bierseligen Stadtteilfesten die Möglichkeit, diese Geschichten und Schicksale einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen, Kontakte zu knüpfen, Ideen und Gedanken auszutauschen. Und dass dieses Angebot dankbar angenommen wird, zeigten die gut 500 interessierten, zumeist älteren Besucher, die allein am Sonnabend die engen Gänge des Stadtarchives verstopften. Ein guter Start, auch wenn an der Präsentation gearbeitet werden muss. Geschichte ist spannend. Zumindest wenn sie gut erzählt und mit eindrucksvollen Bildern dargestellt werden kann. Ein Zugeständnis, das wohl an die Mediengesellschaft gemacht werden muss. Vielleicht sieht man dann auch wieder mehr junge Leute in Museen oder eben auf dem Dresdner Geschichtsmarkt.
Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass ohne die engagierte Arbeit der Heimatforscher viel Wissenswertes, auch manch liebenswertes Überflüssige längst in Vergessenheit geraten wäre. Der Erfolg des Treffens bestätigt die Organisatoren in ihrer Idee, ein gemeinsames Geschichtsforum zu schaffen. Nach dem gelungenen Test scheint eine Fortsetzung des Dresdner Geschichtsmarktes im nächsten Jahr und in größerem Rahmen möglich.
Kontakt:
Stadtarchiv Dresden
Elisabeth-Boer-Straße 1
01099 Dresden
www.dresden.de
Quelle: Sächsische Zeitung, 26.1.2004
Ausstellung zu „50 Jahre Staatsvertrag“
Das Land Niederösterreich organisiert 2005 zum Jubiläum „50 Jahre Staatsvertrag“ eine große Ausstellung auf der Schallaburg. Die Schau unter dem Titel „Österreich ist frei“ wird vom 15. April bis zum 1. November kommenden Jahres laufen (Pressemitteilung als pdf).
Auf der Schallaburg werde „die“ Staatsvertragsausstellung für Österreich stattfinden, kündigte der wissenschaftliche Leiter Stefan Karner (Ludwig Boltzmann-Institut für Kriegsfolgen-Forschung) an. Keine andere werde so lange dauern, keine andere werde einen derartigen Umfang haben.
Die Schau soll auch mit einer „Sensation“ aufwarten. Ziel sei es, das Originaldokument des Staatsvertrages aus dem russischen Staatsarchiv in Moskau nach Niederösterreich zu holen. Karner zufolge gibt es fünf Originale. Jenes in Moskau sei nicht nur das mit Siegeln versehene, sondern auch das vom damaligen Außenminister Leopold Figl am 15. Mai 1955 im oberen Belvedere in Wien der Öffentlichkeit präsentierte.
Im Mittelpunkt von „Österreich ist frei“ werden insbesondere auch zwei „große Niederösterreicher“ stehen, so Landeshauptmann Erwin Pröll (V): Leopold Figl und Julius Raab als „Väter“ des Staatsvertrages und „Baumeister“ der Zweiten Republik. Karner: „Die Beiden sollen durch die Ausstellung führen. Ihre Politik ist der rote Faden.“ Die Schau beginne deshalb am 15. April 2005, weil an jenem Tag vor dann 50 Jahren die österreichische Delegation mit Figl, Raab, Adolf Schärf und Bruno Kreisky von der Unterzeichnung des Moskauer Memorandums in die Heimat zurückgekehrt und in Bad Vöslau gelandet war.
Karner betonte, dass die Ausstellung auf einen breiten Fundus an Exponaten zurückgreifen werde können. „Vieles wird erstmals gezeigt werden.“ Objekte aus staatlichen Archiven und Museen im In- und Ausland, aus privaten Sammlungen und auch von Privatpersonen (diese mögen sich mit Leihgaben an das Ludwig Boltzmann-Institut für Kriegsfolgen-Forschung wenden – Schörgelgasse 43, 8010 Graz) sollen ein vielfältiges Bild der Nachkriegsjahre in Österreich geben. Jüngeren Besuchern der Schau soll die Geschichte ihrer Eltern und Großeltern nachvollziehbar gemacht werden, ältere Menschen sollen selbst Erlebtes entdecken.
Quelle: Der Standard, 24.1.2004
SPD-Fraktion beantragt Bericht zum Stadtarchiv Idstein
Durch einen Berichtsantrag will die SPD-Stadtverordnetenfraktion Klarheit über die Situation des Idsteiner Stadtarchivs gewinnen. Bei ihrem Berichtsantrag orientieren sich die Sozialdemokraten an einem Positionspapier der „Bundeskonferenz der Kommunalarchive beim Deutschen Städtetag„, in dem zentrale Anforderungen an die Aufgaben von Kommunalarchiven formuliert wurden.
SPD-Fraktionsvorsitzender Alfred Strauß: „Zentrale Aufgabenfelder eines Stadtarchives sind nach dem benannten Positionspapier die Identitätsstiftung für Kommune und Bürger/innen durch Umgang mit ihrer Geschichte, die Gewährleistung des Informationsrechtes für alle Bürger/innen zu sozialverträglichen Bedingungen (Freier Zugang, geringe Kosten etc.), die Bewahrung der die Rechte der Kommune und ihrer Bürger/innen sichernden Dokumente, die Sicherung der Kontinuität und Transparenz des Verwaltungshandelns und die Erforschung der den Ort prägenden Phasen ihrer Entwicklung.“
Die Sozialdemokraten wollen nun konkret vom Magistrat erfahren, ob das Idsteiner Stadtarchiv im Hinblick auf seine sachliche und personelle Ausstattung den Anforderungen gerecht werden kann und ob es in der Dokumentation der Idsteiner Vergangenheit Lücken gibt. Und, falls solche Lücken vorhanden seien, wie diese in Zusammenarbeit mit anderen Stellen geschlossen werden können.
Alfred Strauß: „Insbesondere der notwendige Einsatz neuer Medien wie Internet zur Präsentation des Angebotes des Stadtarchivs für Bürger und Bürgerinnen, Verwaltung und Wissenschaft und die sachgerechte Archivierung im Verwaltungsbereich stellen immer höhere Anforderungen an das Stadtarchiv. Für eine sachgerechte Diskussion zur Leistungsfähigkeit des Stadtarchivs ist es erforderlich, umfassende Informationen zu einem Arbeitsbereich zu erhalten, der in der Stadtverordnetenversammlung zu häufig nicht die ihm eigentlich zukommende Aufmerksamkeit erhält.“
Kontakt:
Stadtarchiv Idstein, Stadtverwaltung
König-Adolf-Platz 2
65501 Idstein
Tel.: (06126) 78-0
Fax: (06126) 78-280
Quelle: Wiesbadener Tagblatt, 26.1.2004
Stadtrat besichtigt Stadtarchiv Deggendorf in den neuen Räumen
Das Stadtarchiv Deggendorf ist im Oktober ins „Deggendorfer Haus der Geschichte“ in die Franz-Josef-Strauß-Straße 5 umgezogen und hat im Untergeschoss zwei Magazinräume zu 56 qm und 122 qm sowie einen Vorsortierraum mit 28 qm. Gestern stand eine Besichtigung der Räume auf dem Programm des Stadtrates.
Zu den wertvollsten Stücken im Archiv gehört eine Bibel aus dem Jahr 1650; außerdem finden sich hier Amtsblätter aus der Zeit, in der Bayern noch ein Königreich war. Vor allem für Familien- und Heimatforscher aus der Umgebung ist das Stadtarchiv im „Haus der Deggendorfer Geschichte“ eine wahre Fundgrube. Die Bücher und Schriften sind übrigens hauptsächlich Spenden von Privatleuten.
Kontakt:
Stadtarchiv Deggendorf
Franz-Josef-Strauß-Straße 5
94469 Deggendorf
Quelle: Passauer Neue Presse (Deggendorfer Zeitung), 27.1.2004
Wilhelm Eckhardt 75 Jahre alt
Seinen 75. Geburtstag feierte am Dienstag Dr. Wilhelm Eckhardt. Er hat über viele Jahre nicht nur das Marburger Archivleben, sondern auch Marburger Politik und Vereinsleben mit bestimmt. Eckhardt kam zwar am 27. Januar 1929 in Kiel zur Welt, fühlt sich aber ganz als Marburger: Seit 1679 haben alle direkten Vorfahren der Familie Eckhardt – und natürlich auch er selbst – in der Stadt an der Lahn studiert. Der Vater seiner Mutter ist der Marburger Professor und Universitätsrektor Alfred Thiel.
Von 1982 bis zu seiner Pensionierung 1994 war der Jubilar Leiter des Marburger Staatsarchivs. Dort hat er noch heute ein kleines Arbeitszimmer. „Ich sitze hier wie die Made im Speck“, freut sich Eckhardt über die Lage des Raumes zwischen Bibliothek und Urkundensaal. Denn wissenschaftliches Arbeiten bleibt für den Historiker für Mittelalterliche Geschichte auch in seiner Zeit als Pensionär ein bedeutender Aspekt.
An ihn gestellte Anfragen regen ihn immer wieder aufs Neue zur Forschungsarbeit an. Nützlicher Nebeneffekt für das Marburger Staatsarchiv: Sind Bestände, die Eckhardt benutzen will, noch nicht verzeichnet – also für den Benutzer noch unzugänglich -, so erledigt er diese noch ausstehende Archivarsarbeit ganz nebenbei.
In einem Abschnitt seines Lebens kam die wissenschaftliche Arbeit jedoch zu kurz. In den „wilden“ 1968er Jahren wurde Eckhardt für die FDP in das Marburger Stadtparlament gewählt. Oberbürgermeister war zu dieser Zeit Georg Gassmann. Er gehörte zu der Generation Politiker, die alte Bausubstanz radikal durch Modernes ersetzen wollte. Für den Historiker Eckhardt ein Graus.
Doch als Archivar nutzte er sein Wissen aus den ihm zur Verfügung stehenden Materialien: In einer Chronik des Jahres 1222 wurde Marburg erstmals als „civitas“ benannt. Grund genug für die Stadt, im Jahr 1972 eine 750-Jahrfeier auszurichten und dazu den Hessentag nach Marburg zu holen. Die dafür renovierten Häuser gab man nun nicht mehr so bereitwillig zum Abriss frei. Auch im Bauausschuss und in der Initiativgruppe Marburger Stadtbild habe er sich den Abbruchbestrebungen zumindest zum Teil widersetzen können.
Die strittigen Oberbürgermeisterwahlen im Jahr 1970 bedeutete für Eckhardt dann das Ende der Arbeit in der FDP. Trotz Absprachen hatte ein Teil der Fraktion für den SPD-Kandidaten Hanno Drechsler gestimmt, so dass der CDU-Kandidat Walter Wallmann überraschend keine Mehrheit bekam. Durchaus bittere Erinnerungen hat Eckhardt an diese Zeit. „Aber aufregend war sie“, sagt er. Außerdem war er mit Drechslers Altstadtsanierungs-Konzept einverstanden.Die Politik hat er auch 1970 nicht aufgegeben: Im Kreistag war er Mitglied der Freien Wählergemeinschaft.
Schon seit seiner Schulzeit spielt für ihn das Engagement in Vereinen eine große Rolle: Als Vorsitzender des VfL 1860 Marburg oder als Vorsitzender der Lebenshilfe Marburg-Biedenkopf.
Seit vergangenem Jahr hat sich Eckhardt jedoch von allen Ämtern zurückgezogen. „Man muss rechtseitig den Jüngeren Platz machen“, heißt seine Devise. Das Forschen im Archiv gehört jedoch weiter zu seinem Leben. Zur Zeit sucht er nach der Bedeutung eines Flurnamens im Hinterland.
Quelle: Marburger Neue Zeitung, 27.1.2004
Archivleiterin sammelt Zeitzeugenberichte über Arbeitslager
„Wer gedenkt der Lebenden, die einsam zurückbleiben?“ Ihren Mitmenschen fiele nichts an ihnen auf. Doch nachts geisterten sie durch eine düstere Welt voller Schrecken und Erniedrigungen.
Ein Niederländer, der im Zweiten Weltkrieg zum Arbeitsdienst ins Marinegemeinschaftslager nach Neuenkirchen verschleppt wurde, schrieb diese Zeilen. Bei einer Gedenkfeier am Bunker Valentin wurden sie vorgelesen. Eine die sie hörte, war die Leiterin des Kreisarchivs Osterholz, Gabriele Jannowitz-Heumann.
„Ich fühlte mich angesprochen“, sagt die Mitarbeiterin des Landkreises Osterholz. Seit Jahren forscht sie in Sachen Marinegemeinschaftslager. Sie hat sich durch die Zeit zurück gearbeitet: Von den 60er Jahren, als das Lager ein Hospital war, bis in die 30er Jahre, als das Gelände von der deutschen Kriegsmarine zur Errichtung eines Tanklagers angekauft wurde. Ein Jahr vor Kriegsende standen dort 200 Baracken. Um die 15.000 Menschen hausten auf dem Gelände, viele starben. Gemeinsam mit dem Verein Lagerstraße (Bremen), dem Heimatverein Neuenkirchen (Niedersachsen) und offiziellen Einrichtungen auf hanseatischer sowie niedersächsischer Seite arbeitet sie an einem Gedenkstätten-Konzept für die Opfer, die dieses Lager und der Bau des Bunkers gefordert haben.
Die Gedenkstätte soll ein Ort der Erinnerung werden: für die Toten wie die Überlebenden. „Haiko Kania vom Verein Lagerstraße möchte jedem Toten einen Namen geben“, nennt die Kreisarchivarin eine Facette der Forschungs- und Planungsarbeit. Sie selbst habe sich zur Aufgabe gemacht, die Schicksale der Überlebenden zu Papier zu bringen. Ein Franzose hat sie darin nun bestärkt. Er hofft, dass es „eine Baracke zu unserem Andenken“ geben wird. Ihm gefällt die Idee, eine der noch existierenden Lager-Hütten könne zur Gedenkstätte werden. Jannowitz-Heumann: „Einen besseren Arbeitsauftrag kann man nicht bekommen.“
Der inzwischen 81-Jährige gehört zu den Überlebenden des Lagers. In einem stetig reger werdenden Briefwechsel hat er Jannowitz-Heumann von seinem Schicksal berichtet. Als 21-Jähriger wurde er zum Arbeitsdienst nach Swinemünde abtransportiert. Anfang 1945 ging’s mit einem Vieh-Waggon nach Farge. Er sollte umerzogen werden. Die Fahrt dauerte Tage. Das Ziel war unbekannt. Als er und seine Leidensgenossen ankamen, fragten sie einen Franzosen, der bereits im Lager lebte, an was für einen Ort sie gebracht worden seien. Die Antwort: „Hier geht Ihr Burschen in die Scheiße. Und Ihr werdet jeden Tag ein bisschen sterben.“
Der Kreisarchivleiterin ist bewusst, wie schwer es Zeitzeugen fallen muss, über das Erlebte zu reden. Um so mehr bedeutet ihr der Briefkontakt. Vorsichtig habe sie den 81-Jährigen gefragt, ob er ihr von seiner Zeit im Lager berichten wolle. Seine Antwort fiel positiv aus: „Indem Sie mich fragen, erinnere ich mich.“ Mit jedem Schreiben, das er seitdem an sie adressiert hat, sind seine Berichte ausführlicher geworden. Vieles deckt sich mit Informationen aus anderen Quellen. Einiges war für die Archivarin aber auch neu. Die Briefe halfen Lücken im Geschichts-Puzzle zu schließen. Den Standort der Baracke Todt etwa konnte sie nun mit Hilfe des Franzosen bestimmen. Dort mussten die Neuzugänge gemeldet werden. „Ich möchte diese Berichte in der geplanten Gedenkstätte ausstellen.“
Ein weiterer Aspekt ihrer Arbeit: Die Landeszentrale für politische Bildung Bremen hat das Kreisarchiv zur Sammelstelle für die Dokumentation der Lager- und Bunkergeschichte erklärt. Jannowitz-Heumann: „Wir stellen zurzeit einen Sachkatalog über die Literatur zusammen, die es zu diesem Thema gibt.“ Gleichzeitig hat sie den Auftrag erhalten, eine Präsenzbibliothek aufzubauen.
Kontakt:
Kreisarchiv Osterholz
Bahnhofstraße
27711 Osterholz-Scharmbeck
(04791) 981-906 (Tel./Fax)
Quelle: Wümme-Zeitung, 27.1.2004
Stadtarchiv Lünen: Recherche am heimischen PC
Was tun, wenn man in der Geschichte seiner Stadt stöbern und forschen will? Man geht auch in Lünen ins Stadtarchiv. Aber: Recherche ist vor Ort oftmals mühsam und zeitintensiv, denn eine umfangreiche Menge an Akten- und Urkundenmaterial erwartet den Besucher. Das geht jetzt einfacher. Recherchieren vom heimischen PC! Denn der Leiter des Stadtarchivs Lünen Fredy Niklowitz stellte den Archivbestand mit Hilfe der Sendener Software-Firma „Augias-Data“ nun ins Internet.
Allein seit 1945 liegen 10.000 städtische Verwaltungsakten vor. Die älteste Urkunde des Archivs datiert aus Jahr 1320. Dazu etliches Schriftgut aus den Gemeinden oder von Parteien, Vereinen und Verbänden aus der Neuzeit. Auch ist Material von Privatleuten und Adelsfamilien zur Verfügung gestellt worden. Firmenarchive und die Bestände von Sammlungen und Bibliotheken komplettieren das Angebot. All das verzeichnen die Mitarbeiter des Stadtarchivs fein säuberlich in sogenannten „Findbüchern“ auf Papier.
„Wir haben durch „Augias“ und ihr Angebot „findbuch.net“ die Möglichkeit genutzt, das Lüner Stadtarchiv elektronisch zu erfassen“, so Fredy Niklowitz. Das Ergebnis: Der Bestand kann nun auch über das Internet eingesehen werden. „Das erleichtert die Recherche ungemein“, weiß der Archivar Niklowitz, der sich in anderen deutschen Archiven oftmals erst vor Ort mit dem „Wust der Findbücher“ rumschlagen muss, bis er an die gewünschten schriftlichen Quellen kommt. „Unser Internetauftritt erleichtert es allen historisch Interessierten, schon von zu Hause eine Vor-Recherche ohne Zeitdruck zu unternehmen.“
Das „Internet-Findbuch“ ist einfach zu erreichen: Erst www.luenen.de, über die Pfade Kultur & Bildung/ Stadtarchiv/ Archivbestände, dann entweder über die einzelnen Bestände oder Findbuch.net.
Über Unterverzeichnisse und Kategorien erfolgt eine systematische Gliederung in Themenbereiche der 88 Archivbestände. Dieses System erscheint nur auf den ersten Blick nicht ganz so einfach – ist aber für alle, die ein wenig mit dem PC umgehen können, unkompliziert zu bedienen. Mit Hilfe eines „Begriff-Such-Systems“ kann schnell auf einzelne Akten- und Urkundenstücke zugegriffen werden. Natürlich sind die Texte der Akten und Urkunden selbst dort nicht einzusehen, wohl aber Inhaltsangaben und Signaturnummer.
Wer dann mit diesem Vorwissen ins Stadtarchiv kommt, kann sich die gewünschten Akten vom Personal schnell aushändigen lassen und spart Zeit. Auch eine Vorbestellung ist möglich.
„Das Software-Produkt „Findbuch.net“ findet in Deutschland immer mehr Anklang“, so Karl-Theo Heil und Christian Haps von der Firma „Augias-Data„. „Allerdings ist das Stadtarchiv Lünen neben denen in Marl und Hagen ein Vorreiter auf dem Gebiet, den Archivbestand in einem solch großen Detaillierungsgrad per Internet auszuweisen. „Uns ist es nun möglich, die inhaltlichen Angaben unseres digitalen Findbuchs von Zeit zu Zeit weiter zu aktualisieren“, so Niklowitz. Denn so manche Akte ist aus Datenschutzgründen gesperrt oder leider einfach noch nicht näher verzeichnet.
Kontakt:
Stadtarchiv Lünen
Willy-Brandt-Platz 1
44532 Lünen
Tel.: (02306) 104 – 1531
Fax: (02306) 104 – 1460
Fredy.Niklowitz.85@luenen.de
Quelle: WAZ, 23.1.2004
Hitlers Befehl zum Judenmord
„Der Führer hat Anweisung gegeben, daß die Juden und sonstigen Feinde in Frankreich verhaftet und abtransportiert werden.“ Hitlers persönliche Anweisung zur Ermordung der französischen Juden wurde jetzt im amerikanischen Nationalarchiv gefunden, wie die FAZ heute berichtet.
An der Verantwortung Adolf Hitlers für die Vernichtung der europäischen Juden während des Zweiten Weltkriegs besteht kein Zweifel. Doch rätseln die Historiker schon lange, wann genau der Diktator die Anweisung gab. Das jetzt im Nationalarchiv gefundene Schriftstück, das sich seit 1945 in amerikanischem Besitz befindet, ist eines der ganz wenigen Dokumente, die Hitler in direktem Zusammenhang mit einer Deportation und Ermordung größeren Umfangs nennen.
In dem neuen Dokument mit Datum vom 10. Dezember 1942 schreibt Heinrich Himmler, wie eingangs zitiert, den Inhalt eines Gesprächs mit dem „Führer“ nieder, das er mit Hitler über Sicherheitsprobleme in dem von Deutschland besetzten Frankreich führte.
Zur Einordnung der hier präsentierten Quelle in den Forschungskontext machte Michael Wildt in der NZZ vom 28.1.2004 einige Ausführungen.
Quelle: FAZ, 24.1.2004, 33.
Eröffnung des „Hauses der Stadtgeschichte“ in Offenbach
Nach einer Vorbereitungszeit von mehreren Jahren wird am Wochenende das neue Stadtmuseum in Offenbach eröffnet. Neues Domizil des Museums ist das unter Denkmalschutz stehende Gebäude der ehemaligen Schnupftabakfabrik „Gebrüder Bernard“ in der Herrnstraße 61, die Offenbachs erste Fabrik war. Die Stadt nutzte den Umzug aus der ehemaligen Villa im Dreieich-Park in den 1896 errichteten sogenannten Bernardbau, um das Museum neu zu gestalten. Dabei arbeitete Museumsleiter Jürgen Eichenauer mit der Hochschule für Gestaltung (HfG) zusammen. Bereits vor einiger Zeit war das Stadtmuseum mit dem Stadtarchiv zum „Haus der Stadtgeschichte“ vereinigt worden.
Das von Hans-Georg Ruppel geleitete Archiv ist seit mehr als einem Jahrzehnt im Bernardbau untergebracht. Nach Angaben des Kulturdezernenten Stephan Wildhirt (SPD) hat der in Zusammenarbeit mit einem Bauunternehmen aus Regensburg ausgeführte Umbau des Gebäudes zirka 1,2 Millionen Euro gekostet; für den Umzug habe die Stadt 40.000 Euro ausgegeben.
Im Bernardbau verfügt das Stadtmuseum über eine 576 Quadratmeter große Fläche, fast 170 Quadratmeter mehr als bislang. Das Museum erstreckt sich auf zwei Ebenen, wie Eichenauer erläuterte. Die Grundidee sei, die „Stränge der Stadtgeschichte bis in die Gegenwart zu führen“. So wird im Erdgeschoß die Geschichte Offenbachs chronologisch dargestellt: von der Vor- und Frühgeschichte über das Fischerdorf zur Industriestadt bis zur Gegenwart mit dem Wandel zum Dienstleistungszentrum.
Mit der „Industriehalle“ ist ein Raum vorhanden, der für Wechselausstellungen und Veranstaltungen genutzt werden soll. Im ersten Stockwerk wurde eine Gemäldegalerie untergebracht, die bislang nicht gezeigte Werke aus dem Museumsbesitz präsentiert, zum Beispiel Arbeiten von Georg Oswald May und Georg Heinrich Hergenröder. Der größte Teil des Raumes wird von einem „Thementableau“ gefüllt, das den Blick auf „verlorene Geschichten“ und „vergessene Orte“ lenken soll: Goethes Besuche in Offenbach, die Schriftstellerin Sophie von La Roche, den Sport in der Stadt, das jüdische Leben, das Wirken der Hugenotten. Eichenauer zufolge sollen die auf Stelen angebrachten Texttafeln dem Besucher eine „Erstinformation“ vermitteln. Wer mehr zu einem Thema wissen will, kann am Bildschirmterminal im ersten Stockwerk weitere Informationen aus dem Computer abrufen.
Offiziell eröffnet wird das „Haus der Stadtgeschichte“ am Sonntag. Zwischen 17 und 22 Uhr können die Besucher bei freiem Eintritt das Museum besichtigen. Mitarbeiter erläutern jede halbe Stunde bei Führungen die Gestaltung des Museums.
Kontakt:
Stadtmuseum Offenbach
Herrnstraße 61
Offenbach
Telefon: 069 / 80 65 24 46
Fax: 069 / 80 65 24 69
Quelle: FAZ, 22.1.2004
